Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 RA 29/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 70/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, VEB Autobahndirektion
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 20. Januar 2006 werden zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Kläger auf Feststellung der Beklagten im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der am 1951 geborene Kläger zu 1 war ausweislich des Zeugnisses der Ingenieurhochschule W. vom 19xx berechtigt, die Bezeichnung Hochschulingenieur zu führen. Er war in der Zeit vom 1975 bis zum 1977 als T. bei dem VEB B. tätig. In der Zeit vom 1977 bis zum 30. Juni 1990 war er zunächst als T. und später als Ingenieur für W. und L. bei dem St. S. bzw. dessen Rechtsnachfolger VEB A. beschäftigt. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt der Kläger zu 1 nicht.
Den Antrag des Klägers zu 1 vom 29. Juni 2000 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 1975 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 2002 mit der Begründung ab, dass der Kläger zu 1 die Voraussetzungen hierfür nicht erfülle, denn dieser habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Gegen den Bescheid legte der Kläger zu 1 am 11. Juli 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass sowohl der VEB B., der st. S. als auch der VEB A. gewesen seien. Ihre Aufgabe habe nicht nur in der Überwachung, Instandhaltung und Planung der Straßen und Autobahnen sondern auch – schwerpunktmäßig – im Straßen- und Brückenbau einschließlich deren Sanierung mit eigens hergestelltem Gussasphalt bestanden. Daneben seien die für die Verkehrsführung und -leitung notwendigen Beschilderungen gefertigt worden, also produziert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger zu 1 habe keine Beschäftigungen in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt. Die am 1951 geborene Klägerin zu 2 – die Ehefrau des Klägers zu 1 – war ausweislich des Zeugnisses der Ingenieurhochschule W. vom 19xx ebenfalls berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur zu führen. In der Zeit vom 1975 bis zum 1977 war sie als T. bei dem VEB B. S. beschäftigt. Nach Unterbrechung ihrer Tätigkeit wegen der Erziehung ihres Kindes war sie vom 1977 bis zum 30. Juni 1990 zunächst als Ingenieur für W. und später als T. bei dem St. S. bzw. dessen Rechtsnachfolger VEB A. beschäftigt. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt die Klägerin zu 2 nicht.
Den Antrag der Klägerin zu 2 vom 3. Juli 2000 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 1975 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2002 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem VEB B. und dem VEB A. nicht um volkseigene Produktionsbetriebe oder diesen gleichgestellten Betriebe gehandelt habe. Den am 7. Mai 2002 erhobenen Widerspruch der Klägerin zu 2 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 zurück.
Dagegen haben die Kläger mit gleichlautender Begründung Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben, der Kläger zu 1 am 17. Januar 2003 und die Klägerin zu 2 am 24. Juli 2003. Die Kläger haben ihr Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass der VEB A. sogar einen Produktionsdirektor eingesetzt habe, dem wiederum ein Produktionsingenieur unterstellt gewesen sei. Für die Sanierung und den Neubau von Brückenbelägen und Autobahnen habe der VEB A. eine Gussasphaltmischanlage mit dazugehöriger Spezialbrigade in den Autobahnmeistereien Z. und H. unterhalten. Daneben existierten Betonmischanlagen samt Einbaukomplex zur Herstellung neuer Autobahnabschnitte. Dem Kläger zu 1 habe als Ingenieur für W. die Überwachung und Kontrolle der Schilderproduktion oblegen. Ihm seien die Entscheidungsrechte bezogen auf den Produktionsablauf eingeräumt worden.
Mit Beschluss vom 29. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidungsfindung verbunden. Das Sozialgericht hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zu dem Beschäftigungsbetrieb der Kläger und Handelsregisterauszüge der Nachfolgeunternehmen des VEB A. beigezogen und eine Auskunft des Autobahnamtes H. vom 15. April 2004 eingeholt. Ferner hat das Sozialgericht schriftlich die Zeugen S., H., M. und R. zu den Aufgaben und Tätigkeiten des VEB A. befragt. Die Kläger haben einen Betriebskollektivvertrag 1989, eine Organisationsanweisung zur Umbildung des VEB A. in eine Haushaltsorganisation, einen Auszug aus der Straßenverordnung von 1974 sowie diverse Mitteilungsblätter des VEB A. "Unsere Autobahnen" aus den Jahren 1986 bis 1989 zu den Gerichtsakten gereicht.
Mit Urteil vom 20. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der VEB A. kein Produktionsbetrieb der Industrie gewesen sei, da sein Hauptzweck nicht die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern gewesen sei. Vielmehr habe diese nur einen untergeordneten Stellenwert eingenommen. Bei dem VEB A. habe es sich auch nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt, da sein Aufgabenschwerpunkt nicht die Massenfertigung von Bauwerken gewesen sei, denn der Betrieb sei nach dem Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft nicht dem Ministerium für Bauwesen, sondern dem Verkehrswesen unterstellt gewesen. Zudem habe der VEB A. zwar Bauleistungen erbracht. Jedoch habe es sich dabei nicht um Massenfertigung von Bauwerken gehandelt, sondern lediglich um Baumaßnahmen, die zur öffentlichen Nutzung der Autobahnen und deren Verkehrssicherheit erforderlich gewesen seien.
Gegen das ihnen am 24. Januar 2006 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung führen die Kläger aus, dass die von dem Sozialgericht vorgenommene Auslegung des Begriffes "Produktionsbetrieb" keineswegs den Gepflogenheiten der DDR entspreche. Die immer wieder vorgenommene strikte Trennung volkseigener Betriebe von den so genannten Produktionsbetrieben sei weder der 2. Durchführungsbestimmung noch der praktischen Anwendung in der DDR zu entnehmen. Als "Produktionsbetriebe" seien immer volkseigene Betriebe der materiellen Produktion bezeichnet worden. Die Mehrzahl der volkseigenen Betriebe seien reine Produktionsbetriebe gewesen und auch als solche angesehen und behandelt worden. Die in der 2. Durchführungsbestimmung rein klarstellende Formulierung "Produktionsbetrieb" lasse keine Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben und reinen Produktionsbetrieben erkennen und diene dazu auch nicht. Volkseigene Betriebe seien sämtlich als Bestandteil der einheitlichen sozialistischen Volkswirtschaft als wirtschaftliche und gesellschaftliche Einheiten der materiellen Produktion verstanden worden, was auch aus der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB deutlich werde. Darüber hinaus habe man in der DDR auch nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch unter Produktion nicht lediglich die Massenproduktion von Bauwerken oder die Herstellung von Erzeugnissen jeglicher Art verstanden. Als Produktion habe vielmehr jede Betriebsform gegolten, bei der Menschen unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen materielle Güter und Leistungen erzeugt hätten. Man habe somit hierunter neben den reinen materiellen Gütern auch andere produktive Leistungen verstanden. Auch die Bauwirtschaft selbst, die unbestritten zu dem produktiven Bereich gezählt habe, habe neben Neu-, Um- und Erweiterungsbauten auch Instandhaltungen zu erbringen gehabt. Gleiches gelte nach dem bundesdeutschen Sprachverständnis. Weder die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 noch die 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 noch die 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung sprächen in der Überschrift und dem Anwendungsbereich von "Produktionsbetrieben". Lediglich in § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung sei klarstellend ausgeführt, wer den volkseigenen Produktionsbetrieben – noch, d.h. weiterhin – gleichgestellt werde. Auch aus der Kommentierung zu § 12 der VEB-VO sei der gesetzgeberische Wille zu erkennen, dass grundsätzlich jeder VEB vorbehaltlich anders lautender Regelungen als Produktionsbetrieb gelte und eine Produktionsfondsabgabe zu leisten habe.
Bei anderen Mitarbeitern des VEB A., die noch vor 1990 aus dem Betrieb ausgeschieden seien, seien dementsprechend die Beschäftigungszeiten und die Arbeitsentgelte als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt oder ihnen zuerkannt worden. Eine solche Zuerkennung wäre mit der Auffassung des Bundessozialgerichts und der Praxis in der DDR nicht erfolgt, wenn man den VEB A. dem Anwendungsbereich der AVItech nicht habe unterziehen wollen. Auch die Beklagte habe in ihrer anfänglichen Praxis Mitarbeiter vergleichbarer Qualifikation des Betriebes in den Anwendungsbereich der AVItech einbezogen.
Ungeachtet dessen handele es sich bei dem VEB A. um einen Betrieb, dessen Hauptschwerpunkt in der Bauproduktion bestanden habe. Hierfür sprächen sowohl die Art als auch der Umfang der Bauleistungen. Der VEB A. habe in Ermangelung freier Ressourcen der der Bauindustrie eigentlich zuzuordnenden Baubetriebe in zunehmendem Maße bauproduktive Aufgaben erfüllt. Dies sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass den "eigentlichen" Baubetrieben die zentralen Aufgaben der DDR, wie zum Beispiel die Maßnahmen der Verteidigung und des Wohnungsbaus, mit zunehmender Priorität zugeordnet gewesen seien und diese dadurch ihre ursprünglich festgelegten Aufgaben der Bauleistungen zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur, u. a. auch im vorhandenen Autobahnnetz, nicht mehr hätten wahrnehmen können. Diese für die Autobahn und die mit ihr zusammenhängende Infrastruktur der DDR negative Entwicklung habe auch den VEB A. zur Umprofilierung und zu weiteren Entwicklungen eigener Baukapazitäten gezwungen, um den Anforderungen der mit dem Autobahnbetrieb zusammenhängenden Bauproduktion gerecht zu werden. Dies sei insbesondere durch den Aufbau von vier Brückenmeistereien, einer Hochbaumeisterei, zwei Spezialbrigaden Reko-Beton und zwei Spezialbrigaden bituminöse Bauweisen zum Ausdruck gekommen. Aus den letzteren sei schließlich der Betriebsteil Autobahnrekonstruktion gebildet worden. Die ursprünglichen Spezialbrigaden seien gleichzeitig zu eigenständigen Bauleitungen/Meisterbereichen umgebildet worden. Zusätzlich seien sechs Zentralwerkstätten in den Betriebsteilen geschaffen worden, um die Großbeschilderung für das bestehende Autobahnnetz wie auch für den Autobahnneubau einschließlich aller Abzweigungen und Zufahrten herzustellen. Der VEB A. habe auf den Autobahnen Ausbesserungsarbeiten erbracht, Brücken instandgesetzt, im Rahmen des Autobahnneubaus Kooperationsleistungen für das Autobahnkombinat Magdeburg erbracht, Parkflächen an den Autobahnraststätten erweitert und Zufahrten und Brücken neu errichtet. Daneben seien vorhandene Bauwerke saniert und instandgesetzt worden. Ein weiterer wesentlicher Aufgabenbereich habe in der Fahrbahnsanierung mit Gussasphalt bestanden. Nicht zuletzt seien auch sämtliche Schilder selbst gefertigt worden. Schlussendlich seien im Rahmen der industriellen Warenproduktion und Konsumgüterproduktion Geräte, wie z.B. pneumatische Bohrgeräte, Heckenschneidegeräte, Rasenkanteschneidegeräte, Leitpfosten- und Schilderwischgeräte etc., entwickelt und gebaut worden. Die Konsumgüterproduktion habe im Wesentlichen die Fertigung von Betonfertigteilen für den Bevölkerungsbedarf beinhaltet. Das Gesamtbetriebsvolumen aller dieser Bauleistungen habe im Jahresdurchschnitt ein Volumen von ca. 80 Mio Mark und damit 57,4 % der Gesamtleistung des Betriebes ausgemacht. Der Kläger zu 1 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 20. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten des Klägers zu 1 vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Klägerin zu 2 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 20. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 der Klägerin zu 2 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufungen sind unbegründet.
Gegenstand der Berufungen ist die Verpflichtung der Beklagten, Feststellungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) (i.d.F.v. Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I, S. 3024) hinsichtlich des Zeitraums vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 zu treffen.
Die Berufung des Klägers zu 1 ist nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2002 den Kläger zu 1 nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Gleichermaßen ist auch die Berufung der Klägerin zu 2 nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 die Klägerin zu 2 ebenfalls nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Die Kläger haben nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte, den begehrten Zeitraum als Zugehörigkeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG feststellen zu lassen, denn das AAÜG ist im Fall der Kläger nicht anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Die Kläger erfüllen keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihnen von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch sind sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihren Fällen nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom Bundessozialgericht behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des Bundessozialgerichts tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet zur Überzeugung des erkennenden Senats die Grenzen richterlicher Entscheidungsbefugnis, die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergeben.
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den Einigungsvertrag Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des Einigungsvertrages zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113), jedoch ist aus der weiteren Gesetzesbegründung ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem Einigungsvertrag vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom Bundessozialgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des Einigungsvertrages umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. –, Juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das Bundessozialgericht der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 –, Juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das Bundesverfassungsgericht genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
In Anwendung dieser Maßstäbe hatten die Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Bei dem VEB A. handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich ist hier der – im Ergebnis enge – Sinn, mit dem dieser Begriff der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb enthält § 1 Abs. 1 der 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus § 1 der hierzu ergangenen 1. DB vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch die 2. DB aufgehoben worden ist. Auch danach war notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz die Beschäftigung in einem "Produktionsbetrieb". Schon § 5 der Verordnung vom 17. August 1950 sah für den Erlass dieser Durchführungsbestimmungen das Einvernehmen des Ministeriums für Industrie vor. Diese Differenzierung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den anderen volkseigenen Betrieben ist nicht immer in dieser sprachlichen Klarheit aufrechterhalten worden, sondern gelegentlich zur sprachlichen Vereinfachung ausgesetzt worden, wie sich auch aus § 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebs vom 9. Februar 1967 (GBl. II Nr. 21 S. 121) ergibt; die Bestimmung enthält den Hinweis, dass im fortlaufenden Text, der sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe bezieht, der Ausdruck "volkseigener Produktionsbetrieb" durch die Bezeichnung "Betrieb" ersetzt wird. In der Sache wurde jedoch der Unterschied bekräftigt. Denn nach § 49 Abs. 1 der Verordnung (a.a.O.) galt die Verordnung – unmittelbar – "für die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens". Die Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Vereinigungen volkseigener Betriebe vom 28. März 1973 (GBl. I S. 129), die die Verordnung vom 9. Februar 1967 (a.a.O.) ersetzt hat, unterscheidet demgemäß grundsätzlich zwischen u. a den volkseigenen Betrieben in der Industrie, im Bauwesen und im Verkehrswesen, für die sie unmittelbar gilt, und u. a. den volkseigenen Betrieben im Handel auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft und in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft. Insbesondere die Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I S. 355), welche als – soweit ersichtlich – letzte staatliche Äußerung der DDR zur Unterscheidung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den sonstigen volkseigenen Betrieben für das Sprachverständnis der ab dem 3. Oktober 1990 als Bundesrecht weiter anzuwendenden Regeln besondere Bedeutung hat, stellt den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in der Industrie und im Bauwesen den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenüber. Nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 2. Oktober 1990, an den das Bundesrecht anknüpft, enthielt § 1 Abs. 2 der 2. DB also bloß eine Klarstellung, dass der volkseigene Betrieb ein "volkseigener Produktionsbetrieb" (der Industrie oder des Bauwesens) gewesen sein musste. Hierauf kommt es bundesrechtlich an (so nam. BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5).
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –, Juris). Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das Bundessozialgericht unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, a.a.O., S. 46 f.).
Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, im Wirtschaftsleben der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher Produktion verwendet worden sind, ist ohnehin nicht maßgeblich. Rechtliche Bedeutung käme der Verwendung abweichender Produktionsbegriffe für das rückschauende bundesrechtliche Verständnis des Begriffes der industriellen Produktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Denn die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion erfordert, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der gesetzlichen Regelung gewesen sein kann, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um eine rechtsstaatlich zwingende Korrektur geht es nämlich nur bei der Prüfung, ob bundesrechtlich eine Versorgungszusage zu unterstellen ist, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei der Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von dem verbreitetsten Wortgebrauch im Wirtschaftsleben ausgegangen worden ist.
Ein Indiz dafür, ob es sich bei dem betreffenden volkseigenen Betrieb um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, lässt sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium entnehmen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, a.a.O., S. 47, 48 (mit Aufzählung der acht Ende Juni 1990 bestehenden Industrieministerien)). Allerdings spricht nicht allein der Umstand, dass der Betrieb nicht direkt einem Industrieministerium unterstellt war, bereits dafür, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2006 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 3, Rdnr. 16). Außerdem können dem Statut des Betriebes, soweit dort Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes enthalten sind, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, ob es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 34). Soweit danach eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, kommt es darauf an, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, a.a.O., S. 35).
Dagegen, dass es sich beim VEB A. um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, spricht bereits, dass der Betrieb dem Ministerium für Verkehrswesen und somit keinem Industrieministerium unterstellt war. Außerdem finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass im VEB A. die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern stattgefunden hat. Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, hat die Produktion von Sachgütern allenfalls eine untergeordnete Rolle in der Tätigkeit des VEB A. eingenommen. Ausweislich der Planaufschlüsselung des Betriebskollektivvertrages von 1989 und der insbesondere von dem Zeugen S. vorgenommenen Erläuterung der dort genannten einzelnen Positionen lässt sich eine Produktion von Sachgütern allenfalls den Positionen "sonstiges" (0,3 Mio M) und "industrielle Warenproduktion" (0,7 Mio M) entnehmen. Diese Positionen nehmen jedoch nur einen geringen Anteil an den Eigenleistungen des Betriebs (real finanzgeplante Warenproduktion in Höhe von 115,7 Mio M) und an dem Gesamtumsatz (Reparaturfonds mT 321,3 Mio M) ein.
Der VEB A. war auch kein Produktionsbetrieb des Bauwesens.
Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.). Dieser engen Begriffsauslegung des Bundessozialgerichts folgt der Senat. Die Tatbestandsmerkmale der 2. DB müssen nach der im Ergebnis mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts übereinstimmenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Urteil des Senats vom 25. Mai 2004 – L 1 RA 179/02 –, Rn. 22 ff, Juris). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urteil vom 24. März 1998 – B 4 RA 27/97 R –, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Dagegen, dass der VEB A. ein Produktionsbetrieb des Bauwesens war, spricht, dass der Betrieb dem Ministerium für Verkehrswesen untergeordnet war. Zudem war der Betrieb im Betriebsregister der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik der DDR mit der Wirtschaftsgruppenschlüsselziffer 41180 erfasst, die für Betriebe der Straßenunterhaltung stand. Damit war der Betrieb dem Bereich 4 – Verkehr – zugeordnet. Die Nichtzuordnung zum Bereich 2 – Bauwirtschaft – ist ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Kläger nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens handelte.
Auch die gesetzlichen Bestimmungen der DDR sprechen dagegen, dass dem VEB A. der Bau von Straßen das Gepräge gegeben haben kann. Nach § 6 Abs. 3 der Straßenverordnung vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515, StraßenVO) oblag dem Ministerium für Verkehrswesen u.a. die Kontrolle der Gewährleistung der öffentlichen Nutzung sowie der Durchführung des Straßenwinterdienstes auf den Autobahnen. Nach Abs. 4 waren ihm Einrichtungen und volkseigene Betrieb unterstellt, die insbesondere wirtschaftlich-organisatorische und operative Aufgaben gemäß § 10 StraßenVO erfüllten. Zu den in § 10 Abs. 2 StraßenVO umschriebenen Aufgaben gehörte die Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung der öffentlichen Straßen, die Errichtung, Instandhaltung und Erhaltung von Lichtsignalanlagen und sonstigem Zubehör, die Durchführung des Straßenwinterdienstes, die Pflege der Straßengehölze sowie die Durchführung von Maßnahmen an den Straßenverkehrsanlagen zur Verminderung des Verkehrslärms und der Beeinträchtigung der Anlieger durch Erschütterungen. Danach lag der Aufgabenschwerpunkt solcher Betriebe des Straßenwesens nicht im Bau neuer Straßen, sondern in der Erhaltung und Unterhaltung bereits vorhandener Straßen sowie der dazugehörigen Anlagen (vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Dem entspricht auch die Auskunft des Autobahnamtes H. vom 15. April 2004, wonach der VEB A. bei sämtlichen Autobahnen der DDR für die Instandhaltung, Unterhaltung und für einen großen Teil Bau zuständig war, während der Autobahnneubau vom Straßen-, Brücken- und Tiefbaukombinat erfolgten. Bestätigt wird dies zudem von dem Zeugen S., der ausgeführt hat, dass entsprechend der Aufgabenabgrenzung zwischen den Ministerien Verkehrswesen und Bauwesen dem Bauwesen die Bauleistungen für Autobahnneubau und die Grunderneuerung zusammenhängender Abschnitte übertragen worden seien, während die Bauleistungen, die zur Erhaltung des vorhandenen Autobahnnetzes notwendig gewesen seien, durch den VEB A. erbracht worden seien. Gleichermaßen bezeichnet der Zeuge H. die Erhaltung und Unterhaltung der Autobahnen und Nebenanlagen als Aufgabe des Betriebes. Dies wird auch von dem Zeugen M. so bestätigt, der im Einzelnen die Maßnahmen geschildert hat, die der Betrieb durchgeführt hat, um die Autobahnen befahrbar zu halten. Schließlich sieht auch der Zeuge R. die Hauptaufgabe des Betriebs in der Instandsetzung der Autobahnen, der Wartung und Pflege der Autobahnanlagen und der Durchführung des Winterdienstes. Auch die Mitteilungsblätter "Unsere Autobahnen" nennen als Schwerpunktaufgaben des Betriebes die Instandhaltung der Strecken und Brücken.
Soweit die Zeugen die Bauleistungen des Betriebes auf über 50 % eingeschätzt haben, vermag auch dies nicht die Einordnung des Betriebs als Produktionsbetrieb des Bauwesens zu begründen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Zeugen nicht zwischen Neubauten und Ausbesserungsleistungen differenziert haben.
Soweit die Kläger demgegenüber darauf abstellen, dass das Autobahnkombinat als zentralgeleiteter Betrieb des Bauwesens nur noch zur Grunderneuerung zusammenhängender Strecken fast ausschließlich auf den Transitstrecken zwischen Westberlin und der Bundesrepublik eingesetzt worden sei, was bei dem VEB A. zu einer Umprofilierung und zu weiteren Entwicklungen eigener Baukapazitäten geführt habe, kann dies dahinstehen. Auch ein damit gegebenenfalls verbundener Straßenneubau begründet, sofern er überhaupt dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, nicht die Massenproduktion von Bauwerken als massenhafter Ausstoß standardisierter Produkte und die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken. Dagegen spricht schon, dass die Fertigung von Verkehrswegen und Brücken immer an die örtlichen Verhältnisse angepasst sein muss und keine errichtete Straße oder Brücke einer zuvor errichteten völlig gleichen kann.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Selbst bei gleicher Sachlage könnten die Kläger sich nicht darauf berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77– BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Kläger auf Feststellung der Beklagten im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der am 1951 geborene Kläger zu 1 war ausweislich des Zeugnisses der Ingenieurhochschule W. vom 19xx berechtigt, die Bezeichnung Hochschulingenieur zu führen. Er war in der Zeit vom 1975 bis zum 1977 als T. bei dem VEB B. tätig. In der Zeit vom 1977 bis zum 30. Juni 1990 war er zunächst als T. und später als Ingenieur für W. und L. bei dem St. S. bzw. dessen Rechtsnachfolger VEB A. beschäftigt. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt der Kläger zu 1 nicht.
Den Antrag des Klägers zu 1 vom 29. Juni 2000 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 1975 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 2002 mit der Begründung ab, dass der Kläger zu 1 die Voraussetzungen hierfür nicht erfülle, denn dieser habe am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Gegen den Bescheid legte der Kläger zu 1 am 11. Juli 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass sowohl der VEB B., der st. S. als auch der VEB A. gewesen seien. Ihre Aufgabe habe nicht nur in der Überwachung, Instandhaltung und Planung der Straßen und Autobahnen sondern auch – schwerpunktmäßig – im Straßen- und Brückenbau einschließlich deren Sanierung mit eigens hergestelltem Gussasphalt bestanden. Daneben seien die für die Verkehrsführung und -leitung notwendigen Beschilderungen gefertigt worden, also produziert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger zu 1 habe keine Beschäftigungen in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt. Die am 1951 geborene Klägerin zu 2 – die Ehefrau des Klägers zu 1 – war ausweislich des Zeugnisses der Ingenieurhochschule W. vom 19xx ebenfalls berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur zu führen. In der Zeit vom 1975 bis zum 1977 war sie als T. bei dem VEB B. S. beschäftigt. Nach Unterbrechung ihrer Tätigkeit wegen der Erziehung ihres Kindes war sie vom 1977 bis zum 30. Juni 1990 zunächst als Ingenieur für W. und später als T. bei dem St. S. bzw. dessen Rechtsnachfolger VEB A. beschäftigt. Die schriftliche Zusage einer Zusatzversorgung erhielt die Klägerin zu 2 nicht.
Den Antrag der Klägerin zu 2 vom 3. Juli 2000 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz seit dem 1975 bis zum 30. Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2002 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem VEB B. und dem VEB A. nicht um volkseigene Produktionsbetriebe oder diesen gleichgestellten Betriebe gehandelt habe. Den am 7. Mai 2002 erhobenen Widerspruch der Klägerin zu 2 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 zurück.
Dagegen haben die Kläger mit gleichlautender Begründung Klage beim Sozialgericht Dessau erhoben, der Kläger zu 1 am 17. Januar 2003 und die Klägerin zu 2 am 24. Juli 2003. Die Kläger haben ihr Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass der VEB A. sogar einen Produktionsdirektor eingesetzt habe, dem wiederum ein Produktionsingenieur unterstellt gewesen sei. Für die Sanierung und den Neubau von Brückenbelägen und Autobahnen habe der VEB A. eine Gussasphaltmischanlage mit dazugehöriger Spezialbrigade in den Autobahnmeistereien Z. und H. unterhalten. Daneben existierten Betonmischanlagen samt Einbaukomplex zur Herstellung neuer Autobahnabschnitte. Dem Kläger zu 1 habe als Ingenieur für W. die Überwachung und Kontrolle der Schilderproduktion oblegen. Ihm seien die Entscheidungsrechte bezogen auf den Produktionsablauf eingeräumt worden.
Mit Beschluss vom 29. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidungsfindung verbunden. Das Sozialgericht hat einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zu dem Beschäftigungsbetrieb der Kläger und Handelsregisterauszüge der Nachfolgeunternehmen des VEB A. beigezogen und eine Auskunft des Autobahnamtes H. vom 15. April 2004 eingeholt. Ferner hat das Sozialgericht schriftlich die Zeugen S., H., M. und R. zu den Aufgaben und Tätigkeiten des VEB A. befragt. Die Kläger haben einen Betriebskollektivvertrag 1989, eine Organisationsanweisung zur Umbildung des VEB A. in eine Haushaltsorganisation, einen Auszug aus der Straßenverordnung von 1974 sowie diverse Mitteilungsblätter des VEB A. "Unsere Autobahnen" aus den Jahren 1986 bis 1989 zu den Gerichtsakten gereicht.
Mit Urteil vom 20. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der VEB A. kein Produktionsbetrieb der Industrie gewesen sei, da sein Hauptzweck nicht die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern gewesen sei. Vielmehr habe diese nur einen untergeordneten Stellenwert eingenommen. Bei dem VEB A. habe es sich auch nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt, da sein Aufgabenschwerpunkt nicht die Massenfertigung von Bauwerken gewesen sei, denn der Betrieb sei nach dem Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft nicht dem Ministerium für Bauwesen, sondern dem Verkehrswesen unterstellt gewesen. Zudem habe der VEB A. zwar Bauleistungen erbracht. Jedoch habe es sich dabei nicht um Massenfertigung von Bauwerken gehandelt, sondern lediglich um Baumaßnahmen, die zur öffentlichen Nutzung der Autobahnen und deren Verkehrssicherheit erforderlich gewesen seien.
Gegen das ihnen am 24. Januar 2006 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20. Februar 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung führen die Kläger aus, dass die von dem Sozialgericht vorgenommene Auslegung des Begriffes "Produktionsbetrieb" keineswegs den Gepflogenheiten der DDR entspreche. Die immer wieder vorgenommene strikte Trennung volkseigener Betriebe von den so genannten Produktionsbetrieben sei weder der 2. Durchführungsbestimmung noch der praktischen Anwendung in der DDR zu entnehmen. Als "Produktionsbetriebe" seien immer volkseigene Betriebe der materiellen Produktion bezeichnet worden. Die Mehrzahl der volkseigenen Betriebe seien reine Produktionsbetriebe gewesen und auch als solche angesehen und behandelt worden. Die in der 2. Durchführungsbestimmung rein klarstellende Formulierung "Produktionsbetrieb" lasse keine Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben und reinen Produktionsbetrieben erkennen und diene dazu auch nicht. Volkseigene Betriebe seien sämtlich als Bestandteil der einheitlichen sozialistischen Volkswirtschaft als wirtschaftliche und gesellschaftliche Einheiten der materiellen Produktion verstanden worden, was auch aus der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB deutlich werde. Darüber hinaus habe man in der DDR auch nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch unter Produktion nicht lediglich die Massenproduktion von Bauwerken oder die Herstellung von Erzeugnissen jeglicher Art verstanden. Als Produktion habe vielmehr jede Betriebsform gegolten, bei der Menschen unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen materielle Güter und Leistungen erzeugt hätten. Man habe somit hierunter neben den reinen materiellen Gütern auch andere produktive Leistungen verstanden. Auch die Bauwirtschaft selbst, die unbestritten zu dem produktiven Bereich gezählt habe, habe neben Neu-, Um- und Erweiterungsbauten auch Instandhaltungen zu erbringen gehabt. Gleiches gelte nach dem bundesdeutschen Sprachverständnis. Weder die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 noch die 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 noch die 3. Durchführungsbestimmung zur Verordnung sprächen in der Überschrift und dem Anwendungsbereich von "Produktionsbetrieben". Lediglich in § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung sei klarstellend ausgeführt, wer den volkseigenen Produktionsbetrieben – noch, d.h. weiterhin – gleichgestellt werde. Auch aus der Kommentierung zu § 12 der VEB-VO sei der gesetzgeberische Wille zu erkennen, dass grundsätzlich jeder VEB vorbehaltlich anders lautender Regelungen als Produktionsbetrieb gelte und eine Produktionsfondsabgabe zu leisten habe.
Bei anderen Mitarbeitern des VEB A., die noch vor 1990 aus dem Betrieb ausgeschieden seien, seien dementsprechend die Beschäftigungszeiten und die Arbeitsentgelte als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt oder ihnen zuerkannt worden. Eine solche Zuerkennung wäre mit der Auffassung des Bundessozialgerichts und der Praxis in der DDR nicht erfolgt, wenn man den VEB A. dem Anwendungsbereich der AVItech nicht habe unterziehen wollen. Auch die Beklagte habe in ihrer anfänglichen Praxis Mitarbeiter vergleichbarer Qualifikation des Betriebes in den Anwendungsbereich der AVItech einbezogen.
Ungeachtet dessen handele es sich bei dem VEB A. um einen Betrieb, dessen Hauptschwerpunkt in der Bauproduktion bestanden habe. Hierfür sprächen sowohl die Art als auch der Umfang der Bauleistungen. Der VEB A. habe in Ermangelung freier Ressourcen der der Bauindustrie eigentlich zuzuordnenden Baubetriebe in zunehmendem Maße bauproduktive Aufgaben erfüllt. Dies sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass den "eigentlichen" Baubetrieben die zentralen Aufgaben der DDR, wie zum Beispiel die Maßnahmen der Verteidigung und des Wohnungsbaus, mit zunehmender Priorität zugeordnet gewesen seien und diese dadurch ihre ursprünglich festgelegten Aufgaben der Bauleistungen zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur, u. a. auch im vorhandenen Autobahnnetz, nicht mehr hätten wahrnehmen können. Diese für die Autobahn und die mit ihr zusammenhängende Infrastruktur der DDR negative Entwicklung habe auch den VEB A. zur Umprofilierung und zu weiteren Entwicklungen eigener Baukapazitäten gezwungen, um den Anforderungen der mit dem Autobahnbetrieb zusammenhängenden Bauproduktion gerecht zu werden. Dies sei insbesondere durch den Aufbau von vier Brückenmeistereien, einer Hochbaumeisterei, zwei Spezialbrigaden Reko-Beton und zwei Spezialbrigaden bituminöse Bauweisen zum Ausdruck gekommen. Aus den letzteren sei schließlich der Betriebsteil Autobahnrekonstruktion gebildet worden. Die ursprünglichen Spezialbrigaden seien gleichzeitig zu eigenständigen Bauleitungen/Meisterbereichen umgebildet worden. Zusätzlich seien sechs Zentralwerkstätten in den Betriebsteilen geschaffen worden, um die Großbeschilderung für das bestehende Autobahnnetz wie auch für den Autobahnneubau einschließlich aller Abzweigungen und Zufahrten herzustellen. Der VEB A. habe auf den Autobahnen Ausbesserungsarbeiten erbracht, Brücken instandgesetzt, im Rahmen des Autobahnneubaus Kooperationsleistungen für das Autobahnkombinat Magdeburg erbracht, Parkflächen an den Autobahnraststätten erweitert und Zufahrten und Brücken neu errichtet. Daneben seien vorhandene Bauwerke saniert und instandgesetzt worden. Ein weiterer wesentlicher Aufgabenbereich habe in der Fahrbahnsanierung mit Gussasphalt bestanden. Nicht zuletzt seien auch sämtliche Schilder selbst gefertigt worden. Schlussendlich seien im Rahmen der industriellen Warenproduktion und Konsumgüterproduktion Geräte, wie z.B. pneumatische Bohrgeräte, Heckenschneidegeräte, Rasenkanteschneidegeräte, Leitpfosten- und Schilderwischgeräte etc., entwickelt und gebaut worden. Die Konsumgüterproduktion habe im Wesentlichen die Fertigung von Betonfertigteilen für den Bevölkerungsbedarf beinhaltet. Das Gesamtbetriebsvolumen aller dieser Bauleistungen habe im Jahresdurchschnitt ein Volumen von ca. 80 Mio Mark und damit 57,4 % der Gesamtleistung des Betriebes ausgemacht. Der Kläger zu 1 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 20. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten des Klägers zu 1 vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Klägerin zu 2 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 20. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 der Klägerin zu 2 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufungen sind unbegründet.
Gegenstand der Berufungen ist die Verpflichtung der Beklagten, Feststellungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) (i.d.F.v. Art. 13 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I, S. 3024) hinsichtlich des Zeitraums vom 1. März 1975 bis zum 30. Juni 1990 zu treffen.
Die Berufung des Klägers zu 1 ist nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2002 den Kläger zu 1 nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Gleichermaßen ist auch die Berufung der Klägerin zu 2 nicht begründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 23. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2003 die Klägerin zu 2 ebenfalls nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Die Kläger haben nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte, den begehrten Zeitraum als Zugehörigkeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG feststellen zu lassen, denn das AAÜG ist im Fall der Kläger nicht anwendbar.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Die Kläger erfüllen keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihnen von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch sind sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihren Fällen nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom Bundessozialgericht behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des Bundessozialgerichts tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle durch Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet zur Überzeugung des erkennenden Senats die Grenzen richterlicher Entscheidungsbefugnis, die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergeben.
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den Einigungsvertrag Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des Einigungsvertrages zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113), jedoch ist aus der weiteren Gesetzesbegründung ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem Einigungsvertrag vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom Bundessozialgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des Einigungsvertrages umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. –, Juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das Bundessozialgericht der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 –, Juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das Bundesverfassungsgericht genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
In Anwendung dieser Maßstäbe hatten die Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Bei dem VEB A. handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich ist hier der – im Ergebnis enge – Sinn, mit dem dieser Begriff der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb enthält § 1 Abs. 1 der 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus § 1 der hierzu ergangenen 1. DB vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch die 2. DB aufgehoben worden ist. Auch danach war notwendige Voraussetzung für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz die Beschäftigung in einem "Produktionsbetrieb". Schon § 5 der Verordnung vom 17. August 1950 sah für den Erlass dieser Durchführungsbestimmungen das Einvernehmen des Ministeriums für Industrie vor. Diese Differenzierung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den anderen volkseigenen Betrieben ist nicht immer in dieser sprachlichen Klarheit aufrechterhalten worden, sondern gelegentlich zur sprachlichen Vereinfachung ausgesetzt worden, wie sich auch aus § 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebs vom 9. Februar 1967 (GBl. II Nr. 21 S. 121) ergibt; die Bestimmung enthält den Hinweis, dass im fortlaufenden Text, der sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe bezieht, der Ausdruck "volkseigener Produktionsbetrieb" durch die Bezeichnung "Betrieb" ersetzt wird. In der Sache wurde jedoch der Unterschied bekräftigt. Denn nach § 49 Abs. 1 der Verordnung (a.a.O.) galt die Verordnung – unmittelbar – "für die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens". Die Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Vereinigungen volkseigener Betriebe vom 28. März 1973 (GBl. I S. 129), die die Verordnung vom 9. Februar 1967 (a.a.O.) ersetzt hat, unterscheidet demgemäß grundsätzlich zwischen u. a den volkseigenen Betrieben in der Industrie, im Bauwesen und im Verkehrswesen, für die sie unmittelbar gilt, und u. a. den volkseigenen Betrieben im Handel auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft und in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft. Insbesondere die Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I S. 355), welche als – soweit ersichtlich – letzte staatliche Äußerung der DDR zur Unterscheidung zwischen den volkseigenen Produktionsbetrieben und den sonstigen volkseigenen Betrieben für das Sprachverständnis der ab dem 3. Oktober 1990 als Bundesrecht weiter anzuwendenden Regeln besondere Bedeutung hat, stellt den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in der Industrie und im Bauwesen den volkseigenen Kombinaten und Kombinatsbetrieben in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft gegenüber. Nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 2. Oktober 1990, an den das Bundesrecht anknüpft, enthielt § 1 Abs. 2 der 2. DB also bloß eine Klarstellung, dass der volkseigene Betrieb ein "volkseigener Produktionsbetrieb" (der Industrie oder des Bauwesens) gewesen sein musste. Hierauf kommt es bundesrechtlich an (so nam. BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5).
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –, Juris). Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das Bundessozialgericht unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, a.a.O., S. 46 f.).
Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, im Wirtschaftsleben der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher Produktion verwendet worden sind, ist ohnehin nicht maßgeblich. Rechtliche Bedeutung käme der Verwendung abweichender Produktionsbegriffe für das rückschauende bundesrechtliche Verständnis des Begriffes der industriellen Produktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Denn die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion erfordert, sich auf den engsten Begriff zu stützen, der Gegenstand der gesetzlichen Regelung gewesen sein kann, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um eine rechtsstaatlich zwingende Korrektur geht es nämlich nur bei der Prüfung, ob bundesrechtlich eine Versorgungszusage zu unterstellen ist, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei der Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von dem verbreitetsten Wortgebrauch im Wirtschaftsleben ausgegangen worden ist.
Ein Indiz dafür, ob es sich bei dem betreffenden volkseigenen Betrieb um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, lässt sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium entnehmen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R –, a.a.O., S. 47, 48 (mit Aufzählung der acht Ende Juni 1990 bestehenden Industrieministerien)). Allerdings spricht nicht allein der Umstand, dass der Betrieb nicht direkt einem Industrieministerium unterstellt war, bereits dafür, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2006 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 3, Rdnr. 16). Außerdem können dem Statut des Betriebes, soweit dort Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes enthalten sind, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, ob es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 34). Soweit danach eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, kommt es darauf an, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, a.a.O., S. 35).
Dagegen, dass es sich beim VEB A. um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, spricht bereits, dass der Betrieb dem Ministerium für Verkehrswesen und somit keinem Industrieministerium unterstellt war. Außerdem finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass im VEB A. die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern stattgefunden hat. Wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, hat die Produktion von Sachgütern allenfalls eine untergeordnete Rolle in der Tätigkeit des VEB A. eingenommen. Ausweislich der Planaufschlüsselung des Betriebskollektivvertrages von 1989 und der insbesondere von dem Zeugen S. vorgenommenen Erläuterung der dort genannten einzelnen Positionen lässt sich eine Produktion von Sachgütern allenfalls den Positionen "sonstiges" (0,3 Mio M) und "industrielle Warenproduktion" (0,7 Mio M) entnehmen. Diese Positionen nehmen jedoch nur einen geringen Anteil an den Eigenleistungen des Betriebs (real finanzgeplante Warenproduktion in Höhe von 115,7 Mio M) und an dem Gesamtumsatz (Reparaturfonds mT 321,3 Mio M) ein.
Der VEB A. war auch kein Produktionsbetrieb des Bauwesens.
Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.). Dieser engen Begriffsauslegung des Bundessozialgerichts folgt der Senat. Die Tatbestandsmerkmale der 2. DB müssen nach der im Ergebnis mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts übereinstimmenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Urteil des Senats vom 25. Mai 2004 – L 1 RA 179/02 –, Rn. 22 ff, Juris). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urteil vom 24. März 1998 – B 4 RA 27/97 R –, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Dagegen, dass der VEB A. ein Produktionsbetrieb des Bauwesens war, spricht, dass der Betrieb dem Ministerium für Verkehrswesen untergeordnet war. Zudem war der Betrieb im Betriebsregister der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik der DDR mit der Wirtschaftsgruppenschlüsselziffer 41180 erfasst, die für Betriebe der Straßenunterhaltung stand. Damit war der Betrieb dem Bereich 4 – Verkehr – zugeordnet. Die Nichtzuordnung zum Bereich 2 – Bauwirtschaft – ist ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Kläger nicht um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens handelte.
Auch die gesetzlichen Bestimmungen der DDR sprechen dagegen, dass dem VEB A. der Bau von Straßen das Gepräge gegeben haben kann. Nach § 6 Abs. 3 der Straßenverordnung vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515, StraßenVO) oblag dem Ministerium für Verkehrswesen u.a. die Kontrolle der Gewährleistung der öffentlichen Nutzung sowie der Durchführung des Straßenwinterdienstes auf den Autobahnen. Nach Abs. 4 waren ihm Einrichtungen und volkseigene Betrieb unterstellt, die insbesondere wirtschaftlich-organisatorische und operative Aufgaben gemäß § 10 StraßenVO erfüllten. Zu den in § 10 Abs. 2 StraßenVO umschriebenen Aufgaben gehörte die Instandhaltung, Erhaltung und Erweiterung der öffentlichen Straßen, die Errichtung, Instandhaltung und Erhaltung von Lichtsignalanlagen und sonstigem Zubehör, die Durchführung des Straßenwinterdienstes, die Pflege der Straßengehölze sowie die Durchführung von Maßnahmen an den Straßenverkehrsanlagen zur Verminderung des Verkehrslärms und der Beeinträchtigung der Anlieger durch Erschütterungen. Danach lag der Aufgabenschwerpunkt solcher Betriebe des Straßenwesens nicht im Bau neuer Straßen, sondern in der Erhaltung und Unterhaltung bereits vorhandener Straßen sowie der dazugehörigen Anlagen (vgl. auch BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Dem entspricht auch die Auskunft des Autobahnamtes H. vom 15. April 2004, wonach der VEB A. bei sämtlichen Autobahnen der DDR für die Instandhaltung, Unterhaltung und für einen großen Teil Bau zuständig war, während der Autobahnneubau vom Straßen-, Brücken- und Tiefbaukombinat erfolgten. Bestätigt wird dies zudem von dem Zeugen S., der ausgeführt hat, dass entsprechend der Aufgabenabgrenzung zwischen den Ministerien Verkehrswesen und Bauwesen dem Bauwesen die Bauleistungen für Autobahnneubau und die Grunderneuerung zusammenhängender Abschnitte übertragen worden seien, während die Bauleistungen, die zur Erhaltung des vorhandenen Autobahnnetzes notwendig gewesen seien, durch den VEB A. erbracht worden seien. Gleichermaßen bezeichnet der Zeuge H. die Erhaltung und Unterhaltung der Autobahnen und Nebenanlagen als Aufgabe des Betriebes. Dies wird auch von dem Zeugen M. so bestätigt, der im Einzelnen die Maßnahmen geschildert hat, die der Betrieb durchgeführt hat, um die Autobahnen befahrbar zu halten. Schließlich sieht auch der Zeuge R. die Hauptaufgabe des Betriebs in der Instandsetzung der Autobahnen, der Wartung und Pflege der Autobahnanlagen und der Durchführung des Winterdienstes. Auch die Mitteilungsblätter "Unsere Autobahnen" nennen als Schwerpunktaufgaben des Betriebes die Instandhaltung der Strecken und Brücken.
Soweit die Zeugen die Bauleistungen des Betriebes auf über 50 % eingeschätzt haben, vermag auch dies nicht die Einordnung des Betriebs als Produktionsbetrieb des Bauwesens zu begründen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Zeugen nicht zwischen Neubauten und Ausbesserungsleistungen differenziert haben.
Soweit die Kläger demgegenüber darauf abstellen, dass das Autobahnkombinat als zentralgeleiteter Betrieb des Bauwesens nur noch zur Grunderneuerung zusammenhängender Strecken fast ausschließlich auf den Transitstrecken zwischen Westberlin und der Bundesrepublik eingesetzt worden sei, was bei dem VEB A. zu einer Umprofilierung und zu weiteren Entwicklungen eigener Baukapazitäten geführt habe, kann dies dahinstehen. Auch ein damit gegebenenfalls verbundener Straßenneubau begründet, sofern er überhaupt dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, nicht die Massenproduktion von Bauwerken als massenhafter Ausstoß standardisierter Produkte und die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken. Dagegen spricht schon, dass die Fertigung von Verkehrswegen und Brücken immer an die örtlichen Verhältnisse angepasst sein muss und keine errichtete Straße oder Brücke einer zuvor errichteten völlig gleichen kann.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festgestellt hat. Selbst bei gleicher Sachlage könnten die Kläger sich nicht darauf berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77– BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved