Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 4264/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 561/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 403/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur widerspruchslosen Einlassung nach § 9 9Abs. 2 SGG.
2. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 ist auf die Gewährung von Sozialleistungen nicht anwendbar (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AGG).
3. Aus § 33 c SGB I kann kein Anspruch abgeleitet werden, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragszeiten und Zeiten, in denen kein Bezug - insbesondere keine Beitragsleistung - zur gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, leistugsgerecht gleich behandelt werden.
4. Die unter 3. genannte Gleichbehandlung ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten.
2. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 ist auf die Gewährung von Sozialleistungen nicht anwendbar (§ 2 Abs. 2 Satz 1 AGG).
3. Aus § 33 c SGB I kann kein Anspruch abgeleitet werden, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragszeiten und Zeiten, in denen kein Bezug - insbesondere keine Beitragsleistung - zur gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, leistugsgerecht gleich behandelt werden.
4. Die unter 3. genannte Gleichbehandlung ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25.Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen die Versagung einer Rente für besonders langjährig Versicherte wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht betrifft einen geltend gemachten Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte, auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit oder auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, alle nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der inzwischen 62-jährige Kläger fragte mit E-Mail vom 10.05.2006 bei der Beklagten an, wie sich seine Rente bei einer Einmal-Einzahlung von 240.000 EUR zum 15.01.2007 verändern würde. Mit weiterer E-Mail vom 21.05.2006 teilte er mit, er habe seit 1981 keine Beiträge mehr in die Rentenversicherung eingezahlt. Er fragte nochmals an, ob es möglich sei, nun im Rahmen einer "Liquidations-Direktversicherung" Beiträge in die Rentenversicherung per Einmalbetrag nachzuentrichten. Dabei unterstrich der Kläger, seine Anfrage wäre formlos. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 31.05.2006, eine Nachzahlung für vergangene Jahre sei nicht möglich; zudem stellte sie einige Fragen zur Erwerbs- und Versichertenbiografie.
Per E-Mail vom 08.07.2006 beantragte der Kläger "Rentenzahlung ohne Abzüge zum Rentenbeginn 01.09.2007". Zur Begründung führte er aus, am 01.08.2007 habe er das Arbeitssoll von 45 Arbeitsjahren erreicht. Weiter erläuterte er, er sei seit Oktober 1980 selbstständig und habe seit 01.01.1983 keine Beiträge mehr an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. Seine Alterssicherung erfolge über eine private, betriebsinterne Vereinbarung. Seit 01.01.2007 erhalte er eine betriebliche Rente, da er alle Kriterien erfüllt habe, die vergleichsweise bei Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente erforderlich seien.
Mit Schreiben vom 13.07.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit scheide aus, weil im maßgebenden Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.03.2007 keine Pflichtbeiträge vorlägen; außerdem seien weder 52 Wochen Arbeitslosigkeit noch 24 Monate Altersteilzeit vorhanden. Für das vorgezogene Altersruhegeld für langjährig Versicherte (mit Vollendung des 63. Lebensjahres) sowie für Schwerbehinderte (mit Vollendung des
60. Lebensjahres) fehle es jeweils an der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren. Vor Vollendung des 65. Lebensjahres bestehe kein Rentenanspruch.
Mit Schreiben vom 15.07.2006 erwiderte der Kläger, er beantrage kein vorgezogenes Altersruhegeld, sondern vielmehr Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit von 45 Jahren zum 01.09.2007; er bat darum, diesen Antrag zu verbescheiden. In diesem Zusammenhang teilte er mit, er habe sich von 01.08.2003 bis 31.12.2006 in Altersteilzeit befunden. Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung habe er durchgehend von 1983 bis Dezember 2006 bezahlt. Rechne man seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1962 bis 1982 dazu, komme er auf insgesamt 44 Jahre mit Beiträgen. Zwischen 1962 und 2006 sei er nicht arbeitslos gewesen. Er stützte sich auf das "neu verfasste Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (ab 01.08.2006)".
Mit Bescheid vom 31.07.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf ein Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit ab; ein solches sehe das Gesetz überhaupt nicht vor. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31.07.2006 Widerspruch ein, wozu er u.a. ausführte, es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bis 01.09.2007 ein Altersruhegesetz wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit erlasse. Er verwies wieder auf das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" und schloss daraus, seine Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung müssten hinsichtlich der Erfüllung von Warte- und Versicherungszeiten wie solche zur gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit ähnlicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2006 erhob der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage. Im Klageverfahren war er von Rechtsanwälten vertreten. Mit Schriftsatz vom 24.11.2006 beantragte seine Prozessbevollmächtigte zunächst, die Beklagte zu verurteilen, "dem Kläger gemäß dessen Antrag vom 10.07.2006 vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte zu zahlen". Die Beklagte erwiderte darauf mit Schriftsatz vom 04.12.2006, der Antrag auf Klageabweisung werde aufrecht erhalten; es werde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen; Gründe, die zu einer Änderung der Rechtsauffassung der Beklagten führen könnten, seien nicht ersichtlich. Ergänzend erteilte die Beklagte Hinweise zu einer Altersrente nach § 237 SGB VI. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers griff dies auf und beantragte erstmals alternativ eine Rente nach § 236 oder nach § 237 SGB VI, was auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25.06.2008 so praktiziert wurde. Mit Urteil vom gleichen Tag wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus: Eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI scheide schon deswegen aus, weil die Pflichtbeitragszeit des § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) nicht erfüllt sei. Auch liege keine Altersteilzeit im Sinn von § 2 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes (ATG) vor. Eine Rente nach § 38 SGB VI für besonders langjährig Versicherte (Erfüllung einer Wartezeit von
45 Jahren) gebe es erst ab 01.01.2012.
Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.02.2008 Berufung eingelegt. Er trägt unter anderem vor, bezüglich der Rente nach § 236 SGB VI (Altersrente für langjährig Versicherte) sei die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Er, der Kläger, befinde sich seit 01.08.1962 bis dato ununterbrochen im Arbeitsprozess. Er habe 21 Jahre in die gesetzliche und 26 Jahre in eine gleich gestellte betriebliche Rentenversicherung einbezahlt und damit die Wartezeit übererfüllt. Er habe auch Anspruch auf eine Rente nach § 237 SGB VI (Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit), wobei der Kläger auf die Voraussetzung der acht Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Renteneintritt nicht eingeht. Auch habe er einen Rentenanspruch nach § 38 SGB VI. Alles andere verstoße gegen §§ 1, 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Am 10.07.2008 hat der Kläger einen neuen Rentenantrag gestellt. Mit Bescheid vom 16.07.2008 hat die Beklagte sowohl einen Antrag auf eine Rente nach Altersteilzeit als auch auf eine Rente für schwerbehinderte Menschen nach § 236 a SGB VI abgelehnt. Den dagegen mit Schreiben vom 05.08.2008 eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2008 zurückgewiesen. Auch dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben (dortiges Aktenzeichen ). Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 hat die Beklagte Widersprüche, die sich gegen die Ablehnung der streitgegenständlichen Altersrenten richteten, zurückgewiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Juni 2008 sowie die im Schreiben vom 13. Juli 2006 getroffene Regelung in der Gestalt des Bescheids vom 16. Juli 2008 und der Widerspruchsbescheide vom 6. Oktober 2008 und vom 7. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2007 entweder eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 SGB VI oder eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI oder eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 38 SGB VI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf ihr Vorbringen vor dem Sozialgericht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Soweit eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 38 SGB VI begehrt wird, ist die Klage unbegründet.
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen des Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör des Klägers ist gewahrt. In einer unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen E-Mail hat der Kläger ausdrücklich darum gebeten, in seiner Abwesenheit zu entscheiden.
Streitgegenstand im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht sind alle drei geltend gemachten Renten, wobei das klägerische Unterfangen eine alternative objektive Klagehäufung verkörpert. Der Kläger begehrt entweder eine Altersrente für langjährig Versicherte oder eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit oder eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Der Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht ist in vollem Umfang in das Berufungsverfahren "transportiert" worden. Dieser nahm im sozialgerichtlichen Verfahren eine sehr dynamische Entwicklung. Als der Kläger Klage erhob, wandte er sich ausschließlich gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006. Zu dem Widerspruchsbescheid kam es dadurch, dass der Kläger mit E-Mail vom 08.07.2006 zunächst "Rentenzahlung ohne Abzüge zum Rentenbeginn 01.09.2007" beantragte; er begründete dies mit der Erfüllung des Arbeitssolls von 45 Jahren. Die Beklagte sah sich nicht in der Lage, diesen Antrag zu verbescheiden, weil das Gesetz eine entsprechende Rentenleistung überhaupt nicht vorsieht. Sie erklärte dem Kläger mit Schreiben vom 13.07.2006, er habe weder Anspruch auf eine Altersrente nach § 236 noch nach § 237 SGB VI. Mit Schreiben vom 15.07.2006 wies der Kläger allerdings ausdrücklich darauf hin, er beantrage kein vorgezogenes Altersruhegeld, sondern vielmehr "Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit"; zugleich bat er darum, gerade diesen Antrag zu verbescheiden. Dem entsprach die Beklagte; sie lehnte den Antrag auf Erfüllung eines Altersruhegeldes wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit mit Bescheid vom 31.07.2006 ab. Im darauf folgenden Widerspruchsverfahren war nur dieser vom Kläger beschränkte Antrag Streitgegenstand.
Erst die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat während des laufenden Klageverfahrens dessen ursprüngliches aussichtsloses Begehren fallen lassen und zunächst nur eine Rente nach § 236 SGB VI beantragt (Schriftsatz vom 24.11.2006). Daraufhin reagierte die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.12.2006; zum einen verwies sie darin auf den Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 mit dem Zusatz, Gründe, die ihre Rechtsauffassung beeinflussen könnten, lägen nicht vor; im Folgenden erläuterte sie ausführlich, auf eine Rente nach § 237 SGB VI bestehe kein Anspruch. Die modifizierte Antragstellung der Prozessbevollmächtigten verkörpert eine Klageänderung. Der bis dato vorliegende Streitgegenstand wurde durch einen neuen ausgetauscht. Die Zulässigkeit der Klageänderung folgt aus § 99 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil sich die Beklagte auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat. Die Ausführungen der Beklagten zu § 237 SGB VI bewogen die Prozessbevollmächtigte des Klägers dazu, mit Schriftsatz vom 16.03.2007 nun auch eine Altersrente nach § 237 SGB VI zu beantragen. Die Reaktion der Beklagten (Schriftsatz vom 03.05.2007) bestand darin, im Wesentlichen auf ihren Schriftsatz vom 04.12.2006 zu verweisen. Die Antragserweiterung auf eine Rente nach
§ 237 SGB VI stellte wiederum eine Klageänderung dar, die wegen erneuter rügeloser Einlassung der Beklagten auch zulässig war.
In seiner Urteilsbegründung hat sich das Sozialgericht auch mit einer Altersrente nach
§ 38 SGB VI beschäftigt, obwohl diese seinerzeit noch nicht Streitgegenstand war. Der Kläger hat dies aufgegriffen und im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht mit der Altersrente nach § 38 SGB VI einen dritten Streitgegenstand eingeführt. Wiederum hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.11.2008 rügelos im Sinn von § 99 Abs. 2 SGG, der gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch für das Berufungsverfahren gilt, eingelassen. Die rügelose Einlassung bindet auch das Gericht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/
Keller/ders., Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 96 RdNr. 9). Das führt dazu, dass der Senat den neuen Streitgegenstand nicht zurückweisen kann, auch wenn er die Klageänderung nicht für sachgerecht erachtet. Da eine nachträgliche objektive Klagehäufung noch im Berufungsverfahren zulässig ist, muss der Senat sich auch mit dem Begehren einer Rente nach § 38 SGB VI befassen.
Die neuerliche ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 16.07.2008 über einen Antrag auf eine Rente nach § 237 SGB VI, gegen die der Kläger jüngst beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben hat (Az.: ), ist gemäß § 153 Abs. 1, § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn insoweit ist der bisherige angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen Ablehnungsbescheid ersetzt worden. Die mit dieser Klage weiter geltend gemachte Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236 a SGB VI) ist dagegen nicht Teil des Berufungsverfahrens geworden; denn diesbezüglich gibt es keine Überlagerung der Streitgegenstände.
Die Klage ist bezüglich aller drei alternativen Streitgegenstände zulässig. Insbesondere liegt jeweils eine Entscheidung der Beklagten im Verwaltungsverfahren vor. Des weiteren ist inzwischen jeweils auch ein Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und mit einer negativen Widerspruchsentscheidung abgeschlossen worden. Dieses Ergebnis liegt indes nicht auf der Hand und bedarf näherer Begründung.
Mit Schreiben vom 13.07.2006 hatte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente nach
§ 236 SGB VI sowie nach § 237 SGB VI abgelehnt, ohne eine Rechtsbehelfsbelehrung beizugeben, nachdem der Kläger mit seiner E-Mail vom 08.07.2006 eine Rente ab 01.09.2007 ohne Abzüge beantragt hatte. Jedoch verdeutlichte der Kläger im Folgenden, er sei an einer solchen Rente überhaupt nicht interessiert. Vielmehr begehre er eine Rente wegen Erfüllung der Lebensarbeitszeit von 45 Jahren. Daraus ist abzuleiten, dass bis dahin ein Antrag für eine Rente nach § 236 oder § 237 SGB VI überhaupt nicht vorgelegen hatte. Vielmehr war der Kläger der Ansicht, die Beklagte habe im Schreiben vom 13.07.2006 über ein Aliud entschieden. Erst im Klageverfahren griff die Prozessbevollmächtigte die Renten nach § 236 und § 237 SGB VI wieder auf, wobei die Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI) durch den Schriftsatz vom 24.11.2006, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (§ 237 SGB VI) durch den Schriftsatz vom 16.03.2007 eingeführt wurde. Darin erblickt der Senat sowohl die Nachholung des erforderlichen Antrags als auch die Widerspruchseinlegung. Bezüglich der Widerspruchseinlegung muss beachtet werden, dass die Beklagte mit Schreiben vom 13.07.2006 bereits die Gewährung dieser Rente abgelehnt hatte - und zwar ohne Rechtsbehelfsbelehrung und deshalb mit einjähriger Widerspruchsfrist. Somit besteht kein Hindernis, die Antragstellung im Klageverfahren auch als Widerspruchseinlegung zu interpretieren. Dass vorher noch kein entsprechender Rentenantrag gestellt, also antragslos über eine Rente entschieden worden war, steht der Annahme, mit den Schriftsätzen vom 24.11.2006 und 16.03.2007 sei auch eine Widerspruchseinlegung erfolgt, nicht entgegen.
Über den jeweiligen Widerspruch ist von der Beklagten auch entschieden worden. Nahe liegend ist der Gedanke, in der auf die Antragstellung der Prozessbevollmächtigten folgenden ablehnenden Reaktion seitens der Beklagten im gerichtlichen Verfahren würde eine Widerspruchsentscheidung liegen. Das erscheint nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr möglich (vgl. dazu die Nachweise und die Stellungnahme bei Leitherer, a.a.O., § 78 RdNr. 3c); eine Klageerwiderung verkörpert keine hinreichende Entscheidung über einen Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren ist auch nicht verzichtbar. Weder liegt einer der Fälle des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG vor noch besteht eine "ungeschriebener" Grund für die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Insbesondere vermag der Aspekt der "bloßen Förmelei" nicht dazu zu führen, dass auf ein Widerspruchsverfahren verzichtet werden könnte. Zwar bedarf es eines förmlichen Widerspruchsverfahrens u.U. dann nicht, wenn der beklagte Verwaltungsträger in der Klageerwiderung deutlich macht, dass er an der angefochtenen Entscheidung festhält. Diese Erleichterung gilt aber allenfalls dann, wenn Beklagte und Widerspruchsbehörde identisch sind. Das ist hier nicht der Fall, weil bei der Beklagten eine von der Vertreterversammlung zu bestimmende Widerspruchsstelle (§ 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) über den Widerspruch zu entscheiden hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage 2008, IV. Kapitel RdNr. 26). Auf Veranlassung des Senats hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 jedoch die noch ausstehende Entscheidung nachgeholt.
Eine Rente nach § 38 SGB VI war im Vorfeld des Berufungsverfahrens in keiner Weise beantragt worden. Erst das Sozialgericht hat mit seinen Ausführungen im Urteil den Kläger dazu "animiert", den Streit auch insoweit zu führen; in der Berufungsbegründung vom 12.11.2008 behauptet der Kläger nun auch einen Rentenanspruch nach § 38 SGB VI. Damit hat der Kläger einen Rentenantrag gestellt. Setzt man diesen Gedanken fort, dann muss man die Äußerung der Beklagten vom 19.11.2008 als Ablehnung des Rentenantrags interpretieren. Denn sie hat geschrieben, auch die Berufungsbegründung des Klägers sei nicht geeignet, das angefochtene Urteil zu entkräften; der Senat geht davon aus, dass die Beklagte damit auf sämtliche Aspekte reagieren wollte, die der Kläger vorgetragen hat. Indes hat der Kläger auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.11.2008 nicht mehr erwidert. Streng genommen hat er demzufolge keinen Widerspruch eingelegt. Dennoch hat die Beklagte auf Veranlassung des Senats im Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 auch die Rente nach § 38 SGB VI mit einbezogen. In seiner letzten E-Mail vom 18.05.2009 hat der Kläger schließlich verdeutlicht, er wolle uneingeschränkt an seinem letzten Berufungs- bzw. Klagebegehren festhalten; damit liegt auch ein Widerspruch vor. Dass die Widerspruchsentscheidung vom 07.05.2009 diesen antizipierend unterstellt hat, ist unschädlich.
Die Klage ist bezüglich aller drei Streitgegenstände unbegründet.
Im Hinblick auf die Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 SGB VI ist nach
§ 300 Abs. 2 SGB VI das vor dem 01.01.2008 geltende Recht anzuwenden, weil von einer Antragstellung im November 2006 auszugehen ist. Aus der seinerzeit einschlägigen Anlage 21 zum SGB VI geht hervor, dass die Altersgrenze für den im März 1947 geborenen Kläger bereits 65 Jahre beträgt. Allerdings ist nach § 236 Abs. 1 Satz 3 SGB VI in der einschlägigen Fassung die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente möglich; nach der seinerzeit geltenden Anlage 21 zum SGB VI besteht diese Möglichkeit aber erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres. Dieses hat der Kläger noch nicht erreicht. Somit ist auch keine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente möglich. Darüber hinaus fehlt es an der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Auf diese Wartezeit werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet (§ 51 Abs. 3 SGB VI). Rentenrechtliche Zeiten sind nach § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Berücksichtigungszeiten. Solche liegen ab 1983 allesamt nicht vor. Der Kläger hat sich von da an gänzlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung "verabschiedet" und keine Beiträge - auch keine freiwilligen - mehr gezahlt. Auch Anrechnungszeiten (vgl. § 54 Abs. 4 SGB VI) sind nicht gegeben. Leistungen in eine "betriebliche Rentenversicherung" fallen nicht hierunter.
Bezüglich der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit - auch insoweit gilt nach § 300 Abs. 2 SGB VI altes Recht - wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen. Es hat seine Ablehnung zutreffend damit begründet, eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI scheide schon deswegen aus, weil die Pflichtbeitragszeit des § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) nicht erfüllt sei. Auch liege keine Altersteilzeit im Sinn von § 2 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG vor. Letzteres sei der Fall, weil der Kläger nicht zum nach § 2 ATG begünstigten Personenkreis gehöre; denn die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ATG erforderliche Zeit in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sei nicht gegeben. Dem ist vom Senat nichts hinzuzufügen.
Eine Rente nach § 38 SGB VI gibt es erst ab 01.01.2012; erst dann nämlich tritt die Anspruchsnorm in Kraft. Zudem hätte der Kläger die Leistungsvoraussetzungen in keiner Weise erfüllt (Vollendung des 65. Lebensjahres, Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren).
Die immer wiederkehrende Bezugnahme des Klägers auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) liegt neben der Sache. Zunächst ist das Gesetz gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG überhaupt nicht anwendbar, weil es im vorliegenden Fall um die Gewährung von Sozialleistungen geht. Die einschlägigen Bestimmung ist insoweit vielmehr § 33 c des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch (SGB I); die spezielle Regelung des § 19 a des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch gilt nur bei ganz bestimmten Leistungen, zu denen Rentenleistungen nicht gehören. Der Kläger verkennt, dass § 33 c SGB I lediglich eine Benachteiligung wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung verbietet. Die von ihm monierte Schlechterstellung knüpft an diese Kriterien ganz offenkundig auch nicht mittelbar an. Zudem trifft § 33 c Satz 2 SGB I die ausdrückliche Regelung, dass Leistungsansprüche unmittelbar aus der Norm nicht abgeleitet werden können, sondern sich nach den einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Sozialrechtsbereichs richten.
Verfassungsrechtlich bestehen dagegen, dass der Kläger nicht die von ihm reklamierten Ansprüche hat, keinerlei Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat es in ständiger Rechtsprechung gebilligt, dass die gesetzliche Rentenversicherung Leistungen von Beiträgen oder Versicherungszeiten abhängig machen kann, weil für sie auch das Versicherungsprinzip gilt (vgl. BVerfGE 25, 314 ; 28, 324 ; 39, 316 ; 48, 227 ; 48, 346 ; 59, 36 ; 59, 287 ; 66, 234 ; 67, 231 ; 76, 256 ). Der Kläger kann daher keine Benachteiligung gegenüber denjenigen rügen, welche diese Beitrags- oder Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben. Wer sich bewusst über Jahrzehnte hinweg von der gesetzlichen Rentenversicherung abwendet, muss als Konsequenz hinnehmen, dass nicht nur die Rentenhöhe vermindert, sondern auch das Leistungsspektrum dem Grunde nach eingeschränkt ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger wie selbstverständlich erwartet, ihm müsse, obwohl er sich dafür entschieden hatte, seine Altersversorgung im Wesentlichen außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern, die volle Bandbreite rentenversicherungsrechtlicher Leistungen zur Verfügung stehen. Zudem bleibt ihm immerhin die Regelaltersrente.
Da das Begehren einer Rente gemäß § 38 SGB VI erstmals im Berufungsverfahren eingeführt worden ist, handelt es sich insoweit nicht um ein Rechtsmittel. Es muss deshalb in der Hauptsache dergestalt tenoriert werden, dass die "Klage abgewiesen" wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Klage gegen die Versagung einer Rente für besonders langjährig Versicherte wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht betrifft einen geltend gemachten Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte, auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit oder auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, alle nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Der inzwischen 62-jährige Kläger fragte mit E-Mail vom 10.05.2006 bei der Beklagten an, wie sich seine Rente bei einer Einmal-Einzahlung von 240.000 EUR zum 15.01.2007 verändern würde. Mit weiterer E-Mail vom 21.05.2006 teilte er mit, er habe seit 1981 keine Beiträge mehr in die Rentenversicherung eingezahlt. Er fragte nochmals an, ob es möglich sei, nun im Rahmen einer "Liquidations-Direktversicherung" Beiträge in die Rentenversicherung per Einmalbetrag nachzuentrichten. Dabei unterstrich der Kläger, seine Anfrage wäre formlos. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 31.05.2006, eine Nachzahlung für vergangene Jahre sei nicht möglich; zudem stellte sie einige Fragen zur Erwerbs- und Versichertenbiografie.
Per E-Mail vom 08.07.2006 beantragte der Kläger "Rentenzahlung ohne Abzüge zum Rentenbeginn 01.09.2007". Zur Begründung führte er aus, am 01.08.2007 habe er das Arbeitssoll von 45 Arbeitsjahren erreicht. Weiter erläuterte er, er sei seit Oktober 1980 selbstständig und habe seit 01.01.1983 keine Beiträge mehr an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. Seine Alterssicherung erfolge über eine private, betriebsinterne Vereinbarung. Seit 01.01.2007 erhalte er eine betriebliche Rente, da er alle Kriterien erfüllt habe, die vergleichsweise bei Inanspruchnahme einer gesetzlichen Rente erforderlich seien.
Mit Schreiben vom 13.07.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit scheide aus, weil im maßgebenden Zeitraum vom 01.04.1997 bis 31.03.2007 keine Pflichtbeiträge vorlägen; außerdem seien weder 52 Wochen Arbeitslosigkeit noch 24 Monate Altersteilzeit vorhanden. Für das vorgezogene Altersruhegeld für langjährig Versicherte (mit Vollendung des 63. Lebensjahres) sowie für Schwerbehinderte (mit Vollendung des
60. Lebensjahres) fehle es jeweils an der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren. Vor Vollendung des 65. Lebensjahres bestehe kein Rentenanspruch.
Mit Schreiben vom 15.07.2006 erwiderte der Kläger, er beantrage kein vorgezogenes Altersruhegeld, sondern vielmehr Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit von 45 Jahren zum 01.09.2007; er bat darum, diesen Antrag zu verbescheiden. In diesem Zusammenhang teilte er mit, er habe sich von 01.08.2003 bis 31.12.2006 in Altersteilzeit befunden. Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung habe er durchgehend von 1983 bis Dezember 2006 bezahlt. Rechne man seine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1962 bis 1982 dazu, komme er auf insgesamt 44 Jahre mit Beiträgen. Zwischen 1962 und 2006 sei er nicht arbeitslos gewesen. Er stützte sich auf das "neu verfasste Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (ab 01.08.2006)".
Mit Bescheid vom 31.07.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf ein Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit ab; ein solches sehe das Gesetz überhaupt nicht vor. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31.07.2006 Widerspruch ein, wozu er u.a. ausführte, es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bis 01.09.2007 ein Altersruhegesetz wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit erlasse. Er verwies wieder auf das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" und schloss daraus, seine Beiträge zur betrieblichen Rentenversicherung müssten hinsichtlich der Erfüllung von Warte- und Versicherungszeiten wie solche zur gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch mit ähnlicher Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2006 erhob der Kläger beim Sozialgericht Regensburg Klage. Im Klageverfahren war er von Rechtsanwälten vertreten. Mit Schriftsatz vom 24.11.2006 beantragte seine Prozessbevollmächtigte zunächst, die Beklagte zu verurteilen, "dem Kläger gemäß dessen Antrag vom 10.07.2006 vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte zu zahlen". Die Beklagte erwiderte darauf mit Schriftsatz vom 04.12.2006, der Antrag auf Klageabweisung werde aufrecht erhalten; es werde auf den Widerspruchsbescheid verwiesen; Gründe, die zu einer Änderung der Rechtsauffassung der Beklagten führen könnten, seien nicht ersichtlich. Ergänzend erteilte die Beklagte Hinweise zu einer Altersrente nach § 237 SGB VI. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers griff dies auf und beantragte erstmals alternativ eine Rente nach § 236 oder nach § 237 SGB VI, was auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25.06.2008 so praktiziert wurde. Mit Urteil vom gleichen Tag wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus: Eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Teilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI scheide schon deswegen aus, weil die Pflichtbeitragszeit des § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) nicht erfüllt sei. Auch liege keine Altersteilzeit im Sinn von § 2 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes (ATG) vor. Eine Rente nach § 38 SGB VI für besonders langjährig Versicherte (Erfüllung einer Wartezeit von
45 Jahren) gebe es erst ab 01.01.2012.
Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.02.2008 Berufung eingelegt. Er trägt unter anderem vor, bezüglich der Rente nach § 236 SGB VI (Altersrente für langjährig Versicherte) sei die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Er, der Kläger, befinde sich seit 01.08.1962 bis dato ununterbrochen im Arbeitsprozess. Er habe 21 Jahre in die gesetzliche und 26 Jahre in eine gleich gestellte betriebliche Rentenversicherung einbezahlt und damit die Wartezeit übererfüllt. Er habe auch Anspruch auf eine Rente nach § 237 SGB VI (Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit), wobei der Kläger auf die Voraussetzung der acht Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Renteneintritt nicht eingeht. Auch habe er einen Rentenanspruch nach § 38 SGB VI. Alles andere verstoße gegen §§ 1, 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Am 10.07.2008 hat der Kläger einen neuen Rentenantrag gestellt. Mit Bescheid vom 16.07.2008 hat die Beklagte sowohl einen Antrag auf eine Rente nach Altersteilzeit als auch auf eine Rente für schwerbehinderte Menschen nach § 236 a SGB VI abgelehnt. Den dagegen mit Schreiben vom 05.08.2008 eingelegten Widerspruch hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2008 zurückgewiesen. Auch dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben (dortiges Aktenzeichen ). Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 hat die Beklagte Widersprüche, die sich gegen die Ablehnung der streitgegenständlichen Altersrenten richteten, zurückgewiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Juni 2008 sowie die im Schreiben vom 13. Juli 2006 getroffene Regelung in der Gestalt des Bescheids vom 16. Juli 2008 und der Widerspruchsbescheide vom 6. Oktober 2008 und vom 7. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2007 entweder eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 SGB VI oder eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI oder eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 38 SGB VI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf ihr Vorbringen vor dem Sozialgericht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Soweit eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 38 SGB VI begehrt wird, ist die Klage unbegründet.
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen des Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör des Klägers ist gewahrt. In einer unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen E-Mail hat der Kläger ausdrücklich darum gebeten, in seiner Abwesenheit zu entscheiden.
Streitgegenstand im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht sind alle drei geltend gemachten Renten, wobei das klägerische Unterfangen eine alternative objektive Klagehäufung verkörpert. Der Kläger begehrt entweder eine Altersrente für langjährig Versicherte oder eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit oder eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Der Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht ist in vollem Umfang in das Berufungsverfahren "transportiert" worden. Dieser nahm im sozialgerichtlichen Verfahren eine sehr dynamische Entwicklung. Als der Kläger Klage erhob, wandte er sich ausschließlich gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006. Zu dem Widerspruchsbescheid kam es dadurch, dass der Kläger mit E-Mail vom 08.07.2006 zunächst "Rentenzahlung ohne Abzüge zum Rentenbeginn 01.09.2007" beantragte; er begründete dies mit der Erfüllung des Arbeitssolls von 45 Jahren. Die Beklagte sah sich nicht in der Lage, diesen Antrag zu verbescheiden, weil das Gesetz eine entsprechende Rentenleistung überhaupt nicht vorsieht. Sie erklärte dem Kläger mit Schreiben vom 13.07.2006, er habe weder Anspruch auf eine Altersrente nach § 236 noch nach § 237 SGB VI. Mit Schreiben vom 15.07.2006 wies der Kläger allerdings ausdrücklich darauf hin, er beantrage kein vorgezogenes Altersruhegeld, sondern vielmehr "Altersruhegeld wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit"; zugleich bat er darum, gerade diesen Antrag zu verbescheiden. Dem entsprach die Beklagte; sie lehnte den Antrag auf Erfüllung eines Altersruhegeldes wegen Erfüllung der Regelarbeitszeit mit Bescheid vom 31.07.2006 ab. Im darauf folgenden Widerspruchsverfahren war nur dieser vom Kläger beschränkte Antrag Streitgegenstand.
Erst die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat während des laufenden Klageverfahrens dessen ursprüngliches aussichtsloses Begehren fallen lassen und zunächst nur eine Rente nach § 236 SGB VI beantragt (Schriftsatz vom 24.11.2006). Daraufhin reagierte die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.12.2006; zum einen verwies sie darin auf den Widerspruchsbescheid vom 21.09.2006 mit dem Zusatz, Gründe, die ihre Rechtsauffassung beeinflussen könnten, lägen nicht vor; im Folgenden erläuterte sie ausführlich, auf eine Rente nach § 237 SGB VI bestehe kein Anspruch. Die modifizierte Antragstellung der Prozessbevollmächtigten verkörpert eine Klageänderung. Der bis dato vorliegende Streitgegenstand wurde durch einen neuen ausgetauscht. Die Zulässigkeit der Klageänderung folgt aus § 99 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil sich die Beklagte auf die Klageänderung rügelos eingelassen hat. Die Ausführungen der Beklagten zu § 237 SGB VI bewogen die Prozessbevollmächtigte des Klägers dazu, mit Schriftsatz vom 16.03.2007 nun auch eine Altersrente nach § 237 SGB VI zu beantragen. Die Reaktion der Beklagten (Schriftsatz vom 03.05.2007) bestand darin, im Wesentlichen auf ihren Schriftsatz vom 04.12.2006 zu verweisen. Die Antragserweiterung auf eine Rente nach
§ 237 SGB VI stellte wiederum eine Klageänderung dar, die wegen erneuter rügeloser Einlassung der Beklagten auch zulässig war.
In seiner Urteilsbegründung hat sich das Sozialgericht auch mit einer Altersrente nach
§ 38 SGB VI beschäftigt, obwohl diese seinerzeit noch nicht Streitgegenstand war. Der Kläger hat dies aufgegriffen und im Verfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht mit der Altersrente nach § 38 SGB VI einen dritten Streitgegenstand eingeführt. Wiederum hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.11.2008 rügelos im Sinn von § 99 Abs. 2 SGG, der gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch für das Berufungsverfahren gilt, eingelassen. Die rügelose Einlassung bindet auch das Gericht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/
Keller/ders., Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 96 RdNr. 9). Das führt dazu, dass der Senat den neuen Streitgegenstand nicht zurückweisen kann, auch wenn er die Klageänderung nicht für sachgerecht erachtet. Da eine nachträgliche objektive Klagehäufung noch im Berufungsverfahren zulässig ist, muss der Senat sich auch mit dem Begehren einer Rente nach § 38 SGB VI befassen.
Die neuerliche ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 16.07.2008 über einen Antrag auf eine Rente nach § 237 SGB VI, gegen die der Kläger jüngst beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben hat (Az.: ), ist gemäß § 153 Abs. 1, § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn insoweit ist der bisherige angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen Ablehnungsbescheid ersetzt worden. Die mit dieser Klage weiter geltend gemachte Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236 a SGB VI) ist dagegen nicht Teil des Berufungsverfahrens geworden; denn diesbezüglich gibt es keine Überlagerung der Streitgegenstände.
Die Klage ist bezüglich aller drei alternativen Streitgegenstände zulässig. Insbesondere liegt jeweils eine Entscheidung der Beklagten im Verwaltungsverfahren vor. Des weiteren ist inzwischen jeweils auch ein Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und mit einer negativen Widerspruchsentscheidung abgeschlossen worden. Dieses Ergebnis liegt indes nicht auf der Hand und bedarf näherer Begründung.
Mit Schreiben vom 13.07.2006 hatte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente nach
§ 236 SGB VI sowie nach § 237 SGB VI abgelehnt, ohne eine Rechtsbehelfsbelehrung beizugeben, nachdem der Kläger mit seiner E-Mail vom 08.07.2006 eine Rente ab 01.09.2007 ohne Abzüge beantragt hatte. Jedoch verdeutlichte der Kläger im Folgenden, er sei an einer solchen Rente überhaupt nicht interessiert. Vielmehr begehre er eine Rente wegen Erfüllung der Lebensarbeitszeit von 45 Jahren. Daraus ist abzuleiten, dass bis dahin ein Antrag für eine Rente nach § 236 oder § 237 SGB VI überhaupt nicht vorgelegen hatte. Vielmehr war der Kläger der Ansicht, die Beklagte habe im Schreiben vom 13.07.2006 über ein Aliud entschieden. Erst im Klageverfahren griff die Prozessbevollmächtigte die Renten nach § 236 und § 237 SGB VI wieder auf, wobei die Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI) durch den Schriftsatz vom 24.11.2006, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (§ 237 SGB VI) durch den Schriftsatz vom 16.03.2007 eingeführt wurde. Darin erblickt der Senat sowohl die Nachholung des erforderlichen Antrags als auch die Widerspruchseinlegung. Bezüglich der Widerspruchseinlegung muss beachtet werden, dass die Beklagte mit Schreiben vom 13.07.2006 bereits die Gewährung dieser Rente abgelehnt hatte - und zwar ohne Rechtsbehelfsbelehrung und deshalb mit einjähriger Widerspruchsfrist. Somit besteht kein Hindernis, die Antragstellung im Klageverfahren auch als Widerspruchseinlegung zu interpretieren. Dass vorher noch kein entsprechender Rentenantrag gestellt, also antragslos über eine Rente entschieden worden war, steht der Annahme, mit den Schriftsätzen vom 24.11.2006 und 16.03.2007 sei auch eine Widerspruchseinlegung erfolgt, nicht entgegen.
Über den jeweiligen Widerspruch ist von der Beklagten auch entschieden worden. Nahe liegend ist der Gedanke, in der auf die Antragstellung der Prozessbevollmächtigten folgenden ablehnenden Reaktion seitens der Beklagten im gerichtlichen Verfahren würde eine Widerspruchsentscheidung liegen. Das erscheint nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht mehr möglich (vgl. dazu die Nachweise und die Stellungnahme bei Leitherer, a.a.O., § 78 RdNr. 3c); eine Klageerwiderung verkörpert keine hinreichende Entscheidung über einen Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren ist auch nicht verzichtbar. Weder liegt einer der Fälle des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG vor noch besteht eine "ungeschriebener" Grund für die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens. Insbesondere vermag der Aspekt der "bloßen Förmelei" nicht dazu zu führen, dass auf ein Widerspruchsverfahren verzichtet werden könnte. Zwar bedarf es eines förmlichen Widerspruchsverfahrens u.U. dann nicht, wenn der beklagte Verwaltungsträger in der Klageerwiderung deutlich macht, dass er an der angefochtenen Entscheidung festhält. Diese Erleichterung gilt aber allenfalls dann, wenn Beklagte und Widerspruchsbehörde identisch sind. Das ist hier nicht der Fall, weil bei der Beklagten eine von der Vertreterversammlung zu bestimmende Widerspruchsstelle (§ 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) über den Widerspruch zu entscheiden hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Auflage 2008, IV. Kapitel RdNr. 26). Auf Veranlassung des Senats hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 jedoch die noch ausstehende Entscheidung nachgeholt.
Eine Rente nach § 38 SGB VI war im Vorfeld des Berufungsverfahrens in keiner Weise beantragt worden. Erst das Sozialgericht hat mit seinen Ausführungen im Urteil den Kläger dazu "animiert", den Streit auch insoweit zu führen; in der Berufungsbegründung vom 12.11.2008 behauptet der Kläger nun auch einen Rentenanspruch nach § 38 SGB VI. Damit hat der Kläger einen Rentenantrag gestellt. Setzt man diesen Gedanken fort, dann muss man die Äußerung der Beklagten vom 19.11.2008 als Ablehnung des Rentenantrags interpretieren. Denn sie hat geschrieben, auch die Berufungsbegründung des Klägers sei nicht geeignet, das angefochtene Urteil zu entkräften; der Senat geht davon aus, dass die Beklagte damit auf sämtliche Aspekte reagieren wollte, die der Kläger vorgetragen hat. Indes hat der Kläger auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.11.2008 nicht mehr erwidert. Streng genommen hat er demzufolge keinen Widerspruch eingelegt. Dennoch hat die Beklagte auf Veranlassung des Senats im Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009 auch die Rente nach § 38 SGB VI mit einbezogen. In seiner letzten E-Mail vom 18.05.2009 hat der Kläger schließlich verdeutlicht, er wolle uneingeschränkt an seinem letzten Berufungs- bzw. Klagebegehren festhalten; damit liegt auch ein Widerspruch vor. Dass die Widerspruchsentscheidung vom 07.05.2009 diesen antizipierend unterstellt hat, ist unschädlich.
Die Klage ist bezüglich aller drei Streitgegenstände unbegründet.
Im Hinblick auf die Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 SGB VI ist nach
§ 300 Abs. 2 SGB VI das vor dem 01.01.2008 geltende Recht anzuwenden, weil von einer Antragstellung im November 2006 auszugehen ist. Aus der seinerzeit einschlägigen Anlage 21 zum SGB VI geht hervor, dass die Altersgrenze für den im März 1947 geborenen Kläger bereits 65 Jahre beträgt. Allerdings ist nach § 236 Abs. 1 Satz 3 SGB VI in der einschlägigen Fassung die vorzeitige Inanspruchnahme der Rente möglich; nach der seinerzeit geltenden Anlage 21 zum SGB VI besteht diese Möglichkeit aber erst ab Vollendung des 63. Lebensjahres. Dieses hat der Kläger noch nicht erreicht. Somit ist auch keine vorzeitige Inanspruchnahme der Rente möglich. Darüber hinaus fehlt es an der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Auf diese Wartezeit werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet (§ 51 Abs. 3 SGB VI). Rentenrechtliche Zeiten sind nach § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Berücksichtigungszeiten. Solche liegen ab 1983 allesamt nicht vor. Der Kläger hat sich von da an gänzlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung "verabschiedet" und keine Beiträge - auch keine freiwilligen - mehr gezahlt. Auch Anrechnungszeiten (vgl. § 54 Abs. 4 SGB VI) sind nicht gegeben. Leistungen in eine "betriebliche Rentenversicherung" fallen nicht hierunter.
Bezüglich der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit - auch insoweit gilt nach § 300 Abs. 2 SGB VI altes Recht - wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen. Es hat seine Ablehnung zutreffend damit begründet, eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI scheide schon deswegen aus, weil die Pflichtbeitragszeit des § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit) nicht erfüllt sei. Auch liege keine Altersteilzeit im Sinn von § 2 und § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG vor. Letzteres sei der Fall, weil der Kläger nicht zum nach § 2 ATG begünstigten Personenkreis gehöre; denn die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ATG erforderliche Zeit in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sei nicht gegeben. Dem ist vom Senat nichts hinzuzufügen.
Eine Rente nach § 38 SGB VI gibt es erst ab 01.01.2012; erst dann nämlich tritt die Anspruchsnorm in Kraft. Zudem hätte der Kläger die Leistungsvoraussetzungen in keiner Weise erfüllt (Vollendung des 65. Lebensjahres, Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren).
Die immer wiederkehrende Bezugnahme des Klägers auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) liegt neben der Sache. Zunächst ist das Gesetz gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AGG überhaupt nicht anwendbar, weil es im vorliegenden Fall um die Gewährung von Sozialleistungen geht. Die einschlägigen Bestimmung ist insoweit vielmehr § 33 c des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch (SGB I); die spezielle Regelung des § 19 a des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch gilt nur bei ganz bestimmten Leistungen, zu denen Rentenleistungen nicht gehören. Der Kläger verkennt, dass § 33 c SGB I lediglich eine Benachteiligung wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft oder einer Behinderung verbietet. Die von ihm monierte Schlechterstellung knüpft an diese Kriterien ganz offenkundig auch nicht mittelbar an. Zudem trifft § 33 c Satz 2 SGB I die ausdrückliche Regelung, dass Leistungsansprüche unmittelbar aus der Norm nicht abgeleitet werden können, sondern sich nach den einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Sozialrechtsbereichs richten.
Verfassungsrechtlich bestehen dagegen, dass der Kläger nicht die von ihm reklamierten Ansprüche hat, keinerlei Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat es in ständiger Rechtsprechung gebilligt, dass die gesetzliche Rentenversicherung Leistungen von Beiträgen oder Versicherungszeiten abhängig machen kann, weil für sie auch das Versicherungsprinzip gilt (vgl. BVerfGE 25, 314 ; 28, 324 ; 39, 316 ; 48, 227 ; 48, 346 ; 59, 36 ; 59, 287 ; 66, 234 ; 67, 231 ; 76, 256 ). Der Kläger kann daher keine Benachteiligung gegenüber denjenigen rügen, welche diese Beitrags- oder Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben. Wer sich bewusst über Jahrzehnte hinweg von der gesetzlichen Rentenversicherung abwendet, muss als Konsequenz hinnehmen, dass nicht nur die Rentenhöhe vermindert, sondern auch das Leistungsspektrum dem Grunde nach eingeschränkt ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger wie selbstverständlich erwartet, ihm müsse, obwohl er sich dafür entschieden hatte, seine Altersversorgung im Wesentlichen außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern, die volle Bandbreite rentenversicherungsrechtlicher Leistungen zur Verfügung stehen. Zudem bleibt ihm immerhin die Regelaltersrente.
Da das Begehren einer Rente gemäß § 38 SGB VI erstmals im Berufungsverfahren eingeführt worden ist, handelt es sich insoweit nicht um ein Rechtsmittel. Es muss deshalb in der Hauptsache dergestalt tenoriert werden, dass die "Klage abgewiesen" wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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