L 13 AS 1250/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 2865/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1250/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. März 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme von Mietnebenkosten für das Jahr 2007 i.H.v. 82,67 EUR in Form eines Zuschusses anstelle des ihm gewährten Darlehens.

Der 1968 geborene Kläger ist alleinstehend. Er bewohnt eine 32 m² große Ein-Zimmer-Wohnung unter der im Rubrum benannten Anschrift. Unter dem 4. August 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Er gab hierzu an, für die von ihm bewohnte Wohnung einen monatlichen Mietzins von 246,- EUR sowie eine Vorauszahlung auf die Nebenkosten i.H.v. 49,- EUR monatlich entrichten zu müssen. Die monatlichen Abschlagszahlungen für die Versorgung mit Gas, mittels welchem er seine Wohnung beheizt, beliefen sich auf 50,- EUR monatlich. Mit (Änderungs-)Bescheid vom 25. Januar 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2005 i.H.v. 690,- EUR monatlich. Der Beklagte berücksichtigte hierbei die Kosten für Unterkunft und Heizung im Umfang der tatsächlichen Kosten von 345,- EUR monatlich.

Vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2006 bezog der Kläger sodann von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Am 2. November 2006 beantragte er neuerlich die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er gab hierbei u.a. an, einen monatlichen Mietzins von 225,- EUR, monatliche Vorauszahlungen auf die weiteren Nebenkosten von 65,- EUR und auf die Heizkosten i.H.v. 45,- EUR entrichten zu müssen. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 21. November 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 2. bis zum 30. November 2006 i.H.v. 651,31 EUR und für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 i.H.v. 673,77 EUR monatlich. Er berücksichtigte hierbei als Kosten für Unterkunft und Heizung eine Grundmiete von 225,- EUR, Heizkosten i.H.v. 38,77 EUR und Nebenkosten im Umfang von 65,- EUR monatlich, d.h. insg. 328,77 EUR. Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann Leistungen für Juni 2007 i.H.v. 699,30 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. November 2007 i.H.v. 701,33 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 21. November 2007 bewilligte der Beklagte u.a. Leistungen für Dezember 2007 i.H.v. 711,26 EUR. Er berücksichtigte hierbei jeweils Kosten für Unterkunft und Heizung im Umfang von insg. 328,77 EUR monatlich.

Am 28. Februar 2008 legte der Kläger bei dem Beklagten eine Nebenkostenabrechnung seines Vermieters für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 vor, in der die Nebenkosten auf 670,67 EUR beziffert wurden, von denen der Kläger nach Abzug der geleisteten Vorauszahlungen im Umfang von 588,- EUR noch 82,67 EUR zu tragen habe und beantragte deren Übernahme durch den Beklagten.

Mit Bescheid vom 24. April 2008 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der Nachzahlung der Nebenkostenrechnung für das Jahr 2007 ab. Eine Rücksprache mit dem Vermieter habe ergeben, dass der Kläger im Jahr 2007 durchgehend eine Nebenkostenvorauszahlung i.H.v. 49,- EUR monatlich zu leisten hatte. Ihm seien jedoch für die Zeit vom 2. November 2006 bis zum 31. Januar 2008 Leistungen für die monatlichen Vorauszahlungen auf die Nebenkosten i.H.v. 65,- EUR gewährt worden. Dem Kläger sei daher ein Betrag von 240,- EUR zu viel gewährt worden. Die Nachzahlung der Nebenkostenrechnung könne daher nicht vom Beklagten übernommen werden.

Mit Bescheid vom 29. April 2008 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 21. November 2006, vom 5. Juni 2007 und vom 10. Januar 2008 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 2. November 2006 bis zum 31. Januar 2008 teilweise i.H.v. 156,79 EUR auf. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass der Kläger im benannten Zeitraum Nebenkosten i.H.v. monatlich 65,- EUR erhalten habe, obwohl monatlich lediglich 49,- EUR zu entrichten gewesen seien. Es sei daher eine Überzahlung eingetreten, die vom Kläger zu erstatten sei.

Gegen den Bescheid vom 24. April 2008 erhob der Kläger am 2. Mai 2008 Widerspruch und trug zu dessen Begründung vor, dass er auf die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte habe vertrauen können. Gleichfalls am 2. Mai 2008 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. April 2008. Mit Bescheid vom 19. Mai 2008 hob der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. April 2008 wieder auf. Gleichfalls mit Bescheid vom 19. Mai 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger einmalig einen Betrag von 82,67 EUR als Darlehen. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass die darlehensweise Übernahme der Kosten für die Nebenkosten für das Jahr 2007 möglich sei, da der Kläger nachgewiesen habe, dass ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht auf andere Art und Weise gedeckt werden könne. Sodann wies er mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24. April 2008 unter Berücksichtigung des Darlehensbescheides vom 19. Mai 2008 als unbegründet zurück.

Am 3. Juli 2008 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das SG hat den PKH- Antrag mit Beschluss vom 5. August 2008 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Beschwerde (Az.: L 8 AS 3909/08 PKH-B) hat das LSG mit Beschluss vom 25. November 2008 zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 2. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es angeführt, das klägerische Begehren sei dahingehend auszulegen, dass er die Übernahme der Nachzahlung der Nebenkosten für das Jahr 2007 von 82,67 EUR in Form eines Zuschusses, anstelle des gewährten Darlehens, begehrt. Da der Beklagte jedoch höhere monatliche Abschlagszahlungen berücksichtigt habe, als der Kläger gegenüber seinem Vermieter zu tragen hatte, sei eine Übernahme nur nach § 22 Abs. 5 SGB II als Schuld aus dem Mietverhältnis möglich. Dort sei für den Regelfall die Gewährung als Darlehen vorgesehen. Lediglich in atypischen Fällen könne die Leistung als Zuschuss gewährt werden. Ein solcher sei jedoch im Falle des Klägers nicht ersichtlich. Im Urteil hat das SG eine dahingehende Rechtmittelbelehrung erteilt, dass gegen dieses Urteil den Beteiligten die Berufung nur zustehe, wenn sie nachträglich zugelassen werde. Zu diesem Zweck könne die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden.

Gegen das am 10. März 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. März 2009 "Berufung" eingelegt. Am 11. April 2009 trug er zur Begründung der Berufung vor, ihm sei Akteneinsicht und rechtliches Gehör verweigert worden, überdies seien seine psychische Erkrankungen nicht berücksichtigt worden. Im Übrigen habe der Hauswirt die Nebenkostenabrechnungen mietvertragswidrig gefälscht. Die Forderungen seien schließlich auch nicht rechtskräftig.

Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. März 2009 aufzuheben und den Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. April 2008 in der Fassung des Bescheides vom 19. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2008 zu verurteilen, nachzuzahlende Nebenkosten für das Jahr 2007 im Umfang von 82,67 EUR als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages trägt der Beklagte vor, dem Kläger stehe, entsprechend dem Urteil des SG, die Berufung nur zu, wenn sie nachträglich zugelassen werde.

Nachdem der Senat den Kläger mit Schreiben vom 18. August 2009 darauf hingewiesen hat, dass die Berufung bereits unzulässig sein dürfte, wurde der Kläger mit Schreiben vom 24. September 2009 auf die Möglichkeit hingewiesen, dass über den Rechtsstreit durch Beschluss, ohne mündliche Verhandlung, entschieden werden kann.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten verwiesen.

II.

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie gem. § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann gem. § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss ergehen.

Der Senat macht von dem ihm eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, dass er durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 3 SGG) entscheidet. Eine mündliche Verhandlung ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der klägerseits als "Berufungsgründe" angeführten Verweigerung von Prozesskostenhilfe und der fehlende Zuweisung eines Rechtsanwaltes nicht angezeigt. Auch hat der Kläger im Rahmen seiner Stellungnahme zu der in Aussicht genommenen Vorgehensweise Gründe, die für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sprechen, nicht angeführt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 2. März 2009 ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I S. 444 ff.) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG war ausschließlich die Form der Übernahme der offenen Nebenkosten für das Jahr 2007. Der offene Rechnungsbetrag belief sich auf 82,67 EUR. Soweit der Beklagte zunächst auch die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen geltend gemacht hat, hat er den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid mit Bescheid vom 19. Mai 2008 wieder aufgehoben; er war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem SG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich mithin auf 82,67 EUR. Nachdem das SG die Klage auf Bewilligung eines Zuschusses abgewiesen hat, ist der Kläger durch das Urteil des SG in dieser Höhe und der, auf der darlehensweisen Gewährung gründenden Rückzahlungsverpflichtung beschwert; ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,- EUR ist nicht erreicht. Auch sind keine laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr betroffen.

Die klägerseits geltend gemachten verfahrensrechtlichen Aspekte, nämlich die (rechtswidrige) Verweigerung von Prozesskostenhilfe, die fehlende Zuweisung eines Rechtsanwaltes und eine angebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs sind ohne eine gesonderte Zulassungsentscheidung nicht geeignet, die Zulässigkeit der Berufung zu begründen. Nachdem indes das SG in seinem Urteil vom 2. März 2009 die Berufung nicht zugelassen hat und folgerichtig die Rechtsmittelbelehrung, dass die Berufung nur zulässig ist, wenn sie nachträglich zugelassen wird und zu diesem Zweck die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden kann, erteilt hat, vom Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG) bis zum Tag der Entscheidung jedoch nicht eingelegt worden ist - eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde angesichts des eindeutig als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels nicht möglich ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2003, Az.: B 1 KR 25/01 R)-, verbleibt es dabei, dass die Berufung nicht statthaft und hiermit unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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