L 2 R 268/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 31 R 367/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 268/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für neue Hörgeräte.

Der 1950 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben seit 31 Jahren bei der Müllabfuhr beschäftigt. Seit 3 Jahren ist er Leiter des Betriebshofes W. Der Kläger hat während seiner Berufstätigkeit immer ein Hörgerät getragen.

Im November 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme von Kosten für neue Hörgeräte. Sein Hörvermögen habe weiter abgenommen, so dass sein im Jahre 1999 angefertigtes Hörgerät nicht mehr ausreichend sei. Die besten und deutlichsten Hörgeräte seien in seinem Fall die der Fa. O. Seine Berufstätigkeit umfasse neben der Führung von Gabelstaplern Verrichtungen, die kollegiale Absprachen und Instruierungen erforderten. Kundenkontakte und Gesprächsführungen oblägen ihm ebenfalls. Mit der bisherigen Hörgeräteversorgung könne er seine Tätigkeit nicht mehr sicher ausführen. Seine Orientierung sei deutlich eingeschränkt. Mit der Hörgeräteversorgung durch O. S. XP werde ihm die Fortführung seiner Berufstätigkeit ermöglicht. Hierfür seien Kosten in Höhe von 2.306,06 EUR aufzuwenden, von denen die Krankenkasse 962,19 EUR übernehme, so dass noch eine Zuzahlung von 1.343,87 EUR zu leisten sei. Mit Bescheid vom 29. November 2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Hörgeräteversorgung ab. Die Versorgung mit Hörgeräten sei grundsätzlich dem Leistungskatalog der Krankenversicherung zuzuordnen. Eine Kostenübernahme im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei für eine Hörgeräteversorgung nur möglich, soweit dies ausschließlich berufsbedingt bzw. zur Berufsausübung notwendig sei. Dies sei dann der Fall, wenn für die ausgeübte Tätigkeit ein besonders gutes Hörvermögen erforderlich sei und dieses nicht mit einem üblichen Hörgerät im Rahmen der Leistungen der Krankenversicherung korrigiert werden könne. Der Kläger sei als Lagerverwalter tätig. Nach den allgemeinen Tätigkeitsbeschreibungen sei hierfür ein Hörvermögen ausreichend, das auch mit einem normalen Hörgerät erreicht werden könne. Besondere Anforderungen an das Hörvermögen würden nicht gefordert. Für die Berufsausübung sei der Kläger somit nicht auf ein spezielles Hörgerät angewiesen. Gegen den Bescheid richtete sich der Kläger mit Widerspruch, mit dem er geltend machte, die Teilnahme am Arbeitsleben sei ihm aufgrund der Zunahme seiner Schwerhörigkeit nur erschwert möglich. Er sei bei dem Führen seines Fahrzeuges auf sein Gehör angewiesen. Der Kläger legte die Kopie seines Schwerbehindertenausweises vom 17. August 1999 vor. Mit Bescheid vom 1. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zwar umfassten die von dem Rentenversicherungsträger zu gewährenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch die Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich seien (§ 33 Abs. 8 Nr. 4 Sozialgesetzbuch IX – SGB IX -). Die Versorgung mit Hilfsmitteln falle in die Leistungspflicht der Krankenversicherung, wenn sie die Auswirkungen der Behinderungen nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (z.B. Beruf), sondern im gesamten alltäglichen Leben beseitige oder mildere und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. Zu derartigen Grundbedürfnissen gehörte auch das Hören. Eine Übernahme von Kosten für Hilfsmittel als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben komme nur dann in Betracht, wenn das Hilfsmittel ausschließlich der behindertengerechten Ausgestaltung eines bestimmten Arbeitsplatzes diene oder zum Ausgleich einer Behinderung für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit benötigt werde. Der Kläger sei zwar auf das Tragen von Hörgeräten angewiesen. Es handele sich jedoch hierbei nicht um spezielle Hörgeräte, die ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit als Lagerverwalter erforderlich seien. Vielmehr sei der Kläger durch seine Schwerhörigkeit sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich gleichermaßen belastet. Hilfsmittel wie Hörgeräte, die auch unabhängig vom Beruf den Grundbedürfnissen des menschlichen Lebens dienten oder für jede Form der Berufsausübung erforderlichen seien, seien durch den Rentenversicherungsträger nicht förderungsfähig.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 31. März 2005 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Hier hat er vorgetragen, zwar seien die Krankenkassen für eine notwendige Hörgeräteversorgung zuständig. Diese umfasse weder aufwendigere Technologien noch Hochleistungshörgeräte. Die von der Krankenkasse gewährten Hörgeräte seien für ihn nicht ausreichend. Das Gerät S. XP könne er beidohrig nutzen. Ohne diese Hörhilfen, die keine Luxusausführungen seien, könne er an seinem Arbeitsplatz nicht mehr sinnvoll tätig sein, da sein räumliches Wahrnehmen eingeschränkt sei. Mit den neuen Hörgeräten könne er selbst telefonieren. Dies sei mit den Geräten der Krankenkasse nicht möglich gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im Wesentlichen aus, die Versorgung mit geeigneten Hörgeräten, die die Behinderung seitens des Hörens kompensierten und auch die Erschließung der Kommunikation umfassten, gehörten in den Leistungskatalog der Krankenversicherung, nicht jedoch der der Rentenversicherung.

