Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 24 R 1236/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 1054/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 01. Juni 1982 bis zum 13. Oktober 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1946 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf des Maurers. Vom 01. November 1967 bis zum 31. Juli 1971 studierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin und war danach bis zum 31. August 1973 als Diplomlehrer beim RdS P B in Berlin beschäftigt. Danach war er beim M der D D R in der Staatlichen Plankommission sowie beim V B Berlin und dem V S im VBI Berlin beschäftigt. Ab dem 17. März 1980 war er beim VM Berlin zunächst als Bauleiter, seit dem 05. Februar 1983 als Oberbauleiter beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er mit etwa 160 der ca. 1.300 Mitarbeiter des V M Berlin für die Vorbereitung und Durchführung von Tankstellenbauten, Bauten in Tanklagern und den Ausbau von Ferienobjekten des V M Berlin zuständig. Nebenher absolvierte er erfolgreich ein Fernstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen in Berlin, die ihm am 04. Juni 1982 das Recht verlieh, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Hochbau" zu führen. Ab dem 01. Januar 1988 wurde er sodann in den VMK-M-S delegiert und arbeitete danach vom 16. Oktober 1989 bis zum 31. Mai 1990 als Objektbauleiter im VU und G in M.
Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Der Freiwilligen-Zusatzrenten-Versicherung (FZR) trat der Kläger mit Wirkung zum 01. März 1988 bei.
Am 28. Mai 2004 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit von 01. September 1973 bis zum 30. September 1977 für das Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates nach der Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG sowie für die Zeit vom 01. Oktober 1977 bis zum 30. Juni 1990 für das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach der Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit des AAÜG nach § 1 AAÜG für den Kläger und die Zeit vom 01. August 1971 bis 31. August 1973 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen, die Zeit vom 01. September 1973 bis 30. September 1977 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die Zeit vom 16. Oktober 1989 bis 31. Mai 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeiten erzielten Entgelte fest. Seinen Antrag, die Beschäftigungszeiten 01. Oktober 1977 bis zum 13. Oktober 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 zum AAÜG (im Folgenden: AVItech) festzustellen, lehnte sie hingegen ab. Es habe keine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR bestanden. Auch habe der Versicherte keinen Anspruch darauf gehabt. Er sei im Zeitraum vom 01. Oktober 1977 bis 31. Mai 1982 nicht zur Führung des Titels eines Ingenieurs berechtigt gewesen. Für die Zeit vom 01. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 habe keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb vorgelegen.
Mit seiner hiergegen am 09. März 2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren für die Zeit vom 01. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt habe. Es sei vorrangig die ausgeübte Tätigkeit zu bewerten. Dies sei eine typische ingenieurtechnische Tätigkeit gewesen. Er habe dieselben Tätigkeiten ausgeführt wie andere Bauleiter bzw. Ingenieure in der Industrie.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Einbeziehung lägen im Falle des Klägers schon allein deswegen nicht vor, weil er nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen sei. Der VEB Minol sei ein Handelsbetrieb gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2006 abgewiesen. Zur Begründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen weiteren Zeiten seien nicht nach § 5 AAÜG festzustellen. Der Kläger sei zwar zur Führung des Ingenieurstitels berechtigt gewesen, aber nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb des Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech sei somit nicht erfüllt.
Gegen den ihm am 21. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Juli 2006 Berufung eingelegt und an seiner im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Auffassung festgehalten. Die Entscheidung des Sozialgerichts berücksichtige nicht die tatsächlichen Verhältnisse in der damaligen DDR. Er habe als verantwortlicher Bauingenieur vor allem Tankstellen gebaut und einem Baubetrieb im VEB M angehört. Es habe sich um die Herstellung im Rahmen einer industriellen Produktion gehandelt. Der VEB M könne daher nicht als Handelsbetrieb angesehen werden. Jedenfalls wäre der VEB Minol den volkseigenen Produktionsbetrieben als Versorgungsbetrieb gleichzustellen. In der Versorgungsordnung sei hierfür neben Gas auch die Energie aufgeführt, wozu auch Öl gehöre. Weil er die gleiche Ausbildung wie andere einbezogene Bauingenieure habe und die gleiche Tätigkeit ausgeübt habe, verstoße die Ablehnung der Einbeziehung auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2006 sowie den Bescheid vom 19. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 04. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der VEB M Berlin sei ein Handelsbetrieb gewesen und der Wirtschaftsgruppe 52211 (Produktionsmittel-Handel mit Erzeugnissen der Industrie ohne Lebensmittelindustrie) zugeordnet gewesen. Er sei auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Der betriebliche Geltungsbereich der Versorgungsordnung der AVItech sei daher für die hier streitige Zeit nicht eröffnet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (VSNR ) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte, statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2005 ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den im Klageantrag benannten Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Nummer 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Zutreffend hatte die Beklagte den darauf gerichteten Antrag abgelehnt und den Widerspruch zurückgewiesen.
I.
Streitgegenstand ist nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Teilklagerücknahme der Zeitraum vom 04. Juni 1982 bis zum 13. Oktober 1989, in dem der Kläger im VEB M Berlin bzw. ab 01. Januar 1988 beim VEB M K-M-S als Bauleiter und Oberbauleiter beschäftigt war. Für die Anerkennung dieser Zeit als Zusatzversorgungszeit kommt ernsthaft nur eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Ein Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten nach den §§ 5, 8 AAÜG besteht jedoch nicht.
In dem Verfahren nach § 8 des AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 – 4 RA 7/95 -), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).
Der Kläger fällt zwar nach den insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Feststellungen der Beklagten unter den Anwendungsbereich des AAÜG. Für die hier streitgegenständliche Zeit vom 04. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 hat er jedoch mangels Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Feststellung als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie der in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Der Kläger gehörte dem Versorgungssystem der technischen Intelligenz weder aufgrund einer entsprechenden Zusage noch aufgrund einer einzelvertraglichen Regelung an. Er war auch nicht nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme zwingend einzubeziehen, weil er die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllte und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - D-spezial 2004, Nr. 8 zitiert nach juris).
Dass auch Beschäftigungszeiten von dem letztgenannten Personenkreis Zugehörigen von § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG erfasst sind und sein sollten, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen - wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden. Ausgehend davon bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 3; Urteil vom 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R - SGb 1998, 526). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).
Der Kläger gehörte nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Im Bereich der AVItech hängt die Zuordnung gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB zur VO-AVItech) vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487) nach der ständigen Rechtsprechung des BSG von folgenden drei Voraussetzungen ab:
1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und 3. von der Ausübung einer solchen Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 = SozR 3-8570 § 5 Nr. 9).
Der Kläger erfüllt zwar ab dem 04. Juni 1982 die persönliche und sachliche Voraussetzung, aber er war in der hier fraglichen Zeit nicht in einem volkseigenen Betrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich um einen VEB - was hier unstreitig gegeben ist - handelte und der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 und vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R - jeweils zitiert nach juris). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und -tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R – Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – zitiert nach juris). Dies entspricht auch dem Sinn der Privilegierung der technischen Intelligenz durch die AVItech-VO, wonach die industrielle Massenproduktion gefördert werden sollte (BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Im hier streitgegenständlichen Zeitraum war die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt. Der VEB Minol war nämlich kein Produktionsbetrieb. Das Gepräge erhielt der VEB M durch den Vertrieb von Benzin und Heizöl. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über Aufgaben und Tätigkeit des VEB Mvom 29. Dezember 1959 (GBl. DDR II 1960, S. 24) war der VEB Mdas zentrale Lenkungs-, Absatz- und Versorgungsorgan für Mineralöl, Teer und deren Produkte und übte auf dem Kraft- und Schmierstoffsektor die Groß- und Einzelhandelsfunktion aus. Der VEB Mwar demgemäß ein Handelsbetrieb. Dies gab ihm sein Gepräge. Dass daneben noch Bauleistungen erbracht wurden, ist nicht entscheidend. Denn diese waren weder die Hauptaufgabe, noch gaben sie dem VEB M das Gepräge. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger eingereichten Bestätigung des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB M Berlin vom 04. November 2006, wonach von ca. 1.300 Mitarbeitern des VEB M Berlin nur etwa 160 Mitarbeiter im Bereich der Bau- und Instandsetzungsleistungen beschäftigt waren.
Es handelte sich bei diesem Beschäftigungsbetrieb auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in dieser Regierungsverordnung getroffen, sondern einer Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 der Verordnung). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB zur genannten Verordnung waren den volkseigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien. Der VEB Minol kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden. In Betracht kommt allenfalls eine Zuordnung zu den Versorgungsbetrieben im Bereich der Energie. Der VEB M war aber kein Versorgungsbetrieb im Bereich der Energie. Nach dem Sprachgebrauch der DDR umfasste die Energieversorgung die qualitäts- und sortimentsgerechte Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Elektroenergie, Gas und Fernwärme; Energiebetriebe waren alle Kraftwerke, Gaswerke und Energieversorgungsbetriebe, die Elektro- und Wärmeenergie sowie Stadtgas als Hauptprodukte erzeugen, fortleiten oder verteilen (vgl. Ökonomisches Lexikon A-G, 3. Auflage 1978, zum Stichwort "Energieversorgung"). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Versorgungsbetrieb in diesem Sinne nicht jeder Betrieb ist, der die Bevölkerung mit beliebigen Gütern versorgt. Versorgungsbetriebe sind Betriebe der Daseinsvorsorge. § 1 Abs. 2 der 2. DB schränkt den Anwendungsbereich durch die Ergänzung "(Gas, Wasser, Energie)" auf für die Produktion besonders wichtige Versorgungsbetriebe ein. Ein Versorgungsbetrieb für Energie ist ein Betrieb im Bereich der Energieversorgung, der Energieabnehmer in seinem Versorgungsgebiet mit Energie aus Versorgungsnetzen beliefert. Hierunter sind nur Betriebe zu verstehen, die als Versorgungsbetriebe in den Bereichen Gas, Wasser, Energie die öffentliche Versorgung mit leitungsgebundenen Energieträgern in Versorgungsnetzen gewährleisteten (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Dezember 2005 – L 7 RA 550/04 – zitiert nach juris). Hierzu gehörte der VEB M nicht.
Hierin liegt auch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anknüpfen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, vorhandene, im Recht der DDR angelegte Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Deshalb kann der Kläger nicht verlangen, im Wege einer Analogie auf Grund seiner Qualifikation als Ingenieur für Hochbau den in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO AVItech genannten Versorgungsberechtigten gleichgestellt zu werden. Im Hinblick auf das Neueinbeziehungsverbot des Einigungsvertrages (Anlage II Kapitel VIII H III Nr. 9 Buchst a) ist eine Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme geltenden Regelung der DDR nicht zulässig (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insbesondere im Hinblick auf Art. 3 GG nicht beanstandet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 – SozR 4-8570 § 22 Nr. 1 = NZS 2006, 314 und Nichtannahmebeschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 – SozR 4-8570 § 5 Nr. 4 = NJW 2005, 409).
Da der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Die Berufung konnte somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 01. Juni 1982 bis zum 13. Oktober 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1946 geborene Kläger erlernte zunächst den Beruf des Maurers. Vom 01. November 1967 bis zum 31. Juli 1971 studierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin und war danach bis zum 31. August 1973 als Diplomlehrer beim RdS P B in Berlin beschäftigt. Danach war er beim M der D D R in der Staatlichen Plankommission sowie beim V B Berlin und dem V S im VBI Berlin beschäftigt. Ab dem 17. März 1980 war er beim VM Berlin zunächst als Bauleiter, seit dem 05. Februar 1983 als Oberbauleiter beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er mit etwa 160 der ca. 1.300 Mitarbeiter des V M Berlin für die Vorbereitung und Durchführung von Tankstellenbauten, Bauten in Tanklagern und den Ausbau von Ferienobjekten des V M Berlin zuständig. Nebenher absolvierte er erfolgreich ein Fernstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen in Berlin, die ihm am 04. Juni 1982 das Recht verlieh, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Hochbau" zu führen. Ab dem 01. Januar 1988 wurde er sodann in den VMK-M-S delegiert und arbeitete danach vom 16. Oktober 1989 bis zum 31. Mai 1990 als Objektbauleiter im VU und G in M.
Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Der Freiwilligen-Zusatzrenten-Versicherung (FZR) trat der Kläger mit Wirkung zum 01. März 1988 bei.
Am 28. Mai 2004 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit von 01. September 1973 bis zum 30. September 1977 für das Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates nach der Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG sowie für die Zeit vom 01. Oktober 1977 bis zum 30. Juni 1990 für das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach der Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit des AAÜG nach § 1 AAÜG für den Kläger und die Zeit vom 01. August 1971 bis 31. August 1973 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen, die Zeit vom 01. September 1973 bis 30. September 1977 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die Zeit vom 16. Oktober 1989 bis 31. Mai 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeiten erzielten Entgelte fest. Seinen Antrag, die Beschäftigungszeiten 01. Oktober 1977 bis zum 13. Oktober 1989 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 zum AAÜG (im Folgenden: AVItech) festzustellen, lehnte sie hingegen ab. Es habe keine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR bestanden. Auch habe der Versicherte keinen Anspruch darauf gehabt. Er sei im Zeitraum vom 01. Oktober 1977 bis 31. Mai 1982 nicht zur Führung des Titels eines Ingenieurs berechtigt gewesen. Für die Zeit vom 01. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 habe keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb vorgelegen.
Mit seiner hiergegen am 09. März 2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren für die Zeit vom 01. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt habe. Es sei vorrangig die ausgeübte Tätigkeit zu bewerten. Dies sei eine typische ingenieurtechnische Tätigkeit gewesen. Er habe dieselben Tätigkeiten ausgeführt wie andere Bauleiter bzw. Ingenieure in der Industrie.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Einbeziehung lägen im Falle des Klägers schon allein deswegen nicht vor, weil er nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen sei. Der VEB Minol sei ein Handelsbetrieb gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2006 abgewiesen. Zur Begründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständlichen weiteren Zeiten seien nicht nach § 5 AAÜG festzustellen. Der Kläger sei zwar zur Führung des Ingenieurstitels berechtigt gewesen, aber nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb des Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech sei somit nicht erfüllt.
Gegen den ihm am 21. Juni 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Juli 2006 Berufung eingelegt und an seiner im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Auffassung festgehalten. Die Entscheidung des Sozialgerichts berücksichtige nicht die tatsächlichen Verhältnisse in der damaligen DDR. Er habe als verantwortlicher Bauingenieur vor allem Tankstellen gebaut und einem Baubetrieb im VEB M angehört. Es habe sich um die Herstellung im Rahmen einer industriellen Produktion gehandelt. Der VEB M könne daher nicht als Handelsbetrieb angesehen werden. Jedenfalls wäre der VEB Minol den volkseigenen Produktionsbetrieben als Versorgungsbetrieb gleichzustellen. In der Versorgungsordnung sei hierfür neben Gas auch die Energie aufgeführt, wozu auch Öl gehöre. Weil er die gleiche Ausbildung wie andere einbezogene Bauingenieure habe und die gleiche Tätigkeit ausgeübt habe, verstoße die Ablehnung der Einbeziehung auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2006 sowie den Bescheid vom 19. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 04. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der VEB M Berlin sei ein Handelsbetrieb gewesen und der Wirtschaftsgruppe 52211 (Produktionsmittel-Handel mit Erzeugnissen der Industrie ohne Lebensmittelindustrie) zugeordnet gewesen. Er sei auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Der betriebliche Geltungsbereich der Versorgungsordnung der AVItech sei daher für die hier streitige Zeit nicht eröffnet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (VSNR ) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte, statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2005 ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den im Klageantrag benannten Zeitraum als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Nummer 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Zutreffend hatte die Beklagte den darauf gerichteten Antrag abgelehnt und den Widerspruch zurückgewiesen.
I.
Streitgegenstand ist nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Teilklagerücknahme der Zeitraum vom 04. Juni 1982 bis zum 13. Oktober 1989, in dem der Kläger im VEB M Berlin bzw. ab 01. Januar 1988 beim VEB M K-M-S als Bauleiter und Oberbauleiter beschäftigt war. Für die Anerkennung dieser Zeit als Zusatzversorgungszeit kommt ernsthaft nur eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Ein Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten nach den §§ 5, 8 AAÜG besteht jedoch nicht.
In dem Verfahren nach § 8 des AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 – 4 RA 7/95 -), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn der Kläger dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).
Der Kläger fällt zwar nach den insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Feststellungen der Beklagten unter den Anwendungsbereich des AAÜG. Für die hier streitgegenständliche Zeit vom 04. Juni 1982 bis 13. Oktober 1989 hat er jedoch mangels Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Feststellung als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie der in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Der Kläger gehörte dem Versorgungssystem der technischen Intelligenz weder aufgrund einer entsprechenden Zusage noch aufgrund einer einzelvertraglichen Regelung an. Er war auch nicht nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme zwingend einzubeziehen, weil er die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllte und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - D-spezial 2004, Nr. 8 zitiert nach juris).
Dass auch Beschäftigungszeiten von dem letztgenannten Personenkreis Zugehörigen von § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG erfasst sind und sein sollten, ergibt sich bereits daraus, dass als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten vor Einführung eines Versorgungssystems gelten (§ 5 Abs. 2 AAÜG) und ein Verlust von Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall nach dem Willen des Bundesgesetzgebers unberücksichtigt bleibt (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist in aller Regel entscheidend danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war. Um das Ziel, eine sachgerechte und willkürfreie Zuordnung der bundesrechtlichen Rechtsfolgen sicherzustellen, erreichen zu können, sollen - wie sowohl die teleologische als auch die systematische Auslegung insbesondere der §§ 5 bis 8 AAÜG ergeben - nach dem Willen des Gesetzgebers alle auch nur potentiell Begünstigten, allerdings auch nur diese, in das besondere Verfahren einbezogen werden. Ausgehend davon bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem des Rückgriffs auf diejenigen Gegebenheiten der DDR, an die das AAÜG anknüpft. Im Falle des § 5 Abs. 1 AAÜG sind dies die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit insoweit als bundesrechtlich relevante Fakten anerkannten Versorgungsordnungen, wobei diese gegebenenfalls durch sonstige einschlägige und in Übereinstimmung hiermit ergangene abstrakt-generelle Vorgaben von zuständigen Stellen der früheren DDR, zu denen insbesondere Durchführungsbestimmungen gehören, ergänzt werden. Dabei ist die Bedeutung der Texte ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts, insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift des § 5 AAÜG zu bestimmen (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - zitiert nach juris). Wie die Versorgungsordnungen und die Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ausgelegt und angewandt wurden, muss insoweit ohne Belang sein, denn anderenfalls bestünde die Möglichkeit einer normativen Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen (BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 3; Urteil vom 30. Juni 1998 - B 4 RA 11/98 R - SGb 1998, 526). Ob nämlich außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen und der einschlägigen Durchführungsbestimmungen vorgegebenen Rahmens liegende Umstände die Aussicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt erscheinen lassen konnten, lässt sich heute mangels einer gesicherten Beurteilungsgrundlage nicht willkürfrei entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 6).
Der Kläger gehörte nicht zur Gruppe derjenigen, die in das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz obligatorisch einzubeziehen waren. Im Bereich der AVItech hängt die Zuordnung gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB zur VO-AVItech) vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487) nach der ständigen Rechtsprechung des BSG von folgenden drei Voraussetzungen ab:
1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und 3. von der Ausübung einer solchen Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 = SozR 3-8570 § 5 Nr. 9).
Der Kläger erfüllt zwar ab dem 04. Juni 1982 die persönliche und sachliche Voraussetzung, aber er war in der hier fraglichen Zeit nicht in einem volkseigenen Betrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich um einen VEB - was hier unstreitig gegeben ist - handelte und der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 und vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R - jeweils zitiert nach juris). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und -tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R – Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – zitiert nach juris). Dies entspricht auch dem Sinn der Privilegierung der technischen Intelligenz durch die AVItech-VO, wonach die industrielle Massenproduktion gefördert werden sollte (BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Im hier streitgegenständlichen Zeitraum war die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt. Der VEB Minol war nämlich kein Produktionsbetrieb. Das Gepräge erhielt der VEB M durch den Vertrieb von Benzin und Heizöl. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung über Aufgaben und Tätigkeit des VEB Mvom 29. Dezember 1959 (GBl. DDR II 1960, S. 24) war der VEB Mdas zentrale Lenkungs-, Absatz- und Versorgungsorgan für Mineralöl, Teer und deren Produkte und übte auf dem Kraft- und Schmierstoffsektor die Groß- und Einzelhandelsfunktion aus. Der VEB Mwar demgemäß ein Handelsbetrieb. Dies gab ihm sein Gepräge. Dass daneben noch Bauleistungen erbracht wurden, ist nicht entscheidend. Denn diese waren weder die Hauptaufgabe, noch gaben sie dem VEB M das Gepräge. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger eingereichten Bestätigung des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB M Berlin vom 04. November 2006, wonach von ca. 1.300 Mitarbeitern des VEB M Berlin nur etwa 160 Mitarbeiter im Bereich der Bau- und Instandsetzungsleistungen beschäftigt waren.
Es handelte sich bei diesem Beschäftigungsbetrieb auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in dieser Regierungsverordnung getroffen, sondern einer Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 der Verordnung). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB zur genannten Verordnung waren den volkseigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien. Der VEB Minol kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden. In Betracht kommt allenfalls eine Zuordnung zu den Versorgungsbetrieben im Bereich der Energie. Der VEB M war aber kein Versorgungsbetrieb im Bereich der Energie. Nach dem Sprachgebrauch der DDR umfasste die Energieversorgung die qualitäts- und sortimentsgerechte Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Elektroenergie, Gas und Fernwärme; Energiebetriebe waren alle Kraftwerke, Gaswerke und Energieversorgungsbetriebe, die Elektro- und Wärmeenergie sowie Stadtgas als Hauptprodukte erzeugen, fortleiten oder verteilen (vgl. Ökonomisches Lexikon A-G, 3. Auflage 1978, zum Stichwort "Energieversorgung"). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Versorgungsbetrieb in diesem Sinne nicht jeder Betrieb ist, der die Bevölkerung mit beliebigen Gütern versorgt. Versorgungsbetriebe sind Betriebe der Daseinsvorsorge. § 1 Abs. 2 der 2. DB schränkt den Anwendungsbereich durch die Ergänzung "(Gas, Wasser, Energie)" auf für die Produktion besonders wichtige Versorgungsbetriebe ein. Ein Versorgungsbetrieb für Energie ist ein Betrieb im Bereich der Energieversorgung, der Energieabnehmer in seinem Versorgungsgebiet mit Energie aus Versorgungsnetzen beliefert. Hierunter sind nur Betriebe zu verstehen, die als Versorgungsbetriebe in den Bereichen Gas, Wasser, Energie die öffentliche Versorgung mit leitungsgebundenen Energieträgern in Versorgungsnetzen gewährleisteten (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 19. Dezember 2005 – L 7 RA 550/04 – zitiert nach juris). Hierzu gehörte der VEB M nicht.
Hierin liegt auch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anknüpfen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, vorhandene, im Recht der DDR angelegte Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Deshalb kann der Kläger nicht verlangen, im Wege einer Analogie auf Grund seiner Qualifikation als Ingenieur für Hochbau den in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO AVItech genannten Versorgungsberechtigten gleichgestellt zu werden. Im Hinblick auf das Neueinbeziehungsverbot des Einigungsvertrages (Anlage II Kapitel VIII H III Nr. 9 Buchst a) ist eine Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme geltenden Regelung der DDR nicht zulässig (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insbesondere im Hinblick auf Art. 3 GG nicht beanstandet (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 – SozR 4-8570 § 22 Nr. 1 = NZS 2006, 314 und Nichtannahmebeschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 – SozR 4-8570 § 5 Nr. 4 = NJW 2005, 409).
Da der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat, hat er auch keinen Anspruch auf Feststellung der in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.
Die Berufung konnte somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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