L 16 KR 14/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 48 KR 111/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 14/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 14/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Revision mit Urteil des BSG vom 29.04.10 zurückgewiesen!
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10. Dezember 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin (Kl) macht (nach einem vor dem Senat geschlossenen Teil-Unterwerfungsvergleich) noch Restvergütungsansprüche über zusammen 26,23 EUR für drei Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten (Bekl) im Zeitraum zwischen dem 17.10.2007 und dem 27.10.2007 geltend. Streitig ist, ob die Bekl die Vergütung der Kl zu Recht um den mit Wirkung vom 01.01.2007 eingeführten Abschlag in Höhe von 0,5 % des Rechnungsbetrages als sog "Krankenhaus-Sanierungsbeitrag" nach § 8 Abs 9 Satz 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der Fassung (idF) des Art 19 Nr 2 des "Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I, 378) gemindert hat.

Die Kl betreibt als gGmbH ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus (KH) in X. Sie ist Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), die wiederum Mitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ist. Zwischen der KGNW und (unter anderem - ua -) dem Landesverband der Betriebskrankenkassen, dem die Bekl angehört, ist zwecks Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Mitglieder der Bekl mit stationären Krankenhausleistungen ein Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V geschlossen worden (Vertrag vom 06.12.1996 idF des Änderungsvertrages vom 19.08.1998 (Sicherstellungsvertrag)), der trotz zwischenzeitlicher Kündigung aufgrund einer Vereinbarung zwischen der KGNW und den Verbänden der Krankenkassen vorläufig bis zur Neuregelung des Vertragsverhältnisses weiter gilt (vgl die vom Senat im Verfahren L 16 KR 111/08 eingeholte Auskunft der KGNW vom 24.02.2009). Danach richtet sich die Rechnungslegung einschließlich der Zuzahlungen gemäß § 39 Abs 4 SGB V nach der Datenübermittlungs-Vereinbarung gemäß § 301 Abs 3 SGB V in der jeweils aktuellen Fassung.

Auf Bundesebene vereinbarte die DKG mit den Verbänden der Krankenkassen ("Empfehlungsvereinbarung zur Umsetzung der Abschlagsregelung nach § 8 Abs 9 KHEntgG" vom 04.04.2007 idF des Nachtrags vom 13.04.2007), dass der oben genannte (og) Sanierungsbeitrag nach § 8 Abs 9 KHEntgG als Abschlag zur Fortschreibung der Anlage Datenübermittlungs-Vereinbarung gemäß § 301 Abs 3 SGB V auf jeder Rechnung ausgewiesen werden solle. Dabei machte die DKG ausdrücklich folgenden Vorbehalt geltend (Schreiben an den Verband der Angestellten-Krankenkassen eV (VdAK) vom 12.04.2007):

"Der in § 8 Abs 9 KHEntgG geregelte Sanierungsbeitrag, dessen technische Realisierung ein wesentlicher Bestandteil des Nachtrags vom 13.04.2007 ist, ist nach Einschätzung der DKG verfassungswidrig. Er wird daher unberechtigt erhoben und von uns nicht akzeptiert. Die Nachtragsregelung zur technischen Durchführung und entsprechende Rechnungskürzungen erkennen wir daher nur vorläufig und unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Klärung der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Sanierungsbeitrages an."

Dieser Rechtsauffassung schloss sich die KGNW mit Schreiben an die Landesverbände der Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 04.07.2007 voll inhaltlich an. Mit Schreiben vom 20.11.2007 behielt sich die Kl gegenüber der Bekl aufgrund des von ihr ebenfalls als verfassungswidrig erachteten Sanierungsbeitrages "alle weiteren Rechte" ausdrücklich vor, insbesondere:

" die Geltendmachung der Rückerstattung der einbehaltenen bzw zu Unrecht gekürzten Mittel."

Für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis 05.11.2007 übermittelte die Kl der Bekl für erbrachte Krankenhausleistungen auf der Grundlage der Bundesempfehlungen nach der Datenübermittlungs-Vereinbarung nach § 301 Abs 3 SGB V zusammen 96 Schlussrechnungen für nach dem 30.06.2007 entlassene Patienten (siehe Anlage 6 der Klageschrift vom 27.11.2007). Zu Gunsten der Bekl wies sie dabei jeweils einen Abschlag von 0,5 % des jeweiligen Rechnungsbetrages nach § 8 Abs 9 KHEntgG von zusammen 1.486,08 EUR aus und erhielt von der Bekl die entsprechend gekürzte, verbleibende Vergütung ausgezahlt.

Wegen des Restvergütungsanspruchs in Höhe von 1.486,08 EUR hat die Kl am 18.12.2007 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage gegen die Bekl erhoben und sich zur Begründung auf ein Rechtsgutachten des Prof Dr T aus Juni 2007 (Anlage zum KGNW-Rundschreiben Nr 204/2007 vom 09.07.2007) berufen, wonach die Vorschrift des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG verfassungswidrig sei: Der Sanierungsbeitrag stelle eine unzulässige Abgabe dar, für welche die Gesetzgebungskompetenz fehle. Die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgestellten Anforderungen an eine zulässige Sonderabgabe seien nicht erfüllt. Der Sanierungsbeitrag greife in die durch Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete Berufsfreiheit privater Krankenhausträger ein und verletze den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Da auch in bereits entstandene Vergütungsforderungen eingegriffen werde, werde auch Art 14 Abs 1 GG verletzt.

Die Kl hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.486,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.12.2007 zu zahlen,

hilfsweise,

das Verfahren nach Art 100 Abs 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen, ob § 8 Abs 9 KHEntgG formell und materiell verfassungsmäßig ist.

Die Bekl hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Regelung des § 8 Abs 9 KHEntgG für verfassungskonform gehalten. Die Gesetzgebungskompetenz ergebe sich aus Art 74 Abs 1 Nr 19a GG, wonach die Regelung der Krankenhauspflegesätze der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes unterfalle. Im Übrigen unterfalle das Gesetz der Kompetenz des Bundes aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG (Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung). Die Gesetzgebungskompetenz stehe auch nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Finanzverfassung. Wie das BVerfG wiederholt entschieden habe, stellten gesetzliche Preisreglementierungen keine nichtsteuerlichen Abgaben dar und unterlägen damit nicht den verschärften Anforderungen, die das BVerfG zu derartigen Abgaben entwickelt habe.

Mit Urteil vom 10.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als echte Leistungsklage zulässig. Die Kl sei auch klagebefugt. Die Klage sei aber unbegründet. Der 0,5 %-ige Abschlag sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür sei § 8 Abs 9 KHEntgG, der der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers nach Art 74 Abs 1 Nr 12 GG unterfalle. Die dort begründete Kompetenz für den Bereich der Sozialversicherung umfasse auch Regelungen zu deren Finanzierung, wozu nicht nur Beiträge im engeren Sinne, sondern auch Regelungen zur finanziellen Entlastung rechneten.

Der Abschlag stelle keine Sonderabgabe im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG dar. Es handele sich hier vielmehr um einen Zwangsrabatt im Sinne einer staatlichen Preisreglementierung, ähnlich der schon vom BVerfG für zulässig erachteten Rabattverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen nach § 130a SGB V (Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 13.09.2005 - 2 BvF 2/03 - Sozialrecht (SozR) 4-2500 § 266 Nr 9= BVerfGE 114, 196; Hinweis auf BSG, Urteil vom 01.09.2008, Az B 3 KR 34/04 R).

§ 8 Abs 9 KHEntgG sei auch materiell-rechtlich verfassungskonform: In Ansehung des legitimen Zwecks der Regelung (vgl Bundestagsdrucksache (BT-Drucks) 16/3100 S 1, 2, 89), nämlich der Beteiligung auch der Krankenhäuser an der Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, verstoße die Vorschrift nicht gegen Art 12 Abs 1 GG. Preisabschlagsregelungen stellten zwar Eingriffe in die unternehmerische Freiheit in Form von Berufsausübungsregelungen dar, die Regelung des § 8 Abs 9 KHEntgG sei aber durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig. Sie sei geeignet, weil sie zur Senkung der Ausgaben der Krankenkassen und dadurch zur Stabilität des Beitragssatzes beitrage, wobei dem Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative zukomme. Sie sei auch erforderlich, weil es keine milderen aber gleich geeigneten Mittel gebe. Auch insoweit entspreche es dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Kostensteigerung nicht durch Beitragserhöhungen abzufangen. Ferner sei die Regelung verhältnismäßig im engeren Sinne, weil der Gesetzgeber die Interessen der Krankenhäuser an angemessener Vergütung und der Krankenkassen bzw ihrer Versicherten an der Stabilität der Beitragssätze zu einem insgesamt angemessenen Ausgleich bringe. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass die Sicherstellung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ein Gemeingut von hohem Rang sei und dass die Kl als Krankenhausträgerin gleichzeitig von der Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung profitiere. Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkassen zeitweilig hohe Überschüsse erwirtschaftet hätten. Die Kürzung der Rechnungen um 0,5 % führe jedenfalls zu einer Ausgabenverringerung und zu einer Entlastung der Kassen, die es ihnen ermögliche eine ausreichende finanzielle Ausstattung aufzubauen, um den zu erwartenden Ausgabensteigerungen zu begegnen.

Zudem sei weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass die Krankenhäuser durch den - ohnehin zeitlich befristet angelegten - Sanierungsbeitrag in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten.

Ebenfalls sei § 8 Abs 9 KHEntgG mit Art 14 Abs 1 GG vereinbar. Ein Eingriff in Eigentumspositionen der Kl liege nicht vor, weil diese erst mit der Behandlung entstehen könnten; vorher könne lediglich die abstrakte Aussicht auf Erlangung einer Forderung gegenüber der Krankenkasse existieren. Es handele sich damit auch nicht um eine Enteignung, sondern um eine durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Schließlich könne in § 8 Abs 9 KHEntgG kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 Abs 1 GG gesehen werden, denn alle Krankenhäuser, die dieser Belastung unterliegen, seien nach dem Zweck der Regelung gleich betroffen (BT-Drucks 14/4247, 64). Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG lasse sich auch nicht durch einen Vergleich mit anderen Leistungserbringern wie Vertragsärzten oder Apothekern oder mit den Leistungsempfängern begründen.

Bestätigt gesehen hat das SG seine Auffassung durch die Rspr des SG Aachen (ua Urteil vom 22.04.2008, Az.: S 13 (2) KR 101/07, und des SG Trier, Urteil vom 10.09.2008, Az.: S 5 KR 98/07).

Gegen das am 19.12.2009 zum Zwecke der Zustellung versandte und der Klägerin am 29.12.2007 zugegangene Urteil hat diese am 20.01.2009 Berufung eingelegt. Sie vertritt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Auffassung, der auf § 8 Abs 9 KHEntgG beruhende Rechnungsabschlag von 0,5 % der Rechnungssumme verletze sie in ihren Rechten und verstoße gegen Art 3, 12 und 14 GG.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.09.2009 hat die Kl ihr Begehren auf drei mit der Bekl abgestimmte Behandlungsfälle der Versicherten der Bekl

(1.) Aufnahmenummer (AN) 82796, Versicherte E.M., Abschlag 9,25 EUR, (2.), AN 82851, Versicherter F.K., Abschlag 14,84 EUR , (3.) AN 82918, Versicherte M.F., Abschlag 2,14 EUR

beschränkt und dementsprechend die Forderung auf die diesen Rechnungen zugrunde liegenden Restvergütungsansprüche von 26,23 EUR begrenzt. Hinsichtlich aller übrigen streitigen Forderungen von noch1.459,85 EUR haben die Beteiligten einen Unterwerfungsvergleich (§ 101 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), bezogen auf eine abschließende, rechtskräftige Entscheidung im hier zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit, vereinbart.

Die Kl beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.12.2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr aus Anlass der Behandlung der Versicherten E.M., F.K. und M.F. , Aufnahmenummern 827 ..., 828 ... und 829 ... mit einer Rechnungslegung vom 23. bis 30.10.2007 noch 26,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.12.2007 (Rechtshängigkeit/Klageeingang) zu zahlen,

hilfsweise,

das Verfahren nach Art 100 Abs 1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, ob § 8 Abs 9 KHEntgG formell und materiell verfassungsmäßig war/ist.

Die Bekl beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.12.2008 zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die ihrer Meinung nach zutreffenden Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Bekl sowie der die drei streitigen Behandlungsfälle betreffenden Krankenhausakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kl ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Die Kl ist klagebefugt, sie macht einen eigenen Vergütungsanspruch für Leistungen des von ihr betriebenen Krankenhauses geltend.

Die Kl verfolgt ihren Vergütungsanspruch zutreffend im Wege der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG. Die Klage eines Krankenhauses auf Zahlung der vollständigen Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (ständige Rechtsprechung (stRspr), vgl BSG, Urteile vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R und B 1 KR 10/08 R - juris.de; vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/08 KR R - juris.de). Der Klage kann auch nicht entgegen gehalten werden, der Restvergütungsanspruch sei nicht schon vorprozessual erhoben worden, denn die Ausweisung der gekürzten Rechnungsbeträge erfolgte auf der Grundlage der Vereinbarungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung und der DKG vorläufig und unter Vorbehalt. Schließlich hat die Kl hat ihre Klageforderung auch mit 26,23 EUR konkret beziffert (zur Notwendigkeit der Bezifferung einer Klage auf Vergütung von Krankenhausleistungen, BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/08 KR R - aaO).

Die Klage ist aber unbegründet. Die Kl hat für die drei stationären Behandlungen (AN 82796, 82851 und 82918) keinen Restvergütungsanspruch.

Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Kl ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm §§ 7 und 8 KHEntgG und dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Nrn 1-3 KHEntgG sowie dem zu § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V in NRW geschlossenen Sicherstellungsvertrag vom 06.12.1996 idF vom 19.08.1998 (zur Abrechnung von Vergütungsleistungen im DRG-System, BSG, Urteil vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R - juris.de).

Die Kl hat an den Versicherten E.M., F.K. und M.F. notwendige stationäre stationäre Krankenhausbehandlungen durchgeführt (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V) und diese richtig gegenüber der Bekl abgerechnet. Das ergibt sich aus den vom Senat beigezogenen Behandlungsunterlagen und der Überprüfung der Rechnungen anhand des WebGroupers des Universitätsklinikums N. Ohne die hier streitige Kürzung des Vergütungsanspruchs um den sog Sanierungsbeitrag hätte sich danach, wie unter den Beteiligten unstreitig ist, für die hier noch in Rede stehenden stationären Behandlungen ein um insgesamt 26,23 EUR höherer Vergütungsanspruch ergeben. Die Kl kann aber diesen Restbetrag nicht verlangen, denn die Kürzung ist zu Recht erfolgt.

Das ergibt sich aus § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG. Danach ist bei gesetzlich krankenversicherten Patienten, die nach dem 31.12.2006 entlassen werden, ein Abschlag von 0,5 % des Rechnungsbetrages vorzunehmen und auf der Rechnung des Krankenhauses auszuweisen. Das ist in den drei zur Entscheidung gestellten stationären Behandlungsfällen geschehen, was zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht umstritten ist. Sachlich und rechnerisch richtig und in Übereinstimmung mit der in § 1 der "Empfehlungsvereinbarung zur Umsetzung der Abschlagsregelung nach § 8 Abs 9 KHEntgG" vom 04.04.2007 idF des Nachtrags vom 13.04.2007 hat die Kl auf den drei Endabrechnungen, die ausnahmslos auch nur Behandlungsfälle von gesetzlich krankenversicherten Mitgliedern der Bekl nach Juli 2007 (Entlassungsdatum) betreffen, den Abschlag von 0,5 % des Rechnungsbetrages (§ 8 Abs 9 Satz 3 KHEntgG) vorgenommen, ausgewiesen und dem technisch-maschinellen Abrechnungsverfahren zugeführt. Die um den Abschlag gekürzte Vergütung hat die Bekl geleistet. Damit hat sie die hier allein noch streitigen Behandlungsfälle vollständig vergütet.

Weil danach die Hauptforderung der Kl nicht begründet ist, besteht auch kein Zinsanspruch.

Der Hilfsantrag der Kl ist nicht begründet, weil die Voraussetzungen des Art 100 Abs 1 GG nicht erfüllt sind. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG überzeugt.

Entgegen der Auffassung der Kl fällt der streitige Abschlag in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art 74 Abs 1 Nrn 12 und 19a GG.

Die konkurrierende Bundesgesetzgebung erstreckt sich gemäß Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ua auf die Sozialversicherung und gemäß Art 74 Abs 1 Nr 19a GG auf die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze.

Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine Sozialversicherung im Sinne von Art 74 Abs 1 Nr 12 GG. Die durch diese Vorschrift begründete Gesetzgebungskompetenz erfasst auch Regelungen zur Finanzierung der Sozialversicherung. Dazu rechnen nicht nur Regelungen über die Beitragsaufbringung, sondern insbesondere auch Regelungen zur finanziellen Entlastung der Sozialversicherungssysteme (vgl BVerfGE 113,167,196 f; Axer in Bonner Kommentar, Stand Dezember 2006, Art 74 Nr 12 Rn 40; Degenhart in Sachs, GG Kommentar, 4. Aufl 2007, Art 74 Rn 59 zum Risikostrukturausgleich). Halten sich gesetzgeberische Regelungen - wie hier die über den Abschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG - sachlich-gegenständlich im Kompetenzbereich Sozialversicherung, sind deshalb die zur Finanzierung getroffenen Regelungen des Beitrags- und Finanzierungsrechts kompetenzrechtlich unbedenklich (vgl Sännwald in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfau GG Kommentar, 2008, Art 74 Rn 162). Mit Recht hat deshalb das SG die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 12 GG bejaht, weil § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG dem Erhalt der Leistungsfähigkeit des Krankenversicherungssystems durch Verringerung der Kosten für die Krankenhausbehandlungen dient.

Der Senat teilt ferner nicht die auf Prof. Dr. T gestützten Bedenken der Kl gegen die Qualifizierung des Abschlags nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG als Regelung der Krankenhauspflegesätze im Sinne des Art 74 Abs 1 Nr 19a GG. Pflegesätze sind Entgelte der Nutzer oder Kostenträger für die (teil-)stationären Leistungen der Krankenhäuser (vgl Degenhardt, aaO Rn 89; siehe auch § 2 Nr 4 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG)). Der Abschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG setzt zwar keine Vergütung für eine bestimmte Einzelleistung des Krankenhauses fest, regelt aber mit der Kürzung um 0,5% (nach Maßgabe seines Satzes 3) das Entgelt des Krankenhauses für die insgesamt im jeweiligen Behandlungsfall erbrachten Leistungen und ist damit eine Regelung der Krankenhauspflegesätze im Sinne des Art 74 Abs 1 Nr 19a GG, für die der Bundesgesetzgeber (in Verbindung mit Art 72 Abs 2 GG) zuständig gewesen ist.

Der Senat hat sich auch nicht davon überzeugen können, dass die Kl in ihren Grundrechten aus Art 12 Abs 1, Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG verletzt ist.

Gemäß Art 12 Abs 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Art 12 Abs 1 GG schützt die Erwerbszwecken dienende Tätigkeit und ist insoweit nach Art 19 Abs 3 GG im Grundsatz auch auf inländische juristische Personen oder privatrechtliche Vereinigungen anwendbar (vgl BVerfGE 114,196= SozR 4-2500 § 266 Nr 9; Hofmann aaO, § 12 Rn 7).

Da der Abschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG die Entgelte der Krankenhäuser reglementiert, enthält er eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art 12 Abs 1 S 2 GG (vgl BVerfGE 114,196). Diese Berufsausübungsregelung ist jedoch entgegen der Ansicht der Kl durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls, nämlich das Ziel der Stabilisierung der GKV (BT-Drucks 16/3100, S 1, 89) gerechtfertigt. Er ist insbesondere geeignet, erforderlich und angemessen. Das hat das SG zutreffend, durch die Rechtsprechung des BVerfG belegt, eingehend und überzeugend dargelegt, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen kann, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs 2 SGG). Auch der Senat sieht insbesondere unter Würdigung des Beschlusses des BVerfG vom 13.09.2005 (aaO) grundsätzlich keine tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als Zielvorgabe mit einer staatlich vorgegebenen Preisreglementierung zu unterstützen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass nach § 8 Abs 9 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG die Maßnahme ohnehin nur zeitlich befristet angelegt war und von einer Existenzgefährdung der betroffenen Krankenhäuser durch den Abschlag nach § 8 Abs 9 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG tatsächlich nicht gesprochen werden kann.

Ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht der Kl liegt in der Abschlagsregelung des § 8 Abs 9 Satz 1 KHEntgG nicht. Gemäß Art 14 Abs 1 GG werden Eigentum und Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Träger dieses Grundrechts können auch inländische juristische Personen sein (vgl zB Hofmann aaO, Art 14 Rn 3; Wendt in Sachs, GG aaO, Art 14 Rn 16). Die bloßen Erwerbsmöglichkeiten oder Erwerbserwartungen der Klägerin, die sich aus dem bloßen Fortbestand der früheren - für die Kl günstigeren - Gesetzeslage ergaben, werden von Art 14 GG jedoch nicht erfasst (vgl Wendt, aaO, Rn 44 mwN). Insoweit hat das SG richtig dargelegt, dass die aus den zugrunde liegenden Behandlungsfällen resultierenden Vergütungsansprüche erst mit der Behandlung der Versicherten im Laufe des Jahres 2007 entstanden sind. Selbst wenn man Art 14 Abs 1 GG neben Art 12 Abs 1 GG für einschlägig halten wollte, weil durch Art 14 Abs 1 GG über den Bestand des Unternehmens hinaus dessen gesamte funktionswesentliche Tätigkeit umfasst wird und deshalb der gewinnbringende Einsatz des Unternehmens überhaupt geschützt wird (vgl Wendt aaO, Rn 48) ergeben sich unter dem Blickwinkel des Art 14 Abs 1 GG keine anderen Aspekte hinsichtlich der Schrankenbestimmung und der Rechtfertigung der von der Kl beanstandeten Regelung, als sie vom SG zu Art 12 Abs 1 GG dargelegt worden sind. Der Einwand der Kl insbesondere, es handele sich um eine unzulässige Sonderabgabe, ist bei Preisregulierungsregelungen wie dem Abschlag nach § 8 Abs 9 KHEntgG in diesem Zusammenhang irrelevant (vgl BVerfGE 114, 196 ff).

Zu Recht hat das SG schließlich auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) verneint.

Nach Art 3 Abs 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Verletzt ist Art 3 Abs 1 GG durch den der Kl auferlegten Abschlag nicht. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Das SG hat dort insbesondere überzeugend ausgeführt, dass es nicht sachwidrig ist, dass bestimmte Leistungserbringer, hier die nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser, stärker an der von den am Gesundheitssystem der gesetzlichen Krankenversicherung Beteiligten (Leistungserbringern und Versicherungsträgern mit ihren Versicherten) zu leistenden Sanierung zu beteiligen. Auch hinsichtlich der Entwicklung von Unterstützungsbedürftigkeit der Krankenkassen einerseits und der Leistungsfähigkeit der anderen am System der gesetzlichen Krankenversicherung Beteiligten andererseits steht dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu, deren Grenze hier nicht überschritten worden ist.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, obwohl die Regelung des § 8 Abs 9 Nr 1 KHEntgG ausgelaufen ist, denn er misst der Rechtssache wegen der Vielzahl der anhängigen Gerichtsverfahren grundsätzliche Bedeutung bei.
Rechtskraft
Aus
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