Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3492/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 725/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu einem Drittel zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auch noch für den Zeitraum vom 01.08.2002 bis 31.07.2005.
Der am 1968 in der Türkei geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, lebt seit Dezember 1990 in Deutschland. Hier war er im Wesentlichen vom 01.05.1991 bis Juni 2000 als Metzgergehilfe bei der Firma M., F. und W. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig krank bzw. seit 05.07.2001 arbeitslos.
Am 10.10.2000 beantragte er bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung wegen schwerer Depressionen. Nach Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme in der M.-B.-Klinik, K., in der Zeit vom 23.05.2001 bis 04.07.2001, wo eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und Verdacht auf asthenisch-ängstliche Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und das Leistungsvermögen auf unter 3 Stunden geschätzt wurde (Reha-Bericht vom 23.07.2001), gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.02.2002 bis 31.07.2002 (Bescheid vom 23.04.2002). Auf seinen Weitergewährungsantrag hin ließ die Beklagte den Kläger durch Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Lang begutachten. In seinem Gutachten vom 12.09.2002 diagnostizierte dieser Anpassungsstörungen und wahrscheinlich eine asthenische Persönlichkeitsstörung. Die Leistungsfähigkeit sei im Rahmen eines nochmaligen psychosomatisch orientierten Heilverfahrens zu beurteilen. Nach vorläufiger Beurteilung könne der Kläger mittelschwere Arbeiten 6 Stunden und mehr verrichten. Der Kläger führte daraufhin eine weitere Reha-Maßnahme in der psychosomatischen Abteilung der S. Kliniken, Bad S. vom 10.02. bis 09.03.2003 durch. Im Reha-Bericht vom 28.03.2003 wird als Diagnose eine anhaltende schwere depressive Episode mitgeteilt. Das positive Leistungsniveau könne erst mittel- oder langfristig nach einer längeren Psychotherapie, für die allerdings eine herabgesetzte Motivation prognosemindernd bestehe, beurteilt werden. Dr. Schü., Arzt für Neurologie und Psychatrie beurteilte in seinem Gutachten vom 17.06.2003 die psychische Problematik als eine langjährig zurückreichende Dysthymie bei asthenischer Strukturierung mit phobischen Zügen und Rückzugstendenzen, die zwischenzeitlich gebessert, in beruflicher Belastungssituation früher ausgeprägt als Depression im Rahmen einer Anpassungsstörung vorgelegen habe. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin die wiederholte Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 15.07.2003 ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.01.2004). Im dagegen angestrengten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG - Az. S 3 RJ 200/04) befragte das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und holte das nervenärztliche Gutachten von Dr. D. vom 23.09.2004 (mit ergänzenden Stellungnahmen vom 27.01.2005, 15.04.2005) ein, in dem dieser den Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig hielt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.08.2005 haben die Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, wonach die Beklagte dem Kläger erneut medizinische Leistungen zur Rehabilitation mit Betreuung durch türkisch sprechende Ärzte bewilligte und der Kläger die Klage im Übrigen zurücknahm. Diese Rehabilitationsmaßnahme wurde in der Zeit vom 02.12.2005 bis 12.01.2006 wiederum in der Michael-Balint-Klinik durchgeführt, aus der der Kläger bei rezidivierender depressiver Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen mit aufgehobener Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten entlassen wurde, wobei von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei konsequenter ambulanter Behandlung ausgegangen wurde (Reha-Bericht vom 03.02.2006).
Der Kläger beantragte am 16.02.2006 erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. J., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, der den Kläger auf Veranlassung der Beklagten erneut begutachtete, stellte eine nach wie vor bestehende schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen nach völligem sozialen Rückzug, aufgehobener Konzentrationsfähigkeit und fehlendem Durchhaltevermögen fest. Die Leistungsfähigkeit wurde mit unter 3 Stunden eingeschätzt, wobei eine Überprüfung nach 2 Jahren empfohlen wurde (Gutachten vom 30.05.2006). Mit Bescheid vom 07.06.2006 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab, weil die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren) nicht erfüllt waren. Sie teilte mit, dass nach den getroffenen Feststellungen eine zeitlich begrenzte volle Erwerbsminderung seit 02.12.2005 bis voraussichtlich 31.05.2008 bestehe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006).
Dagegen hat der Kläger erneut Klage zum SG (Az. S 10 R 3492/06) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. B., HNO-Arzt hat eine Aussage über die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht getroffen (Auskunft vom 30.11.2006). Dr. P., Facharzt für Allgemeinmedizin berichtete eine therapieresistente ausgeprägte chronifizierte schwere depressive Störung mit aufgehobenem Leistungsvermögen. Eine Änderung sei nicht eingetreten, der Befund sei seit vielen Jahren gleichbleibend (Auskunft vom 13.12.2006). Dr. T., Arzt für Neurologie und Psychiatrie teilte unter dem 12.02.2007 mit, den Kläger im Zeitraum von 2005 bis 2006 lediglich am 12.04.2006 behandelt zu haben. Bei schwerer chronischer depressiver Störung sei der Kläger bereits seit September 2000 nicht mehr in der Lage mindestens 6 Stunden leichte Tätigkeiten zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, soweit der Kläger einen Rentenanspruch auch für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005 geltend mache. Über einen Anspruch für diesen Zeitraum habe die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2006 keine Entscheidung getroffen. Insbesondere sei der Bescheid vom 15.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2004 durch Abschluss des Vergleichs im Klageverfahren S 3 RJ 200/04 bestandskräftig und damit bindend geworden. Diese Bindungswirkung wäre nur entfallen, wenn die Beklagte insoweit eine Überprüfungsentscheidung gem. § 44 Abs. 1 SGB X getroffen hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Im Übrigen komme eine Rentengewährung nur in Betracht und könne eine Klagebefugnis nur bejaht werden, wenn ein entsprechender Antrag vorliege (§ 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI). In diesem Zusammenhang könne zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass der Vergleich vom 17.08.2005 im Klageverfahren S 3 RJ 200/04 einen Antrag des Klägers auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation enthalten habe, der gem. § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Rentenantrag umgedeutet werden könne. Auch wenn die Beklagte dies nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, habe sie in dem angefochtenen Bescheid eine Rentengewährung für die Zeit ab dem 01.08.2005 (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) abgelehnt. Im Rahmen ihrer Zulässigkeit sei die Klage unbegründet, da dem Kläger für die Zeit ab 01.08.2005 kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zustehe, weil unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 02.12.2005 hierfür die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Leistungsfall könne wegen entgegenstehender Gutachten und ärztlicher Auskünfte bei ansonsten wegen nicht erfolgter Behandlung fehlenden ärztlichen Unterlagen trotz möglicher Anhaltspunkte nicht vorverlegt werden.
Gegen das dem Kläger am 22.01.2008 zugestellte Urteil hat er am 14.02.2008 Berufung eingelegt und sein Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2002 weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm bereits ab 1. August 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien erfüllt, wenn der Leistungsfall bis 14.03.2005 eingetreten sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des psychiatrischen Gutachtens vom 13 02 2009 bei Dr. M., Bezirkskrankenhaus G., Abteilung Psychiatrie II der Universität U. Dieser hat es auf Grund der Aktenlage für wahrscheinlich erachtet, dass die schwere neurotische Störung schon vor März 2005 zur Erwerbsunfähigkeit des Klägers geführt hatte.
Die Beklagte hat darauf hin anerkannt, dass der Kläger seit 28.02.2005 voll erwerbsgemindert ist. Den Antrag auf Rehabilitation im gerichtlichen Vergleich vom 17.08.2005 hat sie gem. § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag umgedeutet und sich bereit erklärt, dem Kläger ab 01.08.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersrente zu gewähren (Anerkenntnis vom 16.04.2009). Der Kläger hat das Anerkenntnis mit Schreiben vom 02.06.2009 angenommen. Darüber hinaus hat er weiterhin Rente auch für die davorliegende Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005 begehrt.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten im Termin am 20.08.2009 ausführlich erörtert und die Beteiligten mit Schreiben vom 26.08.2009 auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen. Die Beklagte hat sich damit einverstanden erklärt, der Kläger hat sich innerhalb der gesetzten Frist zur Stellungnahme nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die beigezogene Akte des SG Ulm S 3 RJ 200/04 Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte sowie zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mögliche Verhandlung nicht für Erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat das Anerkenntnis der Beklagten angenommen. Insoweit hat sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.08.2005 erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG).
Die darüber hinaus geführte Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005. Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2006, mit dem die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 16.02.2006 hin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zunächst abgelehnt hat. Diesen Anspruch hat die Beklagte unter Umdeutung des Reha-Antrags vom 17.08.2005 in einen Rentenantrag (gem. § 116 Abs. 2 SGB VI) mit dem Anerkenntnis vom 16.04.2009 anerkannt. Der Beginn der Rentenzahlung ergibt sich danach gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI mit dem Kalendermonat, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Dies ist der 01.08.2005. Einen Rentenanspruch für die davorliegende Zeit kann der Kläger mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht erstreiten, da bereits die insoweit erhobene Klage unzulässig war, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung vom 31.07.2002 hatte die Beklagte mit dem Bescheid vom 15.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2004 abgelehnt. Diese Entscheidung der Beklagten ist mit dem Vergleichsschluss vor dem SG am 17.08.2005 bestandskräftig und damit bindend geworden (§§ 77, 101 Abs. 1 SGG), steht somit nicht mehr zur Disposition des Klägers. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG analog).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte den geltend gemachten Anspruch ab 01.08.2005 im Laufe des Verfahrens anerkannt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu einem Drittel zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auch noch für den Zeitraum vom 01.08.2002 bis 31.07.2005.
Der am 1968 in der Türkei geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, lebt seit Dezember 1990 in Deutschland. Hier war er im Wesentlichen vom 01.05.1991 bis Juni 2000 als Metzgergehilfe bei der Firma M., F. und W. GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig krank bzw. seit 05.07.2001 arbeitslos.
Am 10.10.2000 beantragte er bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung wegen schwerer Depressionen. Nach Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme in der M.-B.-Klinik, K., in der Zeit vom 23.05.2001 bis 04.07.2001, wo eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und Verdacht auf asthenisch-ängstliche Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und das Leistungsvermögen auf unter 3 Stunden geschätzt wurde (Reha-Bericht vom 23.07.2001), gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.02.2002 bis 31.07.2002 (Bescheid vom 23.04.2002). Auf seinen Weitergewährungsantrag hin ließ die Beklagte den Kläger durch Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Lang begutachten. In seinem Gutachten vom 12.09.2002 diagnostizierte dieser Anpassungsstörungen und wahrscheinlich eine asthenische Persönlichkeitsstörung. Die Leistungsfähigkeit sei im Rahmen eines nochmaligen psychosomatisch orientierten Heilverfahrens zu beurteilen. Nach vorläufiger Beurteilung könne der Kläger mittelschwere Arbeiten 6 Stunden und mehr verrichten. Der Kläger führte daraufhin eine weitere Reha-Maßnahme in der psychosomatischen Abteilung der S. Kliniken, Bad S. vom 10.02. bis 09.03.2003 durch. Im Reha-Bericht vom 28.03.2003 wird als Diagnose eine anhaltende schwere depressive Episode mitgeteilt. Das positive Leistungsniveau könne erst mittel- oder langfristig nach einer längeren Psychotherapie, für die allerdings eine herabgesetzte Motivation prognosemindernd bestehe, beurteilt werden. Dr. Schü., Arzt für Neurologie und Psychatrie beurteilte in seinem Gutachten vom 17.06.2003 die psychische Problematik als eine langjährig zurückreichende Dysthymie bei asthenischer Strukturierung mit phobischen Zügen und Rückzugstendenzen, die zwischenzeitlich gebessert, in beruflicher Belastungssituation früher ausgeprägt als Depression im Rahmen einer Anpassungsstörung vorgelegen habe. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin die wiederholte Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 15.07.2003 ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.01.2004). Im dagegen angestrengten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG - Az. S 3 RJ 200/04) befragte das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und holte das nervenärztliche Gutachten von Dr. D. vom 23.09.2004 (mit ergänzenden Stellungnahmen vom 27.01.2005, 15.04.2005) ein, in dem dieser den Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leistungsfähig hielt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.08.2005 haben die Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen, wonach die Beklagte dem Kläger erneut medizinische Leistungen zur Rehabilitation mit Betreuung durch türkisch sprechende Ärzte bewilligte und der Kläger die Klage im Übrigen zurücknahm. Diese Rehabilitationsmaßnahme wurde in der Zeit vom 02.12.2005 bis 12.01.2006 wiederum in der Michael-Balint-Klinik durchgeführt, aus der der Kläger bei rezidivierender depressiver Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen mit aufgehobener Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten entlassen wurde, wobei von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei konsequenter ambulanter Behandlung ausgegangen wurde (Reha-Bericht vom 03.02.2006).
Der Kläger beantragte am 16.02.2006 erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Dr. J., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, der den Kläger auf Veranlassung der Beklagten erneut begutachtete, stellte eine nach wie vor bestehende schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen nach völligem sozialen Rückzug, aufgehobener Konzentrationsfähigkeit und fehlendem Durchhaltevermögen fest. Die Leistungsfähigkeit wurde mit unter 3 Stunden eingeschätzt, wobei eine Überprüfung nach 2 Jahren empfohlen wurde (Gutachten vom 30.05.2006). Mit Bescheid vom 07.06.2006 lehnte die Beklagte die Rentengewährung ab, weil die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren) nicht erfüllt waren. Sie teilte mit, dass nach den getroffenen Feststellungen eine zeitlich begrenzte volle Erwerbsminderung seit 02.12.2005 bis voraussichtlich 31.05.2008 bestehe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006).
Dagegen hat der Kläger erneut Klage zum SG (Az. S 10 R 3492/06) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. B., HNO-Arzt hat eine Aussage über die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht getroffen (Auskunft vom 30.11.2006). Dr. P., Facharzt für Allgemeinmedizin berichtete eine therapieresistente ausgeprägte chronifizierte schwere depressive Störung mit aufgehobenem Leistungsvermögen. Eine Änderung sei nicht eingetreten, der Befund sei seit vielen Jahren gleichbleibend (Auskunft vom 13.12.2006). Dr. T., Arzt für Neurologie und Psychiatrie teilte unter dem 12.02.2007 mit, den Kläger im Zeitraum von 2005 bis 2006 lediglich am 12.04.2006 behandelt zu haben. Bei schwerer chronischer depressiver Störung sei der Kläger bereits seit September 2000 nicht mehr in der Lage mindestens 6 Stunden leichte Tätigkeiten zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, soweit der Kläger einen Rentenanspruch auch für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005 geltend mache. Über einen Anspruch für diesen Zeitraum habe die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2006 keine Entscheidung getroffen. Insbesondere sei der Bescheid vom 15.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2004 durch Abschluss des Vergleichs im Klageverfahren S 3 RJ 200/04 bestandskräftig und damit bindend geworden. Diese Bindungswirkung wäre nur entfallen, wenn die Beklagte insoweit eine Überprüfungsentscheidung gem. § 44 Abs. 1 SGB X getroffen hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Im Übrigen komme eine Rentengewährung nur in Betracht und könne eine Klagebefugnis nur bejaht werden, wenn ein entsprechender Antrag vorliege (§ 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI). In diesem Zusammenhang könne zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass der Vergleich vom 17.08.2005 im Klageverfahren S 3 RJ 200/04 einen Antrag des Klägers auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation enthalten habe, der gem. § 116 Abs. 2 SGB VI in einen Rentenantrag umgedeutet werden könne. Auch wenn die Beklagte dies nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, habe sie in dem angefochtenen Bescheid eine Rentengewährung für die Zeit ab dem 01.08.2005 (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) abgelehnt. Im Rahmen ihrer Zulässigkeit sei die Klage unbegründet, da dem Kläger für die Zeit ab 01.08.2005 kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zustehe, weil unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 02.12.2005 hierfür die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Leistungsfall könne wegen entgegenstehender Gutachten und ärztlicher Auskünfte bei ansonsten wegen nicht erfolgter Behandlung fehlenden ärztlichen Unterlagen trotz möglicher Anhaltspunkte nicht vorverlegt werden.
Gegen das dem Kläger am 22.01.2008 zugestellte Urteil hat er am 14.02.2008 Berufung eingelegt und sein Begehren auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2002 weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm bereits ab 1. August 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien erfüllt, wenn der Leistungsfall bis 14.03.2005 eingetreten sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des psychiatrischen Gutachtens vom 13 02 2009 bei Dr. M., Bezirkskrankenhaus G., Abteilung Psychiatrie II der Universität U. Dieser hat es auf Grund der Aktenlage für wahrscheinlich erachtet, dass die schwere neurotische Störung schon vor März 2005 zur Erwerbsunfähigkeit des Klägers geführt hatte.
Die Beklagte hat darauf hin anerkannt, dass der Kläger seit 28.02.2005 voll erwerbsgemindert ist. Den Antrag auf Rehabilitation im gerichtlichen Vergleich vom 17.08.2005 hat sie gem. § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag umgedeutet und sich bereit erklärt, dem Kläger ab 01.08.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersrente zu gewähren (Anerkenntnis vom 16.04.2009). Der Kläger hat das Anerkenntnis mit Schreiben vom 02.06.2009 angenommen. Darüber hinaus hat er weiterhin Rente auch für die davorliegende Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005 begehrt.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten im Termin am 20.08.2009 ausführlich erörtert und die Beteiligten mit Schreiben vom 26.08.2009 auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen. Die Beklagte hat sich damit einverstanden erklärt, der Kläger hat sich innerhalb der gesetzten Frist zur Stellungnahme nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge und die beigezogene Akte des SG Ulm S 3 RJ 200/04 Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte sowie zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mögliche Verhandlung nicht für Erforderlich hält.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat das Anerkenntnis der Beklagten angenommen. Insoweit hat sich der Rechtsstreit hinsichtlich der Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.08.2005 erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG).
Die darüber hinaus geführte Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.07.2005. Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 07.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2006, mit dem die Beklagte auf den Antrag des Klägers vom 16.02.2006 hin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung zunächst abgelehnt hat. Diesen Anspruch hat die Beklagte unter Umdeutung des Reha-Antrags vom 17.08.2005 in einen Rentenantrag (gem. § 116 Abs. 2 SGB VI) mit dem Anerkenntnis vom 16.04.2009 anerkannt. Der Beginn der Rentenzahlung ergibt sich danach gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI mit dem Kalendermonat, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Dies ist der 01.08.2005. Einen Rentenanspruch für die davorliegende Zeit kann der Kläger mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht erstreiten, da bereits die insoweit erhobene Klage unzulässig war, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung vom 31.07.2002 hatte die Beklagte mit dem Bescheid vom 15.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2004 abgelehnt. Diese Entscheidung der Beklagten ist mit dem Vergleichsschluss vor dem SG am 17.08.2005 bestandskräftig und damit bindend geworden (§§ 77, 101 Abs. 1 SGG), steht somit nicht mehr zur Disposition des Klägers. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG analog).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte den geltend gemachten Anspruch ab 01.08.2005 im Laufe des Verfahrens anerkannt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved