L 4 P 2873/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 401/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2873/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, und zwar Pflegegeld nach Pflegestufe II sowie einen Zuschuss zu den Kosten für den Einbau eines Treppenlifts.

Die am 1928 geborene Klägerin ist in der sozialen Pflegeversicherung Mitglied der Beklagten. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 sowie seit 31. Mai 2001 die Merkzeichen G, aG und RF festgestellt. Die Beklagte gewährt ihr mit dem Bewilligungsbescheid vom 05. April 2001 ab 28. Januar 2001 (Antragstellung) Pflegesachleistungen nach Pflegestufe I, zahlte aber auf Wunsch der Klägerin Pflegegeld. Die Beklagte veranlasste erneute Gutachten, zuletzt das Gutachten von Dr. N. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 05. Mai 2004. Diese Gutachterin stellte damals fest, die Klägerin leide an einem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei schweren degenerativen Veränderungen und einer Spinalkanalstenose an zwei Wirbelsäulensegmenten, an erheblichem Übergewicht bei Zustand nach einer Bauchwandhernien-/Fettschürzen-Operation im April 2003, an leichter Harninkontinenz und Depressionen. Der Grundpflegebedarf wurde damals mit 71 Minuten angegeben (Körperpflege 39 Minuten, Ernährung neun Minuten und Mobilität 23 Minuten).

Mit Bescheid vom 30. August 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin einen Zuschuss von EUR 2.557,00 für die Montage einer Spezialdeckenschiene mitsamt einem Strickleitersystem über einem im Erdgeschoss ihrer Wohnung stehenden Pflegebett. In dem Gutachten von Dr. N. vom 12. April 2002, das dieser Bewilligung zu Grunde lag, war ausgeführt, die Strickleiter sei medizinisch begründet, da sich die Klägerin derzeit nicht allein erheben könne. Der damals behandelnde Arzt Hü. hatte in einem Attest vom 03. Mai 2002 angegeben, die Montage der Schiene sei dringend indiziert, um eine möglichst schnelle und komplikationslose Rekonvaleszenz nach der damals - anstehenden Bauchwand- und Fettschürzenoperation zu gewährleisten.

Am 28. Februar 2006 beantragte die Klägerin zum einen Höherstufung des Pflegegelds in Pflegestufe II und zum anderen einen Zuschuss für den Einbau eines Treppenlifts. Dieser Treppenlift wurde am 15. März 2006 montiert (Rechnung der Firma L. vom 17. März 2006 über den am 15. März 2006 gelieferten Kurventreppenlift zu einem Pries von insgesamt brutto EUR 17.000,00). Wegen der Pflegestufe erstellte Pflegefachkraft Br. vom MDK das Gutachten vom 24. April 2006. Sie führte nach einer Untersuchung in häuslicher Umgebung aus, im Erdgeschoss der Wohnung der Klägerin befinde sich ein geräumiges Pflegezimmer mit höhenverstellbarem Pflegebett und behinderungsgerechtem Bad mit barrierefreier Dusche, Waschbecken und WC. Im Obergeschoss, zu dem auch ein Treppenlift führe, befänden sich ein weiteres Badezimmer mit Wanne, Waschbecken, WC und ein Schlafzimmer. Die Gutachterin nannte als pflegebegründende Diagnosen ein Wirbelsäulensyndrom mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik, Adipositas per magna und aktuell eine vermehrte Diarrhoe (Durchfall). Zwischenzeitlich sei eine allgemeine Verschlechterung eingetreten, insbesondere mit Bewegungsstörungen der Halswirbelsäule sowie der Arme und Hände mit Taubheitsgefühl. Die Klägerin könne verlangsamt von Stuhl und Bett aufstehen und mit deutlichem Festhalten gehen. Der Grundpflegebedarf betrage 52 Minuten täglich (Körperpflege 27 Minuten, Ernährung sechs Minuten, Mobilität 19 Minuten).

Weiterhin erstattete Dr. C., ebenfalls MDK Baden-Württemberg, das Gutachten vom 26. April 2006 zu dem Zuschuss zu einem Treppenlift. Diese Gutachterin führte aus, nach dem Gutachten vom 24. April 2006 befinde sich im Erdgeschoss ein Pflegezimmer mit Pflegebett und behinderungsgerechtem Badezimmer. Hinweise auf eine Verringerung des Grundpflegebedarfs durch das Aufsuchen des Obergeschosses könnten aus den vorliegenden Unterlagen nicht abgeleitet werden.

Am 10. Mai 2006 erließ die Beklagte zwei Bescheide. In dem einen - der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt - lehnte sie Leistungen nach Pflegestufe II ab. Die Feststellungen des MDK ergäben keinen Grundpflegebedarf von mindestens zwei Stunden täglich. In dem anderen Bescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung lehnte die Beklagte einen Zuschuss zu den Kosten eines Treppenlifts ab. Sie verwies auf die Ausführungen des MDK in dem Gutachten vom 26. April 2006.

Gegen den Bescheid mit der Ablehnung des Höherstufungsantrags erhob die Klägerin am 22. Mai 2006 Widerspruch. Mit Schreiben vom 28. Juni 2006 erweiterte sie diesen Widerspruch - sinngemäß - auf die Ablehnung des Zuschusses. Sie führte aus, in dem "Pflegezimmer" im Erdgeschoss gebe es kein WC, das ihren Anforderungen gerecht werde. Sie müsse wegen ihres Durchfalls fünf- bis achtmal am Tag zur Toilette. Bei dem Zimmer handle es sich um ein "Hospiz", das sie für "ihre letzten Tage" habe bauen lassen. Es sei dort sehr eng, die Lüftungsmöglichkeiten seien eingeschränkt. Sie schlafe in dem Schlafzimmer im Obergeschoss, weil sie dort eine Klimaanlage habe. Hinsichtlich der Höherstufung trug die Klägerin zu ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, die Werte für das Waschen seien unzutreffend. Wegen schnellen Taubheitsgefühls in den Fingern fielen ihr schnell Gegenstände hinunter. Dies gelte auch für die Selbstversorgung. Eine Suppe zu kochen dauere 15 Minuten, ein Mittagessen 30 Minuten oder mehr. Ihre Alltagskompetenz sei massiv eingeschränkt. Wegen der Wohnsituation trug die Klägerin auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 23. August 2006 vor, sie sei darauf angewiesen, über eine "Wendeltreppe" in ihre Wohnräume im Obergeschoss zu kommen, weil sie nur dort sanitäre Reinigungsmöglichkeiten habe. Wegen des chronischen Durchfalls mit bis zu 20 Stühlen am Tag sei dies in der Eile nicht immer möglich. Im Auftrag der Beklagten erstellte Pflegefachkraft Guth vom MDK das Gutachten nach Aktenlage vom 20. Juli 2006 mit ergänzender Stellungnahme vom 05. September 2006. Der Grundpflegebedarf betragen 52 Minuten täglich. Ein zusätzlicher Hilfebedarf könne nicht nachvollzogen werden. Dr. C. vom MDK erstellte das Gutachten vom 23. Oktober 2006. Sie führte aus, die Wohnsituation sei nach wie vor unklar. Weitere Angaben zu dem "Pflegezimmer" im Erdgeschoss fehlten. Eine Verwendung dieser Einrichtung könne die Pflege erleichtern. Eine medizinische Begründung für die Verwendung der Sanitäreinrichtungen im Obergeschoss stehe weiterhin aus. Die aktuelle Diskussion über einen Treppenlift könne daher nicht nachvollzogen werden.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05. Januar 2007, der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, einen Zuschuss für den Einbau eines Treppenlifts - nochmals - ab. Die Klägerin habe mitgeteilt, sie sei während der Begutachtung durch Frau Br. ins Obergeschoss zur Toilette gegangen. Eine Kostenübernahme könne daher nicht erfolgen.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Pflegefachkraft S. vom MDK nach Untersuchung der Klägerin in häuslicher Umgebung das Gutachten vom 09. Mai 2007. Sie stellte fest, im Erdgeschoss befinde sich ein neues Badezimmer, u.a. ausgestattet mit einer barrierefreien Dusche und einem Bidet. Dieser Raum werde allerdings nicht als Badezimmer genutzt, sondern die Klägerin habe hier ihr Pflegebett aufgestellt. Vom Keller bis ins erste Obergeschoss führe ein Treppenlift. Als pflegebegründende Diagnosen der Klägerin nannte die Gutachterin eine Mobilitätseinschränkung durch degenerative Wirbelsäulenerkrankung, insulinpflichtigen Diabetes mellitus, chronische Durchfälle und aktuell ein Carpaltunnelsyndrom rechts. Sie teilte mit, die Funktionsgriffe mit der linken Hand seien uneingeschränkt möglich, die rechte Hand werde in Schonstellung gehalten. Sie bewege sich selbstständig, wenn auch schwerfällig, durch die Wohnung. Sie sei sehr gepflegt. Mit Hilfe einer Strickleiter könne sie sich aus dem Liegen selbstständig aufrichten. Es bestünden Harninkontinenz und häufige Durchfälle. Die Klägerin sei vergesslich und pflege einen eigenwilligen Lebensstil. Die Gestaltung der Wohnumgebung sei alltagsunpraktisch und unübersichtlich. Die Klägerin umgebe sich mit zahlreichen Gegenständen; dies führe zu erheblicher räumlicher Enge und latenter Sturzgefährdung. Den Grundpflegebedarf ermittelte die Gutachterin mit 78 Minuten täglich (Körperpflege 32 Minuten, Ernährung acht Minuten und Mobilität 38 Minuten). Eine Kostenübernahme für den Treppenlift könne nicht empfohlen werden. Die Klägerin könne das Pflegebett in dem geräumigen ungenutzten Zimmer im Erdgeschoss aufstellen. Dadurch könne sie das behinderungsgerechte Bad auch benutzen. Ihre Intimhygiene könnte sie durch eine Zusatzausrüstung auf der unteren Toilette gleichwertig ausführen.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies beide Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2007 zurück. Der vom MDK ermittelte Grundpflegebedarf reichte nicht aus, die Voraussetzungen der Pflegestufe II zu erfüllen. Ein Treppenlift sei nicht notwendig. Der MDK habe das Vorhandensein eines Pflegezimmers (im Erdgeschoss) bestätigt. Außerdem seien alle Maßnahmen, die zum Zeitpunkt einer Zuschussgewährung zur Verbesserung des Wohnumfeldes erforderlich seien, als eine (einheitliche) Verbesserungsmaßnahme zu werten. Nur bei einer Änderung der Pflegesituation handele es sich um eine neue Maßnahme, sodass ein weiterer Zuschuss in Betracht komme. Sie, die Beklagte, habe im Jahre 2003 den Einbau einer Deckenliftanlage im Erdgeschoss gefördert. Eine Veränderung der Pflegesituation sei nicht eingetreten, sodass auch aus diesem Grund eine erneute Förderung ausscheide.

Die Klägerin hatte bereits am 22. Januar 2007 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Sie hatte neben der Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe II zunächst Zahlung von EUR 17.000,00 für den Treppenlift begehrt. Nach einem Hinweis des SG verringerte sie diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung am 19. März 2009 auf EUR 2.557,00. Die Klägerin wiederholte unter Vorlage mehrerer Atteste und Arztbriefe ihrer behandelnden Ärzte aus den Jahren 1994 bis 2006 ihr Vorbringen zur Begründung ihrer Widersprüche. Sie leide in den Armen nicht nur unter Taubheitsgefühlen, sondern erheblichen Schmerzen. Sie könne weder Brei rühren noch eine Tasse halten. Die Toilette im Obergeschoss könne sie auf Grund ihrer eingeschränkten Bewegungsfähigkeit nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit und Häufigkeit erreichen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2007 trug die Klägerin ergänzend vor, sie leide an erheblichen Schmerzen und Einschränkungen der Motorik und an Depression. Ihre Alltagskompetenz sei eingeschränkt. Das Gutachten der Frau Br. sei unzutreffend und sei von den darauf folgenden Gutachtern nur übernommen worden. Die "Deckenliftanlage" sei 2003 nach der Operation eines Nabelbruchs eingebaut worden, damit sie sich in der Rekonvaleszenzphase selbstständig vom Bett habe hochziehen, aufstehen und wenigstens drei Schritte am Seil hängend zur "Not-Toilette" bewegen können, ohne zu riskieren, dass die Operationswunde aufplatze. Das Erdgeschoss sei kein Pflegezimmer, sondern ein "Hospiz". Bei der barrierefreien Dusche dort sei der Abfluss ungenügend, das Duschwasser laufe mehr in den Raum als ins Abflussrohr. Zum kurzen Abduschen gehe es. Das WC dort könne sie als Körperbehinderte gar nicht benutzen. Es sei als enges "Not-WC" installiert und gedacht. Sie, die Klägerin, sei gezwungen, in ihr Bad im Obergeschoss zu gehen bzw. jetzt mit dem zwischenzeitlich eingebauten - Treppenlift zu fahren. Sie benötige nämlich für die Intimhygiene den Wasserstrahl des neben dem WC befindlichen Badewannenschlauchs.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Im Auftrag des SG untersuchte Dipl.-Pflegewirt (FH) Ma. die Klägerin am 29. März 2008 in ihrer häuslichen Umgebung und erstellte das Gutachten vom 30. März 2008. Als pflegebegründende Diagnosen nannte der Sachverständige Diabetes mellitus, chronische Durchfälle, eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung sowie (angegeben) Sensibilitätsstörungen in Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand. Er führte aus, der Grundpflegebedarf der Klägerin betrage 19 Minuten täglich. In der Körperpflege liege er bei 14 Minuten. Die Klägerin benötige hier nur Hilfe beim Duschen bzw. in der Badewanne, nämlich beim Waschen des Rückens, der Unterschenkel, des hinteren Intimbereichs sowie der Haare (zehn Minuten) sowie zweimal täglich beim Kämmen (zusammen vier Minuten). Bei der Ernährung falle kein Hilfebedarf an. Bei der Mobilität benötige die Klägerin täglich fünf Minuten Hilfe, und zwar beim Ankleiden (Anlegen der Tagesbekleidung). Weiterer Hilfebedarf bestehe nicht. Den Oberkörper vorn könne die Klägerin selbstständig waschen. Sie habe sich die "Zähne" selbst eingesetzt und angegeben, sie auch selbst abzulegen. Blase und Darm entleere die Klägerin selbstständig. Auch die anschließende Intimreinigung führe sie selbst durch, wobei sie für den Analbereich ein selbst angefertigtes Hilfsmittel benutze. Die Nahrung könne sie selbst mundfertig vorbereiten und selbstständig aufnehmen. Sie koche auch selbst. Beim Ankleiden bestehe nur teilweise Hilfebedarf. Den Oberkörper könne die Klägerin selbst anziehen, dies gelte auch für die Unterbekleidung, sobald diese etwa auf Höhe der Knie hochgezogen sei. Auch Schuhe müssten ihr angezogen werden. In ihrer Wohnung könne sich die Klägerin selbstständig fortbewegen. Bei der Begutachtung habe sie sich zum Teil an Möbeln und Utensilien festgehalten, im Flur habe sie frei stehen und gehen können. Die Klägerin könne selbst aus einem tiefen Sessel eigenständig aufstehen, sodass die Notwendigkeit eines Pflegebetts nicht erkennbar sei. Es sei auf Grund der Beweglichkeit der Klägerin nicht nachvollziehbar, dass sie bei der Begutachtung den Treppenlift benutzt habe. Auf der Hälfte des Weges könne sie einen Stuhl stellen, falls sie ermüde. Auch befinde sich im Erdgeschoss ein Pflegebett. Die Klägerin akzeptiere, dass dieser Raum ihr "Hospiz" werden solle. Die Probleme mit der behinderungsgerechten Dusche könnten nicht einfach hingenommen werden. Es sei mit Sicherheit möglich, dort einen Auslaufschutz von zehn bis 15 Zentimetern anzubringen, über den die Klägerin auch steigen könne.

Mit Urteil vom 19. März 2009 wies das SG die Klage ab. Eine wesentliche Verschlechterung des Pflegebedarfs sei angesichts der Gutachten des MDK und des gerichtlichen Sachverständigen Ma. nicht nachzuweisen. Auch wenn der Sachverständige entsprechend dem Vortrag der Klägerin gewisse Zeiten zu niedrig festgesetzt hätte, lasse sich bei großzügiger Berücksichtigung weiterer Zeitansätze ein Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von 120 Minuten am Tag nicht feststellen. Ein Hilfebedarf beim Einkaufen und Kochen, auf den die Klägerin wiederholt hingewiesen habe, gehöre nicht zur Grundpflege. Auch ein Anspruch auf den (höchstmöglichen) Zuschuss von EUR 2.557,00 für den Einbau des Treppenlifts bestehe nicht. Die Beklagte habe der Klägerin bereits 2003 einen vollen Zuschuss für das Strickleitersystem über ihrem Pflegebett geleistet. Bereits damals sei aber der Einbau eines Treppenlifts notwendig gewesen. Die Klägerin habe damals zwar in dem Pflegebett im Erdgeschoss geschlafen. Da die dort eingebaute Dusche aber von Anfang an funktionsunfähig gewesen sei, habe sie auch damals schon im Obergeschoss geduscht und sich hierzu nach ihren Angab en mühsam die Treppe hochziehen müssen. Damit aber handele es sich bei dem Strickleitersystem und dem Treppenlift um eine einheitliche Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes, die zur gleichen Zeit erforderlich gewesen sei und deshalb nur einmal bezuschusst werden könne (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 03. November 1999, B 3 P 6/99 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 2).

Gegen dieses Urteil, das ihr am 20. Mai 2009 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 17. Juni 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. In ihrer Berufungsbegründung vom 17. Juni 2009 trägt sie vor, die Laufschiene im Erdgeschoss sei 2003 wegen der Folgen der Unterbauchoperation installiert worden. Erst vier Jahre später habe überstürzt ein Treppenlift eingebaut werden müssen. Der Pflegebedarf liege höher als angenommen. Sie benötige auch beim Ein- und Aussteigen aus der Badewanne Hilfe. Sie könne mit rechts nur noch eingeschränkt halten, immer häufiger entglitten ihr Sachen oder sie verschütte Flüssigkeiten. Die Klägerin hat zu ihrem Vortrag die Atteste ihres behandelnden Arztes Hü. vom 04. August und 11. September 2009 vorgelegt, auf die verwiesen wird. Mit Schriftsatz vom 10. September 2009 hat die Klägerin zusätzlich vorgetragen, der Vorsitzende der Kammer des SG sei befangen gewesen, denn er habe in dem Termin am 19. März 2009 noch vor der Eröffnung der mündlichen Verhandlung dem Vertreter der Beklagten freundlich lächelnd zugenickt und verständnisvoll einen Blick mit diesem getauscht, er habe ihn also offensichtlich gekannt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. März 2009 und die beiden Bescheide der Beklagten vom 10. Mai 2006, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2007, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Februar 2006 Pflegegeld nach Pflegestufe II abzüglich bereits gezahlten Pflegegeldes sowie einen Zuschuss von EUR 2.557,00 für den bereits erfolgten Einbau eines Treppenlifts zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des SG und ihre Entscheidungen.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten unter dem 13. Juli 2009 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter in Betracht komme. Er hat ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. August 2009, für die Klägerin bis zum 14. September 2009 verlängert, gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die Berufung der Klägerin ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Insbesondere ist sie aus dem Urteil des SG um mehr als EUR 750,00 beschwert, sodass die Berufung nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig war.

Die Berufung ist aber nicht begründet.

1. Der Vortrag der Klägerin, der Vorsitzende der erkennenden Kammer des SG sei befangen gewesen, führt nicht dazu, dass der Senat die Sache wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers unter Aufhebung des Urteils vom 19. März 2009 an das SG zurückverweist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).

Die Besorgnis der Befangenheit gibt den Verfahrensbeteiligten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit den dort genannten Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) das Recht, eine Gerichtsperson abzulehnen. Ein solches Ablehnungsgesuch nach §§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG, 42 Abs. 3 ZPO muss jedoch gestellt werden, unmittelbar nachdem ein Verfahrensbeteiligter von dem vermeintlichen Ablehnungsgrund erfahren hat. §§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG, 43 ZPO bestimmt nämlich, dass ein etwaiges Ablehnungsrecht erlischt, wenn sich ein Beteiligter, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, vor dem angeblich befangenen Richter in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Eine Ablehnung nach diesem Zeitpunkt ist nur dann zulässig, wenn der Beteiligte glaubhaft macht, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder ihm später bekannt geworden sei (§§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG, 44 Abs. 4 ZPO). Unabhängig hiervon kann ein Ablehnungsgesuch nicht mehr gestellt werden, wenn das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, bereits unanfechtbar entschieden hat oder die Instanz - aus anderen Gründen - beendet ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rn. 10b). Ein Verfahrensbeteiligter kann die vermeintliche Befangenheit eines Richters in einem Rechtsmittelverfahren - wie hier einer Berufung - nur geltend machen, wenn er den Richter mit Erfolg abgelehnt und dieser aber gleichwohl an der Entscheidung mitgewirkt hat oder aber wenn der Beteiligte das Ablehnungsgesuch rechtzeitig gestellt, darüber aber vor Erlass der Endentscheidung (verfahrensfehlerhaft) nicht mehr entschieden worden ist (Keller, a.a.O., Rn. 11, 14).

Hiernach kann die Klägerin die vermeintliche Befangenheit des Vorsitzenden der erkennenden Kammer des SG in der Berufung schon deswegen nicht mehr rügen, weil das Verfahren vor dem SG beendet ist. Unabhängig hiervon hätte die Klägerin ihr vermeintliches Ablehnungsrecht noch in der mündlichen Verhandlung am 19. März 2009 geltend machen können und müssen, weil ihr der vermeintliche Ablehnungsgrund zu Beginn jenes Termins bekannt geworden war.

2. Auch in der Sache ist das angegriffene Urteil nicht zu beanstanden. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage war zwar - nach nachträglichem Erlass des noch fehlenden Widerspruchsbescheids (§ 78 Abs. 1 SGG) - zulässig, aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

a) Der Klägerin steht kein Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe II seit dem 01. Februar 2006 zu. Daher konnte sie nicht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) die Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 05. April 2001 und die Bewilligung höherer Leistungen verlangen. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach Satz 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Als solcher Verwaltungsakt mit Dauerwirkung war hier der Bescheid der Beklagten vom 05. April 2001 über die Bewilligung von Leistungen nach der Pflegestufe I anzusehen. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die diesem Bescheid zugrunde gelegen haben, lässt sich nicht feststellen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege seit 01. Februar 2006 mindestens 120 Minuten beträgt.

aa) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.

bb) Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin bei den (im Gesetz abschließend genannten) Verrichtungen der Grundpflege Hilfe von mindestens 120 Minuten täglich benötigt.

Bei dieser Einschätzung legt der Senat das vom SG eingeholte Gutachten des Sachverständigen Ma. vom 30. März 2008 zu Grunde. Dieser hat bei der Klägerin einen Grundpflegebedarf von lediglich 19 Minuten täglich festgestellt, und zwar zehn Minuten für das tägliche Duschen, vier Minuten für das zweimalige Kämmen und fünf Minuten für das Ankleiden morgens. Seine Feststellung, dass - nur - dieser Grundpflegebedarf vorliegt, ist überzeugend.

Wie der Sachverständige dargelegt hat und wie es auch die Gutachten des MDK, zuletzt jenes von Pflegefachkraft S. vom 09. Mai 2007, gestützt auf die vorliegenden ärztlichen Atteste, angeben, leidet die Klägerin - unter anderem - an einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, an Diabetes mellitus sowie chronischen Sensibilitätsstörungen von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger rechts. Diese Diagnosen ergeben sich auch aus den ärztlichen Unterlagen, die die Klägerin dem SG und in der Berufungsinstanz vorgelegt hat. So hat - auf orthopädischem Gebiet - der behandelnde Arzt Hü. in seinem von der Klägerin eingereichten Attest vom 04. August 2009 eine Spinalkanalstenose (Verengung des Nervenkanals der Wirbelsäule) angegeben. Hinzu kommen Abnutzungen vor allem der Bandscheiben. Hierzu hatte der Radiologe Dr. Reinartz nach einer kernspintomatografischen Untersuchung der Wirbelsäule in seinem Arztbrief vom 30. September 2002 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden bei mehreren Bandscheiben deutliche bzw. mäßige Höhenminderungen mit mäßigen bis starken Protusionen und zum Teil (bei den Wirbelsäulensegmenten L3/L4, L 4/L5 und L5/S1) deutlichem Druck auf die jeweils austretenden Nervenwurzelbahnen. Die weiteren Diagnosen nennen außer dem behandelnden Arzt Hü. z.B. auch Dr. Ha. und Dr. J., W.-Klinik B. D., in ihrem Bericht vom 21. Juli 2003. Zu den Diagnosen, die der Sachverständige gestellt hat, kommt in Wesentlichen nur noch eine Augenerkrankung (Myopie, Astigmatismus, Presbyopie, Orthophorie) mit einer geringfügigen Minderung des Visus links auf 0,8 (rechts 1,0) hinzu (vgl. Attest des Augenarztes Sc. vom 13. Juni 2005).

Von diesen Gesundheitsschäden führen nur einige zu funktionellen Beeinträchtigungen der Klägerin. Wegen der durch die Wirbelsäulenerkrankung bedingten Schmerzen und der Adipositas ist die Beweglichkeit der Klägerin eingeschränkt. Dies führt zu Schwierigkeiten beim Aufstehen, bei der Fortbewegung (hier muss sich die Klägerin zum Teil festhalten bzw. kann nur unsicher gehen) und dem Einsteigen in die Badewanne und Aussteigen aus der Badewanne. Ferner kann sich die Klägerin nicht allein anziehen, weil sie sich nicht mehr vollständig bücken kann. Dies haben der Sachverständige und die Gutachterinnen des MDK übereinstimmend bei ihren Untersuchungen festgestellt. Die Sensibilitätsstörungen an drei Fingern der rechten Hand führen ebenfalls zu Funktionsdefiziten, nämlich zu Schwierigkeiten beim Anziehen (z.B. dem Zuknöpfen). Diese Einschränkungen und die Wirbelsäulenbeschwerden zusammen machen der Klägerin auch das Kämmen unmöglich. Die weiteren Krankheiten der Klägerin sind für die Beurteilung ihres Grundpflegebedarfs irrelevant. Wegen des Diabetes mellitus muss der Klägerin täglich Insulin gespritzt werden, diese Verrichtung gehört allerdings zur Behandlungspflege und wird - zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung - auch durch einen Pflegedienst durchgeführt. Die chronischen Durchfälle führen lediglich dazu, dass die Klägerin häufiger die Toilette aufsuchen und in der Folge häufiger Intimhygiene durchführen muss. Für den Grundpflegebedarf relevant sind aber nur die Einschränkungen der Klägerin beim Aufsuchen der Toilette und der Reinigung, nicht die Durchfälle selbst. Darm und Blase entleeren kann die Klägerin allein.

Die Funktionseinschränkungen der Klägerin bedingen jedenfalls keinen Hilfebedarf, der deutlich über den vom Sachverständigen oder den von den Gutachtern des MDK festgestellten hinausgeht. Nur beim Anlegen der Tagesbekleidung ist eine Teilübernahme nötig, nämlich beim Hochziehen der Schuhe sowie der Hose oder des Rocks über die Beine, weil sich die Klägerin so weit nicht bücken kann. Alle anderen Verrichtungen in diesem Bereich kann sie selbst durchführen, da keine weiteren Bewegungseinschränkungen vorliegen und auch die Feinmotorik der Hände nur auf einer Seite und dort nur an drei Fingern gestört ist. Dass sich die Klägerin z.B. mit der anderen Hand eine Oberbekleidung selbst zuknöpfen kann, hat der Sachverständige bei seiner Begutachtung selbst festgestellt. Die Beeinträchtigungen der Finger bedingen auch keinen Pflegebedarf bei der Ernährung. Wie insbesondere die Gutachterin S. vom MDK festgestellt hatte, kann sich die Klägerin die Nahrung selbst mundgerecht zubereiten und Getränke selbst einschenken, auch essen und trinken kann sie allein. Nach ihren Angaben gegenüber dem Sachverständigen kocht sie auch selbst, wobei diese Verrichtung ohnehin nicht zum Grundpflegebedarf gehört. Im Bereich der Körperpflege kann die Klägerin die Intimhygiene nach den mehrmaligen Toilettengängen täglich selbst durchführen, zumindest mit Hilfe des Reinigungsgeräts, das der Sachverständige beschrieben und bildlich dargestellt hat. Hilfe benötigt die Klägerin nur beim Duschen (vor allem beim Einsteigen in die Badewanne, beim Aussteigen aus der Badewanne sowie beim Waschen von Rücken und Unterschenkeln, die sie selbst nicht erreichen kann), wobei sie jedoch den vorhandenen Badewannenlift benutzen kann, und beim Kämmen. Die Zahnpflege der Zahnprothese führt sie nach ihren eigenen Angaben dem Sachverständigen gegenüber selbst aus. Auch bei der Mobilität bestehen keine weiteren Einschränkungen. Nach den insoweit übereinstimmenden Feststellungen des Sachverständigen und der MDK-Gutachten kann sich die Klägerin in ihrer Wohnung noch selbst bewegen, wenngleich mit Mühe. Sie kann insbesondere den gesamten für das Wohnen und die Pflege notwendigen Bereich selbst erreichen. Hierbei kann offen bleiben, ob insoweit das "Hospiz" mit dem Pflegebett, der behinderungsgerechten Dusche, dem WC und dem Bidet im Erdgeschoss ausreichen würde. Selbst wenn die Klägerin darauf angewiesen ist, das Obergeschoss zu erreichen, ist ihr dies - auch ohne Verwendung des zwischenzeitlich angeschafften Treppenlifts - möglich. Der Sachverständige hat ausgeführt, auf Grund der zuvor gezeigten Beweglichkeit (im Flur) sei nicht festzustellen gewesen, warum sie den Lift benutzte. Dass die Klägerin grundsätzlich noch die Treppe zum Obergeschoss benutzen kann, zeigt sich auch darin, dass es ihr möglich ist, aus den jeweils tief gestellten Betten in beiden Geschossen und aus einem Stuhl allein, wenn auch mit Abstützen, aufzustehen. Beeinträchtigungen der Knie oder Hüftgelenke, die ein Treppensteigen beschwerlich machen würden, sind auch ärztlicherseits nicht angegeben worden.

Der Minutenumfang, den der Sachverständige zu Grunde gelegt hat, entspricht den Zeitkorridoren in den nach §§ 17, 53a SGB XI erlassenen Begutachtungs-Richtlinien. Diese sehen im Regelfall für Vollübernahmen z.B. beim Duschen 15 bis 20 Minuten, beim Ankleiden acht bis zehn und beim Kämmen ein bis drei Minuten vor. Für Teilübernahmen sind diese Werte entsprechend dem Ausmaß der Übernahme zu verringern. Der Sachverständige hat - entsprechend - für die Teilübernahme beim Duschen zehn Minuten, für die - zweimalige - Hilfe beim Kämmen jeweils zwei Minuten und für die Teilübernahme beim Ankleiden (Hochziehen der Beinbekleidung bis zu den Knien) fünf Minuten veranschlagt. Selbst wenn insoweit die in den Begutachtungs-Richtlinien genannten Höchstwerte für die volle Übernahme der Verrichtungen berücksichtigt würden, wird ein Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von mindestens 120 Minuten bei weitem nicht erreicht.

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses für den Einbau des Treppenlifts zu.

aa) Nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes, beispielsweise technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit von dem Einkommen des Pflegebedürftigen zu bemessen, die Zuschüsse dürfen aber einen Betrag von EUR 2.557,00 je Maßnahme nicht übersteigen (§ 40 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SGB XI).

bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass der im März 2006 eingebauten Treppenlift erforderlich ist, um die Pflege der Klägerin zu ermöglichen oder zu erleichtern. Der Senat lässt offen, ob die Klägerin die gesamte notwendige Pflege in dem "Hospiz" im Erdgeschoss ihres Hauses durchführen lassen könnte. Jedenfalls ist es der Klägerin möglich, das Obergeschoss ihres Hauses und damit das andere Bett und das Bad auch ohne den Treppenlift zu erreichen. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass es für die Klägerin beschwerlich sein mag, Treppen zu steigen. Dies reicht jedoch für die Gewährung eines Zuschusses nicht aus. Dass die Klägerin gesundheitsbedingt nicht in der Lage wäre, das Obergeschoss ihrer Wohnung zu erreichen, ist nicht festgestellt. Auch unmittelbar vor Einbau des Treppenlifts hat sie nach ihren eigenen Angaben das Obergeschoss aufgesucht, weil sie die dort gelegene Toilette benutzt und dort auch geschlafen hat. Ganztägig in dem "Hospiz" war sie nach ihrem Vortrag zuletzt während der Rekonvaleszenz nach der Bauchoperation im Jahre 2003 verblieben. Eine akute Verschlechterung der Beweglichkeit der Klägerin Anfang 2006 ist nicht ersichtlich. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Gutachterin Br. vom MDK in ihrem Gutachten vom 24. April 2006, das wenige Wochen nach Einbau des Treppenlifts erstellt wurde, beim Treppensteigen keinen Hilfebedarf gesehen hat.

Des Weiteren ist der Klägerin bereits der Zuschuss von EUR 2.557,00 für die Anbringung einer Spezialdeckenschiene mitsamt einem Strickleitersystem gezahlt worden. Die nochmalige Zuzahlung eines Zuschusses kommt damit nur in Betracht, wenn es sich bei dem Einbau des Treppenlifts um eine andere Maßnahme handelt. Dies ist nicht der Fall. Eine Maßnahme umfasst sämtliche Umbauten und technischen Hilfen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen objektiv erforderlich sind. Die Zusammenfassung mehrerer Einzelmaßnahmen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verbesserung des individuellen Umfeldes eines Pflegebedürftigen notwendig sind, zu einer Gesamtmaßnahme im Rechtssinne gilt auch dann, wenn die Einzelmaßnahmen nicht in einem Auftrag gemeinsam vergeben oder zeitlich nacheinander durchgeführt werden. Ein zweiter Zuschuss kommt danach erst dann in Betracht, wenn sich die Pflegesituation objektiv ändert und dadurch im Lauf der Zeit Schritte zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich werden, die im Zuge der ersten Umbaumaßnahme noch nicht notwendig waren (vgl. BSG SozR 4-3300 § 40 Nr. 9). Eine objektive Änderung der Pflegesituation besteht nicht. Wie dargelegt, ist nicht ersichtlich, dass eine akute Verschlechterung der Beweglichkeit der Klägerin seit Anfang 2006 eingetreten ist.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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