L 3 R 1209/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 97 RA 2975/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1209/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der 1969 geborene Kläger, der an einem angeborenen Herzfehler leidet, begann nach dem Abitur am 01. August 1988 zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann, nahm dann jedoch im Oktober 1988 an der F Universität B das Jurastudium auf, welches er am 14. Februar 1994 mit der ersten juristischen Staatsprüfung abschloss. Von Oktober 1994 bis Ende September 1995 war der Kläger an der H-Universität B u. a. in den Fachbereichen Musikwissenschaft und Soziologie immatrikuliert. Vom 01. Juni 1995 bis zum 20. Juni 1997 leistete er den juristischen Vorbereitungsdienst und bestand am 23. Juni 1997 die zweite juristische Staatsprüfung. Anschließend übte er gelegentlich und unregelmäßig die Tätigkeit eines Korrekturassistenten an der FU Berlin aus. Von Anfang Juni 1999 bis Mitte Juni 2001 war der Kläger zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Zulassung wurde aufgrund einer Verzichtserklärung des Klägers von der Rechtsanwaltskammer Berlin widerrufen. Am 16. November 2000 meldete er sich arbeitslos, bezog jedoch keine Leistungen. Ende des Jahres 2000 legte er die Prüfung als Taxifahrer ab und nahm am 13. Januar 2001 eine Beschäftigung als angestellter Taxifahrer beim Taxibetrieb U S auf. Er ist anerkannter Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 und dem Merkzeichen "G" – erhebliche Gehbehinderung – (Bescheid vom 19. Februar 2001).

Der Kläger beantragte am 30. Dezember 2000 Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit und gab an, er halte sich seit 1997 aufgrund schwerer Depressionen und ähnlicher psychischer Störungen sowie aufgrund des angeborenen Herzfehlers für erwerbsunfähig.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt habe und diese auch nicht vorzeitig erfüllt sei.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Wartezeit sei vorzeitig erfüllt, weil der Rentenfall bereits einige Jahre früher eingetreten sei.

Die Beklagte holte daraufhin Befundberichte des seit 12. Juni 2001 behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. H vom 31. Januar 2002, dem ein vorläufiger Entlassungsbericht der C vom 13. August 2001 (stationärer Aufenthalt vom 13. Juli bis zum 14. August 2001 wegen "Streptokokken-Endokarditis, angeborener Herzfehler mit Trikuspidalatresie, drucktrennender Ventrikelseptumdefekt, Pulmonalstenose, großer Vorhofseptumdefekt, kleiner rechter Ventrikel") beigefügt war, sowie von dem Facharzt für Kinderheilkunde Prof. Dr. L vom 12. Februar 2002 ein. Anschließend beauftragte sie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie R sowie den Kardiologen Dr. L jeweils mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers (Gutachten vom 18. April 2002 und 25. November 2005). Dem Gutachten des Dr. L war ein weiterer Entlassungsbericht der C vom 04. Oktober 2002 über einen stationären Aufenthalt vom 30. August bis zum 04. Oktober 2002 unter anderem wegen einer Endokarditis lenta der Pulmonalisklappe und Pulmonalklappeninsuffizienz I.° beigefügt. Nachdem die beratende Ärztin Dr. S-F in einer Stellungnahme vom 28. Januar 2003 bis zur Verschlechterung des kardiologischen Zustandes im Mai/Juni 2001 eine vollschichtige Tätigkeit als Jurist in der Verwaltung für vorstellbar und zumutbar gehalten hatte, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02. Mai 2003 zurück und verwies darauf, dass angesichts eines Leistungsfalles frühestens im Mai/Juni 2001 nach wie vor die allgemeine Wartezeit für eine Erwerbsminderungsrente (auch nach neuem Recht) nicht erfüllt sei und auch nicht als vorzeitig erfüllt gelte.

