L 13 B 15/08 R

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 3 R 25/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 B 15/08 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 24.07.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt eine Festsetzung höherer Gebühren für sein Tätigwerden im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach der Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz vom 12.02.2008 beantragte der Antragsteller für seinen Mandanten die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, weil die Deutsche Rentenversicherung Bund von dessen Altersrente monatlich 481,53 EUR einbehielt. Seinem Mandanten blieben damit monatlich nur noch 367,55 EUR und er drohe unter das Existenzminimum zu rutschen.

Mit Schreiben vom 20.02.2008 erkannte die DRV Bund die aufschiebende Wirkung einer vom Mandanten des Antragstellers erhobenen Klage gegen den Einbehalt an und kündigte an, die Rente fortan ungekürzt auszuzahlen.

Mit Schreiben vom 14.03.2008 erklärte der Antragsteller das Verfahren für erledigt und bat um Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie um Kostenfestsetzung.

Mit Beschluss vom 30.04.2008 wurde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Antragstellers bewilligt.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte mit Beschluss vom 18.06.2008 die dem Antragsteller zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 202,30 EUR fest. Die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr nach Nummer 3102 VV RVG könne der Antragsteller nicht verlangen. Der Umfang seiner Bemühungen liege erheblich unter dem Durchschnitt, besondere Schwierigkeiten hätten nicht vorgelegen, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des vom Antragsteller Vertretenen seien als gering zu bezeichnen gewesen.

Die geltend gemachte Erledigungsgebühr sei überhaupt nicht angefallen.

Mit seiner am 24.06.2008 erhobenen Erinnerung bestand der Antragsteller auf einer Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr, da es sich um ein ganz normales Verfahren gehandelt habe. Zudem machte er eine fiktive Terminsgebühr nach VV RVG Nr. 3106 Nr. 3 geltend.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom den 24.07.2008 hat das Sozialgericht die Erinnerung gegen die Festsetzung der PKH- Vergütung zurückgewiesen.

Die fiktive Terminsgebühr sei deshalb ausgeschlossen, weil im einstweiligen Anordnungsverfahren nach dem Sinn und Zweck der Nr. 3106 des VV RVG nicht anfalle. Die Gebühr setze voraus, dass eine mündliche Verhandlung grundsätzlich hätte stattfinden müssen, was beim einstweiligen Anordnungsverfahren nicht der Fall sei. Die fiktive Terminsgebühr diene dazu zu vermeiden, dass ein Rechtsanwalt nur zur Erzielung von Gebühren von der Annahme eines Anerkenntnisses absehe und auf die Durchführung eines Verhandlungstermins bestehen. Dieser Zweck greife im Eilverfahren nicht, weil das Gericht jederzeit ohne mündliche Verhandlung entscheiden könne.

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Beschwerde hat sich der Antragsteller auf zwei zur Frage der fiktiven Terminsgebühr ergangenen Beschlüsse des Landessozialgericht Thüringen und des LSG NRW berufen.

Das Land als Antragsgegner ist dem entgegengetreten.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt gegen die nach § 55 RVG getroffene Festsetzung seiner Vergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Erinnerung einlegen, über die das Sozialgericht als Gericht des ersten Rechtszuges durch Beschluss entscheidet. Gegen den Beschluss ist nach § 56 Abs. 2 S. 1 zweiter Halbsatz RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 S. 3 RVG die Beschwerde nur innerhalb von zwei Wochen zulässig.

Zwar hat der Antragsteller gegen den ihm am 01.08.2008 zugestellten Beschluss erst am 26.08.2008 Beschwerde beim Sozialgericht erhoben. Indes hatte die Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts ihm unrichtigerweise eine Rechtsmittelfrist von einem Monats genannt. Nach § 66 Abs. 2 S. 1 SGG konnte der Antragsteller daher die Beschwerde innerhalb der Jahresfrist erheben.

Der Beschwerdewert von § 33 Abs. 3 S. 1 RVG ist erreicht.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat weder einen Anspruch auf Verfahrensgebühr nach VV RVG 3102 in Höhe der Mittelgebühr noch auf eine fiktive Terminsgebühr nach VV RVG 3106 Nr. 3.

Hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr nach VV RVG 3102 nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Das Tätigwerden des Antragstellers beschränkte sich auf einen einzigen, kurzen Schriftsatz, der lediglich die Forderung nach aufschiebenden Wirkung enthielt. Bereits mit der Antragserwiderung hat die DRV Bund dem im vollen Umfang Rechnung getragen. Schon dieses deutlich unter den Normalmaß auch im einstweiligen Rechtsschutz liegende anwaltliche Tätigwerden lässt den Ansatz einer Gebühr in Höhe der Mittelgebühr nicht als gerechtfertigt erscheinen.

Soweit der Prozessbevollmächtigte eine fiktive Terminsgebühr nach VV RVG 3106 Nr. 3 wegen Erledigung des Verfahrens durch angenommenes Anerkenntnis geltend macht, geht der Senat wie das Sozialgericht davon aus, dass die Gebühr nach dieser Ziffer dazu dient, die Gerichte zu entlasten und zu diesem Zweck unnötige Verhandlungstermine zu vermeiden (so auch Bischof/Curkovic, RVG, 2. Aufl. 2007, VV 3106 Rn. 5.). Diesen Zweck kann die Vorschrift im sozialgerichtlichen Eilverfahren jedoch nicht erfüllen, weil das Sozialgericht auch bei Nichtannahme eines Anerkenntnisses jederzeit ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Allein die Möglichkeit einer Entscheidung durch mündliche Verhandlung im Eilverfahren zwingt nicht dazu, VV RVG 3106 Nr. 3 zur Entlastung der Gerichte auf dieses Verfahren anzuwenden (a.A. AnwK-RVK/Wahlen, 4. Aufl. 2008, VV 3106 Rn. 6).

Dasselbe entnimmt der Senat der systematischen Stellung von VV RVG 3106 Nr. 3. Nr. 1 und 2 der Vorschrift regeln das Anfallen der Terminsgebühr in Fällen, in denen das Gericht nur ausnahmsweise ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Dies spricht dafür, auch die Nr. 3 als Regelung solcher Konstellationen anzusehen, in denen die Prozessordnung für den Normallfall eine mündliche Verhandlung vorsieht und sie nicht auf das sozialgerichtliche Eilverfahren anzuwenden.

Der Senat nimmt auch nicht an, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung der fiktiven Terminsgebühr einen teilweisen Ausgleich für die drastische Gebührenreduzierung im Bereich des Sozialrechts schaffen und diese Gebühr deshalb auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anfallen lassen wollte (so wohl LSG NRW, Beschluss vom 26.04.2007 - L7 B 36/07 AS Juris Rz. 18).

Der Senat legt daher den Wortlaut der VV RVG 3106 Nr. 3 nach Sinn und Zweck sowie sytematischer Stellung einschränkend dahin aus, dass sie Eilverfahren nicht umfasst (wie hier LSG NRW, Beschluss vom 20.10.2008 - L 20 B 67/08 AS, Juris Rz. 14 a.A. unter Hinweis allein auf den Wortlaut Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26.11. 2008 - L6 B 130/08 SFZ Juris Rz. 25).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 55 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
Saved