L 31 R 58/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 110/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 R 58/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 12. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil nach dem Recht der DDR bei der Berechnung der Altersrente für jedes Jahr seiner Beschäftigung im Gesundheitswesen an seinen in den letzten 20 Kalenderjahren vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit erzielten beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienst ein Steigerungsbetrag von 1,5 v. H. anzulegen, dieser also insoweit fiktiv um die Hälfte anzuheben war. Er meint, dies müsse auch bei seiner bundesversicherungsrechtlichen Altersrente nach dem SGB VI erfolgen.

Der im Juli 1938 geborene Kläger war von 1959 bis zum Beitritt der DDR im staatlichen Gesundheitswesen der DDR beschäftigt. Auf Grund dieser Beschäftigung war er in der Sozialpflichtversicherung der DDR pflichtversichert. Einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem gehörte er nicht an; er zahlte Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung seit 1. Mai 1979.

Auf den Antrag des Klägers vom 14. März 2001 auf Altersrente gewährte die Beklagte ihm mit vom Bescheid 29. Juni 2001 ab 1. August 2001 eine Altersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1685,06 DM, dem persönliche Entgeltpunkte (Ost) in Höhe von 39,0513 zugrunde lagen.

Bereits mit Schreiben vom 16. Mai 2001 hatte der Kläger "Widerspruch" gegen die Nichtanerkennung und -bewertung von in der DDR erworbenen und zugesagten Renten- und Versorgungsleistungen erhoben; mit Schreiben vom 9. Juli 2001 legte er Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Juni 2001 ein. Er machte geltend, als früherer Mitarbeiter des Gesundheitswesens der DDR habe er Anspruch darauf, für jedes Beschäftigungsjahr im Gesundheitswesen einen besonderen Steigerungssatz von 1,5 v. H. zu erhalten. In dieser Angelegenheit würden zurzeit noch einige Musterprozesse laufen, deren Ausgang er abwarten wolle. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2007 lehnte die Beklagte die Änderung der Rentenberechnung unter Berufung auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2003 (B 4 RA 16/02 R) und 06. März 2003 (B 4 RA 13/02 R) sowie die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (Aktenzeichen 1 BvR 787/03 und1 BvR 933/03) ab.

Die anschließende Klage wies das Sozialgericht Neuruppin mit Urteil vom 12. Oktober 2007 ab und verurteilte den Kläger zur Zahlung von 150,00 EUR Verschuldenskosten. Zur Begründung führte es unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u. a. aus, für das klägerische Begehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde Bezug genommen auf die Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid und die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Diese seien zutreffend. Die Kammer schließe sich ihnen an. Dem Kläger selbst sei bewusst, dass es für sein Begehren keine Rechtsgrundlage gebe. Er verweise auf politische Bemühungen und Lobbyarbeit, eine entsprechende Rechtsgrundlage zu schaffen. Derzeit existiere eine solche aber nicht. Im Übrigen seien die politischen Bemühungen und die Lobbyarbeit bisher erfolglos geblieben. Nach der eindeutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Oktober 2005 zum Aktenzeichen 1 BvR 787/03 lägen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Übernahme des besonderen Steigerungsbetrages nach der Rentenverordnung der DDR in das gesamtdeutsche Rentenrecht vor. Dieser besondere Berechnungsfaktor sei insbesondere kein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem, sondern eben ein Berechnungsfaktor der Rente aus der Sozialversicherung. Da der besondere Steigerungsbetrag ohne eigene Beitragsleistung in der DDR unter bestimmten Voraussetzungen gewährt worden sei, unterfalle er auch nicht dem Eigentumsschutz, denn insoweit seien die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts, wann eine unter Eigentumsschutz stehende Anwartschaft vorliege, eindeutig. Für rentennahe Jahrgänge, deren Rente bis zum 31. Dezember 1996 begonnen habe, hätten nach Art. 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) bei einer Vergleichsrente Steigerungsbeträge gemäß §§ 35, 36 RÜG berücksichtigt werden können. In diesem Übergangszeitraum sei der Kläger jedoch nicht rentenberechtigt gewesen. Für ein Ruhen des Verfahrens gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) fehle es an der Zustimmung der Beklagten. Insoweit sei die Beklagte mit einem Ruhen des Verfahrens nicht einverstanden gewesen. Für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 114 SGG fehle es an den erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit hänge nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreites bilde oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen sei (§ 114 Abs. 2 S. 1 SGG). Der nationale Rechtsweg sei bis zum Bundesverfassungsgericht in dieser Rechtsfrage erfolglos von anderen Klägern beschritten worden. Die am EGMR in Straßburg anhängigen Individualbeschwerden mit der Rüge des Verstoßes gegen Art. 1 (Schutz des Eigentums) des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Diskriminierungsverbot) würden keinen Grund für eine Aussetzung gemäß § 114 Abs. 2 SGG darstellen. Bei einer Individualbeschwerde habe der EGMR keine Verwerfungskompetenz für nationales Recht. Er könne, anders als das Bundesverfassungsgericht nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz, nicht die Nichtigkeit einer nationalen Rechtsnorm feststellen und/oder die Bundesrepublik Deutschland verpflichten, eine rechtliche Regelung in einer bestimmten Zeit und unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Merkmale zu treffen. Der EGMR könne feststellen, dass eine Vorschrift der Konvention der Menschenrechte oder der Zusatzprotokolle verletzt worden sei und ob und in welcher Höhe eine Kompensation (Geldzahlung) bei einer Verletzung von der Bundesrepublik Deutschland zu leisten sei. Zu Eigentumsfragen aus Anlass des Untergangs der DDR und Beitritt der Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland habe sich der EGMR mehrfach und eindeutig positioniert. Bereits in der Entscheidung der großen Kammer über die Zulässigkeit der Individualbeschwerden der Beschwerde von Maltzan, von Zietzewitz, MAN Ferrostaa und Alfred Töpfer Stiftung / Deutschland (Nummer 71916/01, 71917/01 und 10260/02) ergäben sich die Grenzen, wann ein Anrecht der Zeit der DDR unter den Eigentumsschutz des Art. 1 des Protokolls Nummer 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention falle. Im Grunde habe der EGMR die Frage bereits entschieden in den Entscheidungen zu den Balletttänzern. Dabei sei es zwar nicht um die Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrages bei der Rentenberechnung gegangen, doch sei die berufsbezogene Zuwendung für Balletttänzer der ehemaligen DDR im Hinblick auf den Eigentumsschutz nach der Europäischen Menschenrechtskonvention vergleichbar. In der Individualbeschwerde der Nummer 291/03, Adam / Deutschland, habe der EGMR mit der Entscheidung vom 1. September 2005 festgestellt, dass die entschädigungslose Enteignung und der Verlust einer Berufsunfähigkeitsrente nicht ein Verstoß gegen das Eigentumsrecht sei. In der Entscheidung vom 15. Februar 2007 in der Sache Kirsten / Deutschland Individualbeschwerde Nummer 19124/02, habe der EGMR ebenfalls eindeutig das Nichtvorliegen einer Verletzung des Eigentumsrechts festgestellt. Im Grunde genommen habe somit der EGMR bereits eindeutige Entscheidungen zum Umfang des Eigentumsrechtes nach der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Zusatzprotokoll, das identisch mit Art. 14 Grundgesetz sei, festgestellt. Eine Abweichung von den getroffenen Entscheidungen sei bezüglich der Nichtberücksichtigung des Steigerungsbetrages von 1,5 % pro Arbeitsjahr im öffentlichen Gesundheitswesen der DDR zum einen nicht zu erwarten, zum anderen habe es keine Auswirkung auf das laufende Verfahren. Dem Kläger seien Verschuldenskosten gemäß § 192 SGG aufzuerlegen. Der Kläger sei darauf in der fünfundsiebzigminütigen mündlichen Verhandlung, die er zusammen mit den anderen Klägern an diesem Verhandlungstag und mit seiner "Gruppenleiterin Gesundheitswesen" verfolgt habe, ausdrücklich darauf hingewiesen worden. Er habe an seiner Klage festgehalten. Er sei auf die Aussichtslosigkeit der weiteren Rechtsverfolgung von der Vorsitzenden hingewiesen worden und habe von der weiteren Prozessführung nicht Abstand genommen. Das Gericht habe daher Mutwillenskosten gemäß § 192 Abs. 1 SGG auferlegt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger fristgemäß Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 12. Oktober 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung eines besonderen Steigerungssatzes von 1,5 v. H. für seine Beschäftigungszeiten im Gesundheit- und Sozialwesen der DDR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Beklagtenakte (Versicherungsnummer ) sowie der Gerichtsakten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

II.

Der Senat konnte gemäß § 153 Absatz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu auch zuvor (mit Schreiben vom 05. August 2009)angehört worden.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage des Klägers mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Ein Anspruch des Klägers auf Abänderung des Bescheides über die Gewährung einer Regelaltersrente vom 29. Juni 2001 besteht nicht.

Mit Wirkung zum 1. Januar 1992 wurden die bisherigen Regelungen über die Gewährung von Alters- und Zusatzaltersrenten nach dem Rentenrecht des Beitrittsgebiets kraft Gesetzes durch die Regelungen des SGB VI ersetzt; denn mit Ablauf des 31. Dezember 1991 waren die bis dahin nur nach Maßgabe des Einigungsvertrages als sekundäres Bundesrecht inhaltlich (sachlich) noch weiter anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften der DDR (Art. 9 Abs. 2 und 4 Einigungsvertrag u. a. i. V. m. Anlage 2 Kap. VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 6 bis 8) außer Kraft getreten und gemäß Art. 8 Einigungsvertrag durch die Überleitung der Vorschriften des SGB VI auf das Beitrittsgebiet (ggf. ergänzt durch das Übergangsrecht des Art. 2 RÜG oder durch die Vorschriften des Art. 3 RÜG – AAÜG - in den Fällen eines - hier nicht einschlägigen - Zusatz- oder Sonderversorgungssystems) ersetzt worden (dazu: BVerfG, Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 1, 9 f, 13 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3; so auch schon Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 1993, Az. 4 RA 40/92, BSGE 72, 50, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1). Die Fortschreibung des "Rentenrechts der DDR" in Art. 2 RÜG bis zum 31. Dezember 1996, berührt nur rentennahe Zugangsrentner (vgl. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 RÜG), nicht aber "rentenferne" Zugangsrentner wie den Kläger, dessen Altersrente erst am 01. August 2001 begann. Die Höhe der Regelaltersrente nach dem SGB VI für Bezugszeiten ab 1. August 2001 hat die Beklagte zutreffend unter richtiger Anwendung der Rentenformel des § 64 SGB VI festgesetzt. Daher war die Rentenberechnung im Bescheid von Juni 2001 rechtmäßig, sodass ein Anspruch auf Änderung dieses Verwaltungsaktes nicht besteht.

Das Begehren des Klägers, ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrages von 1,5 v. H. nach Maßgabe der Rentenverordnung für die Beschäftigungszeiten im Gesundheitswesen der DDR zu gewähren, entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage. § 47 Rentenverordnung kann ihr Begehren für die Zeit ab 1. August 2001 schon deshalb nicht stützen, weil - wie dargelegt - die Vorschriften mit Ablauf des 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten sind. Die inhaltliche Nachbildung des § 47 Rentenverordnung durch Art. 2 § 35 RÜG ist u. a. schon deshalb ohne Bedeutung, weil die Altersrente des Klägers bei einem Rentenbeginn am 01. August 2001 und damit nach dem 31. Dezember 1996 nicht vom Anwendungsbereich des Art. 2 RÜG erfasst wird.

Die für die Berechnung der Regelaltersrente allein maßgeblichen Vorschriften des SGB VI sehen den von dem Kläger geltend gemachten Steigerungsbetrag schlechthin - weil diesem Versicherungsrecht wesensfremd - nicht vor. Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente rechnerisch das Produkt aus Zugangs- und Rentenartfaktor, Summe der Entgeltpunkte (EP) sowie aktuellem Rentenwert. Der Rentenartfaktor für Altersrenten beträgt 1,0 (§ 67 Nr. 1 SGB VI). Auch der aktuelle Rentenwert (§ 68 SGB VI) kann in keiner erdenkbaren Weise einen Bezug zu dem von dem Kläger geltend gemachten Steigerungsbetrag haben.

Dem SGB VI und damit auch der Rentenformel des § 64 SGB VI ist die DDR-rechtliche Rentenberechnung aus Festbetrag und Steigerungsbetrag (allgemeiner und besonderer) fremd. Im Übrigen kannte auch § 47 Rentenverordnung keinen "Steigerungssatz", sondern nur einen modifizierten Steigerungsbetrag. Letztlich läuft das Begehren des Klägers darauf hinaus, dass er die Einführung einer neuen Art der Rentenberechnung aus dem SGB VI, also eine neue "Rentenformel" fordert; insoweit soll ein Berechnungselement der Rentenformel der DDR, der ein völlig anderes Rechtssystem zu Grunde lag, in die Rentenformel des § 64 SGB VI eingefügt werden. Hierfür gibt es im Bundesrecht keine Grundlage. Eine solche augenfällig sach- und gleichheitswidrige Systemsprengung ist auch von verfassungswegen nicht geboten (oder erlaubt). Sie kann auch nicht aus anderen Vorschriften des SGB VI z. B. den knappschaftsversicherungsrechtlichen Regelungen über Rentenartfaktoren (§ 82 SGB VI) und Entgeltpunkte (§§ 83, 85 SGB VI) hergeleitet werden, denn diese beruhen auf höheren Beitragsvorleistungen und haben mit einem "Steigerungsbetrag" i. S. des DDR-Rechts nichts gemein.

Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor, denn die in der Sozialpflichtversicherung der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften fielen als solche bis zum Beitritt der DDR nicht unter den Schutz des GG, da das GG im Gebiet der DDR nicht galt. Sie haben daher erst mit Herstellung der deutschen Einheit und nur durch und nach Maßgabe des Einigungsvertrages Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG erlangt (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 1, 32, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3). Soweit demnach in der DDR erworbene subjektive Rechte gegen den Staat oder seine Untergliederungen durch den Einigungsvertrag nicht anerkannt worden sind, sind sie mit dem Untergang der DDR erloschen. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur subjektive vermögenswerte Rechte, nicht aber Berechnungselemente solcher Rechte. Dass die Höhe der Anwartschaft, die der Kläger bis zum Untergang der DDR erworben hatte, unterschritten wird, ist für den Senat nicht ersichtlich.

Auch die durch das Sozialgericht dem Kläger auferlegte Zahlung einer Missbrauchsgebühr in Höhe von 150,00 Euro ist nicht zu beanstanden.

Nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (in der seit 02.01.2002 geltenden Fassung des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes vom 17.08.2001 – BGBl. I S. 2144) kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) ist ein Missbrauch dann gegeben, wenn eine Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (BVerfG, Beschlüsse vom 11.10.2001 – Az.: 2 BvR 1271/01; vom 10.02.1998 – Az.: 2 BvR 2283/97; vom 04.12.1997 – Az.: 1 BvR 1985/96). Der Tatbestand der "offensichtlichen Aussichtslosigkeit" ist der Begründung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zufolge ein Unterfall der "Missbräuchlichkeit" der Rechtsverfolgung (BT-Drucks 14/6335 S. 35). Eine vom Sozialgericht ohne großen Aufwand begründbare Klageabweisung ist nicht schon mit der völligen Aussichtslosigkeit der Klage gleichzusetzen.

Die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist zudem auch und vor allem durch ein subjektives Handlungselement geprägt (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl., Kap. XII RdNr. 35; vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 18.09.2003 – Az.: L 2 RA 379/03). Die Auferlegung von Kosten kommt nur in Betracht, wenn sich der Beteiligte der Missbräuchlichkeit seiner Rechtsverfolgung bewusst ist oder sie bei gehöriger Anstrengung zumindest erkennen kann. Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BVerfG. Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des erstmalig und mit seinem einzelnen gelagerten Fall betroffenen Beteiligten an (Thüringer LSG, Urteil vom 18.09.2003 – Az.: L 2 RA 379/03). Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der neuen Fassung des § 192 SGG zufolge für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und er führe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter. Dies ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers - wie sie bei der Novellierung des SGG im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drucks 14/5943 S. 28) -, den § 192 SGG nach dem Vorbild des § 34 Abs. 2 BVerfGG zu gestalten, für dessen Anwendung nach herrschender Rechtsprechung kein Verschulden des Betroffenen erforderlich ist.

Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall von einer Missbräuchlichkeit im Sinne einer offensichtlichen, das heißt völligen Aussichtslosigkeit ausgegangen werden. Vorliegend sind die Regelungen im SGB VI eindeutig und durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Hinsichtlich der anhängigen Verfahren vor dem EGMR und deren Auswirkungen auf das nationale Recht wird auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat ab. Das Sozialgericht hat zu Recht ausgeführt, dass es für das Begehren des Klägers keine Rechtsgrundlage gibt und dass auch der Kläger dies durchaus so sieht. Des Weiteren hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dem Kläger sehr wohl bewusst ist, dass lediglich eine Gesetzesänderung, für die er auch durchaus kämpft, zu einem entsprechenden Ergebnis führen kann. In diesem Fall erscheint die Fortführung des Rechtsstreits rechtsmissbräuchlich.

Auch die Höhe der Verschuldensgebühr ist nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved