Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 18706/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1989/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2008 aufgehoben. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe mit Wirkung ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt MA gewährt. Beträge aus dem Einkommen oder Vermögen sind nicht zu zahlen. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2008 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, obwohl in der Hauptsache der Beschwerdewert für die Berufung mit einem Betrag von unter 750 EUR nicht erreicht wäre. Der Senat hat bereits geklärt, dass im PKH- Verfahren unabhängig von dem Beschwerdewert in der Hauptsache die Beschwerde zulässig ist (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. Juni 2008 - L 28 B 919/08 AS ER und L 28 B 1059/08 AS PKH - in juris veröffentlicht). Der gegenteiligen Auffassung (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2007 - L 25 B 109/07 AS PKH - und neuerdings Beschluss vom 13. Mai 2009 - L 34 B 2136/08 AS PKH - in juris veröffentlicht) vermag sich der Senat gerade nach umfangreicher Änderung des § 172 SGG zum 1. April 2008 und unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsprozesses hierzu nicht anzuschließen (vgl. im Einzelnen unter Aufgabe der bisherigen Rechtssprechung LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Mai 2008 - L 6 B 48/08 AS; zitiert nach juris Rn. 6 ff.). § 172 Abs. 3 SGG enthält eine klare und eigenständige Regelung dazu, in welchen Fällen die grundsätzlich zulässige Beschwerde gegen Entscheidungen der Sozialgerichte ausgeschlossen ist - einschließlich besonderer Regelungen zum Beschwerdewert. Anders als bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Ein Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ist daher zur Überzeugung des Senats nicht möglich.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht hat den am 13. August 2007 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin hat nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Abzustellen ist hinsichtlich der Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Beschluss des 28. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 18. November 2008, L 28 B 1966/08 AS ER, in juris veröffentlicht) und damit - nach Einholung der Stellungnahme des Beklagten (vgl. § 118 Abs. 1 S 1 ZPO) und nach der angeforderten Klarstellung des Klageantrags - auf die Sachlage zum 4. Oktober 2007.
Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte die Klage, die insbesondere auf Auszahlung von Leistungen für den Monat Juni 2007 gerichtet ist, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Klägerin wurden vom Beklagten ursprünglich mit Bescheid vom 17. April 2007 Leistungen unter anderem für den Monat Juni 2007 in Höhe von 714,73 EUR zuerkannt. Im Zusammenhang mit der von der Klägerin angezeigten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat der Beklagte die Leistungsgewährung ab 18. Mai 2007 vorläufig eingestellt und die Klägerin darüber unterrichtet. Den Antrag auf Weiterzahlung der Leistungen für Juni 2007 wegen Unregelmäßigkeiten der Lohnzahlung hat der Beklagte abgelehnt (Bescheid vom 1. Juni 2007, Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007). Eine rückwirkende Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung für Juni 2007 ist jedenfalls bis zur Bewilligungsreife nicht erfolgt.
Nach § 40 Abs. 1 des Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) i.V.m. § 331 Abs. 2 des Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) ist eine vorläufig eingestellte laufende Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, nicht zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben wird. Hier kann frühestens im Bescheid vom 15. Februar 2008 (also neun Monate nach der vorläufigen Zahlungseinstellung) eine (teilweise) Leistungsaufhebung für die Vergangenheit gesehen werden, im Übrigen wendet sich die Klägerin in der Sache gegen diesen Bescheid. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife im Oktober 2007 bestand jedoch eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine isolierte Leistungsklage (vgl. Pilz in Gagel, SGB III, 35. Ergänzungslieferung 2009, § 331 Rn. 15) aus der ursprünglichen Leistungsbewilligung vom 17. April 2007.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts kommt es für den Auszahlungsanspruch nach § 331 Abs. 2 SGB III nicht darauf an, ob aufgrund der Einkommensverhältnisse möglicherweise materiell kein Leistungsanspruch bestanden hat. Dessen ungeachtet hat der Beklagte inzwischen für den Monat Juni 2007 einen solchen Anspruch teilweise mit Bescheid vom 15. Februar 2008 eingeräumt. Ob dieser Bescheid kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist, wovon die Beteiligten übereinstimmend auszugehen scheinen, wird das Sozialgericht zu prüfen haben.
Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH sind erfüllt. Als gegenwärtige Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II ist die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. September 2008 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, obwohl in der Hauptsache der Beschwerdewert für die Berufung mit einem Betrag von unter 750 EUR nicht erreicht wäre. Der Senat hat bereits geklärt, dass im PKH- Verfahren unabhängig von dem Beschwerdewert in der Hauptsache die Beschwerde zulässig ist (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02. Juni 2008 - L 28 B 919/08 AS ER und L 28 B 1059/08 AS PKH - in juris veröffentlicht). Der gegenteiligen Auffassung (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2007 - L 25 B 109/07 AS PKH - und neuerdings Beschluss vom 13. Mai 2009 - L 34 B 2136/08 AS PKH - in juris veröffentlicht) vermag sich der Senat gerade nach umfangreicher Änderung des § 172 SGG zum 1. April 2008 und unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsprozesses hierzu nicht anzuschließen (vgl. im Einzelnen unter Aufgabe der bisherigen Rechtssprechung LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Mai 2008 - L 6 B 48/08 AS; zitiert nach juris Rn. 6 ff.). § 172 Abs. 3 SGG enthält eine klare und eigenständige Regelung dazu, in welchen Fällen die grundsätzlich zulässige Beschwerde gegen Entscheidungen der Sozialgerichte ausgeschlossen ist - einschließlich besonderer Regelungen zum Beschwerdewert. Anders als bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Ein Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ist daher zur Überzeugung des Senats nicht möglich.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht hat den am 13. August 2007 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin hat nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach den genannten Vorschriften voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Abzustellen ist hinsichtlich der Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Beschluss des 28. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 18. November 2008, L 28 B 1966/08 AS ER, in juris veröffentlicht) und damit - nach Einholung der Stellungnahme des Beklagten (vgl. § 118 Abs. 1 S 1 ZPO) und nach der angeforderten Klarstellung des Klageantrags - auf die Sachlage zum 4. Oktober 2007.
Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte die Klage, die insbesondere auf Auszahlung von Leistungen für den Monat Juni 2007 gerichtet ist, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Klägerin wurden vom Beklagten ursprünglich mit Bescheid vom 17. April 2007 Leistungen unter anderem für den Monat Juni 2007 in Höhe von 714,73 EUR zuerkannt. Im Zusammenhang mit der von der Klägerin angezeigten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hat der Beklagte die Leistungsgewährung ab 18. Mai 2007 vorläufig eingestellt und die Klägerin darüber unterrichtet. Den Antrag auf Weiterzahlung der Leistungen für Juni 2007 wegen Unregelmäßigkeiten der Lohnzahlung hat der Beklagte abgelehnt (Bescheid vom 1. Juni 2007, Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2007). Eine rückwirkende Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung für Juni 2007 ist jedenfalls bis zur Bewilligungsreife nicht erfolgt.
Nach § 40 Abs. 1 des Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) i.V.m. § 331 Abs. 2 des Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) ist eine vorläufig eingestellte laufende Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, nicht zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben wird. Hier kann frühestens im Bescheid vom 15. Februar 2008 (also neun Monate nach der vorläufigen Zahlungseinstellung) eine (teilweise) Leistungsaufhebung für die Vergangenheit gesehen werden, im Übrigen wendet sich die Klägerin in der Sache gegen diesen Bescheid. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife im Oktober 2007 bestand jedoch eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine isolierte Leistungsklage (vgl. Pilz in Gagel, SGB III, 35. Ergänzungslieferung 2009, § 331 Rn. 15) aus der ursprünglichen Leistungsbewilligung vom 17. April 2007.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts kommt es für den Auszahlungsanspruch nach § 331 Abs. 2 SGB III nicht darauf an, ob aufgrund der Einkommensverhältnisse möglicherweise materiell kein Leistungsanspruch bestanden hat. Dessen ungeachtet hat der Beklagte inzwischen für den Monat Juni 2007 einen solchen Anspruch teilweise mit Bescheid vom 15. Februar 2008 eingeräumt. Ob dieser Bescheid kraft Gesetzes Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist, wovon die Beteiligten übereinstimmend auszugehen scheinen, wird das Sozialgericht zu prüfen haben.
Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH sind erfüllt. Als gegenwärtige Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II ist die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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