Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 446/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 260/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Steht im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens fest, dass Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" besteht, sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht mehr zu prüfen.
2. Die in Anspruch genommene Berufsgenossenschaft kann sich im Ergebnis nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie nur für ein eventuelles Beschäftigungsverhältnis i.S. des " 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, nicht aber für die Versicherung als "Wie-Beschäftigter" zustündig wäre. Dies folgt aus § 43 Abs. 1 SGB I.
3. Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung kann bei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehendem Unfallversicherungsschutz im Wege der Vorwegnahme der Hauptsache auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Antragsteller nicht darlegen kann, dass die ihm gewährte kassenärztliche Behandlung im Vergleich zur angestrebten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung Defizit aufweist.
2. Die in Anspruch genommene Berufsgenossenschaft kann sich im Ergebnis nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie nur für ein eventuelles Beschäftigungsverhältnis i.S. des " 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, nicht aber für die Versicherung als "Wie-Beschäftigter" zustündig wäre. Dies folgt aus § 43 Abs. 1 SGB I.
3. Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung kann bei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehendem Unfallversicherungsschutz im Wege der Vorwegnahme der Hauptsache auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Antragsteller nicht darlegen kann, dass die ihm gewährte kassenärztliche Behandlung im Vergleich zur angestrebten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung Defizit aufweist.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2009 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zu einer Erledigung in der Hauptsache berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und berufsgenossenschaftliche Rehabilitationsleistungen zu gewähren. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die am 1. September 2009 erhobene Beschwerde gegen den dem Antragsteller am 5. August 2009 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2009 ist zulässig und begründet (§ 172 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, soweit ein Anordnungsanspruch (im Hinblick auf das materiell geltend gemachte Recht) und ein Anordnungsgrund (im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit) glaubhaft gemacht sind, (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-).
Glaubhaft gemacht ist ein Anspruch dann, wenn die ihn begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind. Bei der Prüfung der genannten Voraussetzungen stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht beziehungslos nebeneinander. Ist der Anordnungsanspruch zulässig geltend gemacht worden und in der Sache begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar 9. Auflage, § 86 b, RdNr. 29 m. w. N.).
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und Rehabilitation, und zwar nach § 27 Abs. 1 Nr. 2, 6, 7, Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (VII) wegen der Folgen (Querschnittslähmung sub. C 5) des Arbeitsunfalls (§§ 8 , 2 Abs. 2 SGB VII) vom 30. März 2009, nicht nur glaubhaft gemacht, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Der Antragsteller war beim Sturz in den Räumen des Hotels A als so genannter "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert. Daran bestehen für den Senat keine ernsthaften Zweifel. Nach § 2 Abs. 2 SGB VII sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Der Versicherungstatbestand setzt zunächst voraus, dass die Tätigkeit einem fremden Unternehmen dienlich war. Ausreichend hierfür sind sogar kurzfristige Hilfeleistungen (vgl. Schmitt, SGB VII, Kommentar, 3. Auflage, § 2 Rdnr. 155). Daneben muss die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprochen haben (vgl. a.a.O., Rdnr. 158). Vorliegend ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin protokollierten Aussage der Zeugin P, dass die Übergabe von Kasse und Schlüssel durch den Juniorschef des Hotels A an den Antragsteller zur Verrichtung des Nachtdienstes an der Rezeption bereits erfolgt war. Nach der Aussage der Zeugin, die bisher weder der Antragsteller noch die Antragsgegnerin in Zweifel gezogen haben, so dass der Senat im Rahmen der Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren an der Richtigkeit der Aussage keine Zweifel hat, sollte der Antragsteller die Rezeption mit Wissen und Wollen des Betreibers des Hotels, nämlich des Juniorschefs E, besetzen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Tätigkeit dem Hotelunternehmen dienlich und damit nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert war.
Der Senat kann es vor diesem Hintergrund im einstweiligen Rechtsschutzverfahren offen lassen, ob auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter bestünde. Zwar hat die Antragsgegnerin dieses im Bescheid vom 8. Juli 2009 mit beachtlichen Gründen im Hinblick auf das verabredete Einfühlungsverhältnis, bei dem es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handeln soll, abgelehnt. Die dort aufgezeigte Problematik ist allerdings wegen des unzweifelhaft bestehenden Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 SGB VII im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entscheidungserheblich.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII bestand aber nicht nur im Verhältnis des Antragstellers zum Hotel A, dem Entleiherbetrieb, sondern auch zum Verleihbetrieb, der H GmbH, von der das Hotel A Nachtportiers gegen Zahlung einer Vergütung an die H GmbH regelmäßig auslieh. Zwar dürfte auch insoweit Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht kommen, da kein Arbeitsvertrag, sondern ein Einfühlungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und der H GmbH bestand, nach dem weder Arbeits- noch Vergütungspflicht bestanden haben soll. Dennoch hat der Antragsteller mit der Tätigkeit im Hotel A auch im Interesse der H GmbH gehandelt. Denn diese bereitet mit den vertraglich vereinbarten Einfühlungsverhältnissen die Entleihe eines zukünftigen Arbeitnehmers an einen zukünftigen Arbeitgeber vor. Es liegt damit unzweifelhaft auch im Interesse der H GmbH, wenn die Probanden bei den in Aussicht genommenen Arbeitgebern/Entleihern tatsächlich Tätigkeiten ausüben, und sich der zukünftige Entleiher ein Bild von dem vom Verleiher vorgestellten Personal machen kann. Dem steht nicht entgegen, dass Arbeits- und Vergütungspflicht nicht bestanden haben sollen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Proband, der diese Regelung in Anspruch nimmt und im zukünftigen Ausleihbetrieb keinerlei Tätigkeiten verrichtet, auch nicht damit rechnen kann, entliehen zu werden. Denn nur nach tatsächlicher Arbeitsleistung wird der Entleiher den vorgestellten zukünftigen Arbeitnehmer des Verleihers auch tatsächlich anfordern. Der Verleiher ist für die zukünftigen Leiharbeitsverhältnisse, an denen er verdient, geradezu darauf angewiesen, dass die Probanden sich beim zukünftigen Arbeitgeber/Entleiher auch bewähren. Insoweit besteht kein ernsthafter Zweifel, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Nachtportier (Night Auditor) im Rahmen eines Einfühlungsverhältnisses auch für die Verleihfirma H GmbH dienlich war.
Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht deshalb, weil der Antragsteller auf dem Weg zur Rezeption gestürzt ist, weil er sich einen Kaffee vor Antritt des Dienstes an der Rezeption holen wollte. Wege im Betrieb zur Beschaffung von Speisen und Getränken zum alsbaldigen Verzehr sind in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (vgl. Schmitt, a.a.O., § 8 Rdnr. 78 m.w.N.). Dass die Tasse Kaffee zum alsbaldigen Verzehr an der Rezeption bestimmt war, ist unzweifelhaft.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war auch die Antragsgegnerin zur Gewährung der berufsgenossenschaftlichen Leistungen zur Heilbehandlung und Rehabilitation zu verpflichten. Sie ist zum einen zuständig, weil Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch im Hinblick auf ihren Mitgliedsbetrieb, die H GmbH bestand. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch im Hinblick auf das Hotel A bestand, das bei der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten versichert sein dürfte, die den ihr übersandten Vorgang unter dem 16. Juli 2009 aus nicht nachvollziehbaren Gründen an die Antragsgegnerin zurückgeschickt hat. Da der Antragsteller zweifellos Anspruch auf Berufsgenossenschaftliche Leistungen hat, weil er nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert ist, bleibt es im einstweiligen Rechtschutzverfahren bedeutungslos, ob neben der ebenfalls zuständigen Antragsgegnerin (siehe oben) weitere Leistungsträger in Anspruch genommen werden könnten oder ob zwischen diesen Erstattungsansprüche bestünden.
Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin auch nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/ 1. Buch (SGB I) zur Leistung verpflichtet. Nach der genannten Vorschrift kann der zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Sozialleistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Jedenfalls hat der Träger die Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I).
Damit bestehen für den Senat an einem Anordnungsanspruch gegen die in Anspruch genommene Antragsgegnerin keine ernsthaften Zweifel.
Vor diesem Hintergrund vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, denn es ist nicht ersichtlich, warum ein Anspruch im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht zugesprochen werden sollte, wenn er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Zwar kann auch in diesen Fällen nicht vollständig auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 29). Ein Anordnungsgrund liegt aber vor. Nur der Vollständigkeithalber ist darauf hinzuweisen, dass der vom Antragsteller gestellte Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles, soweit er, wie hier geschehen, ohne Bezug auf eine konkrete Leistung gestellt ist, nicht rechtschutzbedürftig im Eilverfahren ist. Denn wenn keine Leistungen in Anspruch genommen werden sollen, ist nicht im Ansatz ersichtlich, warum die Feststellung eines Arbeitsunfalles eilbedürftig sein soll. Es ist in diesen Fällen nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile drohen würden, wenn er auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren verwiesen würde.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, da aus der Gesamtheit des Verfahrens unzweifelhaft folgt, dass der Antragsteller wegen der auf den Arbeitsunfall vom 30. März 2009 zurückzuführenden Querschnittslähmung berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung an Stelle der von seiner Krankenkasse gewährten kassenärztlichen Behandlung begehrt. Soweit das Sozialgericht gemeint hat, es bestünden keine Unterschiede zwischen den Leistungen des Unfallkrankenhauses Bund denen in der Reha-Klinik B, kann der Senat dem nicht folgen. Soweit die Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Sozialgericht zumindest sinngemäß vorgetragen hat, dass der Antragsteller durch die kassenärztliche Versorgung ebenso gestellt sei wie durch die begehrte berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung, so kann das nur verwundern. Dem Senat, der allgemein für die gesetzliche Unfallversicherung zuständig ist, ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass die Berufsgenossenschaften völlig zu Recht auf der Durchführung berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung (vgl. H-Arztverfahren und Durchgangsarztverfahren) bestehen, wenn ihre Leistungspflicht aufgrund eines Arbeitsunfalls gegeben ist. § 26 Abs. 2 SGB VII verpflichtet die Unfallversicherungsträger, Leistungen der Heilbehandlung und der Rehabilitation mit allen geeigneten Mitteln zu erbringen, während die kassenärztliche Versorgung vom Wirtschaftlichkeitsprinzip beherrscht wird (Schmitt a.a.O., § 26 Rdnr. 8). Dass dieser Grundsatz gerade bei der Rehabilitation Querschnittsgelähmter, die besondere Anforderungen stellt, nicht gelten sollte, ist, soweit der Senat sieht, von berufsgenossenschaftlicher Seite noch nie vorgetragen worden. Im konkreten Fall ergibt sich der höhere Standard der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung unzweifelhaft auch aus dem Schreiben des Chefarztes des Behandlungszentrums für Rückenmarkverletzte im Unfallkrankenhaus vom 29. Juli 2009. Hier führt der Chefarzt und Arzt für Neurochirurgie Dr. N aus, dass die Möglichkeiten der Therapie und Behandlung bei der Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung weitaus umfassender sind als bei der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Er weist darauf hin, dass entsprechend auch die Pflegesätze für Patienten der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung unterschiedlich ausgestaltet sind. Er führt weiter aus, dass erst seit ca. 6 Jahren Patienten der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung unterschiedlich behandelt und rehabilitiert werden. In früheren Jahren erfolgte danach die Behandlung ausschließlich in den Behandlungszentren für Querschnittgelähmte im Rahmen der vollstationären Krankenhausbehandlung unabhängig von der Zuständigkeit des Kostenträgers. Dr. N führt weiter aus, dass die Krankenversicherungsträger zunehmend auf eine scharfe Trennung zwischen Akutbehandlung und medizinischer Rehabilitation drängen, die bei Vorliegen einer Querschnittslähmung wie im vorliegenden Fall aber nur bedingt möglich sei, da die Rehabilitationsphase eigentlich vom ersten Tag an beginne und umgekehrt akut medizinische Behandlungsanteile bis kurz vor Abschluss der Gesamtbehandlung auftreten können. Diese von Dr. N nicht für sinnvoll erachtete Trennung bei der Rehabilitation wird im Rahmen der Versorgung gesetzlich Unfallversicherter gerade nicht vorgenommen. Nach dem Schreiben steht fest, dass gerade nicht dieselben Behandlungs- und Rehabilitationskonzepte für Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden. Dies allein rechtfertigt es, den Anspruchsteller, der ohne Zweifel Anspruch auf berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung hat, unverzüglich in den Genuss dieser Behandlung kommen zu lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die am 1. September 2009 erhobene Beschwerde gegen den dem Antragsteller am 5. August 2009 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2009 ist zulässig und begründet (§ 172 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, soweit ein Anordnungsanspruch (im Hinblick auf das materiell geltend gemachte Recht) und ein Anordnungsgrund (im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit) glaubhaft gemacht sind, (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-).
Glaubhaft gemacht ist ein Anspruch dann, wenn die ihn begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind. Bei der Prüfung der genannten Voraussetzungen stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht beziehungslos nebeneinander. Ist der Anordnungsanspruch zulässig geltend gemacht worden und in der Sache begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar 9. Auflage, § 86 b, RdNr. 29 m. w. N.).
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und Rehabilitation, und zwar nach § 27 Abs. 1 Nr. 2, 6, 7, Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (VII) wegen der Folgen (Querschnittslähmung sub. C 5) des Arbeitsunfalls (§§ 8 , 2 Abs. 2 SGB VII) vom 30. März 2009, nicht nur glaubhaft gemacht, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Der Antragsteller war beim Sturz in den Räumen des Hotels A als so genannter "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert. Daran bestehen für den Senat keine ernsthaften Zweifel. Nach § 2 Abs. 2 SGB VII sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Der Versicherungstatbestand setzt zunächst voraus, dass die Tätigkeit einem fremden Unternehmen dienlich war. Ausreichend hierfür sind sogar kurzfristige Hilfeleistungen (vgl. Schmitt, SGB VII, Kommentar, 3. Auflage, § 2 Rdnr. 155). Daneben muss die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprochen haben (vgl. a.a.O., Rdnr. 158). Vorliegend ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin protokollierten Aussage der Zeugin P, dass die Übergabe von Kasse und Schlüssel durch den Juniorschef des Hotels A an den Antragsteller zur Verrichtung des Nachtdienstes an der Rezeption bereits erfolgt war. Nach der Aussage der Zeugin, die bisher weder der Antragsteller noch die Antragsgegnerin in Zweifel gezogen haben, so dass der Senat im Rahmen der Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren an der Richtigkeit der Aussage keine Zweifel hat, sollte der Antragsteller die Rezeption mit Wissen und Wollen des Betreibers des Hotels, nämlich des Juniorschefs E, besetzen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Tätigkeit dem Hotelunternehmen dienlich und damit nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert war.
Der Senat kann es vor diesem Hintergrund im einstweiligen Rechtsschutzverfahren offen lassen, ob auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter bestünde. Zwar hat die Antragsgegnerin dieses im Bescheid vom 8. Juli 2009 mit beachtlichen Gründen im Hinblick auf das verabredete Einfühlungsverhältnis, bei dem es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handeln soll, abgelehnt. Die dort aufgezeigte Problematik ist allerdings wegen des unzweifelhaft bestehenden Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 SGB VII im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entscheidungserheblich.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII bestand aber nicht nur im Verhältnis des Antragstellers zum Hotel A, dem Entleiherbetrieb, sondern auch zum Verleihbetrieb, der H GmbH, von der das Hotel A Nachtportiers gegen Zahlung einer Vergütung an die H GmbH regelmäßig auslieh. Zwar dürfte auch insoweit Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht kommen, da kein Arbeitsvertrag, sondern ein Einfühlungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und der H GmbH bestand, nach dem weder Arbeits- noch Vergütungspflicht bestanden haben soll. Dennoch hat der Antragsteller mit der Tätigkeit im Hotel A auch im Interesse der H GmbH gehandelt. Denn diese bereitet mit den vertraglich vereinbarten Einfühlungsverhältnissen die Entleihe eines zukünftigen Arbeitnehmers an einen zukünftigen Arbeitgeber vor. Es liegt damit unzweifelhaft auch im Interesse der H GmbH, wenn die Probanden bei den in Aussicht genommenen Arbeitgebern/Entleihern tatsächlich Tätigkeiten ausüben, und sich der zukünftige Entleiher ein Bild von dem vom Verleiher vorgestellten Personal machen kann. Dem steht nicht entgegen, dass Arbeits- und Vergütungspflicht nicht bestanden haben sollen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Proband, der diese Regelung in Anspruch nimmt und im zukünftigen Ausleihbetrieb keinerlei Tätigkeiten verrichtet, auch nicht damit rechnen kann, entliehen zu werden. Denn nur nach tatsächlicher Arbeitsleistung wird der Entleiher den vorgestellten zukünftigen Arbeitnehmer des Verleihers auch tatsächlich anfordern. Der Verleiher ist für die zukünftigen Leiharbeitsverhältnisse, an denen er verdient, geradezu darauf angewiesen, dass die Probanden sich beim zukünftigen Arbeitgeber/Entleiher auch bewähren. Insoweit besteht kein ernsthafter Zweifel, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Nachtportier (Night Auditor) im Rahmen eines Einfühlungsverhältnisses auch für die Verleihfirma H GmbH dienlich war.
Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht deshalb, weil der Antragsteller auf dem Weg zur Rezeption gestürzt ist, weil er sich einen Kaffee vor Antritt des Dienstes an der Rezeption holen wollte. Wege im Betrieb zur Beschaffung von Speisen und Getränken zum alsbaldigen Verzehr sind in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (vgl. Schmitt, a.a.O., § 8 Rdnr. 78 m.w.N.). Dass die Tasse Kaffee zum alsbaldigen Verzehr an der Rezeption bestimmt war, ist unzweifelhaft.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war auch die Antragsgegnerin zur Gewährung der berufsgenossenschaftlichen Leistungen zur Heilbehandlung und Rehabilitation zu verpflichten. Sie ist zum einen zuständig, weil Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch im Hinblick auf ihren Mitgliedsbetrieb, die H GmbH bestand. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch im Hinblick auf das Hotel A bestand, das bei der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten versichert sein dürfte, die den ihr übersandten Vorgang unter dem 16. Juli 2009 aus nicht nachvollziehbaren Gründen an die Antragsgegnerin zurückgeschickt hat. Da der Antragsteller zweifellos Anspruch auf Berufsgenossenschaftliche Leistungen hat, weil er nach § 2 Abs. 2 SGB VII versichert ist, bleibt es im einstweiligen Rechtschutzverfahren bedeutungslos, ob neben der ebenfalls zuständigen Antragsgegnerin (siehe oben) weitere Leistungsträger in Anspruch genommen werden könnten oder ob zwischen diesen Erstattungsansprüche bestünden.
Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin auch nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/ 1. Buch (SGB I) zur Leistung verpflichtet. Nach der genannten Vorschrift kann der zuerst angegangene Leistungsträger vorläufig Leistungen erbringen, deren Umfang er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und zwischen mehreren Sozialleistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Jedenfalls hat der Träger die Leistungen nach Satz 1 zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I).
Damit bestehen für den Senat an einem Anordnungsanspruch gegen die in Anspruch genommene Antragsgegnerin keine ernsthaften Zweifel.
Vor diesem Hintergrund vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, denn es ist nicht ersichtlich, warum ein Anspruch im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht zugesprochen werden sollte, wenn er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Zwar kann auch in diesen Fällen nicht vollständig auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 29). Ein Anordnungsgrund liegt aber vor. Nur der Vollständigkeithalber ist darauf hinzuweisen, dass der vom Antragsteller gestellte Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles, soweit er, wie hier geschehen, ohne Bezug auf eine konkrete Leistung gestellt ist, nicht rechtschutzbedürftig im Eilverfahren ist. Denn wenn keine Leistungen in Anspruch genommen werden sollen, ist nicht im Ansatz ersichtlich, warum die Feststellung eines Arbeitsunfalles eilbedürftig sein soll. Es ist in diesen Fällen nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile drohen würden, wenn er auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren verwiesen würde.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, da aus der Gesamtheit des Verfahrens unzweifelhaft folgt, dass der Antragsteller wegen der auf den Arbeitsunfall vom 30. März 2009 zurückzuführenden Querschnittslähmung berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung an Stelle der von seiner Krankenkasse gewährten kassenärztlichen Behandlung begehrt. Soweit das Sozialgericht gemeint hat, es bestünden keine Unterschiede zwischen den Leistungen des Unfallkrankenhauses Bund denen in der Reha-Klinik B, kann der Senat dem nicht folgen. Soweit die Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Sozialgericht zumindest sinngemäß vorgetragen hat, dass der Antragsteller durch die kassenärztliche Versorgung ebenso gestellt sei wie durch die begehrte berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung, so kann das nur verwundern. Dem Senat, der allgemein für die gesetzliche Unfallversicherung zuständig ist, ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass die Berufsgenossenschaften völlig zu Recht auf der Durchführung berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung (vgl. H-Arztverfahren und Durchgangsarztverfahren) bestehen, wenn ihre Leistungspflicht aufgrund eines Arbeitsunfalls gegeben ist. § 26 Abs. 2 SGB VII verpflichtet die Unfallversicherungsträger, Leistungen der Heilbehandlung und der Rehabilitation mit allen geeigneten Mitteln zu erbringen, während die kassenärztliche Versorgung vom Wirtschaftlichkeitsprinzip beherrscht wird (Schmitt a.a.O., § 26 Rdnr. 8). Dass dieser Grundsatz gerade bei der Rehabilitation Querschnittsgelähmter, die besondere Anforderungen stellt, nicht gelten sollte, ist, soweit der Senat sieht, von berufsgenossenschaftlicher Seite noch nie vorgetragen worden. Im konkreten Fall ergibt sich der höhere Standard der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung unzweifelhaft auch aus dem Schreiben des Chefarztes des Behandlungszentrums für Rückenmarkverletzte im Unfallkrankenhaus vom 29. Juli 2009. Hier führt der Chefarzt und Arzt für Neurochirurgie Dr. N aus, dass die Möglichkeiten der Therapie und Behandlung bei der Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung weitaus umfassender sind als bei der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Er weist darauf hin, dass entsprechend auch die Pflegesätze für Patienten der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung unterschiedlich ausgestaltet sind. Er führt weiter aus, dass erst seit ca. 6 Jahren Patienten der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung unterschiedlich behandelt und rehabilitiert werden. In früheren Jahren erfolgte danach die Behandlung ausschließlich in den Behandlungszentren für Querschnittgelähmte im Rahmen der vollstationären Krankenhausbehandlung unabhängig von der Zuständigkeit des Kostenträgers. Dr. N führt weiter aus, dass die Krankenversicherungsträger zunehmend auf eine scharfe Trennung zwischen Akutbehandlung und medizinischer Rehabilitation drängen, die bei Vorliegen einer Querschnittslähmung wie im vorliegenden Fall aber nur bedingt möglich sei, da die Rehabilitationsphase eigentlich vom ersten Tag an beginne und umgekehrt akut medizinische Behandlungsanteile bis kurz vor Abschluss der Gesamtbehandlung auftreten können. Diese von Dr. N nicht für sinnvoll erachtete Trennung bei der Rehabilitation wird im Rahmen der Versorgung gesetzlich Unfallversicherter gerade nicht vorgenommen. Nach dem Schreiben steht fest, dass gerade nicht dieselben Behandlungs- und Rehabilitationskonzepte für Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden. Dies allein rechtfertigt es, den Anspruchsteller, der ohne Zweifel Anspruch auf berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung hat, unverzüglich in den Genuss dieser Behandlung kommen zu lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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