Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 9 U 274/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 30/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Verletztengeldanspruch bei ehrenamtlicher Tätigkeit eines Unternehmers
Auch der versicherte Unternehmer hat nur dann einen Anspruch auf Verletztengeld gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Arbeitseinkommen gegeben war. Dies ist zu bejahen, wenn im Kalenderjahr vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positives Einkommen festgestellt werden kann. Hierbei bleibt ein Verlustvortrag nach § 10d EStG unberücksichtigt.
Auch der versicherte Unternehmer hat nur dann einen Anspruch auf Verletztengeld gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Arbeitseinkommen gegeben war. Dies ist zu bejahen, wenn im Kalenderjahr vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ein positives Einkommen festgestellt werden kann. Hierbei bleibt ein Verlustvortrag nach § 10d EStG unberücksichtigt.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.11.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Verletztengeld.
Die Klägerin erlitt am 02.03.2001 einen Arbeitsunfall im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die S. Hauptberuflich war sie in dieser Zeit Inhaberin der Firma X. in W ... Im Jahre 1998 hatte sie keinen positiven Gewinn erzielt. Der Einkommenssteuerbescheid für dieses Jahr wies negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verluste) in Höhe von 14.327,00 DM aus. Im Bescheid vom 13.07.1999 über die gesonderte Feststellung des Vortrags wegen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1998 war ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 17.467,00 DM festgestellt worden. Dies ist die Summe des festgestellten Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 von 5.621,00 DM und des Gewerbeverlustes aus dem Jahre 1998 in Höhe von 11.846,00 DM. Dieser Betrag erhöhte sich zum 31.12.1999 auf 18.553,00 DM (Bescheid des Finanzamts Grimma vom 10.10.2000). Da im Veranlagungsjahr 2000 wiederum ein Gewerbeverlust hinzukam, realisierte sich auch in diesem Jahr der vortragsfähige Verlustabzug nicht, vielmehr erhöhte sich der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2000 wegen eines Verlustes im Jahre 2000 von 10.438,00 DM auf 28.991,00 DM. Auch im Jahre 2001 errechnete sich ein negatives Einkommen, diesmal resultierte allerdings – erstmalig – dieses negative Einkommen aus dem teilweisen Verbrauch des Verlustvortrages, der sich bis zum 31.12.2000 auf 28.991,00 DM aufsummiert hatte. Ohne den Verlustvortrag hätte die Klägerin im Kalenderjahr 2001 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.800,00 DM erwirtschaftet; diese Summe minderte den bis dahin angewachsenen festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 16.191,00 DM.
Die Klägerin war aufgrund des Arbeitsunfalls vom 02.03.2001 bis zum 30.04.2001 arbeitsunfähig. Ihren Antrag auf Verletztengeld wies die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 18.05.2001 zurück: Die Klägerin habe in dem Bemessungszeitraum – Kalenderjahr 2000 – kein Arbeitseinkommen erzielt, folglich habe sie auch keinen Anspruch auf Verletztengeld. Der dagegen erhobene Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.10.2001). Stattdessen gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.05.2001 eine besondere Unterstützung gemäß § 39 Abs. 2 SGB VII in Höhe von kalendertäglich 31,40 DM für die Zeit vom 24.03.2001 bis einschließlich 30.04.2001. Höhe und Dauer dieser Leistung sind nicht mehr streitgegenständlich.
Die Klage gegen die Versagung von Verletztengeld hat das Sozialgericht mit Urteil vom 24.11.2005 abgewiesen: Gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII bestehe nur dann ein Anspruch auf Verletztengeld, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen bestanden hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen, denn der Abzug von Verlusten nach Maßgabe des § 10d Einkommenssteuergesetz (EStG) sei bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unbeachtlich.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit welcher sie die Auffassung vertritt, der Verlustvortrag sei sehr wohl bei der Berechnung des Einkommens aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.
Sie beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztengeld in der gesetzlichen Höhe von 02.03.2001 bis 30.04.2001 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.11.2005 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt (" 155 Abs. 3, 4 SGG).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verletztengeld, da sie nicht "unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit" Anspruch auf Arbeitseinkommen hatte (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII).
