L 5 KR 149/08

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 6 KR 247/07
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 149/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Aufwandspauschale nach dem zum 1.4.2007 in Kraft getretenen § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V ist in allen Fällen zu zahlen, in denen die Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung unter Einschaltung des Krankenhauses nach dem 31.03.2007 durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob die Krankenhausbehandlung bereits früher begonnen oder sogar abgeschlossen wurde oder die Rechnung nach diesem Zeitpunkt der Krankenkasse zuging.
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.9.2008 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.8.2007 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auch in Fällen zu zahlen, in denen die stationäre Behandlung, die der geprüften Abrechnung zugrunde lag, vor dem 1.4.2007 begonnen wurde.
Vom 20.3.2007 bis 27.4.2007 wurde der bei der Beklagten krankenversicherte J R in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Die Rechnung der Klägerin vom 3.5.2007 ging am 4.5.2007 bei der Beklagten ein. Die am 10.5.2007 von der Beklagten in Auftrag gegebene Prüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ergab nach Beiziehung der Krankenakte und Erörterung mit dem Krankenhaus keine Beanstandungen (Gutachten vom 12.6.2007). Die Zahlung der von der Klägerin verlangten Aufwandspauschale von 100 EUR verweigerte die Beklagte mit der Begründung, § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nur auf Fälle anwendbar, in denen die Aufnahme zur stationären Behandlung nach dem Inkrafttreten dieser Bestim-mung zum 1.4.2007 erfolgt sei. Die am 2.8.2007 erhobene, auf Zahlung von 100 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gerichtete Klage hat das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 24.9.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zum 1.4.2007 in Kraft getretene Bestimmung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nur auf Behandlungsfälle anwendbar, die ab dem 1.4.2007 begonnen haben. Das ergebe sich aus der Ge-setzesbegründung, nach der Einzelfallprüfungen "zukünftig" zielorientierter und zügiger einzusetzen seien. Da die Bestimmung im Vorfeld heftig umstritten gewesen und erst im Bundesgesetzblatt vom 30.3.2007 veröffentlicht worden sei, hätten sich die Krankenkassen erst ab dem 1.4.2007 darauf einstellen können. Anderenfalls hätten die Krankenkassen zur Einhaltung der in § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vorgesehenen Ausschlussfrist von sechs Wochen alle noch offenen Prü-fungen innerhalb dieser Frist einleiten müssen (Hinweis auf Sächsisches Landessozialgericht 25.04.2008 - L 1 B 198/08 KR-ER). Da dies zu einem Untergang von Ansprüchen führen würde, wäre die Regelung bei dieser Auslegung mit einer verfassungsrechtlich problematischen echten Rückwirkung verbunden. Im Übrigen sei aus Gründen der Rechtsklarheit und der Praktikabilität grundsätzlich auf die bei Aufnahme des Versicherten geltende Rechtslage abzustellen (Hinweis auf BSG 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R). Für die Aufwandspauschale könne es auch nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung bei der Krankenkasse ankommen, denn das Gesetz stelle nur für den Lauf der Sechs-Wochen-Frist auf den Eingang der Rechnung ab. Zudem würde eine solche Auslegung den Kranken-häusern ermöglichen, den Anspruch auf die Aufwandsentschädigung durch eine verzögerte Vorlage der Rechnung willkürlich herbeizuführen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 26.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2008 die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Sie trägt vor, für die Entstehung des Anspruchs auf die Aufwandspauschale nach dem zum 1.4.2007 in Kraft getretenen § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V sei nicht auf den Zeitpunkt der Auf-nahme des Versicherten im Krankenhaus abzustellen. Im vorliegenden Fall liege sowohl der Entlassungstag als auch die Rechnungsstellung nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung. Die Neuregelung sei daher anwendbar. Diese Auslegung führe auch nicht zu einer echten Rückwirkung. Es komme auf den Zeitpunkt der mit der Rechnungsstellung verbundenen Prüfung durch den MDK an.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24.9.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 100 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.

Entscheidungsgründe:
Die auf Grund der Zulassung durch das Sozialgericht statthafte (§ 144 Abs. 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit Rechtshängigkeit.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus dem zum 1.4.2007 in Kraft getretenen § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I 2007 S. 378 ff.). Die Bestimmung lautet: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 EUR zu entrichten."
Die Bestimmung ist anzuwenden auf alle Fälle, in denen die Prüfung durch den MDK unter Einschaltung des Krankenhauses ab dem 1.4.2007 erfolgt ist (ebenso Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, 19.5.2009 - L 11 KR 5231/08, juris Rn. 15; Sozialgericht Kassel 18.2.2009 - S 12 KR 126/08, juris Rn. 18). Mangels einer abweichenden gesetzlichen Bestimmung ist § 275 Abs. 1c SGB V (= Art. 1 Nr. 185 Buchst. a des GKV-WSG) gemäß Art. 46 Abs. 1 GKV-WSG zum 1.4.2007 in Kraft getreten. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts gelten neue Rechtsnormen grundsätzlich mit sofortiger Wirkung. Soweit - wie hier - keine abweichende gesetzliche Bestimmung getroffen wird, gilt das neue Recht ab seinem Inkrafttreten auch für bereits unter dem früheren Recht begründete Rechte und Rechtsverhältnisse, soweit diese in diesem Zeitpunkt nicht bereits endgültig abgeschlossen waren (BSG 25.10.1995 - 3 RK 15/94, juris Rn. 30 m.w.N.; vgl. auch BSG 27.8.2007 - B 11 AL 11/07 R, juris Rn. 13 m.w.N.). Et-was anderes gilt nur dann, wenn schutzwürdige Belange, etwa als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3), oder grundrechtlich geschützte Positionen entgegenstehen (BSG 25.10.1995 a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V auf alle Fälle anwendbar, in denen die Prüfung durch den MDK unter Einschaltung des Krankenhauses nach dem 31.3.2007 begonnen hat.
Etwas anderes ergibt sich weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus dem Sinn und Zweck des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. In der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf (BT-Drucks. 16/3100 S. 171) heißt es hierzu:
"Im Krankenhausbereich besteht Handlungsbedarf im Hinblick auf den Umfang der gutachtlichen Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), die Krankenkassen im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 anfordern. Von einzelnen Krankenkassen wird die Prüfungsmöglich-keit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt. Dies führt zu unnötiger Bürokratie. Für einzelne Kassenarten liegen Hin-weise zu Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 Prozent der Krankenhausfälle vor. Dies belastet die Abläufe in den Krankenhäusern teils erheblich, sorgt für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand und führt in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsprob-lemen. Eine zeitnahe Prüfung ist nicht immer gewährleistet. Teilweise werden weit zurückliegende Fälle aus Vorjahren geprüft. Dies führt auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen.
Als Beitrag zu dem angestrebten Bürokratieabbau werden Anreize gesetzt, um Einzelfallprüfungen zukünftig zielorientierter und zügiger einzusetzen. Sofern hohe Prüfquoten z. B. auf systematische Mängel bei der Abrechnung durch das Krankenhaus zurückgehen, können diese im Rahmen der verdachtsunabhängigen Stichprobenprüfung nach § 17c des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geprüft und aufgedeckt werden. Die Stichprobenprüfung erfasst grundsätzlich die Abrech-nungen gegenüber allen Krankenkassen. Da von dieser Möglichkeit bislang nur wenig Gebrauch gemacht wird, wird parallel zu den Änderungen bei der Einzelfallprüfung die Einleitung einer Stichprobenprüfung erleichtert sowie die Prüfung gleichgewichtiger ausgerichtet (vgl. Buchstaben a und b der Begründung zu § 17c KHG).
Um einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen entgegenzuwirken, wird mit Satz 3 eine Aufwandspauschale von 100 Euro eingeführt. Diese ist von der prüfungseinleitenden Krankenkasse an das Krankenhaus zu ent-richten. Die Aufwandspauschale ist nach Satz 3 für alle diejenigen Krankenhausfälle zu zahlen, in denen die Einzelfallprüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags durch die Krankenkasse führt. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Aufwandspauschale durch die Krankenkasse entsteht somit grundsätzlich unabhängig davon, ob eine Rechnung bereits beglichen ist oder nicht. Das betroffene Krankenhaus hat der jeweiligen Krankenkasse die Aufwandspauschale in Rechnung zu stellen, zur Vermeidung unnötigen bürokratischen Aufwands ggf. in Form einer Sammelrechnung.
Das Recht der Krankenkassen zur Einleitung erforderlicher Prüfungen bleibt durch die Einführung einer Aufwandspauschale für die Prüfung nicht minderbarer Rechnungen unbenommen. Mit der Pauschale wird eine vereinfachte, aber unbürokratische Regelung verfolgt. Sie kann deshalb keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleisten. So sind aufgrund von Umfang und Komplexität der Kodierregeln Fehlabrechnungen mit zu hohen oder zu niedrigen Rechnungsbeträgen grundsätzlich nicht auszuschließen. Dennoch können Krankenkassen, die ihre Einzelfallprüfung gezielt durchführen, Mehrausgaben weitgehend vermeiden."
Hieraus ergibt sich, dass es Zweck der Aufwandspauschale ist, im Interesse einer Entlastung der Krankenhäuser die Zahl der von einzelnen Krankenkassen in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise veranlassten Einzelfallprüfungen und den damit verbundenen Aufwand für die Krankenhäuser zu beschränken. Aus der Formulierung, dass die Einzelfallprüfungen "zukünftig" zielorientierter und zügiger eingesetzt werden sollen, lässt sich nicht schließen, dass die Aufwandspauschale erst auf Behandlungsfälle anzuwenden ist, die nach dem 31.3.2007 begonnen haben. Aus den in der Begründung drastisch geschilderten Missständen lässt sich vielmehr schließen, dass dem Gesetzgeber daran gelegen war, die-se möglichst umgehend mit Hilfe der Aufwandspauschale zu beseitigen. Auch bei der Anwendung der Regelung auf alle Prüfungen nach dem 31.3.2007 handelt es sich schließlich immer noch um eine "zukünftige" Anwendung.
Die Anwendung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V ab 1.4.2007 verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Zwar werden bei der Anwendung der Regelung auf Prüfungen ab dem 1.4.2007 auch stationäre Behandlungen einbezogen, die bereits vor diesem Zeitpunkt begonnen oder abgeschlossen wurden, und auch Fälle, in denen die Rechnung vor dem 1.4.2007 der Krankenkasse zugegangen ist. Jedoch ist in diesen Fällen bis zum Beginn der Prüfung durch den MDK der dem Anspruch auf die Aufwandspauschale zugrunde liegende Sachverhalt noch nicht abgeschlossen. Insoweit führt die gesetzliche Regelung - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht zu einer echten Rückwirkung. Soweit die Aufwandspauschale an einen in der Vergangenheit noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt anknüpft, begründet sie allenfalls eine sog. unechte Rückwirkung. Diese ist zulässig, wenn die Bedeutung des mit der Neuregelung verfolgten Anliegens für das Wohl der Gemeinschaft dem Vertrauensschutz der Betroffenen in den Bestand der bisherigen Regelung vorgeht (BSG 13.11.2008 - B 13 R 13/08 R, juris Rn. 37). Soweit das Bundessozialgericht (BSG 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R, juris Rn. 27) eine Rückwirkung des § 275 Abs. 1c SGB V in an-derem Zusammenhang verneint hat, ergibt sich hieraus nichts anderes.
Ungeachtet der Frage, inwieweit sich die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts überhaupt auf Vertrauensschutz berufen können, stehen weder dieser noch sonstige schutzwürdige Belange der Beklagten der Anwendung der Bestimmung auf Prüfungen ab 1.4.2007 entgegen (ebenso LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 19). Wie bereits ausgeführt, wird die Befugnis der Krankenkassen, Einzelfallprüfungen durch den MDK zu veranlassen und ggf. den Ab-rechnungsbetrag zu mindern, durch die Aufwandspauschale nicht beseitigt. Die Aufwandspauschale dient lediglich dazu, die vom Gesetzgeber als unverhältnismäßig empfundene Zahl der Einzelfallprüfungen zu beschränken. Ein Vertrauen der Krankenkassen auf unbeschränkte Fortführung von Einzelfallprüfungen wäre jedenfalls in Abwägung mit dem Interesse der Krankenhäuser an der Vermeidung eines unverhältnismäßigen Aufwands nicht schützenswert. Die Krankenkassen hatten auch die Möglichkeit, auf die Einführung der Aufwandspauschale rechtzeitig zu reagieren. Die Aufwandspauschale war während des Gesetzgebungsverfahrens schon länger in der Diskussion. Die Krankenkassen konnten ab 1.4.2007 bereits erteilte Prüfaufträge ohne besonderen Aufwand stornieren und weitere Prüf-aufträge an den MDK unter strengerer Prüfung der Erfolgsaussichten erteilen. Zudem verblieb ihnen die in der Gesetzesbegründung genannte Möglichkeit, Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG ohne Sanktionsdrohung durchzuführen. Verbleibende Detailungerechtigkeiten durch Pauschalierungen und unvermeidbare Fehlabrechnungen hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zukommenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewusst in Kauf genommen.
Soweit das Sozialgericht auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG 24.1.2008 - B 3 KR 17/07 R, juris Rn. 13) verweist, nach dem aus Gründen der Rechtsklar-heit und Praktikabilität grundsätzlich auf die Rechtslage bei Aufnahme eines Versicherten im Krankenhaus abzustellen ist, ist diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Rechtsprechung betraf die Frage, ob der Ge-nehmigung des mit einem Krankenhaus geschlossenen Versorgungsvertrags durch die Aufsichtsbehörde Rückwirkung für bereits begonnene oder sogar abgeschlossene Behandlungsfälle beizumessen ist. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar, weil durch die Aufwandspauschale die Abrechenbarkeit des in der Vergangenheit begonnenen oder abgeschlossenen Behandlungsfalls nicht neu geregelt wird. Es wird lediglich eine Sanktion dafür eingeführt, dass die Krankenkasse eine erfolglose Prüfung dieses Falles durch den MDK veranlasst hat. Wie bereits ausgeführt, ist damit eine (echte) Rückwirkung nicht verbunden.
Die Notwendigkeit einer Beschränkung der Aufwandspauschale auf Behandlungsfälle, die nach dem 31.3.2007 im Krankenhaus aufgenommen wurden, ergibt sich auch nicht daraus, dass zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Prüfung durch den MDK eine Begleitung des Falles von Anfang an erforderlich wäre. Dabei kann dahinstehen, ob die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Prüfung in Einzelfäl-len eine Fallbeobachtung von Anfang an erfordert. Dies dürfte jedenfalls nicht die Regel sein. Vielmehr dürften sich Anhaltspunkte für eine Falschabrechnung zu Ungunsten der Krankenkasse häufig erst aus der Abrechnung des Krankenhauses ergeben. Selbst wenn für die Beurteilung der Prüfungsnotwendigkeit eine dauerhafte Fallbeobachtung erforderlich sein sollte, wäre dies auch bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung der Fall gewesen. Soweit die Krankenkasse dies nicht ge-tan hat, ist dieses Versäumnis nicht durch eine verzögerte Anwendung der Regelung über die Aufwandspauschale auszugleichen.
Eventuell befürchtete Manipulationsmöglichkeiten bei der Stellung der Rechnung rechtfertigen eine andere Auslegung ebenfalls nicht. Nach Auffassung des Senats kommt es für die Anwendbarkeit des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung des Krankenhauses bei der Krankenkasse an. Vielmehr ist der Zeitpunkt des Beginns der Prüfung durch den MDK unter Einschaltung des Krankenhauses maßgeblich. Prüfungen durch den MDK können auch bereits vor Eingang der Rechnung veranlasst werden; auch in diesen Fällen kommt eine Aufwandspauschale in Betracht, wenn die Prüfung nach dem 31.3.2007 durchgeführt wird (vgl. Sozialgericht Kassel, 18.2.2009 - S 12 KR 125/08, juris Rn. 18). Weiter muss die Prüfung unter Einschaltung des Krankenhauses erfolgt sein, da ansonsten ein "Aufwand" für das Krankenhaus überhaupt nicht entstanden ist. Der Umstand, dass eine Prüfung häufig erst nach Eingang der Rechnung veranlasst wird und die Krankenhäuser mit einer verzögerten Rech-nungsstellung die Möglichkeit hatten, diesen Zeitpunkt zu manipulieren, rechtfertigt keine andere Auslegung. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Krankenhäuser diese Möglichkeit missbraucht hätten. Da der Gesetzgeber mit Wirkung 25.3.2009 durch Art. 3 Nr. 8a Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17. März 2009 die Aufwandspauschale auf 300 EUR erhöht hat, liegt eher die Vermutung nahe, dass aus Sicht des Gesetzgebers die bisherige Höhe der Aufwandspauschale die Krankenkassen nicht in ausreichendem Maße von der Beauftragung von Einzelprüfungen abgehalten hat.
Eine andere Auslegung ergibt sich schließlich auch nicht aus der Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25.4.2008 (L 1 B 198/08 KR-ER, juris), da diese die in § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V geregelte sechswöchige Prü-fungsfrist und nicht die Aufwandspauschale betrifft (ebenso LSG Baden-Württemberg a.a.O. Rn. 20).
Der Zinsanspruch ergibt sich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins-satz als Anspruch auf Prozesszinsen aus § 69 Satz 3 SGB V in Verbindung mit §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. BSG 23.3.2006 - B 3 KR 6/05). Soweit die Klägerin zuvor 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beantragt hatte, hat sie den Antrag in der mündlichen Verhandlung beschränkt, nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, dass ein Anspruch auf einen Zinssatz von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB nur bei "Entgeltforderungen" aus Rechtsgeschäften besteht, woran es hier fehle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Da es sich um eine Übergangsproblematik mit einer begrenzten Anzahl von Fällen handelt, kommt der Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
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