Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 KR 158/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KR 10/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
PKH; Erfolgsaussichten; Avastininjektionen
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2009 wird aufgehoben. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt mit Rückzahlungsverpflichtung in Raten in Höhe von monatlich 15,00 Euro gewährt.
Gründe:
Der Beschwerdeführer, Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage, was das Sozialgericht Halle mangels Erfolgsaussicht abgelehnt hat.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Übernahme von Behandlungskosten für eine Avastin-Injektion ins Auge.
Der Kläger leidet an einem Zustand nach ischämischem Zentralvenenverschluss sowie Zustand nach panretinaler Lako. Zuletzt im Januar 2008 erhielt der Kläger eine intravitreale Avastin-Injektion bei chronischem Makulaödem (CMÖ).
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 hat die Beklagte im Rahmen eines nicht mehr rechtshängigen Verfahrens die Kosten einer ambulanten Avastin-Injektion für die Dauer des damals laufenden Behandlungszyklus zugesagt. Die letzte Nachkontrolle erfolgte am 22. Februar 2008. Im Weiteren beantragte der Kläger die Kostenübernahme für weitere Avastin-Injektionen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. April 2008 ab. Weitere Injektionen seien seit Februar 2008 nicht mehr erfolgt, so dass die Behandlungen als abgeschlossen angesehen werden könnte. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies darauf hin, dass ohne die weiteren Injektionen von Avastin die Gefahr bestehe, dass ihm eine lebenswichtige Funktion - das Sehen - verloren gehe. In einem Gutachten des medizinischen Dienstes vom 24. Juni 2008 - Dr. B. - führte diese Ärztin aus, von einem Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung könne bezüglich des Einsatzes von Avastin bei Makulaödemen im Zusammen-hang mit Zentralvenenverschlüssen nicht ausgegangen werden (Verweis auf ein Urteil des BSG vom 19. März 2002). Die beiden vorliegenden Studien seien wegen des kurzen Beobachtungszeitraums kein ausreichender Nachweis. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2008 wies die Beklagte daraufhin unter Hinweis auf diese Gutachten den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2008 Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Dies hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 27. Januar 2009 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, Avastin habe für die Behandlung einer Augenerkrankung keine Zulassung. Das Schreiben der Beklagten vom 4. Mai 2007 stelle lediglich ein prozessuales Anerkenntnis dar und nicht einen Verwaltungsakt oder eine Zusicherung mit dem Inhalt, dass die Beklagte den Kläger auch in Zukunft mit Avastin versorgen werde. Gegen die am 2. Februar 2009 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 2. März 2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung seinen bisherigen Vortrag vertieft.
II
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt. Da der Streitwert auch angesichts der unbestimmten Zahl von notwendigen Injektionen nicht näher bestimmt werden kann, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit über 750,00 EUR liegt, bestehen auch unter diesem Aspekt keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde.
Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
1) Die Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da möglicherweise ein Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel besteht.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 - NJW 1991, 413). Prozesskostenhilfe kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
a) Zwar ist dem Sozialgericht zuzustimmen, dass sich aus dem Anerkenntnis der Beklagten in einem anderen Verfahren (S. 17 KR 101/07 ER) keine für den Kläger günstigen Rechtsfolgen ergeben können. Dies folgt schon unabhängig von der Frage, ob es sich insoweit auch um einen Verwaltungsakt handeln könnte, aus dem Umstand, dass darin lediglich die Kosten für eine Avastin-Injektion laut dem eingereichten Kostenvorschlag vom 9. Januar 2007 in Höhe von 353,15 EUR sowie die Injektionen des laufenden Behandlungszyklus im Rahmen der ambulanten Therapie übernommen wurden (Bl. 3 der Hauptakte). Wie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid zutref-fend ausgeführt hat, ist dieser Behandlungszyklus aufgrund des behandlungsfreien Intervalls beendet. Für den nunmehr umstrittenen neuen Behandlungszyklus liegt keine Zusage vor, so dass sich die Frage nach einer Aufhebung oder Rücknahme erübrigt.
b) Es kann offen bleiben, ob bei Zugrundelegung der Kriterien des Bundessozialgerichts in seinem Urteil zu der Off-Label-Behandlung Erfolgsaussichten beständen. Auf der Grundlage des so genannten Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsge-richts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, Juris; zur Übertragbarkeit für Arzneimittel BSG, 4.4.2006 - B 1 KR 7/05 R, Juris) gelten hier andere Regeln:
Hiernach ergibt sich ein Leistungsanspruch des Versicherten, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: (1) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. (2) Es steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3) Es bestehen "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheits-verlauf bzw. ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg.
Diese Kriterien könnten erfüllt sein.
(1) Hier lässt es das BSG bei dem Kriterium zu (1) ausreichen, wenn z.B. eine ähnliche gravierende Erkrankung vorliegt (BSG, 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1 Visudyne). Hier könnte bei dem Kläger – soweit es dem spärlichen Akteninhalt zu entnehmen ist - die Gefahr der Erblindung bestehen (genau hierzu BSG a.a.O.; zu einer "nur" hochgradigen Sehstörung BSG, 5.5.2009 B 1 KR 15/08 R). Das unbehandelte linke Auge weist ein Restsehvermögen von "1/24" (d.h. 0,042) auf; diese zwischen Blindheit (nach WHO bei einem Sehvermögen von unter 0,05) und einer hochgradigen Sehminderung (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, Hrsg. Verband Deutscher Rentenversicherung, 5. Auflage, S. 524) liegende Sehleistung des linken Auges ist vermutlich nicht mehr in der Lage, einen Ausfall des rechten Auges zu kompensieren und könnte einer Blindheit gleichzusetzen sein.
(2) Es steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Hiervon geht auch die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid aus. Gegenteiliges ist nicht ersichtlich.
(3) Ob "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bzw. ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg bestehen, ist bisher nicht geprüft worden. Dies ist nachzuholen.
Es ist auch problematisch, wenn sich das Sozialgericht auf eine einzelne Gutachterin des MDK (Dr. B. ) zu einer solchen Spezialfrage stützt. Die Qualifikation der Gutachterin ist nicht erkennbar. Darüber erscheint es nicht ausgeschlossen, dass diese Ärztin nicht einmal alle vorliegenden Studien verwertet hat (z. B. die Studie von Abegg/Tappeiner/Schnursch u. a.; vgl. auch den Bericht von Feltgen von Oktober 2006 zusammen mit Stahl; Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf; Bericht von Dohr-mann u. a.).
Bei der Entscheidung darf weiter nicht verkannt werden, dass insoweit die Besonderheit bestehen könnte, dass der Hersteller von Avastin im vorliegenden Fall ein ungewöhnlich starkes Interesse haben könnte, dass dieses Medikament vorliegend nicht zur Anwendung kommt. Denn mit ähnlichen Wirkstoffen befindet sich Lucentis auf dem Markt, welches eine Zulassung für die altersbedingte Makuladegeneration (also einer anderen Erkrankung) hat und ein Vielfaches teurer ist, wovon der Hersteller von Avastin gleichfalls profitiert. Das Sozialgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2008 (S. 2 KA 181/07) in Rdnr. 40 ff. ausgeführt, dass nach der Datenlage eine begründete Aussicht bestehe, dass mit diesem Medikament Behandlungserfolge für die altersbedingte Makuladegeneration erzielt werden könnten. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass auch das Bundesversicherungsamt als zuständige Auf-sichtsbehörde bisher keine Veranlassung zur Beanstandung gesehen habe, dass Krankenkassen die Kosten für die Behandlung von Avastin übernehmen. Es stellt sich die Frage, ob für die hier streitgegenständliche Erkrankung ähnliches gelten könnte.
2) Der Kläger kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur bei Ratenzahlung aufbringen.
Der Kläger verfügt über ein Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 898,00 EUR (Rente in Höhe von 754,00 EUR; Übergangsgeld in Höhe von 120,00 EUR und Wohngeld in Höhe von 24,00 EUR).
Hiervon sind abzuziehen der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO in Höhe von 395,00 EUR, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 70,13 EUR, Miete in Höhe von 233,38 EUR, Heizkosten in Höhe von 66,00 EUR, die sonstigen Mietnebenkosten in Höhe von 63,62 EUR sowie die Kosten der privaten Unfall-/Haftpflicht- sowie Sachversicherung in Höhe von 22,46 EUR. Diesen letztgenannten Betrag hat er zwar in dem Verfahren vor dem Sozialgericht nicht geltend gemacht; er ergibt sich jedoch aus dem irrtümlich vor dem Landessozialgericht gestellten Prozesskostenhilfe-gesuch und ist dort auch nachgewiesen. Rechtlich sind diese Kosten nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch zu berücksichtigen. Es handelt sich um Beiträge zu einer privaten Versicherung, die nach Grund und Höhe angemessen sind.
Damit verbleibt ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von abgerundet 47,00 EUR.
Gem. § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO ergibt sich bei einem solchen monatlichen Einkommen eine Monatsrate von 15,00 EUR. Selbst wenn man insoweit die Wohngeldzahlungen, die vor dem LSG nicht mehr angegeben wurden, nicht berücksichtigen würde, so errechnete sich das gleiche Endergebnis. Dies gilt auch für das um 6,60 EUR höhere Übergangsgeld.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Quecke gez. Dr. Ulmer gez. Dr. Waßer
Gründe:
Der Beschwerdeführer, Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage, was das Sozialgericht Halle mangels Erfolgsaussicht abgelehnt hat.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Übernahme von Behandlungskosten für eine Avastin-Injektion ins Auge.
Der Kläger leidet an einem Zustand nach ischämischem Zentralvenenverschluss sowie Zustand nach panretinaler Lako. Zuletzt im Januar 2008 erhielt der Kläger eine intravitreale Avastin-Injektion bei chronischem Makulaödem (CMÖ).
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2007 hat die Beklagte im Rahmen eines nicht mehr rechtshängigen Verfahrens die Kosten einer ambulanten Avastin-Injektion für die Dauer des damals laufenden Behandlungszyklus zugesagt. Die letzte Nachkontrolle erfolgte am 22. Februar 2008. Im Weiteren beantragte der Kläger die Kostenübernahme für weitere Avastin-Injektionen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. April 2008 ab. Weitere Injektionen seien seit Februar 2008 nicht mehr erfolgt, so dass die Behandlungen als abgeschlossen angesehen werden könnte. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies darauf hin, dass ohne die weiteren Injektionen von Avastin die Gefahr bestehe, dass ihm eine lebenswichtige Funktion - das Sehen - verloren gehe. In einem Gutachten des medizinischen Dienstes vom 24. Juni 2008 - Dr. B. - führte diese Ärztin aus, von einem Wirksamkeitsnachweis im Sinne der Rechtsprechung könne bezüglich des Einsatzes von Avastin bei Makulaödemen im Zusammen-hang mit Zentralvenenverschlüssen nicht ausgegangen werden (Verweis auf ein Urteil des BSG vom 19. März 2002). Die beiden vorliegenden Studien seien wegen des kurzen Beobachtungszeitraums kein ausreichender Nachweis. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2008 wies die Beklagte daraufhin unter Hinweis auf diese Gutachten den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2008 Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Dies hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 27. Januar 2009 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, Avastin habe für die Behandlung einer Augenerkrankung keine Zulassung. Das Schreiben der Beklagten vom 4. Mai 2007 stelle lediglich ein prozessuales Anerkenntnis dar und nicht einen Verwaltungsakt oder eine Zusicherung mit dem Inhalt, dass die Beklagte den Kläger auch in Zukunft mit Avastin versorgen werde. Gegen die am 2. Februar 2009 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 2. März 2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung seinen bisherigen Vortrag vertieft.
II
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt. Da der Streitwert auch angesichts der unbestimmten Zahl von notwendigen Injektionen nicht näher bestimmt werden kann, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit über 750,00 EUR liegt, bestehen auch unter diesem Aspekt keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde.
Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
1) Die Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, da möglicherweise ein Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel besteht.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 - NJW 1991, 413). Prozesskostenhilfe kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).
a) Zwar ist dem Sozialgericht zuzustimmen, dass sich aus dem Anerkenntnis der Beklagten in einem anderen Verfahren (S. 17 KR 101/07 ER) keine für den Kläger günstigen Rechtsfolgen ergeben können. Dies folgt schon unabhängig von der Frage, ob es sich insoweit auch um einen Verwaltungsakt handeln könnte, aus dem Umstand, dass darin lediglich die Kosten für eine Avastin-Injektion laut dem eingereichten Kostenvorschlag vom 9. Januar 2007 in Höhe von 353,15 EUR sowie die Injektionen des laufenden Behandlungszyklus im Rahmen der ambulanten Therapie übernommen wurden (Bl. 3 der Hauptakte). Wie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid zutref-fend ausgeführt hat, ist dieser Behandlungszyklus aufgrund des behandlungsfreien Intervalls beendet. Für den nunmehr umstrittenen neuen Behandlungszyklus liegt keine Zusage vor, so dass sich die Frage nach einer Aufhebung oder Rücknahme erübrigt.
b) Es kann offen bleiben, ob bei Zugrundelegung der Kriterien des Bundessozialgerichts in seinem Urteil zu der Off-Label-Behandlung Erfolgsaussichten beständen. Auf der Grundlage des so genannten Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsge-richts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, Juris; zur Übertragbarkeit für Arzneimittel BSG, 4.4.2006 - B 1 KR 7/05 R, Juris) gelten hier andere Regeln:
Hiernach ergibt sich ein Leistungsanspruch des Versicherten, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: (1) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. (2) Es steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3) Es bestehen "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheits-verlauf bzw. ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg.
Diese Kriterien könnten erfüllt sein.
(1) Hier lässt es das BSG bei dem Kriterium zu (1) ausreichen, wenn z.B. eine ähnliche gravierende Erkrankung vorliegt (BSG, 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R, BSGE 93, 236-252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1 Visudyne). Hier könnte bei dem Kläger – soweit es dem spärlichen Akteninhalt zu entnehmen ist - die Gefahr der Erblindung bestehen (genau hierzu BSG a.a.O.; zu einer "nur" hochgradigen Sehstörung BSG, 5.5.2009 B 1 KR 15/08 R). Das unbehandelte linke Auge weist ein Restsehvermögen von "1/24" (d.h. 0,042) auf; diese zwischen Blindheit (nach WHO bei einem Sehvermögen von unter 0,05) und einer hochgradigen Sehminderung (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, Hrsg. Verband Deutscher Rentenversicherung, 5. Auflage, S. 524) liegende Sehleistung des linken Auges ist vermutlich nicht mehr in der Lage, einen Ausfall des rechten Auges zu kompensieren und könnte einer Blindheit gleichzusetzen sein.
(2) Es steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Hiervon geht auch die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid aus. Gegenteiliges ist nicht ersichtlich.
(3) Ob "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bzw. ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg bestehen, ist bisher nicht geprüft worden. Dies ist nachzuholen.
Es ist auch problematisch, wenn sich das Sozialgericht auf eine einzelne Gutachterin des MDK (Dr. B. ) zu einer solchen Spezialfrage stützt. Die Qualifikation der Gutachterin ist nicht erkennbar. Darüber erscheint es nicht ausgeschlossen, dass diese Ärztin nicht einmal alle vorliegenden Studien verwertet hat (z. B. die Studie von Abegg/Tappeiner/Schnursch u. a.; vgl. auch den Bericht von Feltgen von Oktober 2006 zusammen mit Stahl; Studie des Universitätsklinikums Düsseldorf; Bericht von Dohr-mann u. a.).
Bei der Entscheidung darf weiter nicht verkannt werden, dass insoweit die Besonderheit bestehen könnte, dass der Hersteller von Avastin im vorliegenden Fall ein ungewöhnlich starkes Interesse haben könnte, dass dieses Medikament vorliegend nicht zur Anwendung kommt. Denn mit ähnlichen Wirkstoffen befindet sich Lucentis auf dem Markt, welches eine Zulassung für die altersbedingte Makuladegeneration (also einer anderen Erkrankung) hat und ein Vielfaches teurer ist, wovon der Hersteller von Avastin gleichfalls profitiert. Das Sozialgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2008 (S. 2 KA 181/07) in Rdnr. 40 ff. ausgeführt, dass nach der Datenlage eine begründete Aussicht bestehe, dass mit diesem Medikament Behandlungserfolge für die altersbedingte Makuladegeneration erzielt werden könnten. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass auch das Bundesversicherungsamt als zuständige Auf-sichtsbehörde bisher keine Veranlassung zur Beanstandung gesehen habe, dass Krankenkassen die Kosten für die Behandlung von Avastin übernehmen. Es stellt sich die Frage, ob für die hier streitgegenständliche Erkrankung ähnliches gelten könnte.
2) Der Kläger kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur bei Ratenzahlung aufbringen.
Der Kläger verfügt über ein Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 898,00 EUR (Rente in Höhe von 754,00 EUR; Übergangsgeld in Höhe von 120,00 EUR und Wohngeld in Höhe von 24,00 EUR).
Hiervon sind abzuziehen der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO in Höhe von 395,00 EUR, die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 70,13 EUR, Miete in Höhe von 233,38 EUR, Heizkosten in Höhe von 66,00 EUR, die sonstigen Mietnebenkosten in Höhe von 63,62 EUR sowie die Kosten der privaten Unfall-/Haftpflicht- sowie Sachversicherung in Höhe von 22,46 EUR. Diesen letztgenannten Betrag hat er zwar in dem Verfahren vor dem Sozialgericht nicht geltend gemacht; er ergibt sich jedoch aus dem irrtümlich vor dem Landessozialgericht gestellten Prozesskostenhilfe-gesuch und ist dort auch nachgewiesen. Rechtlich sind diese Kosten nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch zu berücksichtigen. Es handelt sich um Beiträge zu einer privaten Versicherung, die nach Grund und Höhe angemessen sind.
Damit verbleibt ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von abgerundet 47,00 EUR.
Gem. § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO ergibt sich bei einem solchen monatlichen Einkommen eine Monatsrate von 15,00 EUR. Selbst wenn man insoweit die Wohngeldzahlungen, die vor dem LSG nicht mehr angegeben wurden, nicht berücksichtigen würde, so errechnete sich das gleiche Endergebnis. Dies gilt auch für das um 6,60 EUR höhere Übergangsgeld.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Quecke gez. Dr. Ulmer gez. Dr. Waßer
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