Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 513/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 343/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2009 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Rente wegen Kindererziehungszeiten.
Die im Februar 1926 in Wien geborene Klägerin ist Jüdin. Sie verließ D im Juni 1939 mit einem Kindertransport nach E. Seit November 1979 lebt sie I. Sie ist seit Juni 1983 i Staatsangehörige.
Der Klägerin wurde als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) gewährt (Bescheid des Entschädigungsamtes Berlin vom 26. Juni 1956). Von dem ihr bewilligten Recht der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge (Bescheide der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. November 1985 und 05. August 1986) machte sie keinen Gebrauch.
Im Juli 2007 beantragte die Klägerin, ihr wegen der am 28. Januar 1951 geborenen Tochter eine Kindererziehungsrente zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 07. August 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindererziehungszeiten ab. Voraussetzung für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 249 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i. V. m. § 12 a Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) sei u. a. die Geburt eines Kindes im Ausland vor dem 31. Dezember 1949. Da die Tochter nach diesem Zeitpunkt geboren worden sei, sei eine Anerkennung nicht möglich.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007 zurück.
Mit der dagegen am 29. Januar 2008 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin gemeint, die Verweigerung einer Rente wegen des Stichtages 31. Dezember 1949 sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht möglich gewesen, früher zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Stichtag 31. Dezember 1949 zeitlich an die Regelung der Verfolgten-Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 b SGB VI angelehnt sei. Dabei sei davon ausgegangen worden, dass es in den drei westlichen Besatzungszonen der Bundesrepublik Deutschland ab 1950 wieder möglich gewesen sei, gesellschaftlich und wirtschaftlich in Freiheit zu leben.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 22. Januar 2009 die Klage abgewiesen: Voraussetzung für die Gewährung einer Rente sei unabhängig von der Art der Rente das Vorliegen von Versicherungszeiten in der Rentenversicherung. Für die Klägerin seien keine Versicherungszeiten vorhanden. Insbesondere seien auch keine Kindererziehungszeiten gemäß §§ 56, 249 SGB VI i. V. m. § 12 a WGSVG zu berücksichtigen. Gemäß § 12 a WGSVG würden Zeiten der Kindererziehung im Ausland außerhalb des jeweiligen Geltungsbereiches der Reichsversicherungsgesetze als rentenrechtliche Zeiten angerechnet, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden im Gebiet der Bundesrepublik aus Verfolgungsgründen aufgegeben worden sei, längstens jedoch für Zeiten der Kindererziehung vor dem 31. Dezember 1949. Die Tochter der Klägerin sei am 28. Januar 1951 in England geboren. Die Erziehung sei somit nach dem Stichtag erfolgt. Die gesetzliche Festlegung dieses Stichtages auf den 31. Dezember 1949 sei verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz (GG), insbesondere gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG sei nicht erkennbar. Dem Gesetzgeber sei es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Sachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringe. Die Wahl des Zeitpunkts müsse sich zwar am gegebenen Sachverhalt orientieren. Dies sei jedoch bezüglich § 12 a WGSVG der Fall. Der Vorschrift liege ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass nach dem 31. Dezember 1949 keine verfolgungsbedingten Gründe für einen ständigen Auslandsaufenthalt mehr vorgelegen haben (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 11. März 1994 - 1 BvR 1304/88).
Gegen den ihr am 27. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03. März 2009 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie ist der Auffassung, dass hinsichtlich des 31. Dezember 1949 Ausnahmen gemacht werden könnten und sollten. Deutschland könne nicht ernsthaft gedacht haben, dass nach alledem, was geschehen sei, eine Rückkehr dorthin erfolgen werde.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2007 zu verurteilen, der Klägerin unter Anerkennung von Kindererziehungszeiten eine Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten ( ), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 07. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten eine Rente gewährt wird.
Der Senat folgt dem Sozialgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht daher von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis. Die von der Klägerin begehrte Ausnahme sieht das Gesetz nicht vor. Das Gericht ist daher gehindert, die begehrte Leistung gleichwohl zuzusprechen, denn dies wäre Willkür und stellte einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nach Art. 20 Abs. 3 GG dar, wonach die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist. Die bestehende Rechtslage könnte lediglich dann keinen Bestand haben, wenn das beanstandete Fehlen einer Ausnahmeregelung verfassungswidrig wäre, was nach Art. 100 Abs. 1 GG jedoch ausschließlich vom BVerfG festgestellt werden könnte. Das BVerfG hat jedoch mit dem vom Sozialgericht bereits genannten Beschluss entschieden, dass der Stichtag 31. Dezember 1949 ausnahmslos verfassungsgemäß ist. Im Beschluss heißt es: "Der Vorschrift des § 12 a WGSVG liegt ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass nach dem 31. Dezember 1949 keine verfolgungsbedingten Gründe für einen ständigen Auslandsaufenthalt mehr vorlagen. Dies unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken."
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Rente wegen Kindererziehungszeiten.
Die im Februar 1926 in Wien geborene Klägerin ist Jüdin. Sie verließ D im Juni 1939 mit einem Kindertransport nach E. Seit November 1979 lebt sie I. Sie ist seit Juni 1983 i Staatsangehörige.
Der Klägerin wurde als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) gewährt (Bescheid des Entschädigungsamtes Berlin vom 26. Juni 1956). Von dem ihr bewilligten Recht der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge (Bescheide der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. November 1985 und 05. August 1986) machte sie keinen Gebrauch.
Im Juli 2007 beantragte die Klägerin, ihr wegen der am 28. Januar 1951 geborenen Tochter eine Kindererziehungsrente zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 07. August 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindererziehungszeiten ab. Voraussetzung für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten nach § 249 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i. V. m. § 12 a Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) sei u. a. die Geburt eines Kindes im Ausland vor dem 31. Dezember 1949. Da die Tochter nach diesem Zeitpunkt geboren worden sei, sei eine Anerkennung nicht möglich.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007 zurück.
Mit der dagegen am 29. Januar 2008 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin gemeint, die Verweigerung einer Rente wegen des Stichtages 31. Dezember 1949 sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht möglich gewesen, früher zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Stichtag 31. Dezember 1949 zeitlich an die Regelung der Verfolgten-Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 b SGB VI angelehnt sei. Dabei sei davon ausgegangen worden, dass es in den drei westlichen Besatzungszonen der Bundesrepublik Deutschland ab 1950 wieder möglich gewesen sei, gesellschaftlich und wirtschaftlich in Freiheit zu leben.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 22. Januar 2009 die Klage abgewiesen: Voraussetzung für die Gewährung einer Rente sei unabhängig von der Art der Rente das Vorliegen von Versicherungszeiten in der Rentenversicherung. Für die Klägerin seien keine Versicherungszeiten vorhanden. Insbesondere seien auch keine Kindererziehungszeiten gemäß §§ 56, 249 SGB VI i. V. m. § 12 a WGSVG zu berücksichtigen. Gemäß § 12 a WGSVG würden Zeiten der Kindererziehung im Ausland außerhalb des jeweiligen Geltungsbereiches der Reichsversicherungsgesetze als rentenrechtliche Zeiten angerechnet, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden im Gebiet der Bundesrepublik aus Verfolgungsgründen aufgegeben worden sei, längstens jedoch für Zeiten der Kindererziehung vor dem 31. Dezember 1949. Die Tochter der Klägerin sei am 28. Januar 1951 in England geboren. Die Erziehung sei somit nach dem Stichtag erfolgt. Die gesetzliche Festlegung dieses Stichtages auf den 31. Dezember 1949 sei verfassungsgemäß. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz (GG), insbesondere gegen das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG sei nicht erkennbar. Dem Gesetzgeber sei es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Sachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringe. Die Wahl des Zeitpunkts müsse sich zwar am gegebenen Sachverhalt orientieren. Dies sei jedoch bezüglich § 12 a WGSVG der Fall. Der Vorschrift liege ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass nach dem 31. Dezember 1949 keine verfolgungsbedingten Gründe für einen ständigen Auslandsaufenthalt mehr vorgelegen haben (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 11. März 1994 - 1 BvR 1304/88).
Gegen den ihr am 27. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03. März 2009 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie ist der Auffassung, dass hinsichtlich des 31. Dezember 1949 Ausnahmen gemacht werden könnten und sollten. Deutschland könne nicht ernsthaft gedacht haben, dass nach alledem, was geschehen sei, eine Rückkehr dorthin erfolgen werde.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2007 zu verurteilen, der Klägerin unter Anerkennung von Kindererziehungszeiten eine Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten ( ), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 07. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten eine Rente gewährt wird.
Der Senat folgt dem Sozialgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht daher von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis. Die von der Klägerin begehrte Ausnahme sieht das Gesetz nicht vor. Das Gericht ist daher gehindert, die begehrte Leistung gleichwohl zuzusprechen, denn dies wäre Willkür und stellte einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nach Art. 20 Abs. 3 GG dar, wonach die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist. Die bestehende Rechtslage könnte lediglich dann keinen Bestand haben, wenn das beanstandete Fehlen einer Ausnahmeregelung verfassungswidrig wäre, was nach Art. 100 Abs. 1 GG jedoch ausschließlich vom BVerfG festgestellt werden könnte. Das BVerfG hat jedoch mit dem vom Sozialgericht bereits genannten Beschluss entschieden, dass der Stichtag 31. Dezember 1949 ausnahmslos verfassungsgemäß ist. Im Beschluss heißt es: "Der Vorschrift des § 12 a WGSVG liegt ersichtlich die Erwägung zugrunde, dass nach dem 31. Dezember 1949 keine verfolgungsbedingten Gründe für einen ständigen Auslandsaufenthalt mehr vorlagen. Dies unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken."
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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