Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 268/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. 3. Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt. 4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Klägern, die häusliche Pflegedienste betreiben, zahlreichen weiteren häuslichen Pflegediensten sowie den Beigeladenen ist die Rechtmäßigkeit eines Schiedsstellenspruchs des Beklagten nach § 132a Abs. 2 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung im Streit. Im hiesigen Rechtsstreit ist nur zu klären, ob der Beklagte passivlegitimiert ist.
Mit Wirkung zum 01. April 2005 schlossen die Beigeladenen und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V., Landesgruppe Brandenburg (im Folgenden: bpa), dessen Mit-glieder die Kläger sind, den "Rahmenvertrag über die einheitliche Versorgung mit Häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe im Land Brandenburg". Dieser Vertrag sieht vor, daß die beteiligten Krankenkassen "bei Vorliegen aller Voraussetzungen mit dem Träger für den jeweiligen Pflegedienst einen Vertrag für die Erbringung von Leistungen nach §§ 132, 132 a SGB V sowie §§ 198, 199 RVO mit folgendem Text schließen". Wegen des wei-teren Inhalts des Rahmenvertrags und wegen des Inhalts des zwischen den Pflegediensten und den Krankenkassen zu schließenden Vertrags wird auf Blatt 33-45 der Gerichtsakte S 7 KR 148/06 verwiesen. Die als Anlage 5 zu diesem Vertrag abgeschlossene "Vereinbarung über die Vergütung Häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe gemäß §§ 132, 132a Abs. 2 SGB V, §§ 198, 199 RVO ab 01.04.2005" wurde mit Wirkung zum 31. März 2006 gekündigt. Nach erfolglosen Vergütungsverhandlungen bestimmten der bpa und die Beigela-denen unter dem 22. bzw. 24. Februar 2006 den Beklagten zur Schiedsperson. Dieser erließ am 08. Juni 2006 einen Schiedsspruch, den er dem bpa vorab per E-Mail am 09. Juni 2006 - am selben Tag berichtigte er ihn wegen eines offenbaren Schreibfehlers - und mit Begründung am 30. Juni 2006 übersandte. Wegen des Schiedsspruchs und seiner Begründung wird auf Blatt 241- 275, wegen der Berichtigung wird auf Blatt 337 der Gerichtsakte S 7 KR 148/06 verwie-sen. Mit ihrer am 10. Juli 2006 zum Aktenzeichen S 7 KR 148/06 erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen diesen Schiedsspruch. Nachdem zur Durchführung eines Musterverfahrens unter dem hiesigen Aktenzeichen das Verfahren bezüglich 5 Kläger abgetrennt wurde, trennte die Kammer mit Beschluss vom 25. Januar 2008 das Verfahren bezüglich der ursprünglich zu 2) bis 8) beklagten Krankenkassen ab – dieses Verfahren wird nun unter dem Aktenzeichen S 7 KR 17/08 fortgeführt – und lud anschließend die Krankenkassen (Verbände) zum hiesigen Ver-fahren notwendig bei.
Die Kläger halten die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Neubescheidungsklage für zu-lässig, so dass an sich nur der Beklagte passiv legitimiert sei. Nur wegen fehlender höchstrich-terlicher Entscheidungen zu § 132a Abs. 2 S. 2 – 8 SGB V sei die Klage zunächst auch gegen die Kostenträger gerichtet worden. Inhaltlich leide der Schiedsspruch partiell unter einem Beurteilungs- bzw. Ermessensdefizit.
Die Kläger beantragen:
Der Schiedsspruch des Beklagten zu 1) gemäß § 132a Abs. 2 S. 6 und 7 SGB V vom 08.06.2006, zugegangen mit Begründung am 30.06.2006, wird aufgehoben; der Antrag der Kläger gemäß § 132a Abs. 2 S. 6 vom 24.03.2006 auf Festsetzung der Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 1 und 2 SGB V wird zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts an den Beklagten zu 1) zurückverwiesen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage gegen ihn als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die vertraglichen Beziehungen zwischen Leistungserbringern der häusli-chen Krankenpflege und den Krankenkassen seien dem Privatrecht zuzuordnen. Als Schieds-person sei er nicht beteiligtenfähig und könne nach § 319 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht Prozesspartei sein. Vielmehr seien die Parteien des Rahmenvertrages aktiv- und passivle-gitimiert.
