L 13 R 460/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 R 864/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 460/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Erfolgt in einem Rentenbescheid zugleich der Abzug einer fiktiv berechneten ausländischen Rente (hier aus Rumänien), ist der statthfafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG.
2. Zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.




Gründe:

I.
Der Beschwerdeführer (Bf) begehrt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Gewährung der bewilligten Altersrente ohne Abzug einer fiktiv berechneten Rente aus Rumänien.
Der 1943 geborene Bf erhält mit "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 1. Dezember 2008 eine Regelaltersrente, beginnend am 1. November 2008. Der Rentenzahlbetrag betrug ab 1. Januar 2009 monatlich 1.665,64 EUR. Dabei nahm die Beschwerdegegnerin (Bg) einen fiktiven Abzug in Höhe einer geschätzten rumänischen Rente in Höhe von 22,62 EUR vor. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 sei der Bf aufgefordert worden, seine Rentenansprüche gegenüber dem rumänischen Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Mitteilung sei hierzu nicht eingegangen. Die deutsche Rente sei ab 1. November 2008 nach § 31 Fremdrentengesetz (FRG) um den voraussichtlich zustehenden Betrag der ausländischen Rente zu mindern. Bei Anrechnung der ausländischen Leistung auf die deutsche Rente sei die ausländische Leistung nach Anwendung von Kürzungs- bzw. Ruhensvorschriften und vor Abzug von Steuern zugrunde zu legen.
Den Widerspruch des Bf, mit dem dieser neben der Fiktivanrechung eines ausländischen Rentenbetrags auch die Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrags und den Beitragssatz zur Krankenversicherung ab 1. Januar 2009 sowie die Absenkung der FRG-Werte bemängelte, wies die Bg mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2009 zurück. Sie führte u.a. aus, dass sich die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die dem Bf voraussichtlich zustehende rumänische Rente (Fiktivabzug) aus dem Sinn des § 31 FRG ergebe. Dies stehe insbesondere im Zusammenhang mit dem § 2 FRG.
Am 17. April 2009 beantragte der Bf beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Am selben Tag ging auch ein Klageverfahren (Az.: S 20 R 868/09) ein. Die Bg habe mit dem angefochtenen Bescheid zwei Regelungen getroffen. Zum einen sei die Rente dem Grunde nach festgestellt worden, zum anderen stelle die Ruhensverfügung eine eigene Regelung dar. Das Ruhen - auch gemäß § 31 FRG - setzt einen wertmäßig festgestellten Anspruch voraus. Auch wenn die Folgen des Ruhens bei Erfüllung des Ruhenstatbestandes von Gesetzes wegen eintreten, bedürften diese stets eines, wenn auch nur rein deklaratorischen, Verwaltungsaktes über die Zahlung der Rente nach Anwendung der Ruhensvorschrift. Ein solcher Verwaltungsakt könne isoliert mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Er beziehe keine Rente aus dem Ausland. Die von der Bg vorgenommene Ruhensentscheidung sei rechtsgrundlos ergangen. Es lasse sich weder ein Verzicht auf die gesetzlich ausdrücklich eingeräumte Dispositionsmöglichkeit aus § 2 FRG herleiten, noch sei eine Änderung des § 31 FRG erfolgt. Bei den Leistungen nach dem FRG handele es sich weder um Ermessensleistungen noch um Almosen. Nur eine tatsächlich auch gezahlte Rente dürfe zu einem Abzug gemäß § 31 FRG führen. Eine Ausnahme davon z.B. im Falle der Nutzung der Dispositionsmöglichkeit des Art. 44 der Verordnung (EWG) 1408/71 sei nicht vorgesehen. Zu einer "Exportrente" komme es nur dann, wenn unter Berücksichtigung der gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit ein Rentenbeginn festgestellt sei und ein Leistungsexport eingesetzt habe. Letzterer läge nicht vor.
Es läge auch ein Anordnungsgrund vor. Die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, weil das Erfüllungsinteresse das Interesse der Bg, eine vermeintlich nicht zustehende Leistung vorerst nicht auszuzahlen, bei Weitem überwiege. Er sei auf die ungekürzte Altersrente als Lohnersatzleistung zum laufenden Lebensunterhalt dringend angewiesen. Er beziehe eine geringe Rente, die im Bereich der Armutsgrenze liege (lt. EU-Definition 60 v.H. des durchschnittlichen Nettoeinkommens eines Mitgliedsstaates der EU; dies entspreche in Deutschland einem Nettoeinkommen von rund 880.- EUR). Bei der Berücksichtigung der Dauer sozialgerichtlicher Entscheidungsprozesse wäre er für lange Zeit einer erheblichen Einschränkung und dem Verlust eines Mindestmaßes an Lebensqualität im Alter ausgesetzt, die nachträglich selbst bei Nachzahlung nicht nachgeholt werden könne. Die Rente werde für den fortlaufenden Lebensunterhalt benötigt. Die Bg könne sich bei Obsiegen im Hauptsacheverfahren im Wege der Aufrechnung der fälligen Rente bis zur Hälfte des monatlichen Zahlbetrages schadlos halten. Diese Aufrechnungsmöglichkeit übersteige den monatlichen Betrag des Fiktivabzugs deutlich.
Die Bg vertrat die Ansicht, dass das FRG neben dem Grundsatz der Eingliederung vom Prinzip der Subsidiarität geprägt sei. Dies komme in den einschränkenden Regelungen des § 2 S. 1 und § 31 FRG zum Ausdruck und entspreche den Grundsätzen des über- und zwischenstaatlichen Rechts, wonach die Entschädigung der ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen habe. Dem widerspreche es, wenn in den Fällen, in denen die Versicherten von ihrem Dispositi

onsrecht, das ihnen in Art. 44 Abs. 2 S. 2 VO (EWG) 1408/71 eingeräumt wird, Gebrauch machen und die Zahlung der ausländischen Rente auf unbestimmte Zeit verschieben, die Regelung des § 31 FRG dazu führe, dass die an sich verpflichteten Versicherungsträger außerhalb der Bundesrepublik Deutschland im Ergebnis freigestellt und die inländischen Rentenversicherungsträger die Rentenleistungen für die ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten zu erbringen hätten. Es sei deshalb die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Obsiegens in der Hauptsache gegeben.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 19. Mai 2009 ab. Es ging dabei von einem Antrag gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aus, so dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unzulässig sei. Es handele sich nicht um einen Fall des § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG. Auch eine analoge Anwendung scheide aus. Die Bg habe von vornherein eine Rente nur in der gekürzten Höhe gewährt. Die Rente in ungekürzter Höhe werde im vorliegenden Fall nicht im Verfügungssatz festgestellt, sondern lediglich in der Begründung des Bescheides.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat der Bf Beschwerde eingelegt und erneut die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Die Ruhensverfügung sei isoliert anfechtbar, so dass ein Fall des § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gegeben sei. Die Ruhensverfügung wirke erst nach Feststellung des Rentenanspruchs. Das monetäre Ergebnis werde zweckmäßigerweise in einem Bescheid ausgewiesen; dies bedeute jedoch nicht, dass nur diese eine Verfügung getroffen worden sei. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien hoch einzuschätzen. Aber selbst bei einem als offen bezeichneten Ausgang überwiege sein Erfüllungsinteresse. Es werde zwar zugestanden, dass er keine Rente im Bereich der Armutsgrenze beziehe, sondern deutlich darüber. Dennoch sei auf nicht absehbare Zeit mit einer Kürzung zu rechnen. Das Aussetzungsinteresse der Bg sei als äußerst gering zu gewichten. Der Aufrechnungsbetrag eines Jahres Rentenbezug würde eine Rentenüberzahlung von 36 Jahren decken.
Die Bg hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Es handele sich um einen Fall nach § 86 b Abs. 2 SGG.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG. In der Hauptsache liegt nämlich keine isolierte Anfechtungsklage, sondern eine kombinierte Anrechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) vor. Der Bf argumentiert zu Unrecht, ihm sei, wenn auch in einem Rentenbescheid, zunächst eine Regelaltersrente ungekürzt zugesprochen worden, und erst dann sei ihm durch die Anwendung von § 31 Abs. 1 FRG wieder ein Teil dieser Rente wieder weggenommen worden. Diese Auffassung spaltet die von der Bg getroffene konkrete Regelung fälschlicher Weise in zwei verschiedene, zeitlich nacheinander gelagerte Regelungen auf, die aber in dieser Form nicht existieren. Zwar werden nicht selten in ein und demselben Bescheid mehrere Regelungen getroffen. Gerade zu Rentenbescheiden hat das Bundessozialgericht entscheiden, diese würden vier verschiedene Verwaltungsakte verlautbaren: Sie würden die Rentenart, die Rentenhöhe, den Rentenbeginn und die Rentendauer feststellen.

Hier jedoch behauptet der Bf, es gäbe mehrere gleichzeitig getroffene Regelungen dergestalt, dass die eine die andere modifizieren würde. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Aus der von dem Bf angegriffenen "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 1. Dezember 2008 geht unmissverständlich hervor, dass die auf der Grundlage von
§ 31 Abs. 1 FRG durchgeführte Ruhensberechnung lediglich einen Berechnungsfaktor zur Rentenhöhe verkörpert. Die insoweit einschlägige Anlagen 7 und 10 der "Mitteilung" erläutern lediglich, aus welchem Grund in die Berechnung der laufenden Zahlung nur
1.858,97 EUR (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge) und nicht 1.881,59 EUR einfließen. Dem Bf ist hinsichtlich der Höhe der Rente nie eine Rechtsposition ohne die in Streit stehende Kürzung eingeräumt worden. Er verkennt, dass Anlage 7 einen bloßen nachgelagerten Berechnungsschritt verkörpert, der keine bereits getroffene, für ihn günstige Regelung zu seinem Nachteil abändert, sondern erst als Teil einer Gesamtberechnung zu der Regelung der Rentenhöhe führt. Würde man der Argumentation des Bf folgen, müsste man es in der Konsequenz generell zulassen, dass bei zahlreichen mehrstufigen Leistungsberechnungen in großem Maße einzelne für den Leistungsempfänger nachteilige Berechnungselemente isoliert gerichtlich angefochten werden könnten (siehe zum Ganzen: Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Juni 2009, Az.: L 1 R 407/09 B ER; Beschluss vom 29. Juni 2009, Az.: L 13 R 396/09 B ER).

Da zwischen den Beteiligten umstritten ist, ob ein Fall des § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder

Abs. 2 SGG vorliegt, ist der Antrag des Bf zumindest hilfsweise dahin gehend auszulegen, dass auch eine Prüfung eines Anspruchs nach § 86 b Abs. 2 SGG zu erfolgen hat.

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach
§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden.

Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch sowie ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m.
§§ 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist grundsätzlich das materielle Recht, das vor dem Anordnungsgrund zu prüfen ist (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, 927 ff und Beschluss vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, 479 f). Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich und können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, so verlangt der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz eine Eilentscheidung anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.).

Nach Ansicht des Senats ist die Rechtslage hinsichtlich des Anordnungsanspruchs weiterhin als offen zu bezeichnen. Die Ansicht des Bf, es lägen flächendeckend Entscheidungen der Sozialgerichte und einiger Landessozialgerichte vor, die die Rechtspraxis der Beschwerdegegnerin als offensichtlich rechtswidrig bezeichnen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. So finden sich z.B. auch in Bayern in der Begründung und im Ergebnis unterschiedliche Entscheidungen des Bayer. Landessozialgerichts, allerdings beide ergangen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des 14. Senates vom 2. Juli 2008, Az.: L 14 B 469/08 R ER; Beschluss des 6. Senats vom 19. August 2008,

Az.: L 6 B 523/08 R ER, Beschluss des 1. Senats vom 23. Dezember 2008, Az.: L 1 B 802/08 R ER).

Die Bg stützt den Fiktivabzug auf §§ 31, 2 FRG, der zumindest bei sinngemäßer Auslegung zu einer Rentenminderung führe. Es bestehen zwar von Seiten des Senats Zweifel, ob die Minderung der Rente dadurch gedeckt ist. Das Bayer. Landessozialgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Juli 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) bereits umfassend dargelegt, dass aus dem Wortlaut des § 31 FRG keine Ermächtigung zur Anrechnung einer fiktiven Auslandsrente entnommen werden kann. Eine Ruhensanordnung ist nach § 31 Abs. 1 S. 1 FRG nur bei tatsächlicher Auszahlung einer Leistung eines ausländischen Trägers, nicht jedoch bei Leistungen eines ausländischen Trägers, auf die lediglich ein Anspruch besteht, die jedoch nicht ausgezahlt werden, vorgesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Norm (siehe hierzu im Einzelnen: Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.). Darüber hinaus ist problematisch, inwieweit die Regelungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 anwendbar sind und zu einem Ausschluss der §§ 31, 2 FRG führen.

Allerdings bedarf es der Klärung, ob im Rahmen der Rechtsfortbildung eine analoge Anwendung des § 31 FRG vorzunehmen ist sowie ob eine Inanspruchnahme eines ausländischen Versicherungsträgers zur Disposition des Versicherten steht. So stellte z.B. auch das Bayer. Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 19. August 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) die Frage, ob in Auslegung des § 31 FRG gesagt werden kann, ein Träger der Sozialversicherung gewähre eine Rente nicht und zahle sie nicht aus, wenn der Berechtigte die für eine Inanspruchnahme notwendige Verfahrenshandlung unterlässt oder, wie im vorliegenden Fall, ausdrücklich nicht will. Es könne nicht ohne Weiteres als dem Eingliederungsgrundsatz widersprechend angesehen werden, wenn der deutsche Rentenversicherungsträger bei der Anwendung des § 31 FRG unter Berücksichtigung der Leistung einer nach einem zwischenstaatlichen Abkommen gezahlten Rente noch so viel an Leistung auszahlt, dass der Betrag garantiert ist, der ohne die fremde Leistung zustünde. Der Senat teilt wie der 1. Senat (Beschluss vom 29. Dezember 2008, a.a.O.) diese Bedenken, ohne diese im Rahmen der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abschließend zu bewerten, zumal auch eine Rechtsprechung des BSG zu der hier streitigen Anwendung des § 31 FRG nicht ersichtlich ist.

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Zugleich ist aber auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Bei der hier maßgeblichen Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Entscheidend ist, ob es bei einer Folgenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.,
§ 86 b Rdnr. 28). Durch den Aufschub der rumänischen Rentenleistung und die gleichzeitige Auszahlung einer ungeminderten Rente wird die deutsche Rentenversicherung und somit die Solidargemeinschaft finanziell belastet, die insoweit - ggf. in Verbindung mit der Abtretung von Ansprüchen durch den Bf - in Vorleistung tritt. Demgegenüber trifft den Bf durch den Fiktivabzug im Falle des Obsiegens eine verzögerte Auszahlung des Rententeils, den die Bg zum Ruhen gebracht hat. Im Rahmen der Prüfung eines Anordnungsgrundes liegt darin jedoch kein wesentlicher Nachteil für den Bf. Dabei ist zwar sein Interesse an der Auszahlung des vollen Rentennettobetrages anzuerkennen. Allerdings ist auch zu sehen, dass vorliegend der Bf eine Altersrente (Zahlbetrag: 1.665,64 EUR) bezieht, die weit über der von ihm zunächst vorgebrachten "Armutsgrenze" in Deutschland und erst recht über dem Niveau der Grundsicherung gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008 vom 26. Juni 2008 (BGBl. I S. 1102) liegt. Dies wird im Beschwerdeverfahren eingestanden. In diesem Zusammenhang ist ferner zu würdigen, dass der Minderungsbetrag lediglich 22,62 EUR im Monat beträgt. Bei diesen finanziellen Gegebenheiten ist es nicht nachvollziehbar, mit einer "Einschränkung der Lebensgestaltung", "verzögerter Lebenserfüllung" oder Sicherung des "laufenden Lebensunterhalts" zu argumentieren.

Der Senat kann daher offen lassen, ob der Anordnungsgrund dadurch entfallen ist, dass in der Zwischenzeit der rumänische Rentenversicherungsträger Zahlungen auf deutsche Konten vornimmt. Weitere Ermittlungen konnten hierzu unterbleiben.

Es ist dem Bf daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass auch die Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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