Mit seiner am 5. September 2005 eingelegten Berufung richtet sich der Kläger gegen den ihm am 10. August 2005 zugestellten Gerichtsbescheid. Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die Beklagte habe die Kosten für die Hörgeräteversorgung zu übernehmen, da er beruflich auf die neuen Hörgeräte angewiesen sei. Er sei im Wesentlichen im Freien tätig. Schreibtischtätigkeiten habe er praktisch keine zu verrichten. Er müsse während seiner Arbeitszeit viel telefonieren und auch ein Handy benutzen. Seine Arbeit sei zudem mit viel Publikumsverkehr verbunden. Mit den neuen Hörgeräten könne er ohne Beeinträchtigung alle Arbeiten ausführen. Dies sei ihm früher so nicht möglich gewesen. Insbesondere habe er zum Beispiel Gabelstapler, die auf dem Betriebshof eingesetzt würden, nicht hören können. Er sei deshalb mehrmals Gefährdungen ausgesetzt gewesen. Dies sei mit den neuen Hörgeräten nicht mehr der Fall. Außerdem habe ihm sein Chef mitgeteilt, dass er seine jetzige Arbeit als Betriebsleiter des Betriebshofes mit der alten Hörgeräteversorgung nicht mehr machen dürfe. Er hätte dann allenfalls noch Hofkehrarbeiten übernehmen können. Dies sei für ihn ein Grund gewesen, sich die neuen Hörgeräte anzuschaffen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2005 zu verurteilen, die weiteren Kosten für die Versorgung mit den Hörgeräten O. S. XP zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte, die vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§ 124 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Berufung ist zulässig, aber sachlich unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer, von der Krankenversicherung nicht übernommener Kosten für seine Hörgeräteversorgung hat.

Nach den Vorschriften der §§ 9 ff. SGB VI gewährt der Rentenversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Gewährung dieser Leistung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Auf ihre Gewährung besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch. Gemäß § 16 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den Vorschriften der §§ 33 bis 38 SGB IX. Hier bestimmt § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch die Kosten für Hilfsmittel umfassen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind, es sei denn der Arbeitgeber ist zur Bereitstellung der Hilfsmittel verpflichtet oder es handelt sich um eine medizinische Leistung. Letzteres ist vorliegend der Fall. Die Hörgeräteversorgung ist eine medizinische Leistung, die von den Krankenkassen gewährt wird (§ 33 Abs. 1 SGB V). Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Krankenkassen die Kosten möglicherweise nicht in vollem Umfang übernehmen (vgl. § 33 Abs. 2 SGB V). Es verbleibt auch dann dabei, dass ein Hörgerät eine medizinische Leistung im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V ist. Denn eine Hörgeräteversorgung wird regelmäßig nicht ausschließlich für die Berufstätigkeit benötigt. Auch der Kläger benutzt seine Hörgeräteversorgung nicht lediglich für die Ausübung seiner Berufstätigkeit bzw. an seinem Arbeitsplatz, sondern im gesamten täglichen Leben. Die Hörgeräteversorgung gleicht bei dem Kläger das Grundbedürfnis des Hörens aus. Die Berufstätigkeit des Betriebsleiters auf einem Bauhof setzt auch regelmäßig kein besonderes Hörvermögen, sondern lediglich ein normales Hörvermögen voraus. Ein spezielles Hören, wie etwa bei der Tätigkeit eines Musikers, ist bei der Berufstätigkeit des Klägers nicht erforderlich. Nach alledem verbleibt es dabei, dass die Hörgeräteversorgung des Klägers in den Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung fällt und nicht als Teilhabe am Arbeitsleben von der Rentenversicherung zu übernehmen ist.

Ob ggfs. die Möglichkeit besteht, von Seiten der Krankenversicherung eine höhere Kostenerstattung für die neue Hörgeräteversorgung zu erhalten, hat der erkennende Senat nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzunge des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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