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und vorgetragen, die Beklagte habe unzutreffend allein auf den Eintritt der ersten Endokarditis im Mai/Juni 2001 abgestellt. Er leide an einem komplizierten Herzfehler seit Geburt. Dieser Geburtsherzfehler sei für die kardiologische Fachwelt allein (ohne Endokarditis) Grund für eine Erwerbsunfähigkeit. Hinzu komme seine in der Pubertät aufgetretene psychische Krankheit, nachdem ihm sein schwerwiegendes Grundleiden bewusst geworden sei. Er sei unmittelbar nach Ablegung seines zweiten juristischen Staatsexamens 1997 zum wiederholten Mal seelisch in ein "tiefes Loch" gefallen und nur unter für ihn gewaltigen Kraftanstrengungen überhaupt zu einer befristeten Arbeitsaktion im Stande gewesen. Bereits 1995/1996/1997 seien psychotherapeutische Behandlungen notwendig gewesen, weil die psychischen Störungen ihn insbesondere in der Ausübung der juristischen Referendartätigkeit schwer belastet hätten. Diese psychosomatische Phase 1997 sei der Ausgangspunkt für die totale Unfähigkeit gewesen, in seinem Beruf als Volljurist tätig zu werden, so dass davon auszugehen sei, dass er 1997 nach Beendigung seiner Ausbildung als Jurist voll erwerbsunfähig geworden sei. Keinesfalls sei er bis zum Mai 2001 voll belastbar gewesen. Auch der Umstand, dass er vor und nach der Endokarditis Taxi fahre, stelle keinen Beweis für die Annahme fehlender Leistungseinschränkungen dar. Autofahren in Form eines stundenweisen Herumkutschierens durch B Straßen im Taxi mit Unterbrechung durch Standpausen sei für ihn keine belastende Arbeit, sondern eher Freude und Vergnügen. Er habe von 1995 bis 1996 bei dem Diplompsychologen L an einer Gesprächstherapie teilgenommen. Diese sei jedenfalls vor Ende des Referendariats abgebrochen worden. Nach diesem Zeitpunkt sei er bis zum Jahr 2001 wegen psychischer Beschwerden nicht in Behandlung gewesen. Hinsichtlich des Herzfehlers sei sein Zustand von 1997 bis Mai/Juni 2001 im Wesentlichen unverändert gewesen. Die von der Beklagten im Versicherungsverlauf bisher festgestellten Beitragszeiten seien zutreffend.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Leistungsfall zwischen dem 02. Mai 1996 und dem 30. Juni 1998 eingetreten sein müsse, damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt seien.

Das SG hat Befundberichte eingeholt von Dr. H vom 09. Februar 2005, von dem Facharzt für Innere Krankheiten Dr. H vom 16. Februar 2005 und von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. B vom 08. März 2005 eingeholt.

Das SG hat den Diplompsychologen K L als sachverständigen Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 04. Juli 2005 Bezug genommen. Außerdem hat das SG die Akte des vertrauensärztlichen Dienstes des Bezirksamtes Steglitz von Berlin beigezogen. Durch Urteil vom 05. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, da er die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (aF) i. V. m. § 50 SGB VI nicht erfülle. Der Kläger habe ausweislich des von ihm nicht beanstandeten Versicherungsverlaufs insgesamt nur 28 Monate Pflichtbeiträge bis zu dem beantragten Rentenbeginn am 01. Dezember 2000 geleistet. Die allgemeine Wartezeit sei auch nicht vorzeitig gemäß § 53 Abs. 2 SGB VI a.F. erfüllt. Unter Anwendung dieser Vorschrift sei die Wartezeit hier nur dann vorzeitig erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit – wie geltend gemacht – im Jahre 1997 bzw. innerhalb des Zeitraums von Mai 1996 bis Juni 1998 eingetreten wäre. Der Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbsunfähigkeit sei jedoch in dieser Zeit nicht nachweisbar. Nach dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Neurologie R vom 18. April 2002 leide der Kläger unter einem angeborenen Herzfehler sowie einer selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung mit phobischen Anteilen und einer Depression. Es bestünden zwar psychisch deutliche Auffälligkeiten mit chronischen schweren Versagensängsten und Selbstwertstörungen, die er aber weitgehend bewältigen könne. Er sei in seinem Tagesablauf und der Haushaltsführung nicht eingeschränkt und könne uneingeschränkt dem Beruf eines Taxifahrers nachgehen. Die Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten sei aus nervenärztlicher Sicht nicht beeinträchtigt. Nach Einschätzung des Gutachters sei eine quantitative Leistungseinschränkung auch hinsichtlich des zurückliegenden Zeitraums nicht erkennbar. Diese Annahme stehe in Übereinstimmung mit Angaben des Klägers, der einer regelmäßigen vollschichtigen Erwerbstätigkeit als Taxifahrer nachgehe und sich nicht für allgemein arbeitsunfähig halte. Er halte sich lediglich dauerhaft für außerstande, einer beruflichen Tätigkeit als Volljurist nachzugehen. Für die vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 2 SGB VI aF reiche eine Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI aF, wie sich schon aus dem Wortlaut "erwerbsunfähig" ergebe, jedoch nicht aus. Zwar habe der im Verwaltungsverfahren beauftragte kardiologische Sachverständige Dr. L in seinem Gutachten vom 25. November 2002 ausgeführt, aus kardiologischer Sicht sei das Leistungsvermögen des Klägers für eine Tätigkeit als Anwalt aufgehoben und das Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Taxifahrer im Hinblick auf mögliche Herzrhythmusstörungen, Synkopen und Ischämien ebenfalls aufgehoben, wobei diese Feststellungen seit 1999 gälten. Der Eintritt eines Leistungsfalles im hier maßgeblichen Zeitraum im Juni 1998 sei hiermit jedoch ebenso wenig belegt. Auch sei diese Einschätzung nicht schlüssig, denn nach den Befundberichten der behandelnden Ärzte, insbesondere des Kardiologen Dr. B, der den Kläger seit Dezember 2000 behandele, sei der Kläger immer noch fähig, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie die Arbeit als Taxifahrer vollschichtig zu leisten (Befundbericht vom 08. März 2005). Dieser Einschätzung komme angesichts des längeren Behandlungszeitraumes das höhere Gewicht zu. Soweit der Diplompsychologe L aufgrund der von ihm durchgeführten Therapie vom 29. Juni 1995 bis zum 01. Februar 1996 angegeben habe, der Kläger sei jedenfalls nicht in der Lage gewesen, acht Stunden täglich als Taxifahrer zu arbeiten und dies habe nach seinem Gefühl auch für andere Tätigkeiten gegolten, fehle es an einer tragfähigen medizinischen Begründung für die aus der Erinnerung des Psychologen "gefühlsmäßig" gemachten Aussage. Zum anderen könne hierdurch nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger auch zwischen Mai 1996 und Juni 1998 noch erwerbsunfähig gewesen sei. Dies schon deshalb nicht, weil der Kläger in der Zeit zwischen Juni 1995 und Juni 1997 mit überdurchschnittlichem Ergebnis das Referendariat absolviert habe und in dieser Zeit und auch seit Februar 1996 bis Juni 2001 nicht mehr in psychologischer bzw. psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der behauptete Leistungsfall der EU bis zur Antragstellung fortbestanden habe. Der Kläger sei von Juni 1999 bis Juni 2001 als Rechtsanwalt zugelassen gewesen und habe seinen Angaben nach in dieser Zeit, wenn auch im geringen Umfang, als Rechtsanwalt und Korrekturassistent an der Universität freiberuflich gearbeitet. Erwerbsunfähig sei jedoch jemand nicht, der eine selbständige Tätigkeit ausübe (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI aF). Ob dies auf Kosten seiner Gesundheit geschehe, könne dahinstehen. Denn zum einen sei eine Erwerbsunfähigkeit nach dem Wortlaut des Gesetzes in jedem Fall ausgeschlossen, wenn eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Zum anderen sei für das Vorliegen der behaupteten Erwerbsunfähigkeit ohnehin nur maßgeblich, ob der Kläger objektiv nach dem medizinischen Sachverhalt in der Lage gewesen sei, seine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechend den gesetzlichen Regelungen auszuüben.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung – nF -). Denn unter Zugrundelegung eines von der Beklagten im Mai 2001 festgestellten Leistungsfalls der vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nF erfülle der Kläger auch insofern nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da er nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt habe (§ 43 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nF). Er habe lediglich insgesamt 33 Monate bis zu dem von der Beklagten festgestellten Leistungsfall im Mai 2001 an Versicherungszeiten zurückgelegt. Die Wartezeit sei auch nicht nach § 53 SGB VI nF vorzeitig erfüllt, denn dies würde statt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit den der vollen Erwerbsminderung voraussetzen. Für das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung bei einem Leistungsfall zwischen Mai 1996 bis Juni 1998 bestünden jedoch, wie ausgeführt, keine Anhaltspunkte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger sein Begehren, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 2000 zu gewähren, weiter verfolgt. Es sei ohne Belang, dass er seinen Haushalt selbständig führe, denn er begehre Rente und nicht Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Nachhaltig bestritten werde, dass er beim Taxi fahren durch keinerlei Leistungseinschränkungen belastet sein solle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juli 2006 sowie den Bescheid vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Dezember 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für unbegründet.

