Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
19
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 19 AS 2765/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ist nach Auszug eines Mitgliedes aus der gemeinschaftlichen Wohnung der Bedarfsgemeinschaft durch die verbliebenen Mitglieder diesem die mietrechtliche Nutzungsentschädigung zu entrichten, steht diese den Kosten der Unterkunft gleich.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Beteiligten haben die außergerichtlichen Kosten einander nicht zu erstatten.
Gründe:
Der schriftsätzlich gestellte Antrag der Antragsteller,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig für die Dauer von sechs Monaten – jedoch längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache – Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren und auszuzahlen,
ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag scheitert allerdings nicht schon daran, dass ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich wäre. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führt der Umstand, dass die aus der ehelichen Wohnung ausgezogene Ehefrau des Antragstellers zu 1) alleinige Vertragspartnerin des Vermieters der von den Antragstellern seit der Trennung allein bewohnten Wohnung ist, nicht zum Wegfall erstattungsfähiger Kosten der Unterkunft. Ersichtlich falsch ist diese Ansicht für verbrauchabhängige Nebenkosten, weil hier bei einer Zahlungsverpflichtung der Ehefrau dieser ohne weiteres ein Anspruch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigen Bereichung gem. §§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die Antragsteller zuwächst. Aber auch hinsichtlich der monatlich zu leistenden Nettokaltmiete ergibt sich nichts anderes. Zwar sind die Antragsteller gegenüber dem Vermieter nicht zahlungsverpflichtet - dies ist mangels Einweisung der Antragsteller nach § 1361 b Abs. 1 BGB in den Mietvertrag ausschließlich die Ehefrau des Antragstellers zu 1), jedoch dürfte in gleicher Höhe wie der Zahlungsanspruch des Vermieters gegen die Ehefrau ein Zahlungsanspruch der Ehefrau gegen die Antragsteller entstanden sein. Ein solcher Anspruch auf Nutzungsentschädigung ergibt sich allerdings weder aus einem, wie von den Antragstellern in den Raum gestellt, konkludent abgeschlossenen Untermietvertrag, noch nach den oben erwähnten Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. BGH Urteil vom 15.Februar 2006 - XII ZR 202/03 -, NJW-RR 2006, 1081-1085) sondern aus § 1361 Abs. 3 BGB. Danach hat, wenn einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen wurde, der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln, kann aber von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Der Zuerkennung einer Nutzungsvergütung steht dabei nicht entgegen, dass eine gerichtliche Regelung der Nutzungsverhältnisse an der Ehewohnung noch nicht ergangen ist (vgl. BGB a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.Februar 2008 - 10 UF 97/07 -, NJW-RR 2008, 957-959). Eine Nutzungsvergütung kommt nämlich immer dann in Betracht, wenn einem Ehegatten die Nutzung ganz oder teilweise überlassen worden ist, und zwar unabhängig von den zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen (Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Auflage, § 1361 b, Rz. 33). Deshalb kann eine Nutzungsvergütung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1361 b Abs. 1 BGB im Übrigen auch verlangt werden, wenn keine Verpflichtung zur Überlassung besteht, sondern das Nutzungsrecht, wie hier, freiwillig eingeräumt wurde (Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Auflage, VIII, Rz. 80; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Auflage, § 1361 b, Rz. 20). Hier dürfte ein Zuweisungsrecht nach § 1361 b Abs. 1 BGB gegeben sein, weil keinerlei Gründe hiergegen sprechen. Zugleich wäre es unbillig, die Ehefrau des Antragstellers zu 1) die ihr aus dem Mietvertrag erwachsene Nutzungsrechte fruchtlos entgelten zu lassen. Sind insoweit solchermaßen festzustellende Ansprüche der Ehefrau des Antragstellers zu 1) auf Nutzungsentschädigung als Kosten der Unterkunft grundsätzlich zu berücksichtigen und ist ein Anordnungsanspruch folglich dem Grunde nach gegeben, ergeben sich hier Zweifel an der geltend gemachten Höhe, da die Grenze angemessener Kosten der Unterkunft überschritten sein dürfte.
Hierauf im Einzelnen kommt es allerdings nicht an, weil die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an dem Mangel eines glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes scheitert. Die Antragsteller konnten eine Eilbedürftigkeit ihres Anliegens nicht begründen. Diese ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht schon darin zu erkennen, dass Mietrückstände auflaufen könnten oder auflaufen. Vielmehr müssen konkrete Umstände hinzutreten, die eine Obdachlosigkeit befürchten lassen. Ob hierzu die Gefahr einer außerordentlichen Kündigung, der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung oder erst die Erhebung einer Räumungsklage zu verlangen ist, kann dahinstehen, weil ein Anordnungsgrund bereits deshalb nicht glaubhaft ist, weil die Antragsteller nach eigenen Angaben die ehemals eheliche Wohnung aufgeben und in eine neue umziehen werden. Damit bleibt für einen einstweiligen Rechtsschutz unter dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit kein Raum, da für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wie bereits erwähnt, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sind (so schon OVG Hamburg NVwZ 1990, Seite 975). Für Zeiträume, die danach bereits der Vergangenheit angehören, kann keine Hilfe mehr zugesprochen werden (so schon VGH München NVwZ - RR 1994, Seite 398), es sei denn die Entscheidung in der Hauptsache könnte zur nachträglicher Beseitigung schwerer und unwiederbringlicher Nachteile nicht mehr in der Lage sein (zuletzt LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2009 - L 25 AS 769/09 B ER -, zitiert nach juris, Rn. 6), was von den Antragstellern nicht dargelegt worden ist und wofür Anhaltspunkte auch nach Lage der Akten nicht bestehen. Für die verbleibende Zeit bis zum Auszug aus der bisher genutzten Wohnung hingegen ist das Abwarten des Ausgangs der Hauptsache ersichtlich zumutbar.