Die Beigeladenen beantragen im Rechtsstreit S 7 KR 148/06 als Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhand-lung einverstanden erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, auch im Rechtsstreit S 7 KR 148/06, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Ver-handlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist nicht passiv legitimiert.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Ungeachtet der Frage, ob der Schiedsspruch des Beklagten einen Verwaltungsakt darstellt oder nicht, ist die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltende Klagefrist von einem Monat gemäß § 87 Abs. 1 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewahrt.
2. Der Beklagte ist gemäß § 70 Nr. 1, 1. Alt SGG als natürliche Person beteiligtenfähig. Ob eine Schiedsperson zu den in § 70 Nr. 4 SGG genannten Entscheidungsgremien von Leistungs-erbringern und Krankenkassen zählt (wie von Plantholz RsDE, Heft 64, 1, 22 erörtert), kann daher offen bleiben.
3. Statthafte Klageart ist die (echte) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG.
a) Die Klage ist nicht als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs- (Bescheidungs-) Kla-ge gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft, da der Schiedsspruch des Beklagten vom 08. Juni 2006 keinen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar-stellt. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheit-liche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem gebiet des öffentli-chen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine All-gemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen be-stimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihrer Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB V ist keine Behörde im Sinne von § 31 SGB X, denn sie ist keine "Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt" (§ 1 Abs. 2 SGB X). Die Kammer folgt insoweit der Rechtsauffassung des 24. und 1. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschlüsse vom 26. Juli 2007, Az.: L 24 KR 408/07 ER und vom 29. August 2007, Az.: L 1 B 311/07 KR ER, beide veröffentlicht unter Juris; a.A. der 9. Senats des LSG Berlin in seiner Entscheidung vom 27. April 2005, Az.: L 9 B 65/05 KR ER, veröf-fentlicht unter www.sozial¬ge¬richts¬bar¬keit.de). Der 24. Senat des LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu in seiner o.g. Entscheidung überzeugend ausgeführt: "Der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V wird keine hoheitliche Aufgabe übertra-gen. Die Vorschrift bestimmt nur, was Vertragsinhalt zwischen den Beteiligten werden soll. Die Schiedsperson hat nach § 132a Abs. 2 SGB V lediglich das zu bestimmen, was eigentlich den Be-teiligten am Versorgungsvertrag als Einigung auf vertraglicher Ebene im Rahmen eines Gleich-ordnungsverhältnisses obliegt. Die Übertragung dieser Aufgabe auf eine grundsätzlich von den Vertragsparteien selbst zu bestimmende Schiedsperson macht diese – auch wenn ihre Einsetzung als Vertragsinhalt durch Gesetz angeordnet ist – nicht zu einem Hoheitsträger. Eine derartige aus-drückliche Anordnung enthält § 132a SGB V jedenfalls nicht. Sie wird auch aus dem Gesetzeszu-sammenhang des § 132 a SGB V nicht ersichtlich. Die ursprüngliche Fassung des § 132a SGB V ist am 01. Juli 1997 in Kraft getreten (BGBl. I Sei-te 1536) und enthielt die Vorschriften zur Schiedsperson nach den Sätzen 6 bis 8 des Abs. 2 noch nicht. Die Sätze 6 bis 8 sind vielmehr mit Wirkung vom 01. Januar 2004 durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I Seite 2190) eingefügt worden. Zur Begründung enthielt der Entwurf des GKV-Modernisierungsgesetzes (Bundestags-Drucksache 15/1525, Seite 123) folgendes: " die Änderungen in Doppelbuchstabe cc verpflichten die Parteien zur Durchführung einer Kon-fliktlösung, wenn sich die Parteien über den konkreten Inhalt der Verträge, insbesondere über die Höhe der Vergütung nicht einigen können. Dieses Verfahren entspricht einer im Zivilrecht übli-chen Schlichtung, wonach sich die Vertragsparteien auf die Leistungsbestimmung durch einen Dritten einigen (§ 317 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Können sich die Parteien nicht auf eine Schlichtungsperson verständigen, legt die Aufsichtsbehörde die Person fest". Gerade der Hinweis auf § 317 BGB in der Gesetzesbegründung legt nahe, dass es sich nicht um eine hoheitliche Rege-lung im Sinne eines Verwaltungsaktes handeln soll. Auch sonst findet sich in § 132a SGB V kein Hinweis darauf, dass die Vertragsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Leis-tungsträgern durch hoheitliche Regelung erfolgen soll. Allenfalls die Einsetzung des Schlichters durch die Aufsichtsbehörde könnte insoweit als Verwaltungsakt angesehen werden, darum geht es vorliegend jedoch nicht. Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf Entscheidungen des LSG Berlin geltend macht, die hoheitliche Tätigkeit und damit die Annahme eines Verwaltungsaktes folge aus § 69 SGB V, wo-nach das vierte Kapitel des SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen auch zu den sonstigen Leistungserbringern – wie der Antragstellerin – regelten, kann daraus nicht die Annahme eines Verwaltungsaktes entnommen werden. Das vierte Kapitel des SGB V enthält in seinem ersten Abschnitt "allgemeine Grundsätze" (§§ 69 bis 71). Im zweiten Abschnitt regelt es die Beziehungen zu Ärzten, Psychotherapeuten und Zahnärzten (§§ 72 bis 106), im dritten Ab-schnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und anderen Einrichtungen (§§ 107 bis 114), im vier-ten Abschnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten (§§ 115 bis 123), im fünf-ten Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Heilmitteln (§§ 124 bis 125), im sechsten Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Hilfsmitteln (§§ 126 bis 128), im siebenten Abschnitt die Beziehungen zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen (§§ 129 bis 131), im achten Abschnitt schließlich die Beziehungen zu sonstigen Leistungserbringern (§§ 132 bis 134a). Aus dieser Systematik wird deutlich, dass zunächst im vierten Kapitel allgemeine Regeln aufgestellt werden und dass sodann für jeden Leistungserbringerbereich gesonderte Vor-schriften gelten. Die "allgemeinen Grundsätze" des ersten Abschnitts enthalten keine Ausführungen dazu, wie das Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 SGBV durchzuführen ist. Daraus, dass für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung Schiedsämter mit verschiedenen Aufgabenstellungen und einer be-stimmten Zusammensetzung vorgesehen sind, lässt sich bereits aus der Stellung dieser Vorschrift im Gesetz entnehmen, dass diese und auch die dazu bestehenden Vorschriften – insbesondere § 89 SGB V – ausschließlich für diesen Bereich vorgesehen sind. Die Schiedsämter sind nicht erst durch einen Vertrag zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen vorzusehen, ihnen ist vielmehr Kraft Gesetzes die Regelungsbefugnis übertragen, falls eine Einigung nicht zustande kommt. Ihnen sind in einem geregelten Verfahren konkrete Befugnisse – hoheitliche Befugnisse – eingeräumt. Sie sind über § 70 Nr. 4 SGG beteiligungsfähig an sozialgerichtlichen Verfahren, können also selbständig klagen und verklagt werden. Diese durch das Gesetz übertragene Sonder-stellung ist nicht auf andere Stellen übertragbar, denen durch Vertrag oder Auswahl durch die Aufsichtsbehörde die Befugnis erteilt wurde, vertragliche Beziehungen zu gestalten. Allein, dass das Gesetz eine derartige Schiedsperson vorsieht, macht ihre Entscheidungen nicht zu einem Verwaltungsakt oder sonst hoheitlichem Handeln. Wenn die Vertragsparteien nach § 132a SGB V selbst eine Schiedsperson wählen können und sich darauf einigen können, dass deren Entschei-dung ihr Vertragsverhältnis bestimmen soll, also ihr das ihnen selbst zukommende Gestaltungs-recht übertragen, ist kein Grund ersichtlich, dass diese Bestimmung nun die Qualität eines Ver-waltungsaktes erhalten soll. Die Vorschriften des § 89 SGB V über das Schiedsamt sind auch nicht entsprechend anwendbar. Das förmliche Verfahren, die Besetzung des Schiedsamtes mit Vertretern beider Seiten und einem neutralen Vorsitzenden sowie die Befugnis des zuständigen Bundesministeriums, durch Rechts-verordnung das nähere zum Schiedsamt zu bestimmen (§ 89 Abs. 6 SGB V) zeigen auf, dass ge-rade die Besonderheit dieser Institution ihr die Befugnis zuspricht, Entscheidungen mit Verwal-tungsaktsqualität zu erlassen. Für deren Entscheidungen ist die Regelung, dass die Klage gegen die Festsetzung des Schiedsamtes keine aufschiebende Wirkung hat (§ 89 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 1a Satz 4 SGB V) nur eine Konsequenz aus der besonderen Stellung dieser Institution. Diese be-sondere Stellung ist nicht auf die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V und deren Entschei-dungen zu übertragen. An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass die Schiedsperson R Z am Ende ihres Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 die Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat: "gegen die Entscheidung der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGBV ist die Klage zulässig ". Insoweit ist über § 51 Abs. 2 SGG in der Tat der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Wie bereits erwähnt, verweist die Gesetzesbegründung zu § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V auf entsprechende Regelungen in § 317 BGB. Insoweit sieht § 319 Abs. 1 BGB bei einer offenbar unbilligen Bestimmung deren Unverbindlichkeit vor, wobei die Bestimmung in diesem Falle durch Urteil erfolgen soll. Ein entsprechendes Urteil dürfte ggf. in der Tat durch das Sozialgericht zu ergehen haben. Die "abschließende Regelung der Rechtsbeziehungen" nach § 69 Satz 1 SGB V steht einer An-wendung insbesondere der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Insoweit bestimmt § 69 Satz 4 SGB V: "Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflich-ten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind". § 70 enthält insoweit Vorschriften zur Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit der Leistungsträger und Leistungserbringer, steht also einer entsprechenden Anwendung der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Andere entgegenstehen-de Vorschriften sind nicht ersichtlich, insbesondere steht § 89 SGB V nicht entgegen, weil dort gerade für den Sonderbereich der vertragsärztlichen Versorgung eine Spezialregelung getroffen wurde."
Der entgegenstehenden Rechtsauffassung des 9. Senats des LSG Berlin in seiner o.g. Entschei-dung ist zwar mit Blick auf andere gesetzliche Regelungen zu Schiedsverfahren im Sozialrecht und dem angrenzenden Verwaltungsrecht (§ 89 SGB V, § 76 SGB XI, § 18a Krankenhausfi-nanzierungsgesetz (KHG) und § 80 i.V.m. § 77 SGB XII – mit der Besonderheit, dass sich die Klage gemäß § 77 Abs. 1 S. 5 SGB XII nicht gegen die Schiedsstelle, sondern gegen die je-weils andere Vertragspartei zu richten ist -) zuzugeben, dass sie die "systemkonformere" Prob-lemlösung beinhaltet. Die o.g. wiederholten Hinweise in der Gesetzesbegründung auf § 315 ff. BGB blieben hierbei jedoch völlig unbeachtet.
b) Da die Kammer gemäß § 123 SGG an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist, ist der als kombinierter Anfechtungs- und Verpflichtungs-(bescheidungs)Antrag der Kläger als (echter) Leistungsantrag auszulegen. Als solcher ist er zulässig.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, denn der Beklagte ist nicht passivlegitimiert.
Passivlegitimiert ist, wer materiell verpflichtet ist, den geltend gemachten Anspruch zu erfül-len. Die Passivlegitimation ist daher eine Frage des materiellen Rechts; ist sie zu verneinen, ist die Klage unbegründet (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 8.A., § 69 Rd. 4 m.w.N.).
Als Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 S. 6 SGB V ist der Beklagte nicht passiv legitimiert. Dies entspricht der Rechtslage nach § 315 ff. BGB und folgt unmittelbar aus der Rechtsauffas-sung der Kammer, den Schiedsspruch nach § 132a Abs. 2 S. 6 SGB V nicht als Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X zu qualifizieren. Richtige Beklagte sind daher entsprechend der Rechtslage nach § 315ff BGB die Beigeladenen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG analog i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2 GKG. Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunk-te für die Bestimmung des Streitwerts bieten, hat die Kammer einen Streitwert von 5.000.- Eu-ro angenommen (§ 52 Abs. 2 GKG). Wegen § 5 Halbsatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) – diese Vorschrift ist im Rahmen des Gerichtskostengesetz (GKG) ergänzend anzuwenden (Hartmann Kostengesetze, 37. A., § 52 Rd. 6 m.w.N.) – waren die in subjektiver Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen, da sich alle Kläger gegen ein und dieselbe Ent-scheidung des Beklagten wenden (Hartmann a.a.O. Anhang nach § 52 GKG, I B Rd. 5 m.w.N.).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat die Kammer gem. § 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Sprungrevision zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Klägern, die häusliche Pflegedienste betreiben, zahlreichen weiteren häuslichen Pflegediensten sowie den Beigeladenen ist die Rechtmäßigkeit eines Schiedsstellenspruchs des Beklagten nach § 132a Abs. 2 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit dem 01. Januar 2004 geltenden Fassung im Streit. Im hiesigen Rechtsstreit ist nur zu klären, ob der Beklagte passivlegitimiert ist.
Mit Wirkung zum 01. April 2005 schlossen die Beigeladenen und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V., Landesgruppe Brandenburg (im Folgenden: bpa), dessen Mit-glieder die Kläger sind, den "Rahmenvertrag über die einheitliche Versorgung mit Häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe im Land Brandenburg". Dieser Vertrag sieht vor, daß die beteiligten Krankenkassen "bei Vorliegen aller Voraussetzungen mit dem Träger für den jeweiligen Pflegedienst einen Vertrag für die Erbringung von Leistungen nach §§ 132, 132 a SGB V sowie §§ 198, 199 RVO mit folgendem Text schließen". Wegen des wei-teren Inhalts des Rahmenvertrags und wegen des Inhalts des zwischen den Pflegediensten und den Krankenkassen zu schließenden Vertrags wird auf Blatt 33-45 der Gerichtsakte S 7 KR 148/06 verwiesen. Die als Anlage 5 zu diesem Vertrag abgeschlossene "Vereinbarung über die Vergütung Häuslicher Krankenpflege, Häuslicher Pflege und Haushaltshilfe gemäß §§ 132, 132a Abs. 2 SGB V, §§ 198, 199 RVO ab 01.04.2005" wurde mit Wirkung zum 31. März 2006 gekündigt. Nach erfolglosen Vergütungsverhandlungen bestimmten der bpa und die Beigela-denen unter dem 22. bzw. 24. Februar 2006 den Beklagten zur Schiedsperson. Dieser erließ am 08. Juni 2006 einen Schiedsspruch, den er dem bpa vorab per E-Mail am 09. Juni 2006 - am selben Tag berichtigte er ihn wegen eines offenbaren Schreibfehlers - und mit Begründung am 30. Juni 2006 übersandte. Wegen des Schiedsspruchs und seiner Begründung wird auf Blatt 241- 275, wegen der Berichtigung wird auf Blatt 337 der Gerichtsakte S 7 KR 148/06 verwie-sen. Mit ihrer am 10. Juli 2006 zum Aktenzeichen S 7 KR 148/06 erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen diesen Schiedsspruch. Nachdem zur Durchführung eines Musterverfahrens unter dem hiesigen Aktenzeichen das Verfahren bezüglich 5 Kläger abgetrennt wurde, trennte die Kammer mit Beschluss vom 25. Januar 2008 das Verfahren bezüglich der ursprünglich zu 2) bis 8) beklagten Krankenkassen ab – dieses Verfahren wird nun unter dem Aktenzeichen S 7 KR 17/08 fortgeführt – und lud anschließend die Krankenkassen (Verbände) zum hiesigen Ver-fahren notwendig bei.
Die Kläger halten die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Neubescheidungsklage für zu-lässig, so dass an sich nur der Beklagte passiv legitimiert sei. Nur wegen fehlender höchstrich-terlicher Entscheidungen zu § 132a Abs. 2 S. 2 – 8 SGB V sei die Klage zunächst auch gegen die Kostenträger gerichtet worden. Inhaltlich leide der Schiedsspruch partiell unter einem Beurteilungs- bzw. Ermessensdefizit.
Die Kläger beantragen:
Der Schiedsspruch des Beklagten zu 1) gemäß § 132a Abs. 2 S. 6 und 7 SGB V vom 08.06.2006, zugegangen mit Begründung am 30.06.2006, wird aufgehoben; der Antrag der Kläger gemäß § 132a Abs. 2 S. 6 vom 24.03.2006 auf Festsetzung der Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 1 und 2 SGB V wird zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts an den Beklagten zu 1) zurückverwiesen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage gegen ihn als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die vertraglichen Beziehungen zwischen Leistungserbringern der häusli-chen Krankenpflege und den Krankenkassen seien dem Privatrecht zuzuordnen. Als Schieds-person sei er nicht beteiligtenfähig und könne nach § 319 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht Prozesspartei sein. Vielmehr seien die Parteien des Rahmenvertrages aktiv- und passivle-gitimiert.
Die Beigeladenen beantragen im Rechtsstreit S 7 KR 148/06 als Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhand-lung einverstanden erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, auch im Rechtsstreit S 7 KR 148/06, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Ver-handlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist nicht passiv legitimiert.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Ungeachtet der Frage, ob der Schiedsspruch des Beklagten einen Verwaltungsakt darstellt oder nicht, ist die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltende Klagefrist von einem Monat gemäß § 87 Abs. 1 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewahrt.
2. Der Beklagte ist gemäß § 70 Nr. 1, 1. Alt SGG als natürliche Person beteiligtenfähig. Ob eine Schiedsperson zu den in § 70 Nr. 4 SGG genannten Entscheidungsgremien von Leistungs-erbringern und Krankenkassen zählt (wie von Plantholz RsDE, Heft 64, 1, 22 erörtert), kann daher offen bleiben.
3. Statthafte Klageart ist die (echte) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG.
a) Die Klage ist nicht als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs- (Bescheidungs-) Kla-ge gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft, da der Schiedsspruch des Beklagten vom 08. Juni 2006 keinen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar-stellt. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 31 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheit-liche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem gebiet des öffentli-chen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine All-gemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen be-stimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihrer Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Sätze 6 und 7 SGB V ist keine Behörde im Sinne von § 31 SGB X, denn sie ist keine "Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt" (§ 1 Abs. 2 SGB X). Die Kammer folgt insoweit der Rechtsauffassung des 24. und 1. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschlüsse vom 26. Juli 2007, Az.: L 24 KR 408/07 ER und vom 29. August 2007, Az.: L 1 B 311/07 KR ER, beide veröffentlicht unter Juris; a.A. der 9. Senats des LSG Berlin in seiner Entscheidung vom 27. April 2005, Az.: L 9 B 65/05 KR ER, veröf-fentlicht unter www.sozial¬ge¬richts¬bar¬keit.de). Der 24. Senat des LSG Berlin-Brandenburg hat hierzu in seiner o.g. Entscheidung überzeugend ausgeführt: "Der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V wird keine hoheitliche Aufgabe übertra-gen. Die Vorschrift bestimmt nur, was Vertragsinhalt zwischen den Beteiligten werden soll. Die Schiedsperson hat nach § 132a Abs. 2 SGB V lediglich das zu bestimmen, was eigentlich den Be-teiligten am Versorgungsvertrag als Einigung auf vertraglicher Ebene im Rahmen eines Gleich-ordnungsverhältnisses obliegt. Die Übertragung dieser Aufgabe auf eine grundsätzlich von den Vertragsparteien selbst zu bestimmende Schiedsperson macht diese – auch wenn ihre Einsetzung als Vertragsinhalt durch Gesetz angeordnet ist – nicht zu einem Hoheitsträger. Eine derartige aus-drückliche Anordnung enthält § 132a SGB V jedenfalls nicht. Sie wird auch aus dem Gesetzeszu-sammenhang des § 132 a SGB V nicht ersichtlich. Die ursprüngliche Fassung des § 132a SGB V ist am 01. Juli 1997 in Kraft getreten (BGBl. I Sei-te 1536) und enthielt die Vorschriften zur Schiedsperson nach den Sätzen 6 bis 8 des Abs. 2 noch nicht. Die Sätze 6 bis 8 sind vielmehr mit Wirkung vom 01. Januar 2004 durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I Seite 2190) eingefügt worden. Zur Begründung enthielt der Entwurf des GKV-Modernisierungsgesetzes (Bundestags-Drucksache 15/1525, Seite 123) folgendes: " die Änderungen in Doppelbuchstabe cc verpflichten die Parteien zur Durchführung einer Kon-fliktlösung, wenn sich die Parteien über den konkreten Inhalt der Verträge, insbesondere über die Höhe der Vergütung nicht einigen können. Dieses Verfahren entspricht einer im Zivilrecht übli-chen Schlichtung, wonach sich die Vertragsparteien auf die Leistungsbestimmung durch einen Dritten einigen (§ 317 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Können sich die Parteien nicht auf eine Schlichtungsperson verständigen, legt die Aufsichtsbehörde die Person fest". Gerade der Hinweis auf § 317 BGB in der Gesetzesbegründung legt nahe, dass es sich nicht um eine hoheitliche Rege-lung im Sinne eines Verwaltungsaktes handeln soll. Auch sonst findet sich in § 132a SGB V kein Hinweis darauf, dass die Vertragsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Leis-tungsträgern durch hoheitliche Regelung erfolgen soll. Allenfalls die Einsetzung des Schlichters durch die Aufsichtsbehörde könnte insoweit als Verwaltungsakt angesehen werden, darum geht es vorliegend jedoch nicht. Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf Entscheidungen des LSG Berlin geltend macht, die hoheitliche Tätigkeit und damit die Annahme eines Verwaltungsaktes folge aus § 69 SGB V, wo-nach das vierte Kapitel des SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen auch zu den sonstigen Leistungserbringern – wie der Antragstellerin – regelten, kann daraus nicht die Annahme eines Verwaltungsaktes entnommen werden. Das vierte Kapitel des SGB V enthält in seinem ersten Abschnitt "allgemeine Grundsätze" (§§ 69 bis 71). Im zweiten Abschnitt regelt es die Beziehungen zu Ärzten, Psychotherapeuten und Zahnärzten (§§ 72 bis 106), im dritten Ab-schnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und anderen Einrichtungen (§§ 107 bis 114), im vier-ten Abschnitt die Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten (§§ 115 bis 123), im fünf-ten Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Heilmitteln (§§ 124 bis 125), im sechsten Abschnitt die Beziehungen zu Leistungserbringern von Hilfsmitteln (§§ 126 bis 128), im siebenten Abschnitt die Beziehungen zu Apotheken und pharmazeutischen Unternehmen (§§ 129 bis 131), im achten Abschnitt schließlich die Beziehungen zu sonstigen Leistungserbringern (§§ 132 bis 134a). Aus dieser Systematik wird deutlich, dass zunächst im vierten Kapitel allgemeine Regeln aufgestellt werden und dass sodann für jeden Leistungserbringerbereich gesonderte Vor-schriften gelten. Die "allgemeinen Grundsätze" des ersten Abschnitts enthalten keine Ausführungen dazu, wie das Schiedsverfahren nach § 132a Abs. 2 SGBV durchzuführen ist. Daraus, dass für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung Schiedsämter mit verschiedenen Aufgabenstellungen und einer be-stimmten Zusammensetzung vorgesehen sind, lässt sich bereits aus der Stellung dieser Vorschrift im Gesetz entnehmen, dass diese und auch die dazu bestehenden Vorschriften – insbesondere § 89 SGB V – ausschließlich für diesen Bereich vorgesehen sind. Die Schiedsämter sind nicht erst durch einen Vertrag zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen vorzusehen, ihnen ist vielmehr Kraft Gesetzes die Regelungsbefugnis übertragen, falls eine Einigung nicht zustande kommt. Ihnen sind in einem geregelten Verfahren konkrete Befugnisse – hoheitliche Befugnisse – eingeräumt. Sie sind über § 70 Nr. 4 SGG beteiligungsfähig an sozialgerichtlichen Verfahren, können also selbständig klagen und verklagt werden. Diese durch das Gesetz übertragene Sonder-stellung ist nicht auf andere Stellen übertragbar, denen durch Vertrag oder Auswahl durch die Aufsichtsbehörde die Befugnis erteilt wurde, vertragliche Beziehungen zu gestalten. Allein, dass das Gesetz eine derartige Schiedsperson vorsieht, macht ihre Entscheidungen nicht zu einem Verwaltungsakt oder sonst hoheitlichem Handeln. Wenn die Vertragsparteien nach § 132a SGB V selbst eine Schiedsperson wählen können und sich darauf einigen können, dass deren Entschei-dung ihr Vertragsverhältnis bestimmen soll, also ihr das ihnen selbst zukommende Gestaltungs-recht übertragen, ist kein Grund ersichtlich, dass diese Bestimmung nun die Qualität eines Ver-waltungsaktes erhalten soll. Die Vorschriften des § 89 SGB V über das Schiedsamt sind auch nicht entsprechend anwendbar. Das förmliche Verfahren, die Besetzung des Schiedsamtes mit Vertretern beider Seiten und einem neutralen Vorsitzenden sowie die Befugnis des zuständigen Bundesministeriums, durch Rechts-verordnung das nähere zum Schiedsamt zu bestimmen (§ 89 Abs. 6 SGB V) zeigen auf, dass ge-rade die Besonderheit dieser Institution ihr die Befugnis zuspricht, Entscheidungen mit Verwal-tungsaktsqualität zu erlassen. Für deren Entscheidungen ist die Regelung, dass die Klage gegen die Festsetzung des Schiedsamtes keine aufschiebende Wirkung hat (§ 89 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 1a Satz 4 SGB V) nur eine Konsequenz aus der besonderen Stellung dieser Institution. Diese be-sondere Stellung ist nicht auf die Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 SGB V und deren Entschei-dungen zu übertragen. An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass die Schiedsperson R Z am Ende ihres Schiedsspruches vom 27. Mai 2005 die Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat: "gegen die Entscheidung der Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGBV ist die Klage zulässig ". Insoweit ist über § 51 Abs. 2 SGG in der Tat der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Wie bereits erwähnt, verweist die Gesetzesbegründung zu § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V auf entsprechende Regelungen in § 317 BGB. Insoweit sieht § 319 Abs. 1 BGB bei einer offenbar unbilligen Bestimmung deren Unverbindlichkeit vor, wobei die Bestimmung in diesem Falle durch Urteil erfolgen soll. Ein entsprechendes Urteil dürfte ggf. in der Tat durch das Sozialgericht zu ergehen haben. Die "abschließende Regelung der Rechtsbeziehungen" nach § 69 Satz 1 SGB V steht einer An-wendung insbesondere der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Insoweit bestimmt § 69 Satz 4 SGB V: "Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflich-ten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind". § 70 enthält insoweit Vorschriften zur Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit der Leistungsträger und Leistungserbringer, steht also einer entsprechenden Anwendung der §§ 317, 319 BGB nicht entgegen. Andere entgegenstehen-de Vorschriften sind nicht ersichtlich, insbesondere steht § 89 SGB V nicht entgegen, weil dort gerade für den Sonderbereich der vertragsärztlichen Versorgung eine Spezialregelung getroffen wurde."
Der entgegenstehenden Rechtsauffassung des 9. Senats des LSG Berlin in seiner o.g. Entschei-dung ist zwar mit Blick auf andere gesetzliche Regelungen zu Schiedsverfahren im Sozialrecht und dem angrenzenden Verwaltungsrecht (§ 89 SGB V, § 76 SGB XI, § 18a Krankenhausfi-nanzierungsgesetz (KHG) und § 80 i.V.m. § 77 SGB XII – mit der Besonderheit, dass sich die Klage gemäß § 77 Abs. 1 S. 5 SGB XII nicht gegen die Schiedsstelle, sondern gegen die je-weils andere Vertragspartei zu richten ist -) zuzugeben, dass sie die "systemkonformere" Prob-lemlösung beinhaltet. Die o.g. wiederholten Hinweise in der Gesetzesbegründung auf § 315 ff. BGB blieben hierbei jedoch völlig unbeachtet.
b) Da die Kammer gemäß § 123 SGG an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist, ist der als kombinierter Anfechtungs- und Verpflichtungs-(bescheidungs)Antrag der Kläger als (echter) Leistungsantrag auszulegen. Als solcher ist er zulässig.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, denn der Beklagte ist nicht passivlegitimiert.
Passivlegitimiert ist, wer materiell verpflichtet ist, den geltend gemachten Anspruch zu erfül-len. Die Passivlegitimation ist daher eine Frage des materiellen Rechts; ist sie zu verneinen, ist die Klage unbegründet (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 8.A., § 69 Rd. 4 m.w.N.).
Als Schiedsperson nach § 132a Abs. 2 S. 6 SGB V ist der Beklagte nicht passiv legitimiert. Dies entspricht der Rechtslage nach § 315 ff. BGB und folgt unmittelbar aus der Rechtsauffas-sung der Kammer, den Schiedsspruch nach § 132a Abs. 2 S. 6 SGB V nicht als Verwaltungsakt i.S.v. § 31 SGB X zu qualifizieren. Richtige Beklagte sind daher entsprechend der Rechtslage nach § 315ff BGB die Beigeladenen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG analog i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2 GKG. Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunk-te für die Bestimmung des Streitwerts bieten, hat die Kammer einen Streitwert von 5.000.- Eu-ro angenommen (§ 52 Abs. 2 GKG). Wegen § 5 Halbsatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) – diese Vorschrift ist im Rahmen des Gerichtskostengesetz (GKG) ergänzend anzuwenden (Hartmann Kostengesetze, 37. A., § 52 Rd. 6 m.w.N.) – waren die in subjektiver Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen, da sich alle Kläger gegen ein und dieselbe Ent-scheidung des Beklagten wenden (Hartmann a.a.O. Anhang nach § 52 GKG, I B Rd. 5 m.w.N.).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat die Kammer gem. § 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Sprungrevision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved