Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3851/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3193/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.06.2009 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. über den 31.10.2004 hinaus im Streit.
Der Kläger erlitt am 24.02.2002 im Rahmen des Betriebssports (Fußballspiel) eine Distorsion des linken Kniegelenks, woraufhin er das Spiel abbrechen musste. Am 25.02.2002 stellte er sich in der D-Arzt-Ambulanz des Kreiskrankenhauses in A. bei dem Chirurgen Dr. W. vor. Dort wurden ein deutlicher Erguss ohne Entzündungszeichen, ein Bewegungsumfang bei Extension und Flexion von 0-10-80°, eine positive vordere Schublade, ein Druckschmerz über dem Innenbandverlauf sowie fragliche positive Innenmeniskuszeichen festgestellt. Eine Röntgenaufnahme zeigte keine frische knöcherne Verletzung. In einem Kernspintomogramm vom 26.02.2002 zeigte sich eine vordere Kreuzbandruptur links mit Außenmeniskushinterhornruptur und Teilruptur des Innenbandes. Der Kläger wurde am 04.03.2002 im Klinikum O. operiert (Arthroskopie des linken Kniegelenkes). Ab dem 16.09.2002 wurde dem Kläger durch die Dres. W. und R. erneute Arbeitsfähigkeit bescheinigt.
Die Dres. W. und A. teilten auf Anforderung der Beklagten in ihrem Zusammenhangsgutachten vom 28.11.2002 mit, dass die Beschwerden des Klägers ohne jeden Zweifel auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Die MdE werde auf 20 v.H. ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum Untersuchungstag am 25.11.2002, anschließend bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres auf 10 v.H. und danach möglicherweise geringer eingeschätzt. Ein Kernspintomogramm vom 19.08.2003 zeigte eine intakte Kontinuität der untersuchten Kniebandstrukturen, beschrieben wurde ein Riss im Außenmeniskushinterhorn sowie ein Riss im Bereich des Innenmeniskus und ein geringer Gelenkerguss, bei einer etwas deutlicheren Retropatellararthrose. Am 02.03.2004 erfolgte eine zweite Arthroskopie des linken Knies im Klinikum O., bei der eine vordere Kreuzbandersatzplastik am linken Kniegelenk durchgeführt wurde.
Aus einem ersten Rentengutachten von Dr. S. vom 13.06.2006 geht eine MdE von 10 v.H. hervor. Es bestehe ein Zustand nach ACL-Plastik vom 02.03.2004 bei einer diskreten Verschmächtigung der linken Oberschenkelmuskulatur links bei freier Beweglichkeit (im linken und rechten Knie gleichermaßen 0/0/140°) und stabilem Bandapparat und bei einer Restbeschwerdesymptomatik.
Mit Bescheid vom 19.09.2007 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 24.02.2002 als Arbeitsunfall mit den Folgen Teilriss des vorderen Kreuzbandes, Kapselriss sowie Außenmeniskushinterhornlängsriss links mit nachfolgender Revision und Kreuzbandplastik. Sie gewährte dem Kläger eine befristete Rente vom 16.09.2002 bis zum 31.10.2004 nach einer MdE von 20 v.H.; über diesen Zeitpunkt hinaus liege keine MdE mehr in rentenrelevantem Umfang vor.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 05.10.2007 Widerspruch ein, woraufhin die Beklagte ein weiteres Gutachten bei dem Chirurgen Dr. B. in Auftrag gab. Dr. B. beurteilte die MdE in seinem Gutachten vom 13.05.2008 in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid vom 19.09.2007.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2008 unter Berufung auf dieses Gutachten als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 01.08.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, dass er in der Bewegungsfähigkeit des linken Kniegelenks weiterhin erheblich eingeschränkt sei, außerdem er auch eine erhebliche Instabilität spüre. Die Beklagte ist den Ausführungen des Klägers mit der Begründung entgegengetreten, dass sich hinsichtlich des behaupteten Unsicherheits- und Instabilitätsgefühls keine objektiven Befunde ergeben hätten.
Im Auftrag des SG ist ein Sachverständigengutachten bei dem Orthopäden Dr. P. eingeholt worden, der die aktuelle MdE ab dem 01.11.2004 auf 10 v.H. eingeschätzt hat. Als Unfallfolge liege nur noch eine muskulär weitgehend kompensierte leichte vordere Kreuzband-Insuffizienz links vor.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG ein weiteres Gutachten vom 08.05.2009 bei dem Orthopäden und Chirurgen Dr. W. eingeholt, der die MdE ab dem 01.11.2004 ebenfalls auf 10 v.H. eingeschätzt hat. Der Gutachter hat ausgeführt, dass er die Auffassung und Einschätzung des Gutachters Dr. P. in allen Punkten bestätigen könne. Die Instabilität des linken Kniegelenks sei muskulär weitestgehend komplett kompensiert. Möglich sei allerdings in Zukunft ein erhöhter und schnellerer Verschleiß (Arthrose) des linken Kniegelenks.
Daraufhin hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach den übereinstimmenden Ergebnissen der vier eingeholten Gutachten liege jedenfalls ab dem 01.11.2004 eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß von mindestens 20 v.H. nicht mehr vor. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers im linken Kniegelenk stehe die weitgehend muskulär kompensierte leichte vordere Kreuzbandinsuffizienz. Der Gutachter Dr. P. habe nachvollziehbar dargelegt, dass angesichts der Bewegungsmaße und der nicht nachweisbaren isolierten muskulären Verschmächtigungen am linken Kniegelenk sowie bei muskulär weitgehend kompensierter gelockerter Kreuzbandführung die MdE ab dem 01.11.2004 nur noch 10 v.H. betrage. Dies stehe in Übereinstimmung mit den Ausführungen des nachfolgenden Gutachters Dr. W. sowie den zuvor beauftragten Gutachtern. Nachdem alle Gutachter von denselben Befunden ausgingen, hätten sie auch daraus übereinstimmend die MdE ab dem 01.11.2004 auf 10 v.H. eingeschätzt, weswegen keine Veranlassung bestehe, von den Beurteilungen der Gutachter abzuweichen. Der Gerichtsbescheid ist den Bevollmächtigten des Klägers am 19.06.2009 zugestellt worden.
Am 15.07.2009 haben die Bevollmächtigten des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Unstreitig habe der Kläger einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten, aufgrund dessen zwei Operationen erforderlich gewesen seien. Unstreitig seien auch die zugrunde liegenden Verletzungen dem Arbeitsunfall zuzuordnen. Es sei darauf hinzuweisen, dass es beim Kläger keine einschlägigen Vorerkrankungen gegeben habe. Im Hinblick auf die beim Kläger weiterhin vorliegende Gangunsicherheit und das Empfinden des Klägers, als ob sein Kniegelenk "schwimmen" würde, könne nicht von den von den Sachverständigen behaupteten muskulär weitgehend kompensierten Verletzungen ausgegangen werden.
Hinzu komme, dass beim Kläger auch ein Gefühl vorliege, als ob "Knochen aneinander schlagen", und es komme zu Schwellungen des Kniegelenkes bei Beanspruchung. Insgesamt sei eine Einschätzung mit einer MdE von lediglich 10 v.H. danach nicht nachvollziehbar. Unklar sei sowohl beim Gutachten von Dr. P. als auch beim Gutachten von Dr. W., inwieweit die vom Kläger erwähnten Beeinträchtigungen Eingang in die Beurteilung der Sachverständigen gefunden hätten. Nach klägerischer Ansicht sei eine MdE von 20 v.H. angemessen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.06.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. über den 31.10.2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989 - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Vorliegend haben die Gutachter - einschließlich des vom Kläger nach § 109 SGG ausgewählten Dr. W. - schlüssig und in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur dargelegt, dass eine MdE von mehr als 10 % jedenfalls ab dem 01.11.2004 nicht mehr angenommen werden kann. Angesichts der Diagnose einer muskulär weitgehend kompensierten gelockerten Kreuzbandführung bei gleichen Bewegungsmaßen des linken und rechten Knies und nicht nachgewiesenen isolierten muskulären Verschmächtigungen am linken Kniegelenk wird eine unfallbedingte MdE von mehr als 10 v.H. nicht erreicht.
Die von den Sachverständigen in dieser Höhe zutreffend eingeschätzte MdE wird auch durch weitere unfallmedizinische Literatur gestützt. So bestätigen auch Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 685) eine MdE von lediglich 10 v.H. bei muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen, was sogar dann gelten soll, wenn - was bei dem Kläger nicht der Fall ist - eine endgradige Behinderung der Beugung und Streckung vorliegt. Eine zur Weitergewährung einer Verletztenrente berechtigende MdE von 20 v.H. ist bei der vorliegenden Verletzungsfolge erst dann anzunehmen, wenn die Seitenbandinstabilität muskulär nicht kompensierbar ist. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Das schließt der Senat auch aus den aktuellen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter Dr. W., ein Instabilitätsgefühl sei nicht regelmäßig vorhanden, sondern trete lediglich gelegentlich auf, und er könne regelmäßig und ohne wesentliche Beschwerden joggen und Rad fahren (S. 4 des Gutachtens vom 08.05.2009).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v.H. über den 31.10.2004 hinaus im Streit.
Der Kläger erlitt am 24.02.2002 im Rahmen des Betriebssports (Fußballspiel) eine Distorsion des linken Kniegelenks, woraufhin er das Spiel abbrechen musste. Am 25.02.2002 stellte er sich in der D-Arzt-Ambulanz des Kreiskrankenhauses in A. bei dem Chirurgen Dr. W. vor. Dort wurden ein deutlicher Erguss ohne Entzündungszeichen, ein Bewegungsumfang bei Extension und Flexion von 0-10-80°, eine positive vordere Schublade, ein Druckschmerz über dem Innenbandverlauf sowie fragliche positive Innenmeniskuszeichen festgestellt. Eine Röntgenaufnahme zeigte keine frische knöcherne Verletzung. In einem Kernspintomogramm vom 26.02.2002 zeigte sich eine vordere Kreuzbandruptur links mit Außenmeniskushinterhornruptur und Teilruptur des Innenbandes. Der Kläger wurde am 04.03.2002 im Klinikum O. operiert (Arthroskopie des linken Kniegelenkes). Ab dem 16.09.2002 wurde dem Kläger durch die Dres. W. und R. erneute Arbeitsfähigkeit bescheinigt.
Die Dres. W. und A. teilten auf Anforderung der Beklagten in ihrem Zusammenhangsgutachten vom 28.11.2002 mit, dass die Beschwerden des Klägers ohne jeden Zweifel auf das Unfallereignis zurückzuführen seien. Die MdE werde auf 20 v.H. ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum Untersuchungstag am 25.11.2002, anschließend bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres auf 10 v.H. und danach möglicherweise geringer eingeschätzt. Ein Kernspintomogramm vom 19.08.2003 zeigte eine intakte Kontinuität der untersuchten Kniebandstrukturen, beschrieben wurde ein Riss im Außenmeniskushinterhorn sowie ein Riss im Bereich des Innenmeniskus und ein geringer Gelenkerguss, bei einer etwas deutlicheren Retropatellararthrose. Am 02.03.2004 erfolgte eine zweite Arthroskopie des linken Knies im Klinikum O., bei der eine vordere Kreuzbandersatzplastik am linken Kniegelenk durchgeführt wurde.
Aus einem ersten Rentengutachten von Dr. S. vom 13.06.2006 geht eine MdE von 10 v.H. hervor. Es bestehe ein Zustand nach ACL-Plastik vom 02.03.2004 bei einer diskreten Verschmächtigung der linken Oberschenkelmuskulatur links bei freier Beweglichkeit (im linken und rechten Knie gleichermaßen 0/0/140°) und stabilem Bandapparat und bei einer Restbeschwerdesymptomatik.
Mit Bescheid vom 19.09.2007 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 24.02.2002 als Arbeitsunfall mit den Folgen Teilriss des vorderen Kreuzbandes, Kapselriss sowie Außenmeniskushinterhornlängsriss links mit nachfolgender Revision und Kreuzbandplastik. Sie gewährte dem Kläger eine befristete Rente vom 16.09.2002 bis zum 31.10.2004 nach einer MdE von 20 v.H.; über diesen Zeitpunkt hinaus liege keine MdE mehr in rentenrelevantem Umfang vor.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 05.10.2007 Widerspruch ein, woraufhin die Beklagte ein weiteres Gutachten bei dem Chirurgen Dr. B. in Auftrag gab. Dr. B. beurteilte die MdE in seinem Gutachten vom 13.05.2008 in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid vom 19.09.2007.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2008 unter Berufung auf dieses Gutachten als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 01.08.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, dass er in der Bewegungsfähigkeit des linken Kniegelenks weiterhin erheblich eingeschränkt sei, außerdem er auch eine erhebliche Instabilität spüre. Die Beklagte ist den Ausführungen des Klägers mit der Begründung entgegengetreten, dass sich hinsichtlich des behaupteten Unsicherheits- und Instabilitätsgefühls keine objektiven Befunde ergeben hätten.
Im Auftrag des SG ist ein Sachverständigengutachten bei dem Orthopäden Dr. P. eingeholt worden, der die aktuelle MdE ab dem 01.11.2004 auf 10 v.H. eingeschätzt hat. Als Unfallfolge liege nur noch eine muskulär weitgehend kompensierte leichte vordere Kreuzband-Insuffizienz links vor.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG ein weiteres Gutachten vom 08.05.2009 bei dem Orthopäden und Chirurgen Dr. W. eingeholt, der die MdE ab dem 01.11.2004 ebenfalls auf 10 v.H. eingeschätzt hat. Der Gutachter hat ausgeführt, dass er die Auffassung und Einschätzung des Gutachters Dr. P. in allen Punkten bestätigen könne. Die Instabilität des linken Kniegelenks sei muskulär weitestgehend komplett kompensiert. Möglich sei allerdings in Zukunft ein erhöhter und schnellerer Verschleiß (Arthrose) des linken Kniegelenks.
Daraufhin hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach den übereinstimmenden Ergebnissen der vier eingeholten Gutachten liege jedenfalls ab dem 01.11.2004 eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß von mindestens 20 v.H. nicht mehr vor. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers im linken Kniegelenk stehe die weitgehend muskulär kompensierte leichte vordere Kreuzbandinsuffizienz. Der Gutachter Dr. P. habe nachvollziehbar dargelegt, dass angesichts der Bewegungsmaße und der nicht nachweisbaren isolierten muskulären Verschmächtigungen am linken Kniegelenk sowie bei muskulär weitgehend kompensierter gelockerter Kreuzbandführung die MdE ab dem 01.11.2004 nur noch 10 v.H. betrage. Dies stehe in Übereinstimmung mit den Ausführungen des nachfolgenden Gutachters Dr. W. sowie den zuvor beauftragten Gutachtern. Nachdem alle Gutachter von denselben Befunden ausgingen, hätten sie auch daraus übereinstimmend die MdE ab dem 01.11.2004 auf 10 v.H. eingeschätzt, weswegen keine Veranlassung bestehe, von den Beurteilungen der Gutachter abzuweichen. Der Gerichtsbescheid ist den Bevollmächtigten des Klägers am 19.06.2009 zugestellt worden.
Am 15.07.2009 haben die Bevollmächtigten des Klägers beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Unstreitig habe der Kläger einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten, aufgrund dessen zwei Operationen erforderlich gewesen seien. Unstreitig seien auch die zugrunde liegenden Verletzungen dem Arbeitsunfall zuzuordnen. Es sei darauf hinzuweisen, dass es beim Kläger keine einschlägigen Vorerkrankungen gegeben habe. Im Hinblick auf die beim Kläger weiterhin vorliegende Gangunsicherheit und das Empfinden des Klägers, als ob sein Kniegelenk "schwimmen" würde, könne nicht von den von den Sachverständigen behaupteten muskulär weitgehend kompensierten Verletzungen ausgegangen werden.
Hinzu komme, dass beim Kläger auch ein Gefühl vorliege, als ob "Knochen aneinander schlagen", und es komme zu Schwellungen des Kniegelenkes bei Beanspruchung. Insgesamt sei eine Einschätzung mit einer MdE von lediglich 10 v.H. danach nicht nachvollziehbar. Unklar sei sowohl beim Gutachten von Dr. P. als auch beim Gutachten von Dr. W., inwieweit die vom Kläger erwähnten Beeinträchtigungen Eingang in die Beurteilung der Sachverständigen gefunden hätten. Nach klägerischer Ansicht sei eine MdE von 20 v.H. angemessen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.06.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2008 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. über den 31.10.2004 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989 - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Vorliegend haben die Gutachter - einschließlich des vom Kläger nach § 109 SGG ausgewählten Dr. W. - schlüssig und in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur dargelegt, dass eine MdE von mehr als 10 % jedenfalls ab dem 01.11.2004 nicht mehr angenommen werden kann. Angesichts der Diagnose einer muskulär weitgehend kompensierten gelockerten Kreuzbandführung bei gleichen Bewegungsmaßen des linken und rechten Knies und nicht nachgewiesenen isolierten muskulären Verschmächtigungen am linken Kniegelenk wird eine unfallbedingte MdE von mehr als 10 v.H. nicht erreicht.
Die von den Sachverständigen in dieser Höhe zutreffend eingeschätzte MdE wird auch durch weitere unfallmedizinische Literatur gestützt. So bestätigen auch Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 685) eine MdE von lediglich 10 v.H. bei muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen, was sogar dann gelten soll, wenn - was bei dem Kläger nicht der Fall ist - eine endgradige Behinderung der Beugung und Streckung vorliegt. Eine zur Weitergewährung einer Verletztenrente berechtigende MdE von 20 v.H. ist bei der vorliegenden Verletzungsfolge erst dann anzunehmen, wenn die Seitenbandinstabilität muskulär nicht kompensierbar ist. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Das schließt der Senat auch aus den aktuellen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter Dr. W., ein Instabilitätsgefühl sei nicht regelmäßig vorhanden, sondern trete lediglich gelegentlich auf, und er könne regelmäßig und ohne wesentliche Beschwerden joggen und Rad fahren (S. 4 des Gutachtens vom 08.05.2009).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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