Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 170 AS 27168/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 774/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2009 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die lediglich als Darlehen in Höhe von 365EUR erfolgte Bewilligung von Kosten für Wohnungseinrichtungsgegenstände und begehrt eine höhere Leistung.
In der nichtöffentlichen Sitzung der 170. Kammer des Sozialgerichts Berlin hat der Antragstel-ler am 9. März 2009 unter Rücknahme seiner Anträge im Übrigen noch beantragt, den An-tragsgegner zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ein Sofa, einen Kleiderschrank, ein Bettgestell, zwei Küchenoberschränke und einen Wohnzimmertisch als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu gewähren.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26. März 2003 den Antragsgegner zu 1. verpflichtet, dem Antragsteller ein Darlehen über 365 EUR für Wohnungseinrichtungsgegenstände zu gewäh-ren, wobei das Darlehen ab April 2009 in monatlichen Raten ab 30 EUR von dem Antragsteller zurückzuzahlen ist. Für die Höhe des Zahlbetrages hat das Sozialgericht die Pauschalen aus dem Rundschreiben I 38/2004 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu §§ 23 Abs. 3 S. 5, 23 Abs. 3 S. 6 SGB II herangezogen. Die monatlichen Raten sind hierbei mit der laufenden Leistung zu verrechnen. Im Übrigen hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Sozial-gericht darauf hingewiesen, dass die Beschwerde an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig sei.
Gegen diesen dem Antragsteller am 31. März 2009 zugestellten Beschluss hat er am 24. April 2009 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin- Brandenburg eingelegt; diese sei vom Sozialgericht zugelassen worden. Er behauptet, die Darlehensrückzahlungsmodalitäten seien verfassungswidrig, da der Regelsatz ja gerade zur Deckung des Bedarfes ausreiche. Eine Rück-forderung dürfe daher erst nach Beendigung des Hilfebezuges erfolgen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht statthaft.
Nach § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden und hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 b) und Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen,
1. in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Beru-fung nicht zulässig wäre, 2. gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe ver-neint, 3. gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG, 4. gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 2 SGG, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.
Hier liegt ein die Beschwerde ausschließender Fall von § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG vor, denn in der Hauptsache wäre die Berufung nicht zulässig. Vorliegend ergibt sich insgesamt ein Streit-wert von 365 EUR (die der Antragsteller als Zuschuss statt als Darlehen begehrt), der unter der gesetzlichen Grenze von 750 EUR liegt. Mit seinem Antrag wendet sich der Antragsteller zudem gegen die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens (365 EUR). Im Streit sind somit auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Die bloße Behauptung des Antragstellers, die Höhe der sich aus dem Rundschreiben I 38/2004 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ergebenden Werte für eine Beschaf-fung der Einrichtungsgegenstände sei nicht "preisangepasst" und daher "zu niedrig" angesetzt, führt nicht zum Erreichen der gesetzlichen Grenze von 750 EUR und damit nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde des Antragstellers. Denn der Antragsteller trägt nicht einmal vor, dass die Kosten hierfür über 750 EUR liegen und damit der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne von § 144 SGG erreicht würde. Dass dieser Wert überschritten würde, ist schließlich auch für das Gericht nicht ersichtlich. Selbst wenn unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vortra-ges des Klägers davon ausgegangen würde, dass im Zeitraum von 2003 bis 2007 der Preisindex bei Gütern des Regelsatzes von 100 auf 108 gestiegen ist und diese Preissteigerung so bis 2009 auf insgesamt 112 fortgeschritten ist, so ist ein Wert des Beschwerdegegenstandes auch bei seit 2004 nicht preisangepassten Beträgen (von damals 365 EUR) bei weitem nicht erreicht.
Ausnahmen hat der Gesetzgeber zu § 172 Abs. 3 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung nicht zugelassen. Insbesondere liegen auch die Voraussetzungen für eine Nichtzulas-sungsbeschwerde nach § 145 SGG nicht vor.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der oben näher bezeichneten Fassung bedarf die Beru-fung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss durch das Landessozialgericht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- und Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend ge-macht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Wortlaut der Vorschrift macht schon hinreichend deutlich, dass § 144 SGG "nur" auf die Nichtzulassung einer Berufung, nicht aber auf die Nichtzulassung einer Beschwerde anwend-bar ist. Mangels zulässiger Berufung ist mithin auch die Beschwerde unzulässig. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht dadurch, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses auf die Möglichkeit der Beschwerde für den Antragsteller hingewiesen wird. Denn damit ist die Beschwerde nicht zugelassen.
Eine entsprechende Anwendung dieser Norm auf das Beschwerdeverfahren würde im Übrigen im Widerspruch zum Gesetzeszweck des § 172 Abs. 3 SGG stehen und kommt hier deswegen nicht in Betracht. Ziel des Gesetzes vom 26. März 2008 (a. a. O.) ist nämlich u. a. eine nach-haltige Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit durch Vereinfachung und Straffung des sozialge-richtlichen Verfahrens (BT-Drs. 16/7716 S. 12 f.). Danach wurde die Beschwerde ausgeschlos-sen bei wirtschaftlich nicht relevanten Kostengrund- und sonstigen Nebenentscheidungen so-wie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe (BT-Drs. a. a. O. S. 14). Schließlich soll der Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen im einstwei-ligen Rechtsschutz, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, dazu führen, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht gegenüber denjenigen im Hauptsacheverfahren privilegiert werden. Der Senat hält insoweit - entgegen LSG Niedersachsen-Bremen - Beschluss vom 21.10.2008 - L 6 AS 458/08 ER – in NdsRpfl 2009, 32 und juris – an seiner Rechtsprechung fest (Beschluss vom 16. Januar 2009 – L 29 B 2004/08 AS ER). Der Senat schließt sich diesbezüglich – wie bereits in seinem Be-schluss vom 18. März 2009 – L 29 AS 296/09 B ER - veröffentlicht in sozialgerichtsbarkeit.de - der zu der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen geäußerten Auffassung des Hessi-schen Landessozialgerichts (Beschluss vom 12. Januar 2009 - L 7 AS 421/08 B ER – zitiert nach juris) nach eigener Prüfung als ihn überzeugend an, wenn dieses ausführt: " Eine gesonderte Zulassungsbefugnis für das Beschwerdeverfahren ist § 177 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Maßstab für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausdrücklich nur die allerdings hypothetische Statthaf-tigkeit einer Berufung in der Hauptsache ist. Damit hat der Gesetzgeber allein auf die ausdrückliche Regelung in §§ 144, 145 SGG F. 2008 für das Berufungsverfahren abge-stellt, ohne ein eigenständiges Zulassungsverfahren im Beschwerdeverfahren vorzuse-hen. Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz ein solches dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten. Die Beschwerde wäre auch nicht statthaft, wenn ohne gesonderte Zulassung im Be-schwerdeverfahren alleine einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungs-gründe vorläge. Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 gibt dafür nichts her. Der Ge-setzgeber hat sich leider gegen eine eindeutige Formulierung entschieden, nach der entweder die Zulassungsgründe einzubeziehen wären oder unberücksichtigt bleiben müssen. Weder hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerde ausge-schlossen ist, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfe noch hat er angeordnet, der Ausschluss greife nicht, soweit Zulassungsgründe vorlägen. Gestützt wird die Auffassung des Senats aber nach Sinn und Zweck des Zulassungsver-fahrens und der hierfür erforderlichen Gründe in der Hauptsache gemäß §§ 144, 145 SGG sowie dem gesetzgeberischen Zweck der Neuregelung in § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008. Getragen ist die Neuregelung von dem gesetzgeberischen Willen, die Landessozialge-richte zu entlasten. Aus diesem Blickwinkel heraus, soll die Privilegierung von Rechts-schutzmöglichkeiten im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren entfallen (BT-Drucks 16/7716, S. 106, zu Nr. 29, Buchstabe b). Angestrebt ist damit ei-ne Kongruenz zwischen der Rechtsmittelbefugnis in der Hauptsache und im einstweili-gen Rechtsschutz. Bei einfacher Betrachtung könnte das zunächst dafür sprechen, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gleichermaßen wie im Hauptsacheverfahren auch die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausreichen zu lassen. Eine solche oberflächliche Betrachtung berücksichtigt aber nicht ausreichend die zeitlichen und sachlichen Unterschiede einer Entscheidung im einstwei-ligen Rechtsschutz gegenüber der Hauptsache. Dabei lässt es der Senat offen, ob aus der Verwendung des Konjunktivs in der Formu-lierung "die Berufung zulässig wäre" zu folgern ist, § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 stelle nicht auf die Zulässigkeit, enger: Statthaftigkeit, der Berufung für den Ge-genstand der Hauptsache ab (so noch: Senat, 11.8.2008 – L 7 AS 213/08 B ER; auch: LSG Hamburg, 1.9.2008 – L 5 AS 70/08 NZB; LSG Niedersachsen-Bremen, 8.9.2008 – L 13 AS 178/08 ER), sondern übertrage nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Be-rufungsverfahrens auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (LSG Niedersachsen-Bremen, 21.10.2008 – L 6 AS 458/08 ER). Denn nach beiden Lesarten können die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG nicht die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 eröffnen. Sollte hypothetisch auf die Statthaftigkeit der Berufung für das zugrunde liegende Hauptsacheverfahren abzustellen sein, das ggf. noch gar nicht anhängig ist, weil der ge-richtliche einstweilige Rechtsschutz nach § 86b SGG bereits für das Verwaltungsver-fahren eröffnet ist, fehlte es bereits an der dann erforderlichen zeitlichen Kongruenz zwischen dem Berufungs- und Beschwerdeverfahren. In der Hauptsache können Zulas-sungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG die Berufung nur in dem Zeitpunkt statthaft wer-den lassen, in dem das Sozial- oder Berufungsgericht die Berufung deswegen zugelas-sen hat. Die Zulassungsentscheidung ist konstitutive Voraussetzung für die Statthaftig-keit der Berufung. Solange sie nicht ergangen ist, bleibt die Berufung schwebend unzu-lässig. Eine Zulassung kann aber vor dem Abschluss des Beschwerdeverfahrens über den einstweiligen Rechtsschutz nicht ergangen sein und ob sie zu einem späteren Zeit-punkt ergehen wird, bleibt in jedem Fall schon deshalb fraglich, weil eine Entscheidung im vielleicht nachfolgenden Klageverfahren nicht – zwingend – zu ergehen hat. Bei der anderen Lesart ist hingegen zu bedenken, dass die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG auf den einstweiligen Rechtsschutz nicht zugeschnitten sind und deshalb auch nicht übertragen werden können. Grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht die vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz haben, sondern können nur die ihr zugrunde liegenden Ansprüche in der Hauptsache haben, welche ge-rade nicht den Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bilden. Auch eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht an-gezeigt, weil durch die Verkürzung des Rechtswegs auf die Tatsachengerichte eine ein-heitliche Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz ohnehin nicht herzustellen ist. Allein der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG - Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann -, könnte grundsätzlich auch für das einstweili-ge Rechtsschutzverfahren greifen ..."
Mangels zulässiger Berufung ist mithin auch die Beschwerde unzulässig. Eine andere Beurtei-lung ergibt sich nicht dadurch, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlus-ses auf die Möglichkeit der Beschwerde für den Antragsteller hingewiesen wird. Damit ist die Beschwerde nicht zugelassen. Denn selbst wenn eine Zulassung der Beschwerde möglich wäre, ist diese nicht erfolgt.
Unter Berücksichtigung der zu § 144 SGG ergangenen Rechtsprechung kann von einer Zulas-sung nur ausgegangen werden kann, wenn ein entsprechenden Ausspruch im Tenor oder zu-mindest in den Entscheidungsgründen erfolgt ist (vgl. hierzu Leitherer, in Meyer- Lad-ewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, § 144 Rn. 39 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Allein, dass die Rechtsmittelbelehrung die Beschwerde erwähnt, genügt für eine Zulassung nicht (st. Rspr. des Bundessozialgerichts zu § 144 SGG, vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 40 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die lediglich als Darlehen in Höhe von 365EUR erfolgte Bewilligung von Kosten für Wohnungseinrichtungsgegenstände und begehrt eine höhere Leistung.
In der nichtöffentlichen Sitzung der 170. Kammer des Sozialgerichts Berlin hat der Antragstel-ler am 9. März 2009 unter Rücknahme seiner Anträge im Übrigen noch beantragt, den An-tragsgegner zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ein Sofa, einen Kleiderschrank, ein Bettgestell, zwei Küchenoberschränke und einen Wohnzimmertisch als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, zu gewähren.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26. März 2003 den Antragsgegner zu 1. verpflichtet, dem Antragsteller ein Darlehen über 365 EUR für Wohnungseinrichtungsgegenstände zu gewäh-ren, wobei das Darlehen ab April 2009 in monatlichen Raten ab 30 EUR von dem Antragsteller zurückzuzahlen ist. Für die Höhe des Zahlbetrages hat das Sozialgericht die Pauschalen aus dem Rundschreiben I 38/2004 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zu §§ 23 Abs. 3 S. 5, 23 Abs. 3 S. 6 SGB II herangezogen. Die monatlichen Raten sind hierbei mit der laufenden Leistung zu verrechnen. Im Übrigen hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. In der Rechtsmittelbelehrung hat das Sozial-gericht darauf hingewiesen, dass die Beschwerde an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig sei.
Gegen diesen dem Antragsteller am 31. März 2009 zugestellten Beschluss hat er am 24. April 2009 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin- Brandenburg eingelegt; diese sei vom Sozialgericht zugelassen worden. Er behauptet, die Darlehensrückzahlungsmodalitäten seien verfassungswidrig, da der Regelsatz ja gerade zur Deckung des Bedarfes ausreiche. Eine Rück-forderung dürfe daher erst nach Beendigung des Hilfebezuges erfolgen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht statthaft.
Nach § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden und hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 b) und Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen,
1. in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Beru-fung nicht zulässig wäre, 2. gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe ver-neint, 3. gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG, 4. gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 2 SGG, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.
Hier liegt ein die Beschwerde ausschließender Fall von § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG vor, denn in der Hauptsache wäre die Berufung nicht zulässig. Vorliegend ergibt sich insgesamt ein Streit-wert von 365 EUR (die der Antragsteller als Zuschuss statt als Darlehen begehrt), der unter der gesetzlichen Grenze von 750 EUR liegt. Mit seinem Antrag wendet sich der Antragsteller zudem gegen die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens (365 EUR). Im Streit sind somit auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Die bloße Behauptung des Antragstellers, die Höhe der sich aus dem Rundschreiben I 38/2004 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ergebenden Werte für eine Beschaf-fung der Einrichtungsgegenstände sei nicht "preisangepasst" und daher "zu niedrig" angesetzt, führt nicht zum Erreichen der gesetzlichen Grenze von 750 EUR und damit nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde des Antragstellers. Denn der Antragsteller trägt nicht einmal vor, dass die Kosten hierfür über 750 EUR liegen und damit der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne von § 144 SGG erreicht würde. Dass dieser Wert überschritten würde, ist schließlich auch für das Gericht nicht ersichtlich. Selbst wenn unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vortra-ges des Klägers davon ausgegangen würde, dass im Zeitraum von 2003 bis 2007 der Preisindex bei Gütern des Regelsatzes von 100 auf 108 gestiegen ist und diese Preissteigerung so bis 2009 auf insgesamt 112 fortgeschritten ist, so ist ein Wert des Beschwerdegegenstandes auch bei seit 2004 nicht preisangepassten Beträgen (von damals 365 EUR) bei weitem nicht erreicht.
Ausnahmen hat der Gesetzgeber zu § 172 Abs. 3 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung nicht zugelassen. Insbesondere liegen auch die Voraussetzungen für eine Nichtzulas-sungsbeschwerde nach § 145 SGG nicht vor.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der oben näher bezeichneten Fassung bedarf die Beru-fung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss durch das Landessozialgericht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- und Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend ge-macht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Wortlaut der Vorschrift macht schon hinreichend deutlich, dass § 144 SGG "nur" auf die Nichtzulassung einer Berufung, nicht aber auf die Nichtzulassung einer Beschwerde anwend-bar ist. Mangels zulässiger Berufung ist mithin auch die Beschwerde unzulässig. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht dadurch, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses auf die Möglichkeit der Beschwerde für den Antragsteller hingewiesen wird. Denn damit ist die Beschwerde nicht zugelassen.
Eine entsprechende Anwendung dieser Norm auf das Beschwerdeverfahren würde im Übrigen im Widerspruch zum Gesetzeszweck des § 172 Abs. 3 SGG stehen und kommt hier deswegen nicht in Betracht. Ziel des Gesetzes vom 26. März 2008 (a. a. O.) ist nämlich u. a. eine nach-haltige Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit durch Vereinfachung und Straffung des sozialge-richtlichen Verfahrens (BT-Drs. 16/7716 S. 12 f.). Danach wurde die Beschwerde ausgeschlos-sen bei wirtschaftlich nicht relevanten Kostengrund- und sonstigen Nebenentscheidungen so-wie in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe (BT-Drs. a. a. O. S. 14). Schließlich soll der Ausschluss der Beschwerde gegen Entscheidungen im einstwei-ligen Rechtsschutz, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, dazu führen, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht gegenüber denjenigen im Hauptsacheverfahren privilegiert werden. Der Senat hält insoweit - entgegen LSG Niedersachsen-Bremen - Beschluss vom 21.10.2008 - L 6 AS 458/08 ER – in NdsRpfl 2009, 32 und juris – an seiner Rechtsprechung fest (Beschluss vom 16. Januar 2009 – L 29 B 2004/08 AS ER). Der Senat schließt sich diesbezüglich – wie bereits in seinem Be-schluss vom 18. März 2009 – L 29 AS 296/09 B ER - veröffentlicht in sozialgerichtsbarkeit.de - der zu der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen geäußerten Auffassung des Hessi-schen Landessozialgerichts (Beschluss vom 12. Januar 2009 - L 7 AS 421/08 B ER – zitiert nach juris) nach eigener Prüfung als ihn überzeugend an, wenn dieses ausführt: " Eine gesonderte Zulassungsbefugnis für das Beschwerdeverfahren ist § 177 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Maßstab für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausdrücklich nur die allerdings hypothetische Statthaf-tigkeit einer Berufung in der Hauptsache ist. Damit hat der Gesetzgeber allein auf die ausdrückliche Regelung in §§ 144, 145 SGG F. 2008 für das Berufungsverfahren abge-stellt, ohne ein eigenständiges Zulassungsverfahren im Beschwerdeverfahren vorzuse-hen. Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz ein solches dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten. Die Beschwerde wäre auch nicht statthaft, wenn ohne gesonderte Zulassung im Be-schwerdeverfahren alleine einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungs-gründe vorläge. Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 gibt dafür nichts her. Der Ge-setzgeber hat sich leider gegen eine eindeutige Formulierung entschieden, nach der entweder die Zulassungsgründe einzubeziehen wären oder unberücksichtigt bleiben müssen. Weder hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerde ausge-schlossen ist, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfe noch hat er angeordnet, der Ausschluss greife nicht, soweit Zulassungsgründe vorlägen. Gestützt wird die Auffassung des Senats aber nach Sinn und Zweck des Zulassungsver-fahrens und der hierfür erforderlichen Gründe in der Hauptsache gemäß §§ 144, 145 SGG sowie dem gesetzgeberischen Zweck der Neuregelung in § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008. Getragen ist die Neuregelung von dem gesetzgeberischen Willen, die Landessozialge-richte zu entlasten. Aus diesem Blickwinkel heraus, soll die Privilegierung von Rechts-schutzmöglichkeiten im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren entfallen (BT-Drucks 16/7716, S. 106, zu Nr. 29, Buchstabe b). Angestrebt ist damit ei-ne Kongruenz zwischen der Rechtsmittelbefugnis in der Hauptsache und im einstweili-gen Rechtsschutz. Bei einfacher Betrachtung könnte das zunächst dafür sprechen, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gleichermaßen wie im Hauptsacheverfahren auch die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausreichen zu lassen. Eine solche oberflächliche Betrachtung berücksichtigt aber nicht ausreichend die zeitlichen und sachlichen Unterschiede einer Entscheidung im einstwei-ligen Rechtsschutz gegenüber der Hauptsache. Dabei lässt es der Senat offen, ob aus der Verwendung des Konjunktivs in der Formu-lierung "die Berufung zulässig wäre" zu folgern ist, § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 stelle nicht auf die Zulässigkeit, enger: Statthaftigkeit, der Berufung für den Ge-genstand der Hauptsache ab (so noch: Senat, 11.8.2008 – L 7 AS 213/08 B ER; auch: LSG Hamburg, 1.9.2008 – L 5 AS 70/08 NZB; LSG Niedersachsen-Bremen, 8.9.2008 – L 13 AS 178/08 ER), sondern übertrage nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Be-rufungsverfahrens auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (LSG Niedersachsen-Bremen, 21.10.2008 – L 6 AS 458/08 ER). Denn nach beiden Lesarten können die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG nicht die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 eröffnen. Sollte hypothetisch auf die Statthaftigkeit der Berufung für das zugrunde liegende Hauptsacheverfahren abzustellen sein, das ggf. noch gar nicht anhängig ist, weil der ge-richtliche einstweilige Rechtsschutz nach § 86b SGG bereits für das Verwaltungsver-fahren eröffnet ist, fehlte es bereits an der dann erforderlichen zeitlichen Kongruenz zwischen dem Berufungs- und Beschwerdeverfahren. In der Hauptsache können Zulas-sungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG die Berufung nur in dem Zeitpunkt statthaft wer-den lassen, in dem das Sozial- oder Berufungsgericht die Berufung deswegen zugelas-sen hat. Die Zulassungsentscheidung ist konstitutive Voraussetzung für die Statthaftig-keit der Berufung. Solange sie nicht ergangen ist, bleibt die Berufung schwebend unzu-lässig. Eine Zulassung kann aber vor dem Abschluss des Beschwerdeverfahrens über den einstweiligen Rechtsschutz nicht ergangen sein und ob sie zu einem späteren Zeit-punkt ergehen wird, bleibt in jedem Fall schon deshalb fraglich, weil eine Entscheidung im vielleicht nachfolgenden Klageverfahren nicht – zwingend – zu ergehen hat. Bei der anderen Lesart ist hingegen zu bedenken, dass die Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG auf den einstweiligen Rechtsschutz nicht zugeschnitten sind und deshalb auch nicht übertragen werden können. Grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann nicht die vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutz haben, sondern können nur die ihr zugrunde liegenden Ansprüche in der Hauptsache haben, welche ge-rade nicht den Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bilden. Auch eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht an-gezeigt, weil durch die Verkürzung des Rechtswegs auf die Tatsachengerichte eine ein-heitliche Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz ohnehin nicht herzustellen ist. Allein der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG - Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann -, könnte grundsätzlich auch für das einstweili-ge Rechtsschutzverfahren greifen ..."
Mangels zulässiger Berufung ist mithin auch die Beschwerde unzulässig. Eine andere Beurtei-lung ergibt sich nicht dadurch, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlus-ses auf die Möglichkeit der Beschwerde für den Antragsteller hingewiesen wird. Damit ist die Beschwerde nicht zugelassen. Denn selbst wenn eine Zulassung der Beschwerde möglich wäre, ist diese nicht erfolgt.
Unter Berücksichtigung der zu § 144 SGG ergangenen Rechtsprechung kann von einer Zulas-sung nur ausgegangen werden kann, wenn ein entsprechenden Ausspruch im Tenor oder zu-mindest in den Entscheidungsgründen erfolgt ist (vgl. hierzu Leitherer, in Meyer- Lad-ewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., 2008, § 144 Rn. 39 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Allein, dass die Rechtsmittelbelehrung die Beschwerde erwähnt, genügt für eine Zulassung nicht (st. Rspr. des Bundessozialgerichts zu § 144 SGG, vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 40 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved