L 8 U 5059/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2714/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5059/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen der Folgen eines als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses Verletztenrente auf unbestimmte Zeit zusteht.

Der 1962 geborene Kläger erlitt am 21.04.2005 einen Arbeitsunfall, wobei er sich eine Quetschverletzung und Fußwurzelfrakturen rechts zuzog. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 27.11.2005.

Zur Klärung der Unfallfolgen und eines Anspruchs auf Verletztenrente holte die Beklagte das 1. Rentengutachten von Dr. W. / Dr. R. vom 28.03.2006 mit Ergänzung vom 23.05.2006 ein, die zu dem Ergebnis gelangten, für die Folgen des am 21.04.2005 erlittenen Arbeitsunfalles des Klägers betrage die MdE 20 v.H. ab 28.11.2005 bis zum Ende des dritten Jahres nach dem Unfall.

Mit Bescheid vom 28.12.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 21.04.2005 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. ab 28.11.2005. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden berücksichtigt, rechts eine Bewegungseinschränkung der Sprung- und Zehengelenke, Schmerzen und Sensibilitätsstörungen am Fußrücken und -außenrand sowie Minderung der Beinmuskulatur, eine Umfangsvermehrung des Vorfußes und Ausbildung eines leichten Hohlfußes nach schwerer Quetschverletzung des Mittel- und Vorfußes mit Kompartmentsyndrom und Hautimplantation, knöchern fest verheilte Brüche des 2. Mittelfußknochens, Großzehengrund- und -endglieds, Verrenkungen des Großzehenstrahls und des 2. Strahls im Fußwurzelmittelfußgelenk (Lisfranc-Gelenk) mit Beteiligung der Kapselbandsysteme. Nicht berücksichtigt wurde eine Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) des 5. Mittelfußknochens rechts. Ein gegen diesen Bescheid eingelegter Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Festsetzung der MdE erst ab 28.11.2005 wandte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2007 von der Beklagten zurückgewiesen.

Mit weiterem Bescheid vom 15.02.2007 erkannte die Beklagte als Folgen eines vom Kläger am 10.12.1999 außerdem erlittenen Arbeitsunfalles ein knöchern fest verheilter Bruch des 5. Mittelfußknochens links an. Nicht als Folgen dieses Arbeitsunfalls wurden eine Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) im Bereich des 5. Mittelfußknochens rechts und die Folgen des Arbeitsunfalles vom 21.04.2005 anerkannt. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bruch des 5. Mittelfußknochens am linken Fuß sei folgenlos ausgeheilt. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch des Klägers blieb durch Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 erfolglos. Eine vom Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) daraufhin erhobene Klage wurde nach schriftlicher Anhörung des Dr. W. (Stellungnahme vom 15.10.2007) und Dr. R. (Stellungnahme vom 23.10.2007) als sachverständige Zeugen mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 19.02.2008 (S 7 U 4215/07) zurückgewiesen.

Inzwischen hatte die Beklagte zur erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit wegen des Arbeitsunfalles vom 21.04.2005 das 2. Rentengutachten von Dr. J. vom 29.11.2007 eingeholt. Dr. J. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden als wesentliche Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des rechten unteren Sprunggelenks und geringer auch der Großzehe, keine Minderung der groben Kraft, Narbenbildung, Schwellneigung, röntgenologische Veränderungen und subjektive Beschwerden. Die MdE schätzte er auf 10 vH. Eine Besserung der MdE sei durch Anpassung, Gewöhnung und Hilfsmittel zu erwarten.

Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 19.12.2007) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.01.2008 eine Rente auf unbestimmte Zeit wegen des Unfalles vom 21.04.2005 ab und entzog dem Kläger die Rente als vorläufige Entschädigung ab 01.02.2008. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden anerkannt, rechts eine endgradige Bewegungseinschränkung der Sprunggelenke und der Großzehe mit beginnenden arthrotischen Veränderungen der Großzehe, anteilige belastungs- und witterungsabhängige Beschwerden sowie eine Schwellneigung im Knöchel- und Vorfußbereich. Nicht als Unfallfolge wurde anerkannt, eine Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) des 5. Mittelfußknochens rechts.

Gegen den Bescheid vom 09.01.2008 legte der Kläger am 18.01.2008 Widerspruch ein. Er trug zur Begründung vor, an seiner gesundheitlichen Situation habe sich nichts geändert. Eine anderslautende Beurteilung sei nicht gerechtfertigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2008 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.01.2008 von der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die beim Kläger noch bestehenden Unfallfolgen rechtfertigten nach den von Dr. J. erhobenen Befunde keine rentenberechtigende MdE mehr. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass eine vom Unfall unabhängige Falschgelenkbildung (Pseudarthrose) des 5. Mittelfußknochens bestehe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit um eine Neueinschätzung handele. Von der bisherigen Beurteilung könne abgewichen werden, auch wenn die Unfallfolgen sich nicht gebessert hätten.

Hiergegen erhob der Kläger am 02.06.2008 Klage beim SG. Er machte zur Begründung geltend, dass eine MdE von mindestens 20 v.H. für die Zeit ab 01.02.2008 nach wie vor bestehe. Er habe sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung wegen der Unfallfolgen befunden. Es sei zu einer fortlaufenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen. Eine MdE mit 20 v.H. sei eher zu niedrig angesetzt.

Das SG hörte Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. R. teilte in seiner Stellungnahme vom 12.07.2008 unter Vorlage eines Befundberichtes die im Verlauf der Behandlung von Kläger geklagten Beschwerden und erhobenen Befunde mit. Eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 v.H. wurde verneint.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.09.2008 wies das SG die Klage ab. Es nahm auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 29.04.2008 Bezug. Ergänzend führte es aus, die Kammer sei nach dem Gutachten von Dr. J. und der Auskunft des behandelnden Arztes davon überzeugt, dass die unfallbedingte MdE ab 01.02.2008 ein rentenberechtigendes Ausmaß nicht mehr erreiche.

Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers am 25.09.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.10.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, er gehe nach wie vor davon aus, dass bei ihm bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine MdE von mindestens 20 vH. besehe. Trotz regelmäßiger ärztlicher Behandlung sei eine Besserung des Zustandes nicht eingetreten. Im Gegenteil habe nicht einmal eine Stabilisierung erreicht werden können. Er gehe weiterhin davon aus, dass es tatsächlich zu einer Verschlechterung gekommen sei. Der erstinstanzliche Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde wiederholt bzw. aufrecht erhalten.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 10.07.2009 erörtert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgereicht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente für unbestimmte Zeit wegen der Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 21.04.2005.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrente). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Durch das Wort "infolge" drückt § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII, wie zuvor § 548 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Wort "bei" aus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden bzw. dem Tod erforderlich ist. Diese sogenannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4 2700 § 8 Nr. 12). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3 5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII).

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit sich derartige Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr 1). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m. H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr 8; Urteil vom 18.03.2003 a.a.O.).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr. 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr. 42 m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2).

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger ab 01.02.2008 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nicht zu. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat mit dem SG durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte 2. Rentengutachten des Dr. J. vom 29.11.2007, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, sowie durch die vom SG eingeholte schriftliche sachverständige Zeugenaussage des Dr. R. vom 12.07.2008. Nach den von Dr. J. bei der Untersuchung des Klägers erhobenen Befunde bestehen als unfallbedingte Beeinträchtigungen eine verkürzte, jedoch nicht hinkende, Schrittlänge rechts, ein durch eine partielle Versteifung des unteren Sprunggelenkes hervorgerufene Einschränkung des Abrollens der Fußsohle, eine mäßiggradige Einschränkung des rechten oberen Sprunggelenks für Heben und Strecken (- 10°) bei annähernd normaler Verwindbarkeit, eine Bewegungseinschränkung der Großzehe rechts (- 5°) und eine leichte Muskelminderung am rechten Oberschenkel (0,5 cm) und Unterschenkel (Knöchel und Rist je 2 cm). Diese Beeinträchtigungen rechtfertigen auch zur Überzeugung des Senats (noch) nicht die Annahme einer rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 vH ... Der Senat schließt sich der überzeugenden Einschätzung des Dr. J., der die unfallbedingte MdE auf 10 v.H. eingeschätzt hat, an. Dem entspricht auch die Bewertung des Dr. R., der ebenfalls davon ausgeht, dass die Unfallfolgen beim Kläger keine MdE von 20 vH. rechtfertigen. Die übereinstimmende MdE-Bewertung von Dr. J. und Dr. R. entspricht den unfallversicherungsrechtlichen Erfahrungswerten zur Bildung der MdE. Nach diesen Erfahrungswerten sind MdE-Bewertungen von 20 vH. (oder mehr) hinsichtlich der Fußgelenke erst bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes in Funktionsstellung (MdE 25 vH.), einer Versteifung des oberen Sprunggelenkes (MdE 20 bis 40 vH. je nach Winkelgrad) und schmerzhafter Wackelsteife des unteren Sprunggelenkes (MdE 20 bis 30 vH.) oder Versteifung des unteren Sprunggelenkes und des Vorfußes (MdE 25 vH.) bzw. bei Beeinträchtigungen nach Sprunggelenksbrüchen vorgesehen. Der Verlust der Großzehe - ohne MT-1- Köpfchen rechtfertigt eine MdE von 10 vH. (vgl. Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Nr. 8.12.8, Seite 746 und Nr. 8.13.Seite 760). Solche Beeinträchtigungen liegen beim Kläger als verbliebene dauerhafte Unfallfolgen jedoch nicht vor. Die beschriebenen unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen erreichen auch kein mit diesen eine MdE um 20 v.H. rechtfertigenden Gesundheitsstörungen vergleichbares Ausmaß.

Damit steht dem Kläger ein Anspruch auf Verletztenrente für unbestimmte Zeit wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 21.04.2005 nicht zu.

Ein Stützrententatbestand besteht beim Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 10.12.1999 nicht. Dieser Arbeitsunfall hat beim Kläger keine Folgen hinterlassen, die mit einer MdE von 10 vH. zu bewerten sind. Vielmehr sind die beim Unfall vom 12.10.1999 erlittenen Verletzungen folgenlos ausgeheilt, wie die Beklagte und ihr folgend das SG mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 19.02.2008 (S 7 U 4215/07) entschieden hat. Einen Stützrententatbestand hat der Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.

Der Sachverhalt ist nach Ansicht des Senats vollständig aufgeklärt, sodass weitere Ermittlungen nicht mehr erforderlich sind. Aus diesem Grund wird auch der vom Kläger im Berufungsverfahren schriftsätzlich wiederholte Beweisantrag abgelehnt. Der Senat fühlt sich durch die nicht näher substantiierte Behauptung des Klägers, sein Gesundheitszustand habe sich trotz fortlaufender ärztlicher Behandlung der Unfallfolgen verschlechtert, weshalb er eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, zur Einholung eines Gutachtens nicht gedrängt. Im Vergleich zu den bei der Untersuchung des Klägers anlässlich des 1. Rentengutachtens von Dr. W./Dr. R. und den durch Dr. J. erhobenen Befunde ist eine Verschlimmerung nicht ersichtlich. Vielmehr ist hinsichtlich des Zehengangs, der Sensibilität am Fußrücken, und der Bewegungsmaße des rechten unteren Sprunggelenkes eine Besserung festzustellen. Auch sonst ist nach den zu den Akten gelangten Befundunterlagen eine Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht erkennbar. Weder der Unfallversicherungsträger noch das Gericht ist im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet, Ermittlungen "ins Blaue hinein" aufzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 -B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R, veröffentlicht in juris).

Die Entziehung der als vorläufige Entschädigung gewährten Verletztenrente ab dem 01.02.2008 ist danach nicht zu beanstanden und die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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