L 1 AS 2998/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 643/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2998/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf eine einmalige Beihilfe für eine Wohnungserstausstattung.

Der 1966 geborene Kläger lebte ab 1973 (nach seinen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung unterbrochen durch eine Zeit des Heimaufenthalts von etwa 1974 bis 1983) zusammen mit seiner Mutter in einer 2-Zimmerwohnung unter der Anschrift A. L.straße, W ... Die Mutter ist 2008 verstorben. Der Kläger ist seit 1. Dezember 2008 alleiniger Mieter der gleichen Wohnung (Mietvertrag/Nutzungsvertrag vom 31. Oktober 2008). Der Kläger erhält von der Agentur für Arbeit W. Arbeitslosengeld II, vom Beklagten die Kosten der Unterkunft inkl. Nebenkosten nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Am 3. Dezember 2008 ging das Schreiben des Klägers vom 1. Dezember 2008 beim Beklagten ein. Der Kläger beantragte eine Zulage zur Erstausstattung seiner Wohnung. Zur Begründung führte er aus, seine Mutter und er hätten seit 1973 in besagter Wohnung gewohnt. Das Mobiliar der Wohnung sei teilweise über 30 Jahre alt und nur noch für den Sperrmüll tauglich. Neue Möbel könne er sich nicht leisten. Das Bad habe er mittlerweile auf eigene Kosten renoviert.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da für Ersatzbeschaffungen keine Beihilfen gewährt würden.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, das Mobiliar sei Eigentum seiner Mutter und sei darüber hinaus nicht nutzbar. Es könne sich nur um eine Erstausstattung handeln, da er seit dem Tod seiner Mutter alleiniger Mieter sei.

Am 22. Januar 2009 nahmen Mitarbeiter des Beklagten einen unangemeldeten Hausbesuch beim Kläger vor. Nach dem Inhalt des daraufhin gefertigten Aktenvermerks war das Badezimmer neu renoviert, in der Küche stand ein Tisch, allerdings voll beladen, des weiteren ein recht neu aussehender Gasherd, eine Waschmaschine und ein Kühlschrank. Im Schlafzimmer stand ein Bett, ein Kleiderschrank und ein Schreibtisch mit Stuhl. Der auf dem Schreibtisch stehende Computer sei eingeschaltet, eine Internetseite geöffnet gewesen. Im Wohnzimmer habe ein Wohnwand gestanden, deren Zustand als "sehr gut erhalten" beschrieben wurde. Die Zimmer hätten jedoch mit Kartons und Müll voll gestanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass § 23 Abs. 1 SGB II Sonderbedarfslagen ausweise, die nicht von der Regelleistung umfasst seien. Voraussetzung sei allerdings, dass es sich um eine Erstbeschaffung, nicht um eine Ersatzbeschaffung bzw. Ergänzungsbedarf handle, für die die Leistung begehrt werde. Beim Kläger liege jedoch allenfalls eine Ersatzbeschaffung vor, denn er verfüge schon über eine Wohnungsausstattung. Auch wenn die Möbel alt seien, sei dies kein Aspekt, der für eine Erstbeschaffung spreche. Nicht nachvollziehbar sei sein Einwand, die Möbel gehörten der Mutter. Denn der Kläger habe die Wohnung seit 1973 gemeinsam mit der Mutter genutzt und sei auch nach ihrem Tod noch im Besitz der Möbel.

Dagegen hat der Kläger am 22. Februar 2009 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Er bringt zur Begründung vor, die Wohnung sei durch die Baugenossenschaft als Vermieterin als nicht mehr bewohnbar erklärt worden. Diese hätte vor Abschluss eines Mietvertrags mit ihm zur Bedingung gemacht, dass er die Wohnung renoviere, die Wände und Fußböden in Bad und Küche abdichte und die Küche in einen betriebssicheren Zustand bringe.

Mit Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2009 hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen den ihm am 30. Mai 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. Juni 2009 Berufung beim SG eingelegt, die beim LSG am 1. Juli 2009 eingegangen ist. Eine Begründung der Berufung hat der Kläger trotz Erinnerung nicht vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 28. Mai 2009 und den Bescheid vom 9. Dezember 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Beihilfe für die Erstausstattung seiner Wohnung bzw. zum Herrichten der Wohnung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt.

Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, über den eine gesonderte Entscheidung des Trägers ergehen konnte (BSG vom 19. September 2008 - B 14 AS 64/07 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Das Gericht kann daher seine Prüfung auf das Bestehen eines Leistungsanspruchs für Erstausstattung begrenzen.

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leistungen für 1. Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, 2. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie 3. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht. Nach § 23 Abs. 1 Satz 5 SGB II können die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung zur Erstausstattung sind vorliegend nicht erfüllt, denn weder ein vollständig noch ein teilweise ungedeckter Bedarf ist nachgewiesen.

Mit § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber Sonderbedarfe normiert, die abweichend von dem Grundsatz, dass auch einmalige Bedarfe durch die Regelleistung abgegolten sind, weiterhin gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich hierbei um spezielle Bedarfe, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. Dies kann nicht nur bei einem vollständig ungedeckten Bedarf an Haushaltsgeräten und -gegenständen, sondern auch bei einem nur teilweisen Bedarf der Fall sein (BSG vom 19. September 2009 a.a.O.).

Nach Inhalt des Berichts der Mitarbeiter des Beklagten ist die Wohnung des Klägers, die dieser nach dem Tod seiner Mutter als alleiniger Mieter übernommen hat, jedoch vollständig eingerichtet. Der Kläger ist jedenfalls im Besitz eines Gasherds, eines Kühlschranks, von Tisch und Stuhl, eines Betts, eines Schreibtischs, eines Computers, einer Wohnzimmerschrankwand sowie einer Waschmaschine. Es ist nicht ersichtlich, welchen (Teil-)Bedarf der Kläger darüber hinaus erstmals mit der gewünschten Leistung des Beklagten abdecken möchte.

Soweit er in der Klagebegründung darauf hingewiesen hat, welche Bedingungen der Vermieter gestellt hat, bevor er die Wohnung übernehmen konnte, erschließt sich dem Senat auch aus diesem Vorbringen nicht, welchen Erstausstattungsbedarf er vom Beklagten begehrt. Soweit er auf das Alter der Möbel verweist, die sich in der Wohnung befinden, hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass Ersatzbeschaffungen bei bestehender Funktionalität des Inventars nicht vom Gesetzeszweck erfasst sind. Vielmehr gilt in diesen Fällen der Grundsatz, dass einmalige Beschaffungen durch Ansparungen aus der Regelleistung vorausschauend zu decken sind. Soweit das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 1. Juli 2009 (Az.: B 4 AS 77/08 R) insoweit eine Ausnahme gemacht hat, liegt ein vergleichbarer Sachverhalt hier nicht vor. Es gab weder einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug, noch sind bei diesem Umzug Haushaltsgegenstände unbrauchbar gemacht worden.

Soweit aus den Verwaltungsakten des Beklagten erkennbar ist, dass der Betrag für die Anschaffung des beim Kläger stehenden Gasherds sowie des Betts möglicherweise von einem Onkel des Klägers "vorgestreckt" worden ist, ist nicht dargetan, ob diesen Anschaffungen lediglich der Wunsch des Klägers nach "Modernisierung" und damit eine Ersatzbeschaffung zugrunde lag (denn es ist davon auszugehen, dass auch vor der Anschaffung eines Betts und eines Herdes durch den Onkel beide Gebrauchsgegenstände in der Wohnung vorhanden waren) oder ob es sich insoweit tatsächlich um Erstausstattungen handelte. Dies hat jedoch der Kläger nachzuweisen.

Soweit der Kläger vorbringt, die Haushaltsgegenstände hätten im Eigentum seiner Mutter gestanden, konnte der Senat offen lassen, ob und wie die Eigentumsverhältnisse im Todeszeitpunkt bzw. derzeit waren oder sind. Denn faktisch ist der Kläger im Besitz gebrauchstauglicher Haushaltsgegenstände, die zu einer würdigen Lebensführung erforderlich sind. Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass z.B. nach dem Tod seiner Mutter - unterstellt, sie hat kein Testament hinterlassen - sein Bruder und er in Erbengemeinschaft Miteigentümer des Hausrats geworden wären und der Bruder nunmehr die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und die Verteilung des Hausrats verlangt. Deshalb konnte offen bleiben, ob dann ein der Entscheidung des BSG vom 1. Juli 2009 (a.a.O.) vergleichbarer Sachverhalt vorliegen würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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