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21. Januar 2008 und vom 20. Juli 2009 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakte () sowie der Akte des vertrauensärztlichen Dienstes des Bezirksamtes Steglitz von Berlin verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet. Ihm steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch wegen voller Erwerbsminderung zu.

Rechtsgrundlage sind die Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (aF), da der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit einem Leistungsbeginn am 01. Dezember 2000 bei einem behaupteten Eintritt der Erwerbsunfähigkeit im Jahr 1997 begehrt (§§ 300 Abs. 2, 302 b Abs. 1 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI aF Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder auf weniger als die Hälfte der Erwerbsfähigkeit eines vergleichbaren gesunden Versicherten herabgesunken ist, wenn sie vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit (§ 44 Abs. 1 Nr. 3) erfüllt haben und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufweisen können (§ 44 Abs. 1 Nr. 2). Erwerbsunfähig ist gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI aF ein Versicherter, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Der Anspruch des Klägers scheitert - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - bereits daran, dass er vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 30. Dezember 2000 (Eingang bei der Beklagten) ist die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 44 Abs. 1 Nr.3 i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI aF) nicht erfüllt. Diese Mindestversicherungszeit (§ 34 Abs. 1 SGB VI) umfasst nach § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI Beitragszeiten und Ersatzzeiten. Beitragszeiten sind gemäß § 55 SGB VI Zeiten, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind, sowie Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten würden (hier Nachversicherungsbeiträge gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 2, 185 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kläger hat ausweislich des von ihm nicht beanstandeten Versicherungsverlaufs insgesamt nur 28 Monate Pflichtbeiträge (in den Zeiträumen vom 01. August bis zum 31. Oktober 1988 und vom 01. Juni 1995 bis zum 20. Juni 1997) bis zu dem beantragten Rentenbeginn am 01. Dezember 2000 geleistet.

Die Regelungen über die vorzeitige Wartezeiterfüllung gemäß § 44 Abs. 4 i. V. m. §§ 43 Abs. 4, 53, 245 Abs. 1 SGB VI aF greifen zugunsten des Klägers nicht ein. Nach § 53 Abs. 2 SGB VI aF ist die allgemeine Wartezeit auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung erwerbsunfähig geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren. In den letzten sechs Jahren seit dem Ende der Ausbildung (hier: Ende der Hochschulausbildung am 31. Mai 1995) hat der Kläger Pflichtbeiträge aufgrund der Nachversicherung in der Zeit vom 01. Juni 1995 bis zum 20. Juni 1997 sowie nach Antragstellung vom 13. Januar bis zum 31. Mai 2001 geleistet. Ausweislich des vom Kläger nicht beanstandeten Versicherungsverlaufs hat er innerhalb der letzten zwei Jahre vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit dann mindestens 12 Pflichtbeiträge entrichtet, wenn der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit – wie geltend gemacht – im Jahre 1997 bzw. innerhalb des Zeitraums vom 02. Mai 1996 bis zum 30. Juni 1998 eingetreten wäre. Der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit innerhalb dieses Zeitraums ist jedoch – wie das SG ausführlich und zutreffend ausgeführt hat - nicht nachweisbar. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen zu seinem Urteil vom 05. Juli 2006 an und sieht von einer weiteren Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch im Rahmen seines Vortrags im Berufungsverfahren ist es dem Kläger nicht gelungen, den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit im Jahr 1997 bzw. im Zeitraum vom 02. Mai 1996 bis zum 30. Juni 1998 und dessen Fortdauern bis zur Antragstellung im Dezember 2000 nachzuweisen. Der Kläger hat sich während des fraglichen Zeitraums weder in psychologischer bzw. psychiatrischer oder psychotherapeutischer noch in durchgehender internistischer Behandlung befunden. Die von der Beklagten und dem SG eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte stellen keine Grundlage für die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit vor dem Auftreten der ersten Endokarditis im Jahr 2001 dar. Keiner der befragten Ärzte hat den Kläger zeitnah zu dem fraglichen Zeitraum vom Mai 1996 bis zum Juni 1998 behandelt. Der Diplompsychologe L hat den Kläger zwar bis zum 01. Februar 1996 behandelt, verfügt jedoch nach seinen eigenen Angaben über keine Unterlagen mehr. Soweit er – ohne Untermauerung durch medizinische Fakten – im Erörterungstermin vor dem SG am 04. Juli 2005 zu der Einschätzung gelangt ist, der Kläger sei damals nicht in der Lage gewesen, irgendeine Tätigkeit vollschichtig auszuüben, so ist dies als rein subjektive Einschätzung zu werten und widerspricht auch der Faktenlage. Immerhin hat der Kläger – worauf auch das SG hingewiesen hat – nach Abbruch der Therapie noch sein Referendariat mit einem guten Ergebnis abgeschlossen, er hat auch - in ungeklärtem Umfang – freiberuflich Tätigkeiten als Korrekturassistent sowie Rechtsanwalt ausgeübt und arbeitet seit dem 13. Januar 2001 als Taxifahrer. Soweit Dr. L in seinem Gutachten für die Beklagte vom 25. November 2002 ein aufgehobenes Leistungsvermögen als Taxifahrer ab 1999 angenommen hat, beruht dies weniger auf der tatsächlichen kardiologischen Leistungsfähigkeit des Klägers als auf der aus der Herzerkrankung folgenden Gefahr für den Verkehr. Auch aus der Akte des vertrauensärztlichen Dienstes des Bezirksamtes Steglitz von Berlin ergeben sich keine Hinweise auf eine Erwerbsunfähigkeit. Die darin enthaltenen Unterlagen beziehen sich nur auf die Zeit vor dem Beginn des Referendariats. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger im Zeitraum vom 02. Mai 1996 bis zum 30. Juni 1998 nicht leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Stress vollschichtig hätte ausüben können. Die vom Kläger gesehene Berufsunfähigkeit als Volljurist ist im Rahmen der Frage der vorzeitigen Erfüllung der Wartezeit nach § 53 Abs. 2 SGB VI aF eben nicht ausreichend.

Ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI nF i. V. m. § 53 Abs. 2 SGB VI nF unter Zugrundelegung des von der Beklagten angenommen Eintritts einer vollen Erwerbsminderung im Mai 2001 besteht – wie das SG zutreffend dargelegt hat – ebenfalls nicht.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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