Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 4091/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. August 2009 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), frist- und formgerecht (§ 173 SGG) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antragsgegner zu Unrecht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Antragsteller, die italienische Staatsangehörige sind, sich nach einem mehr als 2-jährigen Aufenthalt von Januar 2007 (bzw. der Antragsteller zu 2. von Februar 2006) bis 08.05.2009 in ihrem Heimatland nun wieder in Deutschland aufhalten, Unterkunft bei den Eltern der Antragstellerin zu 1. gefunden haben und arbeitsuchend sind.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.)
Nach diesen Grundsätzen kann der Beschluss des SG keinen Bestand haben.
Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben. Anspruchsgrundlage ist hierfür zunächst § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige leistungsberechtigt sind (Lebensalter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, hilfebedürftig, gewöhnlicher Aufenthalt in der BRD). Für die Antragsteller kommt allerdings der Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Betracht, wonach Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen von der Leistungsberechtigung ausgenommen sind. Der Senat hat hierzu bisher die Auffassung vertreten, dass auch sog. Alt-EU-Bürger, zu denen die Antragsteller als italienische Staatsangehörige zählen, von diesem Ausschluss erfasst werden, solange sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 2.Variante FreizügG/EU , nämlich dem Zweck der Arbeitssuche, ableitet und andere ein Aufenthaltsrecht vermittelnde Gründe nicht vorliegen (Beschluss des Senats vom 13.05.2009 - Az. L 2 AS 1034/09 ER). Nichts anderes scheint nach summarischer Prüfung im Falle der Antragsteller zu gelten, wie auch das SG zutreffend festgestellt hat. Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus der Biografie der Antragstellerin zu 1. ableiten lassen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist sowie ihre Berufsausbildung hier absolviert hat und zeitweise hier gearbeitet hat. Ihren ausländerrechtlichen Status, der ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach dem damals geltenden § 26 AuslG (heute Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU) zugestanden hat, dürfte sie durch den Auslandsaufenthalt in Italien von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren verloren haben (§ 4a Abs. 2 FreizügG/EU). Unerheblich dürfte dabei sein, dass ihr der Aufenthaltstitel noch nicht entzogen worden ist. Dies beruht allein darauf, dass der Ausländerbehörde der Auslandsaufenthalt nicht mitgeteilt worden ist und dort immer noch von einem durchgehenden Aufenthalt in Deutschland ausgegangen wird. Die rechtlichen Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht dürften jedoch entfallen sein. Auch aus der Familienzugehörigkeit zu ihren in Deutschland lebenden Eltern dürfte sich kein anderer Aufenthaltsstatus ergeben, da die Antragstellerin zu 1. auf Grund ihres Alters - über 21 Jahre - nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU und mangels ausreichender Unterhaltsgewährung, die aber andererseits die Hilfebedürftigkeit nach § 7 SGB II ausschließen würde, die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU erfüllt.
Weiter offen bleiben kann, ob der Senat auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2009 (Az. C-22/08, C-23/08 Vatsouras, Koupatantze) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II weiterhin uneingeschränkt auf Unionsbürger für anwendbar und für europarechtskonform hält (vgl. Senatsbeschluss vom 13.05.2009 - L 2 AS 1034/09 ER; ebenso, jeweils ausführlich m.w.N. z.B.: Landessozialgericht - LSG- Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25.11.2008 - L 5 B 801/08 AS ER-, L 5 B 1249/08 AS ER, L 5 B 1425/08 AS ER, Beschluss v.5.9.2007 - L 29 B 828/07 AS ER; Hessisches LSG, Beschluss v. 3.4.2008 - L 9 AS 59/08 B ER; SG Reutlingen Urteil v. 29.4.2008 - S 2 AS 2952/07) und sich der gegenteiligen Auffassung, wonach bereits die Freizügigkeitsrichtlinie im Widerspruch zu vorrangigen europäischen Rechtsvorschriften steht (so Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rdnrn. 17, 24,25; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.5.2008 - L 14 B 282/08 AS ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.7.2008 - L 19 B 111/08 AS ER; SG Berlin, Urt. vom 29.2.2008 - S 37 AS 1403/08; offen gelassen von LSG Baden-Württemberg, Beschluss 23.7.2008 - L 7 AS 3031/08 ER-B; Beschluss vom 17.9.2007 - L 7 SO 3970/07 ER-B), nicht anzuschließen vermag.
Denn jedenfalls ist ein Anordnungsanspruch für beide Antragsteller im Anschluss an die Entscheidung des SG entfallen und diese Änderung des Sachverhalts bei der Entscheidung über die Beschwerde zu beachten. Die Antragsteller haben im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass sie nach dem Erlass der einstweiligen Anordnung durch das SG am 13.08.2009 im August und September 2009 im Rahmen von geringfügigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen Arbeitseinkommen erzielt haben, mit dem sie offensichtlich zur weitgehenden Deckung ihres Lebensunterhalts in der Lage waren. Denn für diese Zeit beanspruchen sie keine Leistungen von der Antragsgegnerin, was sie dieser auch mitgeteilt haben. Hierdurch ist die Grundlage für den Beschluss des SG, nämlich das Vorliegen von durchgehender Hilfebedürftigkeit entfallen, ein Leistungsanspruch der Antragsteller hat in den Monaten August und September jedenfalls nicht vorgelegen. Dies hat zur Folge, dass der ursprüngliche Antrag der Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II vom 11.05.2009 seine Wirkung verloren hat und materielle Anspruchsvoraussetzung für eine auf die Zukunft gerichtete Leistungsgewährung ein neuer Antrag beim Antragsgegner ist (§ 37 Abs.1 SGB II). Ob die Antragsteller einen solchen neuen Antrag gestellt haben, ist unbekannt. Jedenfalls kann es ihnen - wie bei einem Erstantrag - zugemutet werden, eine erneute Entscheidung der Antragsgegnerin abzuwarten und im Falle der Ablehnung erneut beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, für den dann die Voraussetzungen erneut nach den dann vorliegenden Verhältnissen zu prüfen sind.
Im Übrigen vermag der Senat nach der Sachverhaltsänderung auch nicht zu erkennen, dass ein Anordnungsgrund, also eine besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens noch besteht; dies darf der Senat nicht unbeachtet lassen. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (vgl. z. B. Beschlüsse des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Juni 2005 - L 7 SO 2060/05 ER-B - und vom 1. August 2005 a.a.O.). An der Glaubhaftmachung einer solchen aktuellen Notlage fehlt es vorliegend, nachdem die Antragsteller offensichtlich in der Lage waren, auf dem Arbeitsmarkt Beschäftigungen zu finden, mit denen sie ihren Lebensunterhalt selber sicherstellen können und nichts dazu vorgetragen ist, warum ihnen dies derzeit nicht gelingen sollte. Im Übrigen ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Antragsteller auch freiwillige Leistungen der Eltern der Antragstellerin zu 1. erhalten, so dass zumindest ein Teil des Lebensunterhalts auch dadurch sichergestellt ist.
Damit ist für den Senat - derzeit - auch nicht die besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens zur Abwendung oder Beseitigung einer aktuellen Notlage gegeben, weswegen die Antragsteller im Hinblick auf die von ihnen beanspruchten Leistungen auf die Durchführung des anhängigen Klageverfahrens vor dem SG (S 9 AS 5912/09) sowie die erneute Antragstellung bei der Antragsgegnerin zu verweisen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), frist- und formgerecht (§ 173 SGG) eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antragsgegner zu Unrecht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Antragsteller, die italienische Staatsangehörige sind, sich nach einem mehr als 2-jährigen Aufenthalt von Januar 2007 (bzw. der Antragsteller zu 2. von Februar 2006) bis 08.05.2009 in ihrem Heimatland nun wieder in Deutschland aufhalten, Unterkunft bei den Eltern der Antragstellerin zu 1. gefunden haben und arbeitsuchend sind.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa Beschlüsse Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.)
Nach diesen Grundsätzen kann der Beschluss des SG keinen Bestand haben.
Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben. Anspruchsgrundlage ist hierfür zunächst § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige leistungsberechtigt sind (Lebensalter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, hilfebedürftig, gewöhnlicher Aufenthalt in der BRD). Für die Antragsteller kommt allerdings der Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Betracht, wonach Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen von der Leistungsberechtigung ausgenommen sind. Der Senat hat hierzu bisher die Auffassung vertreten, dass auch sog. Alt-EU-Bürger, zu denen die Antragsteller als italienische Staatsangehörige zählen, von diesem Ausschluss erfasst werden, solange sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 2.Variante FreizügG/EU , nämlich dem Zweck der Arbeitssuche, ableitet und andere ein Aufenthaltsrecht vermittelnde Gründe nicht vorliegen (Beschluss des Senats vom 13.05.2009 - Az. L 2 AS 1034/09 ER). Nichts anderes scheint nach summarischer Prüfung im Falle der Antragsteller zu gelten, wie auch das SG zutreffend festgestellt hat. Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus der Biografie der Antragstellerin zu 1. ableiten lassen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist sowie ihre Berufsausbildung hier absolviert hat und zeitweise hier gearbeitet hat. Ihren ausländerrechtlichen Status, der ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach dem damals geltenden § 26 AuslG (heute Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU) zugestanden hat, dürfte sie durch den Auslandsaufenthalt in Italien von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren verloren haben (§ 4a Abs. 2 FreizügG/EU). Unerheblich dürfte dabei sein, dass ihr der Aufenthaltstitel noch nicht entzogen worden ist. Dies beruht allein darauf, dass der Ausländerbehörde der Auslandsaufenthalt nicht mitgeteilt worden ist und dort immer noch von einem durchgehenden Aufenthalt in Deutschland ausgegangen wird. Die rechtlichen Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht dürften jedoch entfallen sein. Auch aus der Familienzugehörigkeit zu ihren in Deutschland lebenden Eltern dürfte sich kein anderer Aufenthaltsstatus ergeben, da die Antragstellerin zu 1. auf Grund ihres Alters - über 21 Jahre - nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU und mangels ausreichender Unterhaltsgewährung, die aber andererseits die Hilfebedürftigkeit nach § 7 SGB II ausschließen würde, die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU erfüllt.
Weiter offen bleiben kann, ob der Senat auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2009 (Az. C-22/08, C-23/08 Vatsouras, Koupatantze) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II weiterhin uneingeschränkt auf Unionsbürger für anwendbar und für europarechtskonform hält (vgl. Senatsbeschluss vom 13.05.2009 - L 2 AS 1034/09 ER; ebenso, jeweils ausführlich m.w.N. z.B.: Landessozialgericht - LSG- Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25.11.2008 - L 5 B 801/08 AS ER-, L 5 B 1249/08 AS ER, L 5 B 1425/08 AS ER, Beschluss v.5.9.2007 - L 29 B 828/07 AS ER; Hessisches LSG, Beschluss v. 3.4.2008 - L 9 AS 59/08 B ER; SG Reutlingen Urteil v. 29.4.2008 - S 2 AS 2952/07) und sich der gegenteiligen Auffassung, wonach bereits die Freizügigkeitsrichtlinie im Widerspruch zu vorrangigen europäischen Rechtsvorschriften steht (so Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rdnrn. 17, 24,25; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.5.2008 - L 14 B 282/08 AS ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.7.2008 - L 19 B 111/08 AS ER; SG Berlin, Urt. vom 29.2.2008 - S 37 AS 1403/08; offen gelassen von LSG Baden-Württemberg, Beschluss 23.7.2008 - L 7 AS 3031/08 ER-B; Beschluss vom 17.9.2007 - L 7 SO 3970/07 ER-B), nicht anzuschließen vermag.
Denn jedenfalls ist ein Anordnungsanspruch für beide Antragsteller im Anschluss an die Entscheidung des SG entfallen und diese Änderung des Sachverhalts bei der Entscheidung über die Beschwerde zu beachten. Die Antragsteller haben im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass sie nach dem Erlass der einstweiligen Anordnung durch das SG am 13.08.2009 im August und September 2009 im Rahmen von geringfügigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen Arbeitseinkommen erzielt haben, mit dem sie offensichtlich zur weitgehenden Deckung ihres Lebensunterhalts in der Lage waren. Denn für diese Zeit beanspruchen sie keine Leistungen von der Antragsgegnerin, was sie dieser auch mitgeteilt haben. Hierdurch ist die Grundlage für den Beschluss des SG, nämlich das Vorliegen von durchgehender Hilfebedürftigkeit entfallen, ein Leistungsanspruch der Antragsteller hat in den Monaten August und September jedenfalls nicht vorgelegen. Dies hat zur Folge, dass der ursprüngliche Antrag der Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II vom 11.05.2009 seine Wirkung verloren hat und materielle Anspruchsvoraussetzung für eine auf die Zukunft gerichtete Leistungsgewährung ein neuer Antrag beim Antragsgegner ist (§ 37 Abs.1 SGB II). Ob die Antragsteller einen solchen neuen Antrag gestellt haben, ist unbekannt. Jedenfalls kann es ihnen - wie bei einem Erstantrag - zugemutet werden, eine erneute Entscheidung der Antragsgegnerin abzuwarten und im Falle der Ablehnung erneut beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, für den dann die Voraussetzungen erneut nach den dann vorliegenden Verhältnissen zu prüfen sind.
Im Übrigen vermag der Senat nach der Sachverhaltsänderung auch nicht zu erkennen, dass ein Anordnungsgrund, also eine besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens noch besteht; dies darf der Senat nicht unbeachtet lassen. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (vgl. z. B. Beschlüsse des 7. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Juni 2005 - L 7 SO 2060/05 ER-B - und vom 1. August 2005 a.a.O.). An der Glaubhaftmachung einer solchen aktuellen Notlage fehlt es vorliegend, nachdem die Antragsteller offensichtlich in der Lage waren, auf dem Arbeitsmarkt Beschäftigungen zu finden, mit denen sie ihren Lebensunterhalt selber sicherstellen können und nichts dazu vorgetragen ist, warum ihnen dies derzeit nicht gelingen sollte. Im Übrigen ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Antragsteller auch freiwillige Leistungen der Eltern der Antragstellerin zu 1. erhalten, so dass zumindest ein Teil des Lebensunterhalts auch dadurch sichergestellt ist.
Damit ist für den Senat - derzeit - auch nicht die besondere Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens zur Abwendung oder Beseitigung einer aktuellen Notlage gegeben, weswegen die Antragsteller im Hinblick auf die von ihnen beanspruchten Leistungen auf die Durchführung des anhängigen Klageverfahrens vor dem SG (S 9 AS 5912/09) sowie die erneute Antragstellung bei der Antragsgegnerin zu verweisen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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