Der Antrag konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Gründe:
Der schriftsätzlich gestellte Antrag der Antragsteller,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig für die Dauer von sechs Monaten – jedoch längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache – Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren und auszuzahlen,
ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Der Antrag scheitert allerdings nicht schon daran, dass ein Anordnungsanspruch nicht ersichtlich wäre. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führt der Umstand, dass die aus der ehelichen Wohnung ausgezogene Ehefrau des Antragstellers zu 1) alleinige Vertragspartnerin des Vermieters der von den Antragstellern seit der Trennung allein bewohnten Wohnung ist, nicht zum Wegfall erstattungsfähiger Kosten der Unterkunft. Ersichtlich falsch ist diese Ansicht für verbrauchabhängige Nebenkosten, weil hier bei einer Zahlungsverpflichtung der Ehefrau dieser ohne weiteres ein Anspruch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigen Bereichung gem. §§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die Antragsteller zuwächst. Aber auch hinsichtlich der monatlich zu leistenden Nettokaltmiete ergibt sich nichts anderes. Zwar sind die Antragsteller gegenüber dem Vermieter nicht zahlungsverpflichtet - dies ist mangels Einweisung der Antragsteller nach § 1361 b Abs. 1 BGB in den Mietvertrag ausschließlich die Ehefrau des Antragstellers zu 1), jedoch dürfte in gleicher Höhe wie der Zahlungsanspruch des Vermieters gegen die Ehefrau ein Zahlungsanspruch der Ehefrau gegen die Antragsteller entstanden sein. Ein solcher Anspruch auf Nutzungsentschädigung ergibt sich allerdings weder aus einem, wie von den Antragstellern in den Raum gestellt, konkludent abgeschlossenen Untermietvertrag, noch nach den oben erwähnten Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. BGH Urteil vom 15.Februar 2006 - XII ZR 202/03 -, NJW-RR 2006, 1081-1085) sondern aus § 1361 Abs. 3 BGB. Danach hat, wenn einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen wurde, der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln, kann aber von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Der Zuerkennung einer Nutzungsvergütung steht dabei nicht entgegen, dass eine gerichtliche Regelung der Nutzungsverhältnisse an der Ehewohnung noch nicht ergangen ist (vgl. BGB a.a.O.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.Februar 2008 - 10 UF 97/07 -, NJW-RR 2008, 957-959). Eine Nutzungsvergütung kommt nämlich immer dann in Betracht, wenn einem Ehegatten die Nutzung ganz oder teilweise überlassen worden ist, und zwar unabhängig von den zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen (Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Auflage, § 1361 b, Rz. 33). Deshalb kann eine Nutzungsvergütung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1361 b Abs. 1 BGB im Übrigen auch verlangt werden, wenn keine Verpflichtung zur Überlassung besteht, sondern das Nutzungsrecht, wie hier, freiwillig eingeräumt wurde (Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Auflage, VIII, Rz. 80; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Auflage, § 1361 b, Rz. 20). Hier dürfte ein Zuweisungsrecht nach § 1361 b Abs. 1 BGB gegeben sein, weil keinerlei Gründe hiergegen sprechen. Zugleich wäre es unbillig, die Ehefrau des Antragstellers zu 1) die ihr aus dem Mietvertrag erwachsene Nutzungsrechte fruchtlos entgelten zu lassen. Sind insoweit solchermaßen festzustellende Ansprüche der Ehefrau des Antragstellers zu 1) auf Nutzungsentschädigung als Kosten der Unterkunft grundsätzlich zu berücksichtigen und ist ein Anordnungsanspruch folglich dem Grunde nach gegeben, ergeben sich hier Zweifel an der geltend gemachten Höhe, da die Grenze angemessener Kosten der Unterkunft überschritten sein dürfte.
Hierauf im Einzelnen kommt es allerdings nicht an, weil die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes an dem Mangel eines glaubhaft gemachten Anordnungsgrundes scheitert. Die Antragsteller konnten eine Eilbedürftigkeit ihres Anliegens nicht begründen. Diese ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht schon darin zu erkennen, dass Mietrückstände auflaufen könnten oder auflaufen. Vielmehr müssen konkrete Umstände hinzutreten, die eine Obdachlosigkeit befürchten lassen. Ob hierzu die Gefahr einer außerordentlichen Kündigung, der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung oder erst die Erhebung einer Räumungsklage zu verlangen ist, kann dahinstehen, weil ein Anordnungsgrund bereits deshalb nicht glaubhaft ist, weil die Antragsteller nach eigenen Angaben die ehemals eheliche Wohnung aufgeben und in eine neue umziehen werden. Damit bleibt für einen einstweiligen Rechtsschutz unter dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit kein Raum, da für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wie bereits erwähnt, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend sind (so schon OVG Hamburg NVwZ 1990, Seite 975). Für Zeiträume, die danach bereits der Vergangenheit angehören, kann keine Hilfe mehr zugesprochen werden (so schon VGH München NVwZ - RR 1994, Seite 398), es sei denn die Entscheidung in der Hauptsache könnte zur nachträglicher Beseitigung schwerer und unwiederbringlicher Nachteile nicht mehr in der Lage sein (zuletzt LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2009 - L 25 AS 769/09 B ER -, zitiert nach juris, Rn. 6), was von den Antragstellern nicht dargelegt worden ist und wofür Anhaltspunkte auch nach Lage der Akten nicht bestehen. Für die verbleibende Zeit bis zum Auszug aus der bisher genutzten Wohnung hingegen ist das Abwarten des Ausgangs der Hauptsache ersichtlich zumutbar.
Der Antrag konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
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