Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
-
Aktenzeichen
VK 1 - 77/09
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 KR 53/09 SFB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Beabsichtigt eine gesetzliche Krankenkasse, mit pharmazeutischen Unternehmern Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V zu schließen, handelt es sich hierbei um einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 und 2 GWB.
2.
Arzneimittelrabattverträge betreffen die entgeltliche Lieferung von Waren i.S.d. § 99 Abs. 2 Satz 1 GWB.
3.
Gesetzliche Krankenkassen verfolgen bei funktionaler Betrachtung mit dem Instrument des Rabattvertrages im Rahmen des Sachleistungsprinzips einen Beschaffungszweck.
4.
Es kommt für die Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht entscheidend darauf an, ob Exklusivität vertraglich zugesichert wird. Es ist vielmehr ausreichend, dass dem pharmazeutischen Unternehmer u.a. über die Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V faktisch ein Wettbewerbsvorteil – eine Sonderstellung im Wettbewerb - eingeräumt wird.
5.
Es ist nicht darauf abzustellen, ob in den Rabattverträgen (vertragsstrafenbewehrte) Lieferpflichten des pharmazeutischen Unternehmers vereinbart werden sollen.
Beabsichtigt eine gesetzliche Krankenkasse, mit pharmazeutischen Unternehmern Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V zu schließen, handelt es sich hierbei um einen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 und 2 GWB.
2.
Arzneimittelrabattverträge betreffen die entgeltliche Lieferung von Waren i.S.d. § 99 Abs. 2 Satz 1 GWB.
3.
Gesetzliche Krankenkassen verfolgen bei funktionaler Betrachtung mit dem Instrument des Rabattvertrages im Rahmen des Sachleistungsprinzips einen Beschaffungszweck.
4.
Es kommt für die Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht entscheidend darauf an, ob Exklusivität vertraglich zugesichert wird. Es ist vielmehr ausreichend, dass dem pharmazeutischen Unternehmer u.a. über die Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V faktisch ein Wettbewerbsvorteil – eine Sonderstellung im Wettbewerb - eingeräumt wird.
5.
Es ist nicht darauf abzustellen, ob in den Rabattverträgen (vertragsstrafenbewehrte) Lieferpflichten des pharmazeutischen Unternehmers vereinbart werden sollen.
Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 22.05.2009 werden zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Die Beigeladene trägt die Kosten des Antrages auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren wird für notwendig erklärt.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Ausschreibungspflicht einer Arzneimittelrabattvereinbarung.
Die Antragsgegnerin (AG) - eine gesetzliche Krankenkasse - schloss am 16.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens mit der Beigeladenen (BG), einem pharmazeutischen Unternehmen, einen Arzneimittelrabattvertrag nach § 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über das Fertigarzneimittel F®, das den Wirkstoff Interferon-ß-1b enthält und europaweit zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zugelassen ist. Es wird seit dem 01.01.2009 vertrieben.
Gegenstand des Vertrages ist die Gewährung eines Rabattes für Packungen von F®, die durch die BG vertrieben und zu Lasten der AG an ihre Versicherten über öffentliche Apotheken oder Versandapotheken abgegeben werden (§§ 1, 2 Rabattvertrag). Der Vertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Abreden:
§ 4
Weitere Verpflichtungen der Vertragspartner
( ...)
(2) Die Vertragspartner werden Ärzte, Apotheker und Patienten gemeinsam unter Beachtung der heilmittelrechtlichen Vorschriften über den Abschluss dieses Vertrages und dessen Inhalt informieren. Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragspartner zu weiteren gemeinsam abgestimmten Informationen von Ärzten, Apothekern und Patienten.
(3) Durch diesen Vertrag werden die Vertragspartner nicht daran gehindert, weitere Verträge gemäß § 130a Abs. 8 SGB V über die vertragsgegenständlichen oder wirkstoffgleiche Arzneimittel abzuschließen.
( ...).
Mit Rundschreiben vom 05.02.2009 unterrichtete die AG die Vertragsärzte über den Abschluss des Rabattvertrages mit der BG. Die betroffenen Versicherten der AG wurden mit Schreiben vom 13.02.2009 über den Abschluss des Rabattvertrages informiert. Ebenso wurde die Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten GmbH (IFA) unterrichtet.
Die Antragstellerin (AS) vertreibt das Fertigarzneimittel C®, das ebenfalls den Wirkstoff Interferon-ß-1b enthält. C® und F® sind von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) als identisch eingestuft worden (Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht - EMEA H/C/933). Beide Arzneimittel werden durch den selben Hersteller (Chiron) in den USA produziert. Die AS bietet C® im Zusammenhang mit einem sog. "Schwesternprogramm" an, bei dem die mit dem Medikament behandelten Patienten im Verlauf der Therapie durch speziell ausgebildete Krankenschwestern betreut werden. Das Arzneimittel kann auch ohne das "Schwesternprogramm" verordnet und verabreicht werden.
Vor dem Vertragsschluss zwischen AG und BG führten Vertreter der AS am 05.11.2008 ein Gespräch mit Vertretern der AG über eine mögliche vertragliche Kooperation bezüglich C®. Mit Schreiben vom 05.12.2008 übermittelte die AS ein Angebot zum Abschluss einer Rabattvereinbarung. Das Angebot der AS bezog sich auch auf das sog. "Schwesternprogramm".
Während einer am 03.02.2009 geführten telefonischen Unterredung mit der AG beanstandete die AS u.a., dass ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt worden sei.
In einem Vermerk vom 04.02.2009 legte die AG u.a. Folgendes dar:
" ... In der Apothekensoftware wird C als auszutauschen gegen F angezeigt. Es ist mit einer Substitution in der Apotheke zu rechnen. Aus diesem Grund werden wir nicht nur KVn [= Kassenärztliche Vereinigungen] und Ärzte informieren, sondern auch die betroffenen Patienten. ( ...)"
In einem weiteren Vermerk der AG vom 04.02.2009 wird u.a. ausgeführt:
" ...Ein weiterer Vertrag mit C wäre unwirtschaftlich, da er eine Verlagerung behindert und uns die Steuerungsmöglichkeit nimmt. Nur durch selektive Vertragsgestaltung können wir den Wettbewerb in diesem starren Markt fördern.
( ...)
Ein Arzt sollte schon allein aufgrund des § 12 SGB V eine Umstellung auf das wirtschaftliche Produkt vornehmen, unabhängig von bestehenden Rabattverträgen. Darüber hinaus setzen wir auf Information. Wir informieren gezielt Ärzte und KVn über unseren Rabattvertrag. Bei mangelnder Umsetzung können wir überlegen, ob und wieweit wir den Druck erhöhen möchten ( ...).
Auch unsere betroffenen Versicherten werden von uns über den Vertrag informiert und um Unterstützung gebeten.
( ...)
Die angedrohten rechtlichen Schritte von C warten wir ab und halten wir aus. Die Angebote wurden intensiv geprüft. Das Ergebnis ist eindeutig und im Falle einer Anfrage der Aufsichtsbehörde oder in einem Rechtsstreit einfach zu belegen. ( ...)"
Mit Schreiben vom 06.02 und 17.02.2009 unterbreitete die AS weitere Angebote zum Abschluss eines Rabattvertrages, die die AG jedoch ablehnte (Schreiben vom 10.02. und 18.02.2009).
Am 03.04.2009 hat die AS bei der Vergabekammer (VK) des Bundes einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gestellt. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Vertrag vom 16.12.2008 unwirksam sei, weil die AG als öffentlicher Auftraggeber zur Ausschreibung des streitigen Vertrages verpflichtet gewesen sei. Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern unterfielen als Rahmenverträge dem Vergaberecht. Auch wenn der Vertrag selbst keine entsprechende Klausel enthalte, sei zumindest eine faktische Exklusivität gegeben. Die AG habe sich nämlich ausdrücklich geweigert, einen Vertrag mit der AS abzuschließen, so dass die Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zwangsläufig zu einer Bevorzugung der BG führe. Im Übrigen ergebe sich auch aus den Rundschreiben der AG an Ärzteschaft und Patienten, dass der Abschluss des Rabattvertrages zu einem Wettbewerbsvorteil der BG führe. Letztlich dokumentiere sich der Wettbewerbsvorteil auch in den deutlich zurückgegangenen Absatzzahlen. Soweit das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags überhaupt eine Lenkungs- und Steuerungswirkung voraussetze, sei auch diese hier gegeben. Sie - die AS - sei ferner antragsbefugt, da sie bereits am 05.11.2008 ihr Interesse am Abschluss eines Rabattvertrages gegenüber der AG geäußert habe und mangels Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens an der Abgabe eines eigenen chancenreichen Angebots gehindert gewesen sei.
Die AG hat die Auffassung vertreten, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei, weil die AS den Vergabeverstoß nicht gerügt habe. Die Antragsbefugnis der AS sei nicht gegeben, da der durch die AS unterstellte Wettbewerbsvorteil der BG jedenfalls nicht aus der mit der BG geschlossenen Rabattvereinbarung resultiere. Der Rabattvertrag stelle auch keinen öffentlichen Auftrag dar, da ein solcher nur dann angenommen werden könne, wenn dem Vertragspartner im Vertrag ausdrücklich Exklusivität zugesichert werde, was hier gerade nicht der Fall sei. Unabhängig von der schon nicht vorhandenen rechtlichen Exklusivität fehle es zudem an einer faktischen Exklusivität. Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 13 Vergabeverordnung (VgV) seien nicht erfüllt, weil die Angebote der AS und der BG unterschiedliche Leistungsgegenstände beträfen. Die AS habe nämlich das von ihr vertriebene Arzneimittel ausschließlich in Verbindung mit dem sog. "Schwesternprogramm" angeboten.
Die BG hat ebenfalls geltend gemacht, dass es sich bei dem Rabattvertrag nicht um einen öffentlichen Auftrag handele. Denn es fehle jegliche exklusive, eine Absatzgarantie zugunsten der BG begründende vergaberechtliche Auswahlentscheidung und damit auch jedwede Lenkungs- und Steuerungswirkung. Außerdem könne F® vor dem Hintergrund, dass es auch ohne Rabattvertrag bereits das "wirtschaftlichste" (preisgünstigste) Produkt am Markt sei, durch weitere vertragliche Rabattierung nicht noch wirtschaftlicher werden. Zudem betreibe die AS das Nachprüfungsverfahren in rechtsmissbräuchlicher Weise, da sie selbst den Vertragsschluss ohne Ausschreibung aktiv gesucht und im Übrigen auch Rabattverträge mit zahlreichen anderen Krankenkassen ohne vorangegangenes Ausschreibungsverfahren geschlossen habe.
Durch Beschluss vom 22.05.2009 (berichtigt mit Beschluss vom 27.05.2009) hat die VK festgestellt, dass die zwischen der AG und der BG abgeschlossene Rabattvereinbarung nichtig sei und der AG aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der VK durchzuführen sowie unverzüglich nach Bestandskraft des Beschlusses der IFA sowie den angeschriebenen Ärzten und Versicherten mitzuteilen, dass die Rabattvereinbarung unwirksam sei. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei dem Vertrag vom 16.12.2008 handele es sich um einen öffentlichen Auftrag in Gestalt einer Rahmenvereinbarung. Dass vertraglich keine Lieferpflicht der BG vereinbart worden sei, stehe der Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht entgegen. Durch den Rabattvertrag werde der BG angesichts der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V jedenfalls faktische Exklusivität eingeräumt. Auch die AG sei stets davon ausgegangen, dass Apotheken bei der Abgabe von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Interferon-ß-1b zur Substitution verpflichtet seien. Ob für die Annahme eines öffentlichen Auftrages eine Steuerungs- bzw. Lenkungswirkung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal erforderlich sei, könne auf sich beruhen. Die Antragsbefugnis der AS unterliege keinen Bedenken, da ihr in einem förmlichen Vergabeverfahren die Chance auf einen Zuschlag nicht von vornherein abgesprochen werden könne. Eine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 GWB habe in der vorliegenden Konstellation nicht bestanden. Die AS habe ihr Antragsrecht auch angesichts des Umstandes, dass sie selbst Vertragsverhandlungen mit der AG geführt habe, nicht verwirkt. Als Rechtsfolge ergebe sich aufgrund entsprechender Anwendung des § 13 Satz 6 VgV a.F. die Nichtigkeit des Vertrages vom 16.12.2008.
Gegen den ihnen am 22.05. bzw. 27.05.2009 zugestellten Beschluss haben die AG am 03.06.2009 und die Beigeladene am 04.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die AG macht unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Nachprüfungsverfahren geltend, dass es wegen der Eigenart des Herstellungsverfahrens keine Wirkstoffgleichheit zwischen den Fertigarzneimitteln C® und F® geben könne. Es handele sich vorliegend nicht um einen ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 GWB. Denn in dem Vertrag werde keine entgeltliche Liefer- oder Leistungsverpflichtung begründet. Die BG seien nicht einmal verpflichtet, F® in Vertrieb zu halten. Anders als die branchenüblichen Rabattverträge enthalte die Vereinbarung vom 16.12.2008 auch keine Exklusivitätsklausel.
Die Antragsgegnerin beantragt:
1. Der Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt vom 22. Mai 2009 (VK 1 - 77/09) wird aufgehoben. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
Die Beigeladene beantragt,
1. den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 22.05.2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.05.2009 aufzuheben;
2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären;
3. der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen erforderlichen Kosten aufzuerlegen;
4. hilfsweise, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Sie vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Rabattvertrag angesichts fehlender Lieferverpflichtungen, fehlender Exklusivität sowie fehlender Lenkungs- und Steuerungswirkung nicht um einen öffentlichen Auftrag handeln könne. Eine Lenkungs- und Steuerungswirkung durch § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V komme deshalb nicht in Betracht, weil bereits aus Sicht der AS eine Ersetzungsmöglichkeit nicht bestehe. Diese habe nämlich im Februar 2009 in einem ausschließlich an Apotheker gerichteten Rundschreiben ihre therapeutischen Bedenken gegen eine Substitution von C® durch F® publiziert. Insbesondere habe die AS darauf abgestellt, dass unterschiedliche Darreichungsformen bestünden, weil die Applikationssysteme erheblich voneinander abwichen. Auch bei unterstellter Substitutionspflicht könne der AS kein Wettbewerbsnachteil entstehen, weil C® auch ohne Rabattvertrag durch F® - dem preisgünstigsten Arzneimittel - nach Maßgabe des § 129 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V ersetzt werden müsste. Außerdem habe die AS einen Schaden i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB nicht dargelegt und gegen die Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB analog) verstoßen. Im Übrigen sei das Antragsrecht der AS gemäß § 242 BGB verwirkt, nachdem sie bereits mit 30 anderen Krankenkassen ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens Rabattverträge abgeschlossen und zudem auch mit der AG intensiv verhandelt habe. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass vorliegend auch die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Vergabebekanntmachung in Betracht gekommen wäre.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2. den Antrag, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen, zurückzuweisen,
3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,
4. der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin erforderlichen Kosten aufzuerlegen,
5. hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Rabattvereinbarung nicht als öffentlichen Auftrag qualifiziert, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen,
6. hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu 5. nicht gefolgt wird, die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die sofortige Beschwerde sei wegen pauschaler Bezugnahmen der AG und der BG auf ihr Vorbringen vor der VK bereits unzulässig. Abgesehen davon sei die Beschwerde unbegründet. Der Vertrag vom 16.12.2008 sei ausschreibungspflichtig gewesen, weil es sich hierbei um einen öffentlichen Auftrag handele. Er vermittele jedenfalls eine faktische Exklusivität; es komme nicht darauf an, ob die Gewährung von Exklusivität ausdrücklich vereinbart sei. Die Lenkungs- und Steuerungswirkung resultiere aus der Substitutionspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dem stehe nicht entgegen, dass sie - die AS - das gegenwärtig von der BG verwendete Applikationssystem weiterentwickelt habe. Im Hinblick auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte ergebe sich die Lenkungs- und Steuerungswirkung zudem aus § 106 Abs. 2 Satz 8 SGB V sowie weiterer Regelungen des Vertragsarztrechts. Antragsbefugnis sei schon deshalb gegeben, weil durch die Nichtbeteiligung an einem förmlichen Vergabeverfahren ein Schaden in Form von Umsatzrückgängen bereits eingetreten sei.
Die BG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 115 Abs. 3 Satz 1, 118 Abs. 1 Satz 3 GWB analog bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, mit Schriftsatz vom 17.06.2009 zurückgenommen.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Vergabekammerakten sowie der Verwaltungsvorgänge der AG.
II.
Die Beschwerden der AG und BG sind entgegen der Ansicht der AS zulässig.
Die Beschwerdebegründungen entsprechen nach Überzeugung des Senats den Maßgaben des § 117 Abs. 2 Satz 1 GWB. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerde bereits deshalb (zumindest teilweise) unzulässig ist, weil es die AG und BG versäumt haben, die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, auf die sich die Beschwerde stützt (§ 117 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB). Trotz der Bezugnahmen auf den von der VK festgestellten Sachverhalt und auf das "erstinstanzliche" Vorbringen ist der Senat nicht der Ansicht, jegliche Sachverhaltsdarstellung fehle (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss v. 13.02.2006 - 1 Verg 1/06, NZBau 2006, 667). Denn es ist ohne Weiteres erkennbar, dass sowohl die AG als auch die BG den von der VK festgestellten Sachverhalt zur Grundlage ihrer Beschwerdebegründungen gemacht haben. Rügen im Hinblick auf diesen Sachverhalt - z.B. die Rüge mangelhafter Sachaufklärung - sind von AG und BG nicht erhoben worden.
Die Beschwerden sind in der Sache nicht begründet.
Der Nachprüfungsantrag der AS ist zulässig und begründet. Die VK hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass der Vertrag vom 16.12.2008 nichtig ist. Sie hat überdies der AG zu Recht aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der VK durchzuführen und im Übrigen die geeigneten Maßnahmen angeordnet, um die bestehenden Rechtsverletzungen zu beseitigen (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB).
Die Anwendbarkeit der §§ 97 - 115, 128 GWB ergibt sich aus § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I S. 2426). Demgegenüber sind auf den vorliegenden Sachverhalt nicht die Regelungen des GWB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I S. 790) anwendbar, weil - darauf ist hier abzustellen - das Nachprüfungsverfahren bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 24.04.2009 anhängig war (vgl. § 131 Abs. 8 GWB n.F.).
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Die AG sind öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Gesetzliche Krankenkassen werden - jedenfalls mittelbar durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zur GKV - durch den Bund finanziert (vgl. §§ 3, 271 SGB V) und unterliegen einer engmaschigen staatlichen Rechtsaufsicht (EuGH, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07; vgl. auch Senat, Beschluss v. 24.08.2009 - L 21 KR 45/09 SFB). Dies reicht für die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber aus.
Bei der hier streitigen Vereinbarung vom 16.12.2008 handelt es sich um einen öffentlichen Lieferauftrag nach § 99 Abs. 1 und 2 GWB in Gestalt einer Rahmenvereinbarung (§ 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A)). Ob Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V ausnahmslos als öffentliche Lieferaufträge i.S.d. vorgenannten Regelungen qualifiziert werden können, wurde vor dem Hintergrund, dass nicht von einer typischen Beschaffungssituation ausgegangen werden kann, Krankenkassen keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte haben und als weitere Entscheidungsebene Apotheken in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden, bereits sowohl vom LSG Baden-Württemberg (Beschlüsse vom 23.01.2009 - L 11 WB 5971/08, 17.02.2009 - L 11 WB 381/0 und vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B) als auch durch den erkennenden Senat (vgl. nur Beschluss vom 26.03.2009 - L 21 KR 26/09 SFB) erörtert. Dabei ist der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg davon ausgegangen, dass ein öffentlicher Auftrag jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn durch vertragliche Abreden Exklusivität vereinbart und ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil für den Auftragnehmer bewirkt wird. Da diese Voraussetzungen bei den zu entscheidenden Sachverhalten eindeutig erfüllt waren, konnte ohne weitere Überlegungen von der Existenz eines öffentlichen Auftrages ausgegangen werden.
Der hier streitige Vertrag hat als Rahmenvereinbarung die Beschaffung von Waren i.S.d. § 99 Abs. 2 GWB zum Gegenstand. Nach Art. 32 Abs. 2 RL 2004/18 EG befolgen öffentliche Auftraggeber bei dem Abschluss von Rahmenvereinbarungen die Verfahrensvorschriften dieser Richtlinie in allen Phasen bis zur Zuschlagserteilung der Aufträge. Dies gilt auch dann, wenn dem Auftragnehmer vertraglich nicht die Abnahme von Produkten zugesichert wird. Gemäß § 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOL/A sind Rahmenvereinbarungen öffentliche Aufträge, die die Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere über den in Aussicht genommenen Preis.
Nach § 99 Abs. 2 Satz 1 GWB, der Art. 1 lit. c) RL 2004/18 EG entspricht, sind Lieferaufträge Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Miet- oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Zwar werden durch Arzneimittelrabattverträge nicht unmittelbar Waren beschafft, da lediglich die Gewährung von Rabatten auf die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegebenen Arzneimittel vereinbart wird. Abzustellen ist jedoch auf den gesamten Beschaffungsvorgang. Versicherte haben im Rahmen des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) gegenüber Krankenkassen gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln. Dabei kommt es nicht darauf an, dass den Versicherten das Arzneimittel auf ärztliche Verordnung (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) durch Apotheken ausgehändigt wird und nach allgemeiner Ansicht ein Kaufvertrag zwischen Krankenkassen und Apotheken - ohne Beteiligung des pharmazeutischen Unternehmens - geschlossen wird. Ebenso wenig ist darauf abzustellen, dass Krankenkassen die zur Erfüllung ihrer Sachleistungspflicht erforderlichen Fertigarzneimittel nicht unmittelbar bei pharmazeutischen Unternehmern erwerben, sondern Apotheken und ggf. Großhändler zwischengeschaltet sind. Denn bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise sind Krankenkassen bei Vereinbarungen nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten auch im Verhältnis zu den Vertragspartnern - den pharmazeutischen Unternehmern - als Abnehmer der jeweiligen Fertigarzneimittel zu qualifizieren, weil sie eigene Beschaffungszwecke zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten aus § 31 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB V im Rahmen des Sachleistungssystems verfolgen (vgl. Senat, Beschluss v. 03.09.2009 - L 21 KR 51/09 SFB). Nicht unberücksichtigt darf in diesem Zusammenhang außerdem bleiben, dass Krankenkassen Kostenträger im Rahmen der Arzneimittelversorgung sind, auch wenn die pharmazeutischen Unternehmer nicht unmittelbar durch die Krankenkassen vergütet werden. Wer die jeweiligen Arzneimittel körperlich liefert und (an wen) aushändigt, ist demgegenüber nach Auffassung des Senats lediglich von untergeordneter Bedeutung (vgl. OLG Düsseldorf Beschlüsse vom 19.12.2007 - VII Verg 48/09 und VII Verg 50/07; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276); Burgi, NZBau 2008, 480 (484 f.); Byok, GesR 2007, 553 (556) m.w.N.).
Der Annahme eines Beschaffungsvorgangs für Arzneimittel - also auch der hier streitigen Arzneimittel C® und F® - steht nicht entgegen, dass diese durch Vertragsärzte verordnet werden. Denn die von den Vertragsärzten getroffenen Verordnungen müssen der AG im Rahmen ihrer Sachleistungspflicht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V; §§ 72 Abs. 1 Satz 1, 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) zugerechnet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 19.12.2007, a.a.O.; Gabriel, NZS 2007, 344 (348); Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277); Schickert, PharmaR, 164 (166) jeweils m.w.N.). Der Vertragsarzt ist die "Schlüsselfigur" im Rahmen der Arzneimittelversorgung. Er verordnet ein bestimmtes Arzneimittel zu Gunsten der Versicherten (und zu Lasten der GKV), das er als medizinisch notwendig bewertet. Bei der Ausstellung der Verordnung handelt er kraft der ihm durch das Vertragsarztrecht verliehenen Kompetenzen als Vertreter der Krankenkassen (BSG, Urteil v. 17.01.1996 - 3 RK 26/94, SozR 3-2500 § 129 Nr. 1 = BSGE 77, 194 ff. m.w.N.); ohne vertragsärztliche Verordnung besteht grundsätzlich kein Sachleistungsanspruch der Versicherten gegen die Krankenkassen (BSG, Urteil v. 19.06.1996 - 1 RK 15/96, SozR 3-2500 § 13 Nr. 13 = BSGE 79, 257).
Es handelt sich bei dem hier streitigen Vertrag auch um einen entgeltlichen Vertrag i.S.d. § 99 GWB. Die Funktion des Merkmals "Entgeltlichkeit" liegt darin, die wirtschaftliche Ausrichtung der erfassten Aufträge in Abgrenzung z.B. zu wohltätigen oder rein karitativen Zwecken zu bringen. Dabei ist der Entgeltbegriff weit auszulegen; eine synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ist nicht zwingend erforderlich. Erfasst wird damit jede Art von Vergütung, die einen Geldwert haben kann (OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 19.12.2007, a.a.O.; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 99, Rdn. 20 f.; Otting in: Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 99, Rdn. 7 ff.; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277), Burgi, NZBau 2008, 480 (485) jeweils m.w.N.). Der Annahme der Entgeltlichkeit steht in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen, dass die BG der AG in dem Vertrag vom 16.12.2008 lediglich einen Rabatt einräumt, der in Form einer Rückvergütung durchgeführt wird. Denn im Ergebnis ermäßigt sich hierdurch das tatsächlich von der AG als Kostenträger zur Erfüllung ihrer Sachleistungsverpflichtung an die BG für das Arzneimittel F® zu zahlende Entgelt; insofern wird ebenfalls der in Aussicht genommene Preis i.S.d. § 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOL/A geregelt.
Es kommt nicht darauf an, ob Exklusivitätsrechte vertraglich vereinbart worden sind. Vielmehr ist ausreichend, dass Rabattverträge tatsächlich geeignet sind, einen Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf Mitbewerber zu bewirken. Hiervon ist auch der Gesetzgeber im Rahmen der Vorarbeiten zum GKV-OrgWG ausgegangen. Der Ausschuss für Gesundheit hat nämlich ausgeführt, dass Arzneimittelrabattverträge über Generika wegen der den Krankenkassen zuzurechnenden Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem damit verbundenen mittelbaren Einfluss auf die Auswahlentscheidung des Vertragsgegenstandes als öffentliche Aufträge zu qualifizieren sein können (BT-Drs. 16/10609 S. 52 f.). Die Beeinflussung der Auswahlentscheidung durch die Ersetzungspflicht führt jedoch letztlich zu einem Wettbewerbsvorteil für den Rabattvertragspartner im Verhältnis zu Mitbewerbern, da diese im Verhältnis zu den Mitbewerbern in die Lage versetzt werden, ihren Umsatz zu erhöhen (vgl. Limpinsel in: Jahn/Freudenberg, SGB V, § 130a, Rdn. 12b) und ihnen mithin eine gesetzlich abgesicherte Sonderstellung im Wettbewerb eingeräumt wird (Byok, GesR 2007, 553 (556)).
Selbst wenn in dem Vertrag vom 16.12.2008 ausdrücklich keine Exklusivität vereinbart worden ist, resultiert ein Wettbewerbsvorteil der BG - und damit gleichzeitig die von der AG gewährte Gegenleistung (vgl. Byok, GesR 2007, 553 (556)) - aus der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dabei geht der Senat entgegen der Ansicht der AG in ihrer Beschwerdebegründung zunächst davon aus, dass C® durch F® ersetzt werden kann. Dies ergibt sich aus dem Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht der EMEA (H/C/933), der eine Wirkstoffidentität von C® und F® annimmt. Als Indiz für eine Austauschbarkeit ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Apothekensoftware C® und F® als substituierbar vorgibt. Demgegenüber sind die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten über die Ersetzungsmöglichkeit nicht ausschlaggebend. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Rabattvertrag nicht auf verordnete, sondern auf "abgegebene" F-Packungen bezieht. Auf der Grundlage der Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V lässt es diese Abrede in Zusammenschau mit den Vermerken vom 04.02.2009 als naheliegend erscheinen, dass AG und BG entgegen ihren Ausführungen im Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren von einer Substituierbarkeit ausgehen.
Entgegen der Auffassung der BG kann nicht darauf abgestellt werden, dass ein Wettbewerbsvorteil unabhängig von der Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V eingetreten sei, weil Apotheker im Hinblick auf das preiswertere Arzneimittel F® auch ohne Rabattvereinbarung bereits gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB V zur Ersetzung verpflichtet seien. Denn die Ersetzungspflicht knüpft - wie die VK zu Recht betont hat - an die Existenz eines Vertrages nach § 130a Abs. 8 SGB V an. Angesichts des Umstandes, dass C® in der Apothekensoftware als gegen F® austauschbar angezeigt wird, resultiert die Substitutionspflicht durch den Apotheker konkret aus dem Rabattvertrag, nicht jedoch aus § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB V (vgl. hierzu Limpinsel in Jahn/Freudenberg, SGB V, § 130a, Rdn. 12b).
Darüber hinaus ergibt sich aus den bei der Auslegung des Vertrages vom 16.12.2008 zu beachtenden tatsächlichen Umständen, dass der BG ein Wettbewerbsvorteil eingeräumt wurde und dies auch von Vertragsparteien so gewollt war. Dabei sind zunächst die Rundschreiben an Vertragsärzte und Versicherte vom 05.02.2009 und 13.02.2009 zu berücksichtigen. In dem an die Vertragsärzte gerichteten Schreiben wurde u.a. darauf verwiesen, dass F® eine wirtschaftliche Alternative für die Interferontherapie bei der Behandlung der MS darstelle, eine Verordnung dieses Arzneimittels bei entsprechender Indikation begrüßt werde und dass Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben werden könnten. Gegenüber den Versicherten hat die AG ausgeführt, dass es zu einer Substitution kommen werde, wenn der behandelnde Arzt eine solche nicht ausschließe. Insbesondere das Schreiben an die Vertragsärzte ist geeignet, deren Verordnungsverhalten zu steuern und der BG dadurch eine bevorzugte Stellung im Wettbewerb zu verschaffen. Es hat sich bei diesen Schreiben zwar einerseits um eine Information, andererseits jedoch auch um ein Instrument der Absatzförderung zu Gunsten der BG gehandelt, wie es durch § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages vereinbart war. In diesem Zusammenhang ist außerdem § 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages zu beachten. Danach haben sich AG und BG zu weiteren abgestimmten Informationen von Ärzten Apothekern und Patienten verpflichtet. Eine derartige Regelung ist im Kontext mit der bereits erfolgten Information von Ärzten und Apothekern zu sehen und hat ebenfalls den Effekt, dass ein Wettbewerbsvorteil der BG bewirkt wird.
Die AG hat sich zudem ausdrücklich für eine selektive Vertragsgestaltung ausgesprochen und diese auch durchgeführt. Eine solche Vertragsgestaltung ergibt jedoch nur dann einen Sinn, wenn hierdurch nicht nur die eigene Wettbewerbssituation, sondern auch die des Vertragspartners - hier: der BG - optimiert werden soll. In den Vermerken vom 04.02.2009 hat die AG dokumentiert, dass es ihr bei der Auswahl der BG (und der Ablehnung der Angebote der AS) konkret um die Beeinflussung der Marktstrukturen zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven ging. Denn die AG ist davon ausgegangen, dass bei einem Vertragsschluss (auch) mit der AS eine Preisentwicklung im "C Markt" nicht zu erwarten sei. Hieraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die AG aufgrund des mit der BG geschlossenen Vertrages einen höheren Absatz von rabattiertem F® bei gleichzeitiger Kostensenkung erwartete. Abgesehen davon wäre nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen AG und BG eine Rabattvereinbarung unter Ausschluss eines Mitbewerbers schließen sollten, wenn sie sich dadurch nicht Wettbewerbsvorteile versprächen. Ebenso wie die VK ist der Senat demnach der Ansicht, dass die hier streitige Vereinbarung die gleichen Wirkungen aufweist wie ein Vertrag, der ausdrückliche eine Exklusivität vereinbart.
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen weist der Vertrag vom 16.12.2008 auch eine Lenkungs- und Steuerungswirkung auf, wobei der Senat offen lässt, ob eine solche als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Annahme eines öffentlichen Auftrages überhaupt erforderlich ist.
Der Senat geht ferner davon aus, dass die Vereinbarung einer Lieferpflicht für die Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht erforderlich ist, auch wenn in Rabattverträgen typischerweise vertragsstrafenbewehrte Leistungs- und Lieferpflichten vereinbart werden. Ausschlaggebend für die Annahme eines öffentlichen Auftrages ist - wie die VK zutreffend herausgestellt hat - allein, ob ein Auftraggeber Leistungen gegen Entgelt erwirbt. Dies ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - hier der Fall.
Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B), so dass eine Vorlage an das BSG gemäß §142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG nicht geboten war. Das LSG Baden-Württemberg hat in dem zitierten Beschluss zwar u.a. ausgeführt, dass eine vertraglich vereinbarte Exklusivität in Verbindung mit der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu einem tatsächlichen Wettbewerbsvorteil führen könne. Bei dem vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Sachverhalt (auch dort handelte es sich um eine de-facto-Vergabe) lag eine derartige Konstellation jedoch nicht vor, weil sich der Rabattvertrag ausschließlich auf verordnete, nicht jedoch auf durch Apotheken abgegebene Arzneimittel bezog. § 1 des hier streitigen Vertrages erstreckt sich jedoch auf sämtliche zu Lasten der AG abgegebene Packungen von F®. Abgesehen davon waren die in dem vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Sachverhalt streitigen Arzneimittel aus medizinischen Gründen nicht durch den Apotheker substituierbar. Nicht übersehen werden darf zudem, dass das LSG Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 28.10.2008 im Ergebnis offen gelassen hat, ob nationales Vergaberecht anwendbar ist und nur bei unterstellter Anwendbarkeit zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es sich bei dem dort zu beurteilenden Rabattvertrag aus den dort näher dargelegten Gründen nicht um einen öffentlichen Auftrag gehandelt hat. Angesichts dessen waren die in der Entscheidung vom 28.10.2008 angestellten Erwägungen nicht tragend. Ebenso wenig hat es sich bei den Erörterungen in den Entscheidungen vom 23.01.2009 und 17.02.2009 (a.a.O) um tragende Erwägungen gehandelt, weil die dort zu beurteilenden Verträge Exklusivitätsklauseln enthielten und es auf die weiteren - hier jedoch einschlägigen - Aspekte nicht mehr ankam. Überdies hat auch das LSG Baden-Württemberg in den zitierten Entscheidungen stets die Auswirkungen der Rabattvereinbarungen - und zwar die Wettbewerbsvorteile der Rabattvertragspartner - betont.
Antragsbefugnis der AS i.S.d. § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ist gegeben. Die AS macht geltend, dass sie bei Durchführung eines transparenten und wettbewerbsförmigen Vergabeverfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, dort einen Zuschlag zu erhalten, nunmehr aufgrund der rechtswidrigen Durchführung des Vertrages vom 16.12.2008 ein Schaden in Form entgangenen Gewinns eingetreten ist und sich dieser Schaden zu steigern droht. Dies reicht für die Annahme der Antragsbefugnis aus. Ein Bieter muss darüber hinausgehend nicht darlegen, dass er bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren eine "echte Chance" auf den Zuschlag gehabt hätte (BVerfG, Beschluss v. 29.07.2006 - 2 BvR 2248/03, NVwZ 2004, 1224; Bundessozialgericht (BSG), Beschluss v. 22.04.2009 - B 3 KR 2/09 D, Rdn. 18 m.w.N.) oder sogar nachweisen, dass sein Schaden kausal auf Vergaberechtsverstöße zurückzuführen ist.
Es kann offen bleiben, ob auch bei de-facto-Vergaben vor Anbringung eines Nachprüfungsantrages eine Rügeobliegenheit analog § 107 Abs. 3 GWB zu fordern ist (vgl. BGH, Beschluss v. 01.02.2005 - X ZB 27/04, BGHZ 162, 116). Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass auch bei Konstellationen der vorliegenden Art eine solche Obliegenheit besteht (so Otting, a.a.O., § 107, Rdn. 12), hat die AS diesem Erfordernis entsprochen. Denn sie hat anlässlich des am 03.02.2009 geführten Telefonats gegenüber der AG den Standpunkt vertreten, dass die AG ein (erforderliches) Vergabeverfahren nicht durchgeführt habe. Dass die Rüge nicht schriftlich erfolgt ist, steht nicht entgegen, weil insofern ein Schriftformerfordernis nicht besteht (vgl. Otting, a.a.O., § 107, Rdn. 8). Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die AS den Verstoß zu einem früheren Zeitpunkt erkannt hat, zumal die Frage der Ausschreibungspflicht von Arzneimittelrabattverträgen streitig war und ein "Erkennen" des Verstoßes selbst im Sinne einer - für die Rügepräklusion ausreichenden - Parallelwertung nur schwer möglich erschien.
Als Rechtsfolge ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 13 Satz 6 VgV a.F., dass der Vertrag vom 16.12.2008 nichtig ist. Gemäß § 13 VgV a.F. ist ein öffentlicher Auftraggeber verpflichtet, Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, u.a. den Namen des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters und die Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes mitzuteilen. Die entsprechende Anwendung rechtfertigt sich angesichts des Gebots effektiven Rechtsschutzes, weil ein übergangenes Unternehmen andernfalls das Zustandekommen eines Vertrages nicht mehr wirksam rügen könnte (BGH, Urteil v. 01.02.2005, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es ist nicht erkennbar, dass vor dem Vertragsschluss am 16.12.2008 eine den vorgenannten Maßgaben entsprechende Information der AS erfolgt ist. Zwar hat sie im weiteren Verlauf der Vertragsverhandlungen von der Existenz des Rabattvertrages Kenntnis erlangt. Dies ist jedoch nicht ausreichend, da die Information zwingend vor dem Abschluss des Vertrages zu erfolgen hat. Dass die AS bereits vor Vertragsschluss durch Schreiben vom 05.12.2008 ihr Interesse an dem Abschluss eines Rabattvertrages bekundet hat, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Soweit AG und BG geltend machen, dass einer Informationspflicht analog § 13 VgV entgegen stehe, dass hier unterschiedliche Leistungsgegenstände streitig seien, vermag dies nicht zu überzeugen. Maßgeblich ist im Rahmen von Arzneimittelrabattverträgen aufgrund der Pflichten aus § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V die Wirkstoffidentität, die hier gegeben ist. Darüber hinaus ist die VK zu Recht davon ausgegangen, dass sich bei de-facto-Vergaben zwangsläufig Situationen einstellen können, in denen für einen Interessenten der Beschaffungsbedarf nicht exakt zu erkennen ist, weil dieser nicht öffentlich bekannt gemacht wurde.
Der Nachprüfungsantrag ist in dem von der VK erkannten Umfang begründet.
Die AS hat Anspruch aus § 97 Abs. 1 GWB darauf, dass die AG den von ihr gewollten Arzneimittelrabattvertrag in einem geregelten Vergabeverfahren beschafft. Dabei ist entgegen der Auffassung der BG durchaus zweifelhaft, ob die restriktiv auszulegenden Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Vergabebekanntmachung (vgl. § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A) erfüllt sind (vgl. hierzu Weyand, ibr-online, Stand: 22.06.2009, § 3a VOL/A Rdn 6331/ 2 ff. m.w.N.). Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die zulässige Wahl des Verhandlungsverfahrens keinen rechtsfreien Raum schafft, weil auch dort der Auftraggeber den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts (Transparenz, Wettbewerb, Nichtdiskriminierung) unterliegt (vgl. Otting, a.a.O., § 101, Rdn. 6 ff. m.w.N.).
Der Anspruch der AS ist nicht wegen Verwirkung erloschen oder aufgrund unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht durchsetzbar. Treuwidrigkeit ist nicht bereits dann gegeben, wenn ein Unternehmen gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber ein Angebot abgibt, ohne bereits hierbei auf das Erfordernis eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen. Die Annahme einer Treuwidrigkeit kommt erst dann in Betracht, wenn das Unternehmen weiß, dass ein Vergabeverfahren erforderlich ist und dennoch ein Angebot abgibt (BGH, Urteil v. 01.02.2005, a.a.O., m.w.N.). Hier hat die AS zwar nach Rüge am 03.02.2009 nochmals Angebote abgegeben, so dass die Annahme einer Treuwidrigkeit als nicht völlig fernliegend erscheint. Allerdings muss der AS zugute gehalten werden, dass die AG das Erfordernis eines geregelten Vergabeverfahrens auch noch im Beschwerdeverfahren abgestritten hat. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes würde es sich als Wertungswiderspruch darstellen, einen Nachprüfungsantrag bzw. eine sofortige Beschwerde als rechtsmissbräuchlich oder verwirkt zurückzuweisen, obwohl der Auftraggeber nach wie vor davon ausgeht, dass ein geregeltes Vergabeverfahren nicht erforderlich sei (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.07.2006 - VII Verg 26/06).
Die VK hat schließlich die geeigneten Maßnahmen i.S.d. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB getroffen, um den Verstoß gegen Vergaberecht zu beseitigen. Insbesondere die Information der Vertragsärzte, Versicherten und der IFA über die Nichtigkeit des Vertrages vom 16.12.2008 stellen sich als als gebotene Maßnahmen dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 2 VwGO; die Kostenfolge für den von der BG zurückgenommenen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO. Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der AS folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 2 VwGO. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die AS war notwendig.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Ausschreibungspflicht einer Arzneimittelrabattvereinbarung.
Die Antragsgegnerin (AG) - eine gesetzliche Krankenkasse - schloss am 16.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens mit der Beigeladenen (BG), einem pharmazeutischen Unternehmen, einen Arzneimittelrabattvertrag nach § 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über das Fertigarzneimittel F®, das den Wirkstoff Interferon-ß-1b enthält und europaweit zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zugelassen ist. Es wird seit dem 01.01.2009 vertrieben.
Gegenstand des Vertrages ist die Gewährung eines Rabattes für Packungen von F®, die durch die BG vertrieben und zu Lasten der AG an ihre Versicherten über öffentliche Apotheken oder Versandapotheken abgegeben werden (§§ 1, 2 Rabattvertrag). Der Vertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Abreden:
§ 4
Weitere Verpflichtungen der Vertragspartner
( ...)
(2) Die Vertragspartner werden Ärzte, Apotheker und Patienten gemeinsam unter Beachtung der heilmittelrechtlichen Vorschriften über den Abschluss dieses Vertrages und dessen Inhalt informieren. Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragspartner zu weiteren gemeinsam abgestimmten Informationen von Ärzten, Apothekern und Patienten.
(3) Durch diesen Vertrag werden die Vertragspartner nicht daran gehindert, weitere Verträge gemäß § 130a Abs. 8 SGB V über die vertragsgegenständlichen oder wirkstoffgleiche Arzneimittel abzuschließen.
( ...).
Mit Rundschreiben vom 05.02.2009 unterrichtete die AG die Vertragsärzte über den Abschluss des Rabattvertrages mit der BG. Die betroffenen Versicherten der AG wurden mit Schreiben vom 13.02.2009 über den Abschluss des Rabattvertrages informiert. Ebenso wurde die Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten GmbH (IFA) unterrichtet.
Die Antragstellerin (AS) vertreibt das Fertigarzneimittel C®, das ebenfalls den Wirkstoff Interferon-ß-1b enthält. C® und F® sind von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) als identisch eingestuft worden (Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht - EMEA H/C/933). Beide Arzneimittel werden durch den selben Hersteller (Chiron) in den USA produziert. Die AS bietet C® im Zusammenhang mit einem sog. "Schwesternprogramm" an, bei dem die mit dem Medikament behandelten Patienten im Verlauf der Therapie durch speziell ausgebildete Krankenschwestern betreut werden. Das Arzneimittel kann auch ohne das "Schwesternprogramm" verordnet und verabreicht werden.
Vor dem Vertragsschluss zwischen AG und BG führten Vertreter der AS am 05.11.2008 ein Gespräch mit Vertretern der AG über eine mögliche vertragliche Kooperation bezüglich C®. Mit Schreiben vom 05.12.2008 übermittelte die AS ein Angebot zum Abschluss einer Rabattvereinbarung. Das Angebot der AS bezog sich auch auf das sog. "Schwesternprogramm".
Während einer am 03.02.2009 geführten telefonischen Unterredung mit der AG beanstandete die AS u.a., dass ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt worden sei.
In einem Vermerk vom 04.02.2009 legte die AG u.a. Folgendes dar:
" ... In der Apothekensoftware wird C als auszutauschen gegen F angezeigt. Es ist mit einer Substitution in der Apotheke zu rechnen. Aus diesem Grund werden wir nicht nur KVn [= Kassenärztliche Vereinigungen] und Ärzte informieren, sondern auch die betroffenen Patienten. ( ...)"
In einem weiteren Vermerk der AG vom 04.02.2009 wird u.a. ausgeführt:
" ...Ein weiterer Vertrag mit C wäre unwirtschaftlich, da er eine Verlagerung behindert und uns die Steuerungsmöglichkeit nimmt. Nur durch selektive Vertragsgestaltung können wir den Wettbewerb in diesem starren Markt fördern.
( ...)
Ein Arzt sollte schon allein aufgrund des § 12 SGB V eine Umstellung auf das wirtschaftliche Produkt vornehmen, unabhängig von bestehenden Rabattverträgen. Darüber hinaus setzen wir auf Information. Wir informieren gezielt Ärzte und KVn über unseren Rabattvertrag. Bei mangelnder Umsetzung können wir überlegen, ob und wieweit wir den Druck erhöhen möchten ( ...).
Auch unsere betroffenen Versicherten werden von uns über den Vertrag informiert und um Unterstützung gebeten.
( ...)
Die angedrohten rechtlichen Schritte von C warten wir ab und halten wir aus. Die Angebote wurden intensiv geprüft. Das Ergebnis ist eindeutig und im Falle einer Anfrage der Aufsichtsbehörde oder in einem Rechtsstreit einfach zu belegen. ( ...)"
Mit Schreiben vom 06.02 und 17.02.2009 unterbreitete die AS weitere Angebote zum Abschluss eines Rabattvertrages, die die AG jedoch ablehnte (Schreiben vom 10.02. und 18.02.2009).
Am 03.04.2009 hat die AS bei der Vergabekammer (VK) des Bundes einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gestellt. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Vertrag vom 16.12.2008 unwirksam sei, weil die AG als öffentlicher Auftraggeber zur Ausschreibung des streitigen Vertrages verpflichtet gewesen sei. Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern unterfielen als Rahmenverträge dem Vergaberecht. Auch wenn der Vertrag selbst keine entsprechende Klausel enthalte, sei zumindest eine faktische Exklusivität gegeben. Die AG habe sich nämlich ausdrücklich geweigert, einen Vertrag mit der AS abzuschließen, so dass die Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zwangsläufig zu einer Bevorzugung der BG führe. Im Übrigen ergebe sich auch aus den Rundschreiben der AG an Ärzteschaft und Patienten, dass der Abschluss des Rabattvertrages zu einem Wettbewerbsvorteil der BG führe. Letztlich dokumentiere sich der Wettbewerbsvorteil auch in den deutlich zurückgegangenen Absatzzahlen. Soweit das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags überhaupt eine Lenkungs- und Steuerungswirkung voraussetze, sei auch diese hier gegeben. Sie - die AS - sei ferner antragsbefugt, da sie bereits am 05.11.2008 ihr Interesse am Abschluss eines Rabattvertrages gegenüber der AG geäußert habe und mangels Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens an der Abgabe eines eigenen chancenreichen Angebots gehindert gewesen sei.
Die AG hat die Auffassung vertreten, dass der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig sei, weil die AS den Vergabeverstoß nicht gerügt habe. Die Antragsbefugnis der AS sei nicht gegeben, da der durch die AS unterstellte Wettbewerbsvorteil der BG jedenfalls nicht aus der mit der BG geschlossenen Rabattvereinbarung resultiere. Der Rabattvertrag stelle auch keinen öffentlichen Auftrag dar, da ein solcher nur dann angenommen werden könne, wenn dem Vertragspartner im Vertrag ausdrücklich Exklusivität zugesichert werde, was hier gerade nicht der Fall sei. Unabhängig von der schon nicht vorhandenen rechtlichen Exklusivität fehle es zudem an einer faktischen Exklusivität. Auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 13 Vergabeverordnung (VgV) seien nicht erfüllt, weil die Angebote der AS und der BG unterschiedliche Leistungsgegenstände beträfen. Die AS habe nämlich das von ihr vertriebene Arzneimittel ausschließlich in Verbindung mit dem sog. "Schwesternprogramm" angeboten.
Die BG hat ebenfalls geltend gemacht, dass es sich bei dem Rabattvertrag nicht um einen öffentlichen Auftrag handele. Denn es fehle jegliche exklusive, eine Absatzgarantie zugunsten der BG begründende vergaberechtliche Auswahlentscheidung und damit auch jedwede Lenkungs- und Steuerungswirkung. Außerdem könne F® vor dem Hintergrund, dass es auch ohne Rabattvertrag bereits das "wirtschaftlichste" (preisgünstigste) Produkt am Markt sei, durch weitere vertragliche Rabattierung nicht noch wirtschaftlicher werden. Zudem betreibe die AS das Nachprüfungsverfahren in rechtsmissbräuchlicher Weise, da sie selbst den Vertragsschluss ohne Ausschreibung aktiv gesucht und im Übrigen auch Rabattverträge mit zahlreichen anderen Krankenkassen ohne vorangegangenes Ausschreibungsverfahren geschlossen habe.
Durch Beschluss vom 22.05.2009 (berichtigt mit Beschluss vom 27.05.2009) hat die VK festgestellt, dass die zwischen der AG und der BG abgeschlossene Rabattvereinbarung nichtig sei und der AG aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der VK durchzuführen sowie unverzüglich nach Bestandskraft des Beschlusses der IFA sowie den angeschriebenen Ärzten und Versicherten mitzuteilen, dass die Rabattvereinbarung unwirksam sei. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Bei dem Vertrag vom 16.12.2008 handele es sich um einen öffentlichen Auftrag in Gestalt einer Rahmenvereinbarung. Dass vertraglich keine Lieferpflicht der BG vereinbart worden sei, stehe der Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht entgegen. Durch den Rabattvertrag werde der BG angesichts der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V jedenfalls faktische Exklusivität eingeräumt. Auch die AG sei stets davon ausgegangen, dass Apotheken bei der Abgabe von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Interferon-ß-1b zur Substitution verpflichtet seien. Ob für die Annahme eines öffentlichen Auftrages eine Steuerungs- bzw. Lenkungswirkung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal erforderlich sei, könne auf sich beruhen. Die Antragsbefugnis der AS unterliege keinen Bedenken, da ihr in einem förmlichen Vergabeverfahren die Chance auf einen Zuschlag nicht von vornherein abgesprochen werden könne. Eine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 GWB habe in der vorliegenden Konstellation nicht bestanden. Die AS habe ihr Antragsrecht auch angesichts des Umstandes, dass sie selbst Vertragsverhandlungen mit der AG geführt habe, nicht verwirkt. Als Rechtsfolge ergebe sich aufgrund entsprechender Anwendung des § 13 Satz 6 VgV a.F. die Nichtigkeit des Vertrages vom 16.12.2008.
Gegen den ihnen am 22.05. bzw. 27.05.2009 zugestellten Beschluss haben die AG am 03.06.2009 und die Beigeladene am 04.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die AG macht unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Nachprüfungsverfahren geltend, dass es wegen der Eigenart des Herstellungsverfahrens keine Wirkstoffgleichheit zwischen den Fertigarzneimitteln C® und F® geben könne. Es handele sich vorliegend nicht um einen ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrag i.S.d. § 99 GWB. Denn in dem Vertrag werde keine entgeltliche Liefer- oder Leistungsverpflichtung begründet. Die BG seien nicht einmal verpflichtet, F® in Vertrieb zu halten. Anders als die branchenüblichen Rabattverträge enthalte die Vereinbarung vom 16.12.2008 auch keine Exklusivitätsklausel.
Die Antragsgegnerin beantragt:
1. Der Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt vom 22. Mai 2009 (VK 1 - 77/09) wird aufgehoben. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
Die Beigeladene beantragt,
1. den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 22.05.2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.05.2009 aufzuheben;
2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären;
3. der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen erforderlichen Kosten aufzuerlegen;
4. hilfsweise, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Sie vertritt die Ansicht, dass es sich bei dem Rabattvertrag angesichts fehlender Lieferverpflichtungen, fehlender Exklusivität sowie fehlender Lenkungs- und Steuerungswirkung nicht um einen öffentlichen Auftrag handeln könne. Eine Lenkungs- und Steuerungswirkung durch § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V komme deshalb nicht in Betracht, weil bereits aus Sicht der AS eine Ersetzungsmöglichkeit nicht bestehe. Diese habe nämlich im Februar 2009 in einem ausschließlich an Apotheker gerichteten Rundschreiben ihre therapeutischen Bedenken gegen eine Substitution von C® durch F® publiziert. Insbesondere habe die AS darauf abgestellt, dass unterschiedliche Darreichungsformen bestünden, weil die Applikationssysteme erheblich voneinander abwichen. Auch bei unterstellter Substitutionspflicht könne der AS kein Wettbewerbsnachteil entstehen, weil C® auch ohne Rabattvertrag durch F® - dem preisgünstigsten Arzneimittel - nach Maßgabe des § 129 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V ersetzt werden müsste. Außerdem habe die AS einen Schaden i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB nicht dargelegt und gegen die Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB analog) verstoßen. Im Übrigen sei das Antragsrecht der AS gemäß § 242 BGB verwirkt, nachdem sie bereits mit 30 anderen Krankenkassen ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens Rabattverträge abgeschlossen und zudem auch mit der AG intensiv verhandelt habe. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass vorliegend auch die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Vergabebekanntmachung in Betracht gekommen wäre.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2. den Antrag, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen, zurückzuweisen,
3. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,
4. der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin erforderlichen Kosten aufzuerlegen,
5. hilfsweise für den Fall, dass der Senat die Rabattvereinbarung nicht als öffentlichen Auftrag qualifiziert, die Rechtssache gemäß § 142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG dem Bundessozialgericht zur Entscheidung vorzulegen,
6. hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu 5. nicht gefolgt wird, die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die sofortige Beschwerde sei wegen pauschaler Bezugnahmen der AG und der BG auf ihr Vorbringen vor der VK bereits unzulässig. Abgesehen davon sei die Beschwerde unbegründet. Der Vertrag vom 16.12.2008 sei ausschreibungspflichtig gewesen, weil es sich hierbei um einen öffentlichen Auftrag handele. Er vermittele jedenfalls eine faktische Exklusivität; es komme nicht darauf an, ob die Gewährung von Exklusivität ausdrücklich vereinbart sei. Die Lenkungs- und Steuerungswirkung resultiere aus der Substitutionspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dem stehe nicht entgegen, dass sie - die AS - das gegenwärtig von der BG verwendete Applikationssystem weiterentwickelt habe. Im Hinblick auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte ergebe sich die Lenkungs- und Steuerungswirkung zudem aus § 106 Abs. 2 Satz 8 SGB V sowie weiterer Regelungen des Vertragsarztrechts. Antragsbefugnis sei schon deshalb gegeben, weil durch die Nichtbeteiligung an einem förmlichen Vergabeverfahren ein Schaden in Form von Umsatzrückgängen bereits eingetreten sei.
Die BG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß §§ 115 Abs. 3 Satz 1, 118 Abs. 1 Satz 3 GWB analog bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, mit Schriftsatz vom 17.06.2009 zurückgenommen.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Vergabekammerakten sowie der Verwaltungsvorgänge der AG.
II.
Die Beschwerden der AG und BG sind entgegen der Ansicht der AS zulässig.
Die Beschwerdebegründungen entsprechen nach Überzeugung des Senats den Maßgaben des § 117 Abs. 2 Satz 1 GWB. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerde bereits deshalb (zumindest teilweise) unzulässig ist, weil es die AG und BG versäumt haben, die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, auf die sich die Beschwerde stützt (§ 117 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB). Trotz der Bezugnahmen auf den von der VK festgestellten Sachverhalt und auf das "erstinstanzliche" Vorbringen ist der Senat nicht der Ansicht, jegliche Sachverhaltsdarstellung fehle (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss v. 13.02.2006 - 1 Verg 1/06, NZBau 2006, 667). Denn es ist ohne Weiteres erkennbar, dass sowohl die AG als auch die BG den von der VK festgestellten Sachverhalt zur Grundlage ihrer Beschwerdebegründungen gemacht haben. Rügen im Hinblick auf diesen Sachverhalt - z.B. die Rüge mangelhafter Sachaufklärung - sind von AG und BG nicht erhoben worden.
Die Beschwerden sind in der Sache nicht begründet.
Der Nachprüfungsantrag der AS ist zulässig und begründet. Die VK hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass der Vertrag vom 16.12.2008 nichtig ist. Sie hat überdies der AG zu Recht aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Vergabe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der VK durchzuführen und im Übrigen die geeigneten Maßnahmen angeordnet, um die bestehenden Rechtsverletzungen zu beseitigen (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB).
Die Anwendbarkeit der §§ 97 - 115, 128 GWB ergibt sich aus § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I S. 2426). Demgegenüber sind auf den vorliegenden Sachverhalt nicht die Regelungen des GWB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 (BGBl. I S. 790) anwendbar, weil - darauf ist hier abzustellen - das Nachprüfungsverfahren bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 24.04.2009 anhängig war (vgl. § 131 Abs. 8 GWB n.F.).
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Die AG sind öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Gesetzliche Krankenkassen werden - jedenfalls mittelbar durch Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber zur GKV - durch den Bund finanziert (vgl. §§ 3, 271 SGB V) und unterliegen einer engmaschigen staatlichen Rechtsaufsicht (EuGH, Urteil vom 11.06.2009 - C-300/07; vgl. auch Senat, Beschluss v. 24.08.2009 - L 21 KR 45/09 SFB). Dies reicht für die Qualifikation als öffentlicher Auftraggeber aus.
Bei der hier streitigen Vereinbarung vom 16.12.2008 handelt es sich um einen öffentlichen Lieferauftrag nach § 99 Abs. 1 und 2 GWB in Gestalt einer Rahmenvereinbarung (§ 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A)). Ob Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V ausnahmslos als öffentliche Lieferaufträge i.S.d. vorgenannten Regelungen qualifiziert werden können, wurde vor dem Hintergrund, dass nicht von einer typischen Beschaffungssituation ausgegangen werden kann, Krankenkassen keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte haben und als weitere Entscheidungsebene Apotheken in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden, bereits sowohl vom LSG Baden-Württemberg (Beschlüsse vom 23.01.2009 - L 11 WB 5971/08, 17.02.2009 - L 11 WB 381/0 und vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B) als auch durch den erkennenden Senat (vgl. nur Beschluss vom 26.03.2009 - L 21 KR 26/09 SFB) erörtert. Dabei ist der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg davon ausgegangen, dass ein öffentlicher Auftrag jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn durch vertragliche Abreden Exklusivität vereinbart und ein tatsächlicher Wettbewerbsvorteil für den Auftragnehmer bewirkt wird. Da diese Voraussetzungen bei den zu entscheidenden Sachverhalten eindeutig erfüllt waren, konnte ohne weitere Überlegungen von der Existenz eines öffentlichen Auftrages ausgegangen werden.
Der hier streitige Vertrag hat als Rahmenvereinbarung die Beschaffung von Waren i.S.d. § 99 Abs. 2 GWB zum Gegenstand. Nach Art. 32 Abs. 2 RL 2004/18 EG befolgen öffentliche Auftraggeber bei dem Abschluss von Rahmenvereinbarungen die Verfahrensvorschriften dieser Richtlinie in allen Phasen bis zur Zuschlagserteilung der Aufträge. Dies gilt auch dann, wenn dem Auftragnehmer vertraglich nicht die Abnahme von Produkten zugesichert wird. Gemäß § 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOL/A sind Rahmenvereinbarungen öffentliche Aufträge, die die Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere über den in Aussicht genommenen Preis.
Nach § 99 Abs. 2 Satz 1 GWB, der Art. 1 lit. c) RL 2004/18 EG entspricht, sind Lieferaufträge Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Miet- oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Zwar werden durch Arzneimittelrabattverträge nicht unmittelbar Waren beschafft, da lediglich die Gewährung von Rabatten auf die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegebenen Arzneimittel vereinbart wird. Abzustellen ist jedoch auf den gesamten Beschaffungsvorgang. Versicherte haben im Rahmen des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) gegenüber Krankenkassen gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln. Dabei kommt es nicht darauf an, dass den Versicherten das Arzneimittel auf ärztliche Verordnung (§ 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) durch Apotheken ausgehändigt wird und nach allgemeiner Ansicht ein Kaufvertrag zwischen Krankenkassen und Apotheken - ohne Beteiligung des pharmazeutischen Unternehmens - geschlossen wird. Ebenso wenig ist darauf abzustellen, dass Krankenkassen die zur Erfüllung ihrer Sachleistungspflicht erforderlichen Fertigarzneimittel nicht unmittelbar bei pharmazeutischen Unternehmern erwerben, sondern Apotheken und ggf. Großhändler zwischengeschaltet sind. Denn bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise sind Krankenkassen bei Vereinbarungen nach § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten auch im Verhältnis zu den Vertragspartnern - den pharmazeutischen Unternehmern - als Abnehmer der jeweiligen Fertigarzneimittel zu qualifizieren, weil sie eigene Beschaffungszwecke zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherten aus § 31 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 SGB V im Rahmen des Sachleistungssystems verfolgen (vgl. Senat, Beschluss v. 03.09.2009 - L 21 KR 51/09 SFB). Nicht unberücksichtigt darf in diesem Zusammenhang außerdem bleiben, dass Krankenkassen Kostenträger im Rahmen der Arzneimittelversorgung sind, auch wenn die pharmazeutischen Unternehmer nicht unmittelbar durch die Krankenkassen vergütet werden. Wer die jeweiligen Arzneimittel körperlich liefert und (an wen) aushändigt, ist demgegenüber nach Auffassung des Senats lediglich von untergeordneter Bedeutung (vgl. OLG Düsseldorf Beschlüsse vom 19.12.2007 - VII Verg 48/09 und VII Verg 50/07; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (276); Burgi, NZBau 2008, 480 (484 f.); Byok, GesR 2007, 553 (556) m.w.N.).
Der Annahme eines Beschaffungsvorgangs für Arzneimittel - also auch der hier streitigen Arzneimittel C® und F® - steht nicht entgegen, dass diese durch Vertragsärzte verordnet werden. Denn die von den Vertragsärzten getroffenen Verordnungen müssen der AG im Rahmen ihrer Sachleistungspflicht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V; §§ 72 Abs. 1 Satz 1, 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) zugerechnet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 19.12.2007, a.a.O.; Gabriel, NZS 2007, 344 (348); Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277); Schickert, PharmaR, 164 (166) jeweils m.w.N.). Der Vertragsarzt ist die "Schlüsselfigur" im Rahmen der Arzneimittelversorgung. Er verordnet ein bestimmtes Arzneimittel zu Gunsten der Versicherten (und zu Lasten der GKV), das er als medizinisch notwendig bewertet. Bei der Ausstellung der Verordnung handelt er kraft der ihm durch das Vertragsarztrecht verliehenen Kompetenzen als Vertreter der Krankenkassen (BSG, Urteil v. 17.01.1996 - 3 RK 26/94, SozR 3-2500 § 129 Nr. 1 = BSGE 77, 194 ff. m.w.N.); ohne vertragsärztliche Verordnung besteht grundsätzlich kein Sachleistungsanspruch der Versicherten gegen die Krankenkassen (BSG, Urteil v. 19.06.1996 - 1 RK 15/96, SozR 3-2500 § 13 Nr. 13 = BSGE 79, 257).
Es handelt sich bei dem hier streitigen Vertrag auch um einen entgeltlichen Vertrag i.S.d. § 99 GWB. Die Funktion des Merkmals "Entgeltlichkeit" liegt darin, die wirtschaftliche Ausrichtung der erfassten Aufträge in Abgrenzung z.B. zu wohltätigen oder rein karitativen Zwecken zu bringen. Dabei ist der Entgeltbegriff weit auszulegen; eine synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ist nicht zwingend erforderlich. Erfasst wird damit jede Art von Vergütung, die einen Geldwert haben kann (OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 19.12.2007, a.a.O.; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 99, Rdn. 20 f.; Otting in: Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 99, Rdn. 7 ff.; Dreher/Hoffmann, NZBau 2009, 273 (277), Burgi, NZBau 2008, 480 (485) jeweils m.w.N.). Der Annahme der Entgeltlichkeit steht in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen, dass die BG der AG in dem Vertrag vom 16.12.2008 lediglich einen Rabatt einräumt, der in Form einer Rückvergütung durchgeführt wird. Denn im Ergebnis ermäßigt sich hierdurch das tatsächlich von der AG als Kostenträger zur Erfüllung ihrer Sachleistungsverpflichtung an die BG für das Arzneimittel F® zu zahlende Entgelt; insofern wird ebenfalls der in Aussicht genommene Preis i.S.d. § 3a Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 VOL/A geregelt.
Es kommt nicht darauf an, ob Exklusivitätsrechte vertraglich vereinbart worden sind. Vielmehr ist ausreichend, dass Rabattverträge tatsächlich geeignet sind, einen Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf Mitbewerber zu bewirken. Hiervon ist auch der Gesetzgeber im Rahmen der Vorarbeiten zum GKV-OrgWG ausgegangen. Der Ausschuss für Gesundheit hat nämlich ausgeführt, dass Arzneimittelrabattverträge über Generika wegen der den Krankenkassen zuzurechnenden Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem damit verbundenen mittelbaren Einfluss auf die Auswahlentscheidung des Vertragsgegenstandes als öffentliche Aufträge zu qualifizieren sein können (BT-Drs. 16/10609 S. 52 f.). Die Beeinflussung der Auswahlentscheidung durch die Ersetzungspflicht führt jedoch letztlich zu einem Wettbewerbsvorteil für den Rabattvertragspartner im Verhältnis zu Mitbewerbern, da diese im Verhältnis zu den Mitbewerbern in die Lage versetzt werden, ihren Umsatz zu erhöhen (vgl. Limpinsel in: Jahn/Freudenberg, SGB V, § 130a, Rdn. 12b) und ihnen mithin eine gesetzlich abgesicherte Sonderstellung im Wettbewerb eingeräumt wird (Byok, GesR 2007, 553 (556)).
Selbst wenn in dem Vertrag vom 16.12.2008 ausdrücklich keine Exklusivität vereinbart worden ist, resultiert ein Wettbewerbsvorteil der BG - und damit gleichzeitig die von der AG gewährte Gegenleistung (vgl. Byok, GesR 2007, 553 (556)) - aus der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Dabei geht der Senat entgegen der Ansicht der AG in ihrer Beschwerdebegründung zunächst davon aus, dass C® durch F® ersetzt werden kann. Dies ergibt sich aus dem Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht der EMEA (H/C/933), der eine Wirkstoffidentität von C® und F® annimmt. Als Indiz für eine Austauschbarkeit ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Apothekensoftware C® und F® als substituierbar vorgibt. Demgegenüber sind die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten über die Ersetzungsmöglichkeit nicht ausschlaggebend. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Rabattvertrag nicht auf verordnete, sondern auf "abgegebene" F-Packungen bezieht. Auf der Grundlage der Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V lässt es diese Abrede in Zusammenschau mit den Vermerken vom 04.02.2009 als naheliegend erscheinen, dass AG und BG entgegen ihren Ausführungen im Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren von einer Substituierbarkeit ausgehen.
Entgegen der Auffassung der BG kann nicht darauf abgestellt werden, dass ein Wettbewerbsvorteil unabhängig von der Ersetzungspflicht nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V eingetreten sei, weil Apotheker im Hinblick auf das preiswertere Arzneimittel F® auch ohne Rabattvereinbarung bereits gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB V zur Ersetzung verpflichtet seien. Denn die Ersetzungspflicht knüpft - wie die VK zu Recht betont hat - an die Existenz eines Vertrages nach § 130a Abs. 8 SGB V an. Angesichts des Umstandes, dass C® in der Apothekensoftware als gegen F® austauschbar angezeigt wird, resultiert die Substitutionspflicht durch den Apotheker konkret aus dem Rabattvertrag, nicht jedoch aus § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB V (vgl. hierzu Limpinsel in Jahn/Freudenberg, SGB V, § 130a, Rdn. 12b).
Darüber hinaus ergibt sich aus den bei der Auslegung des Vertrages vom 16.12.2008 zu beachtenden tatsächlichen Umständen, dass der BG ein Wettbewerbsvorteil eingeräumt wurde und dies auch von Vertragsparteien so gewollt war. Dabei sind zunächst die Rundschreiben an Vertragsärzte und Versicherte vom 05.02.2009 und 13.02.2009 zu berücksichtigen. In dem an die Vertragsärzte gerichteten Schreiben wurde u.a. darauf verwiesen, dass F® eine wirtschaftliche Alternative für die Interferontherapie bei der Behandlung der MS darstelle, eine Verordnung dieses Arzneimittels bei entsprechender Indikation begrüßt werde und dass Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben werden könnten. Gegenüber den Versicherten hat die AG ausgeführt, dass es zu einer Substitution kommen werde, wenn der behandelnde Arzt eine solche nicht ausschließe. Insbesondere das Schreiben an die Vertragsärzte ist geeignet, deren Verordnungsverhalten zu steuern und der BG dadurch eine bevorzugte Stellung im Wettbewerb zu verschaffen. Es hat sich bei diesen Schreiben zwar einerseits um eine Information, andererseits jedoch auch um ein Instrument der Absatzförderung zu Gunsten der BG gehandelt, wie es durch § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages vereinbart war. In diesem Zusammenhang ist außerdem § 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages zu beachten. Danach haben sich AG und BG zu weiteren abgestimmten Informationen von Ärzten Apothekern und Patienten verpflichtet. Eine derartige Regelung ist im Kontext mit der bereits erfolgten Information von Ärzten und Apothekern zu sehen und hat ebenfalls den Effekt, dass ein Wettbewerbsvorteil der BG bewirkt wird.
Die AG hat sich zudem ausdrücklich für eine selektive Vertragsgestaltung ausgesprochen und diese auch durchgeführt. Eine solche Vertragsgestaltung ergibt jedoch nur dann einen Sinn, wenn hierdurch nicht nur die eigene Wettbewerbssituation, sondern auch die des Vertragspartners - hier: der BG - optimiert werden soll. In den Vermerken vom 04.02.2009 hat die AG dokumentiert, dass es ihr bei der Auswahl der BG (und der Ablehnung der Angebote der AS) konkret um die Beeinflussung der Marktstrukturen zur Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven ging. Denn die AG ist davon ausgegangen, dass bei einem Vertragsschluss (auch) mit der AS eine Preisentwicklung im "C Markt" nicht zu erwarten sei. Hieraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die AG aufgrund des mit der BG geschlossenen Vertrages einen höheren Absatz von rabattiertem F® bei gleichzeitiger Kostensenkung erwartete. Abgesehen davon wäre nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen AG und BG eine Rabattvereinbarung unter Ausschluss eines Mitbewerbers schließen sollten, wenn sie sich dadurch nicht Wettbewerbsvorteile versprächen. Ebenso wie die VK ist der Senat demnach der Ansicht, dass die hier streitige Vereinbarung die gleichen Wirkungen aufweist wie ein Vertrag, der ausdrückliche eine Exklusivität vereinbart.
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen weist der Vertrag vom 16.12.2008 auch eine Lenkungs- und Steuerungswirkung auf, wobei der Senat offen lässt, ob eine solche als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Annahme eines öffentlichen Auftrages überhaupt erforderlich ist.
Der Senat geht ferner davon aus, dass die Vereinbarung einer Lieferpflicht für die Annahme eines öffentlichen Auftrages nicht erforderlich ist, auch wenn in Rabattverträgen typischerweise vertragsstrafenbewehrte Leistungs- und Lieferpflichten vereinbart werden. Ausschlaggebend für die Annahme eines öffentlichen Auftrages ist - wie die VK zutreffend herausgestellt hat - allein, ob ein Auftraggeber Leistungen gegen Entgelt erwirbt. Dies ist jedoch - wie oben bereits dargelegt - hier der Fall.
Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B), so dass eine Vorlage an das BSG gemäß §142a Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGG nicht geboten war. Das LSG Baden-Württemberg hat in dem zitierten Beschluss zwar u.a. ausgeführt, dass eine vertraglich vereinbarte Exklusivität in Verbindung mit der Ersetzungspflicht des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu einem tatsächlichen Wettbewerbsvorteil führen könne. Bei dem vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Sachverhalt (auch dort handelte es sich um eine de-facto-Vergabe) lag eine derartige Konstellation jedoch nicht vor, weil sich der Rabattvertrag ausschließlich auf verordnete, nicht jedoch auf durch Apotheken abgegebene Arzneimittel bezog. § 1 des hier streitigen Vertrages erstreckt sich jedoch auf sämtliche zu Lasten der AG abgegebene Packungen von F®. Abgesehen davon waren die in dem vom LSG Baden-Württemberg entschiedenen Sachverhalt streitigen Arzneimittel aus medizinischen Gründen nicht durch den Apotheker substituierbar. Nicht übersehen werden darf zudem, dass das LSG Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 28.10.2008 im Ergebnis offen gelassen hat, ob nationales Vergaberecht anwendbar ist und nur bei unterstellter Anwendbarkeit zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es sich bei dem dort zu beurteilenden Rabattvertrag aus den dort näher dargelegten Gründen nicht um einen öffentlichen Auftrag gehandelt hat. Angesichts dessen waren die in der Entscheidung vom 28.10.2008 angestellten Erwägungen nicht tragend. Ebenso wenig hat es sich bei den Erörterungen in den Entscheidungen vom 23.01.2009 und 17.02.2009 (a.a.O) um tragende Erwägungen gehandelt, weil die dort zu beurteilenden Verträge Exklusivitätsklauseln enthielten und es auf die weiteren - hier jedoch einschlägigen - Aspekte nicht mehr ankam. Überdies hat auch das LSG Baden-Württemberg in den zitierten Entscheidungen stets die Auswirkungen der Rabattvereinbarungen - und zwar die Wettbewerbsvorteile der Rabattvertragspartner - betont.
Antragsbefugnis der AS i.S.d. § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ist gegeben. Die AS macht geltend, dass sie bei Durchführung eines transparenten und wettbewerbsförmigen Vergabeverfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, dort einen Zuschlag zu erhalten, nunmehr aufgrund der rechtswidrigen Durchführung des Vertrages vom 16.12.2008 ein Schaden in Form entgangenen Gewinns eingetreten ist und sich dieser Schaden zu steigern droht. Dies reicht für die Annahme der Antragsbefugnis aus. Ein Bieter muss darüber hinausgehend nicht darlegen, dass er bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren eine "echte Chance" auf den Zuschlag gehabt hätte (BVerfG, Beschluss v. 29.07.2006 - 2 BvR 2248/03, NVwZ 2004, 1224; Bundessozialgericht (BSG), Beschluss v. 22.04.2009 - B 3 KR 2/09 D, Rdn. 18 m.w.N.) oder sogar nachweisen, dass sein Schaden kausal auf Vergaberechtsverstöße zurückzuführen ist.
Es kann offen bleiben, ob auch bei de-facto-Vergaben vor Anbringung eines Nachprüfungsantrages eine Rügeobliegenheit analog § 107 Abs. 3 GWB zu fordern ist (vgl. BGH, Beschluss v. 01.02.2005 - X ZB 27/04, BGHZ 162, 116). Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass auch bei Konstellationen der vorliegenden Art eine solche Obliegenheit besteht (so Otting, a.a.O., § 107, Rdn. 12), hat die AS diesem Erfordernis entsprochen. Denn sie hat anlässlich des am 03.02.2009 geführten Telefonats gegenüber der AG den Standpunkt vertreten, dass die AG ein (erforderliches) Vergabeverfahren nicht durchgeführt habe. Dass die Rüge nicht schriftlich erfolgt ist, steht nicht entgegen, weil insofern ein Schriftformerfordernis nicht besteht (vgl. Otting, a.a.O., § 107, Rdn. 8). Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die AS den Verstoß zu einem früheren Zeitpunkt erkannt hat, zumal die Frage der Ausschreibungspflicht von Arzneimittelrabattverträgen streitig war und ein "Erkennen" des Verstoßes selbst im Sinne einer - für die Rügepräklusion ausreichenden - Parallelwertung nur schwer möglich erschien.
Als Rechtsfolge ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 13 Satz 6 VgV a.F., dass der Vertrag vom 16.12.2008 nichtig ist. Gemäß § 13 VgV a.F. ist ein öffentlicher Auftraggeber verpflichtet, Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, u.a. den Namen des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters und die Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes mitzuteilen. Die entsprechende Anwendung rechtfertigt sich angesichts des Gebots effektiven Rechtsschutzes, weil ein übergangenes Unternehmen andernfalls das Zustandekommen eines Vertrages nicht mehr wirksam rügen könnte (BGH, Urteil v. 01.02.2005, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es ist nicht erkennbar, dass vor dem Vertragsschluss am 16.12.2008 eine den vorgenannten Maßgaben entsprechende Information der AS erfolgt ist. Zwar hat sie im weiteren Verlauf der Vertragsverhandlungen von der Existenz des Rabattvertrages Kenntnis erlangt. Dies ist jedoch nicht ausreichend, da die Information zwingend vor dem Abschluss des Vertrages zu erfolgen hat. Dass die AS bereits vor Vertragsschluss durch Schreiben vom 05.12.2008 ihr Interesse an dem Abschluss eines Rabattvertrages bekundet hat, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Soweit AG und BG geltend machen, dass einer Informationspflicht analog § 13 VgV entgegen stehe, dass hier unterschiedliche Leistungsgegenstände streitig seien, vermag dies nicht zu überzeugen. Maßgeblich ist im Rahmen von Arzneimittelrabattverträgen aufgrund der Pflichten aus § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V die Wirkstoffidentität, die hier gegeben ist. Darüber hinaus ist die VK zu Recht davon ausgegangen, dass sich bei de-facto-Vergaben zwangsläufig Situationen einstellen können, in denen für einen Interessenten der Beschaffungsbedarf nicht exakt zu erkennen ist, weil dieser nicht öffentlich bekannt gemacht wurde.
Der Nachprüfungsantrag ist in dem von der VK erkannten Umfang begründet.
Die AS hat Anspruch aus § 97 Abs. 1 GWB darauf, dass die AG den von ihr gewollten Arzneimittelrabattvertrag in einem geregelten Vergabeverfahren beschafft. Dabei ist entgegen der Auffassung der BG durchaus zweifelhaft, ob die restriktiv auszulegenden Voraussetzungen für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Vergabebekanntmachung (vgl. § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A) erfüllt sind (vgl. hierzu Weyand, ibr-online, Stand: 22.06.2009, § 3a VOL/A Rdn 6331/ 2 ff. m.w.N.). Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die zulässige Wahl des Verhandlungsverfahrens keinen rechtsfreien Raum schafft, weil auch dort der Auftraggeber den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts (Transparenz, Wettbewerb, Nichtdiskriminierung) unterliegt (vgl. Otting, a.a.O., § 101, Rdn. 6 ff. m.w.N.).
Der Anspruch der AS ist nicht wegen Verwirkung erloschen oder aufgrund unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht durchsetzbar. Treuwidrigkeit ist nicht bereits dann gegeben, wenn ein Unternehmen gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber ein Angebot abgibt, ohne bereits hierbei auf das Erfordernis eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen. Die Annahme einer Treuwidrigkeit kommt erst dann in Betracht, wenn das Unternehmen weiß, dass ein Vergabeverfahren erforderlich ist und dennoch ein Angebot abgibt (BGH, Urteil v. 01.02.2005, a.a.O., m.w.N.). Hier hat die AS zwar nach Rüge am 03.02.2009 nochmals Angebote abgegeben, so dass die Annahme einer Treuwidrigkeit als nicht völlig fernliegend erscheint. Allerdings muss der AS zugute gehalten werden, dass die AG das Erfordernis eines geregelten Vergabeverfahrens auch noch im Beschwerdeverfahren abgestritten hat. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes würde es sich als Wertungswiderspruch darstellen, einen Nachprüfungsantrag bzw. eine sofortige Beschwerde als rechtsmissbräuchlich oder verwirkt zurückzuweisen, obwohl der Auftraggeber nach wie vor davon ausgeht, dass ein geregeltes Vergabeverfahren nicht erforderlich sei (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.07.2006 - VII Verg 26/06).
Die VK hat schließlich die geeigneten Maßnahmen i.S.d. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB getroffen, um den Verstoß gegen Vergaberecht zu beseitigen. Insbesondere die Information der Vertragsärzte, Versicherten und der IFA über die Nichtigkeit des Vertrages vom 16.12.2008 stellen sich als als gebotene Maßnahmen dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 2 VwGO; die Kostenfolge für den von der BG zurückgenommenen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO. Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der AS folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 2 VwGO. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die AS war notwendig.
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