Dabei könnte man durchaus für die Monate Januar und Februar 2001 zu einem "theoretischen" positiven Einkommen gelangen, schließlich hat die Klägerin im Jahre 2001 einen Gewinn von 12.800 DM erwirtschaftet. Die Nichtberücksichtigung des Verlustvortrages wirkt sich in dieser Konstellation grundsätzlich zu Gunsten der Klägerin aus: Die von dem Sozialgericht zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSGE 88, 117 = SozR 3-2600 § 97 Nr. 4) sagt nämlich aus, dass sich Sozialleistungsbezieher nicht durch die Berücksichtigung des Verlustvortrags nach § 10 d EStG "armrechnen" dürfen. In jenem Fall ging es um die Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf eine Witwenrente. Dies gilt selbstverständlich auch allgemein, also auch für die Beklagte: Auch die Beklagte darf nicht die Klägerin durch die Berücksichtigung eines Verlustvortrages nach § 10 d EStG "armrechnen" in dem Sinne, dass dann kein positives Einkommen mehr für die Bemessung des Verletztengeldes und als Anspruchsvoraussetzung dem Grunde nach für das Verletztengeld verbleibt. Hätte die Klägerin also in dem Kalenderjahr 2000 nur aufgrund von Verlustabzügen nach § 10 d EStG kein positives Arbeitseinkommen erzielt, so bestünde durchaus ein Anspruch auf Verletztengeld. Diese Situation ist allerdings nicht gegeben. Der vortragsfähige Gewerbeverlust hat sich in den Veranlagungszeiträumen 1998 bis 2000 jeweils aufsummiert. In diesen Jahren hat die Klägerin also nach den geltenden "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts" tatsächlich kein Arbeitseinkommen erzielt. Maßgeblich ist das Kalenderjahr vor dem Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dies ergibt sich mittelbar aus § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Diese Vorschrift regelt zwar nicht die Frage, ob unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen bestand, vielmehr betrifft sie nur die Berechnung der Höhe des Verletztengeldes, sie ist gleichwohl entsprechend auf die Beantwortung jener Frage anzuwenden: Generell gilt nämlich, dass das Arbeitseinkommen von Selbständigen seiner Eigenart nach in der Regel erst aufgrund von Jahresergebnissen festgestellt werden kann (vgl. Kass.Komm./Ricke, § 47 SGB VII Rd.-Nr. 6). Das Landessozialgericht Essen hat in einer Entscheidung vom 06.06.2006 (L 15 U 56/04) ausgeführt, dass es für das Vorliegen eines Anspruchs auf Arbeitseinkommen im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII unerheblich sei, wenn ein versicherter Unternehmer, der seine selbständige Tätigkeit wieder aufgenommen hatte, tatsächlich keinen Gewinn erzielt hat. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass weder in Rechtsprechung und Literatur noch von Trägern der Unfallversicherung vertreten werde, dass ein versicherter Unternehmer bei einem in Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Unfall nur dann einen Anspruch auf Verletztengeld habe, wenn er zuvor einen Gewinn erzielt hat. Nichts anderes könne für Unternehmer gelten, die aufgrund eines außerhalb ihrer unternehmerischen Tätigkeit, also etwa bei einer Hilfsleistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 SGB VII erlittenen Unfalls Verletztengeld beanspruchten. Dies heißt jedoch nicht, dass das Erfordernis eines tatsächlich ersatzfähigen Einkommens bei versicherten Unternehmern vollständig entfiele. Es entfällt nur das Erfordernis der Feststellung eines "Gewinns" unmittelbar in den Tagen vor dem Unfall. Ein solcher Gewinn lässt sich praktisch nicht feststellen. Auch kann es für den Anspruch eines Unternehmers auf Verletztengeld nicht darauf ankommen, ob es sich bei den Tagen vor dem Unfall um investive oder profitable Tage gehandelt hat.
Die Auffassung, dass Unternehmer im Gegensatz zu abhängig Beschäftigten von dem Erfordernis des Nachweises eines ersatzfähigen Einkommens vollständig dispensiert seien, lässt sich angesichts des Wortlautes von § 45 Abs. 1 Ziff. 2 SGB VII nicht vertreten. Ein diesbezüglicher gesetzgeberischer Wille könnte allenfalls dann unterstellt werden, wenn in der Aufzählung " unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld etc. " der Begriff "Arbeitseinkommen" nicht genannt wäre.
Der Beklagten ist auch dahingehend zuzustimmen, dass die entsprechende Anwendung von § 47 Abs. 1 Satz 3 SGB VII i. V. m. § 19 Abs. 3 und 4 der Satzung der Beklagten zu keinem anderen Ergebnis führt: Die Klägerin hat auch in einem auf drei Jahre erweiterten Bemessungszeitraum (1998 bis 2000) nur kontinuierlich Verluste erwirtschaftet.
Schließlich lässt sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin in ehrenamtlicher Tätigkeit verunfallte, kein in Abweichung von den allgemeinen Regeln gegebener Verletztengeldanspruch herleiten (zum Ganzen vgl. Moltentin, Unfallversicherungsschutz bei ehrenamtlicher Tätigkeit und bürgerschaftlichem Engagement, BG 2006, 17, Merten, Der Versicherungsschutz bürgerschaftlich engagierter und weiterer Personen, SGb 2005, 427). Die Klägerin wird hinsichtlich des Verletztengeldanspruchs so gestellt, als wenn sich der Unfall unmittelbar bei ihrer versicherten Unternehmertätigkeit ereignet hätte. Inwiefern sie dadurch in eine Sonderopferrolle gedrängt würde, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere wird nicht von der genannten Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.06.2006 abgewichen; jene Entscheidung betraf den Fall der Wiedererkrankung nach § 48 SGB VII.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Verletztengeld.
Die Klägerin erlitt am 02.03.2001 einen Arbeitsunfall im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die S. Hauptberuflich war sie in dieser Zeit Inhaberin der Firma X. in W ... Im Jahre 1998 hatte sie keinen positiven Gewinn erzielt. Der Einkommenssteuerbescheid für dieses Jahr wies negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Verluste) in Höhe von 14.327,00 DM aus. Im Bescheid vom 13.07.1999 über die gesonderte Feststellung des Vortrags wegen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1998 war ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 17.467,00 DM festgestellt worden. Dies ist die Summe des festgestellten Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 von 5.621,00 DM und des Gewerbeverlustes aus dem Jahre 1998 in Höhe von 11.846,00 DM. Dieser Betrag erhöhte sich zum 31.12.1999 auf 18.553,00 DM (Bescheid des Finanzamts Grimma vom 10.10.2000). Da im Veranlagungsjahr 2000 wiederum ein Gewerbeverlust hinzukam, realisierte sich auch in diesem Jahr der vortragsfähige Verlustabzug nicht, vielmehr erhöhte sich der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.2000 wegen eines Verlustes im Jahre 2000 von 10.438,00 DM auf 28.991,00 DM. Auch im Jahre 2001 errechnete sich ein negatives Einkommen, diesmal resultierte allerdings – erstmalig – dieses negative Einkommen aus dem teilweisen Verbrauch des Verlustvortrages, der sich bis zum 31.12.2000 auf 28.991,00 DM aufsummiert hatte. Ohne den Verlustvortrag hätte die Klägerin im Kalenderjahr 2001 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.800,00 DM erwirtschaftet; diese Summe minderte den bis dahin angewachsenen festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 16.191,00 DM.
Die Klägerin war aufgrund des Arbeitsunfalls vom 02.03.2001 bis zum 30.04.2001 arbeitsunfähig. Ihren Antrag auf Verletztengeld wies die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 18.05.2001 zurück: Die Klägerin habe in dem Bemessungszeitraum – Kalenderjahr 2000 – kein Arbeitseinkommen erzielt, folglich habe sie auch keinen Anspruch auf Verletztengeld. Der dagegen erhobene Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.10.2001). Stattdessen gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.05.2001 eine besondere Unterstützung gemäß § 39 Abs. 2 SGB VII in Höhe von kalendertäglich 31,40 DM für die Zeit vom 24.03.2001 bis einschließlich 30.04.2001. Höhe und Dauer dieser Leistung sind nicht mehr streitgegenständlich.
Die Klage gegen die Versagung von Verletztengeld hat das Sozialgericht mit Urteil vom 24.11.2005 abgewiesen: Gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII bestehe nur dann ein Anspruch auf Verletztengeld, wenn unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen bestanden hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen, denn der Abzug von Verlusten nach Maßgabe des § 10d Einkommenssteuergesetz (EStG) sei bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unbeachtlich.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit welcher sie die Auffassung vertritt, der Verlustvortrag sei sehr wohl bei der Berechnung des Einkommens aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.
Sie beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztengeld in der gesetzlichen Höhe von 02.03.2001 bis 30.04.2001 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24.11.2005 zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt (" 155 Abs. 3, 4 SGG).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verletztengeld, da sie nicht "unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit" Anspruch auf Arbeitseinkommen hatte (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII).
Dabei könnte man durchaus für die Monate Januar und Februar 2001 zu einem "theoretischen" positiven Einkommen gelangen, schließlich hat die Klägerin im Jahre 2001 einen Gewinn von 12.800 DM erwirtschaftet. Die Nichtberücksichtigung des Verlustvortrages wirkt sich in dieser Konstellation grundsätzlich zu Gunsten der Klägerin aus: Die von dem Sozialgericht zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSGE 88, 117 = SozR 3-2600 § 97 Nr. 4) sagt nämlich aus, dass sich Sozialleistungsbezieher nicht durch die Berücksichtigung des Verlustvortrags nach § 10 d EStG "armrechnen" dürfen. In jenem Fall ging es um die Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auf eine Witwenrente. Dies gilt selbstverständlich auch allgemein, also auch für die Beklagte: Auch die Beklagte darf nicht die Klägerin durch die Berücksichtigung eines Verlustvortrages nach § 10 d EStG "armrechnen" in dem Sinne, dass dann kein positives Einkommen mehr für die Bemessung des Verletztengeldes und als Anspruchsvoraussetzung dem Grunde nach für das Verletztengeld verbleibt. Hätte die Klägerin also in dem Kalenderjahr 2000 nur aufgrund von Verlustabzügen nach § 10 d EStG kein positives Arbeitseinkommen erzielt, so bestünde durchaus ein Anspruch auf Verletztengeld. Diese Situation ist allerdings nicht gegeben. Der vortragsfähige Gewerbeverlust hat sich in den Veranlagungszeiträumen 1998 bis 2000 jeweils aufsummiert. In diesen Jahren hat die Klägerin also nach den geltenden "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts" tatsächlich kein Arbeitseinkommen erzielt. Maßgeblich ist das Kalenderjahr vor dem Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dies ergibt sich mittelbar aus § 47 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Diese Vorschrift regelt zwar nicht die Frage, ob unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen bestand, vielmehr betrifft sie nur die Berechnung der Höhe des Verletztengeldes, sie ist gleichwohl entsprechend auf die Beantwortung jener Frage anzuwenden: Generell gilt nämlich, dass das Arbeitseinkommen von Selbständigen seiner Eigenart nach in der Regel erst aufgrund von Jahresergebnissen festgestellt werden kann (vgl. Kass.Komm./Ricke, § 47 SGB VII Rd.-Nr. 6). Das Landessozialgericht Essen hat in einer Entscheidung vom 06.06.2006 (L 15 U 56/04) ausgeführt, dass es für das Vorliegen eines Anspruchs auf Arbeitseinkommen im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII unerheblich sei, wenn ein versicherter Unternehmer, der seine selbständige Tätigkeit wieder aufgenommen hatte, tatsächlich keinen Gewinn erzielt hat. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass weder in Rechtsprechung und Literatur noch von Trägern der Unfallversicherung vertreten werde, dass ein versicherter Unternehmer bei einem in Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Unfall nur dann einen Anspruch auf Verletztengeld habe, wenn er zuvor einen Gewinn erzielt hat. Nichts anderes könne für Unternehmer gelten, die aufgrund eines außerhalb ihrer unternehmerischen Tätigkeit, also etwa bei einer Hilfsleistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 15 SGB VII erlittenen Unfalls Verletztengeld beanspruchten. Dies heißt jedoch nicht, dass das Erfordernis eines tatsächlich ersatzfähigen Einkommens bei versicherten Unternehmern vollständig entfiele. Es entfällt nur das Erfordernis der Feststellung eines "Gewinns" unmittelbar in den Tagen vor dem Unfall. Ein solcher Gewinn lässt sich praktisch nicht feststellen. Auch kann es für den Anspruch eines Unternehmers auf Verletztengeld nicht darauf ankommen, ob es sich bei den Tagen vor dem Unfall um investive oder profitable Tage gehandelt hat.
Die Auffassung, dass Unternehmer im Gegensatz zu abhängig Beschäftigten von dem Erfordernis des Nachweises eines ersatzfähigen Einkommens vollständig dispensiert seien, lässt sich angesichts des Wortlautes von § 45 Abs. 1 Ziff. 2 SGB VII nicht vertreten. Ein diesbezüglicher gesetzgeberischer Wille könnte allenfalls dann unterstellt werden, wenn in der Aufzählung " unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld etc. " der Begriff "Arbeitseinkommen" nicht genannt wäre.
Der Beklagten ist auch dahingehend zuzustimmen, dass die entsprechende Anwendung von § 47 Abs. 1 Satz 3 SGB VII i. V. m. § 19 Abs. 3 und 4 der Satzung der Beklagten zu keinem anderen Ergebnis führt: Die Klägerin hat auch in einem auf drei Jahre erweiterten Bemessungszeitraum (1998 bis 2000) nur kontinuierlich Verluste erwirtschaftet.
Schließlich lässt sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin in ehrenamtlicher Tätigkeit verunfallte, kein in Abweichung von den allgemeinen Regeln gegebener Verletztengeldanspruch herleiten (zum Ganzen vgl. Moltentin, Unfallversicherungsschutz bei ehrenamtlicher Tätigkeit und bürgerschaftlichem Engagement, BG 2006, 17, Merten, Der Versicherungsschutz bürgerschaftlich engagierter und weiterer Personen, SGb 2005, 427). Die Klägerin wird hinsichtlich des Verletztengeldanspruchs so gestellt, als wenn sich der Unfall unmittelbar bei ihrer versicherten Unternehmertätigkeit ereignet hätte. Inwiefern sie dadurch in eine Sonderopferrolle gedrängt würde, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere wird nicht von der genannten Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.06.2006 abgewichen; jene Entscheidung betraf den Fall der Wiedererkrankung nach § 48 SGB VII.
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