L 10 R 6222/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 328/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 6222/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.11.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbminderung.

Der 1951 in Jugoslawien geborene Kläger war ab 1973 in Deutschland zunächst als Automechaniker und ab 1992 - bis zu einer Wirbelkörperfraktur an der Halswirbelsäule bei einem privaten Verkehrsunfall im Juli 1994 - als Busfahrer (zuletzt Lohngruppe K IV der Tarifvereinbarung vom 15.07.1994 über Löhne und Gehälter für den Bereich der Regional Bus S. GmbH RBS) beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig bzw. seit dem 01.05.1995 arbeitslos.

Auf seinen Rentenantrag vom 17.07.2003 holte die Beklagte Gutachten bei dem Chirurgen Dr. G. (chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom und Rotatorenmanschettendegeneration; als Busfahrer nicht mehr einsetzbar; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar ohne langes Stehen und Sitzen, häufiges Bücken und Überkopfarbeiten) und dem Nervenarzt Dr. Sch. (Dysthymie, reaktiv depressiver Verstimmungszustand, chronisch-rezividierendes Wirbelsäulensyndrom; Busfahrertätigkeit nicht mehr möglich, aber leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den von Dr. G. beschriebenen qualitativen Einschränkungen vollschichtig) ein.

Mit Bescheid vom 12.12.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Seinen Widerspruch wies sie nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. (vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten ohne besondere Belastungen des Bewegungsapparates und ohne besondere geistig-psychische Beanspruchung bei cervikalem Reizsyndrom, reaktiv depressivem Verstimmungszustand und cervikogener Cephalgie) mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2004 zurück.

Der Kläger hat am 18.01.2005 beim Sozialgericht Stuttgart Klage auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung erhoben. Nach Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen (Orthopäde Dr. G.: leichte bis mittelschwere Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig; Dr. L.-P. , Praktische Ärztin: leichte Tätigkeiten drei bis sechs Stunden; Nervenarzt Dr. H.: leichte Tätigkeiten drei bis sechs Stunden) hat das Sozialgericht durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. ein Gutachten erstatten lassen (wegen ätiologisch ungeklärter Kraftminderung im linken Arm mit progredienten Paresen und Atrophien sei die Tätigkeit als Busfahrer nicht mehr möglich, wegen einer chronifizierten dysthymen Störung ohne schwerwiegende depressive Symptome die Belastbarkeit für leichte und mittelschwere Tätigkeiten auf drei bis unter sechs Stunden täglich herabgesunken).

Mit Urteil vom 23.11.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeiten, ohne Nachtschicht und ohne besonderen Zeitdruck mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine wesentliche, insbesondere quantitative Leistungsminderung ergebe sich nicht aus der von Dr. Sch. , Dr. Sch. und Dr. G. übereinstimmend diagnostizierten Dysthymie. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden könne. Er habe die Busfahrertätigkeit nach eigenen Angaben ohne Anlernzeit ausgeübt.

Zur Begründung seiner am 13.12.2006 eingelegten Berufung hat sich der Kläger auf die Ausführungen von Dr. H. und Dr. G. gestützt und vorgetragen, er habe den Beruf des Kraftfahrers in Jugoslawien gelernt. Hierzu hat er ein Zeugnis über ein von Februar 1981 bis Juni 1982 absolviertes Ausbildungsprogramm für den Beruf des Kraftfahrers für Lastentransport in Zagreb vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.11.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 zu verurteilen, ihm ab 01.07.2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die mit Beschluss vom 31.01.2008 wegen Entrichtung von Pflichtversicherungsbeiträgen an ihre Rechtsvorgängerin, die Bahnversicherungsanstalt, beigeladene Deutsche Rentenversicherung - Knappschaft-Bahn-See - stellt keinen Antrag.

Auf Anfrage des Senats hat Dr. H. auf neurologischem Fachgebiet unverändert bestehende Schmerz- und sensible Reizzeichen radikulär C6/7 und Paresen, psychisch vermehrte Klagen über eine Depression, eine Antriebsstörung, nächtliche Ängste, einen sozialen Rückzug und die Durchführung einer antidepressiven medikamentösen Therapie berichtet und angegeben, er halte den Kläger nur für unter drei Stunden täglich leistungsfähig.

Der Nervenarzt Dr. D. hat nach Untersuchung des Klägers am 14.03.2008 in einem für den Senat erstellten Gutachten eine Bewegungseinschränkung des Kopfes, eine Schwäche der Oberarmmuskulatur links bei Schädigung der Spinalnerven C5 und C6 und eine leichtergradige depressive Verstimmung (Dysthymie) angegeben. Eine Tätigkeit als Busfahrer sei nicht mehr möglich, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen (insbesondere ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes, nur zeitweise im Stehen und Gehen, kein Tragen von Gewichten über 5 kg) hingegen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich.

Im Hinblick auf eine beim Kläger am 07.04.2008 vorgenommene Corporektomie (Ersetzung der Wirbel C 5 und C 6 durch Metallimplantate) und eine dorsale Dekompression im Bereich der Wirbel C 4 bis C 7 (Einsetzen weiterer Implantate) am 16.04.2008 im SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach mit Anschlussheilbehandlung in Waldachtal (Entlassungsbericht vom 26.06.2008: als arbeitsunfähig entlassen, auch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen aktuell nur drei bis sechs Stunden täglich zumutbar) hat der Senat ein weiteres Gutachten beim Facharzt für Orthopädie Dr. H. eingeholt. Nach Untersuchung des Klägers am 28.11.2008 hat er berichtet, nach den Operationen im April 2008 seien die Schmerzen in der linken oberen Gliedmaße verschwunden, vor allem im Schulter-Arm-Bereich. Dafür seien phasenweise krampfartige Schmerzen der unteren HWS aufgetreten und es bestünden weiterhin neurologische Defizite bzw. eine Kraftlosigkeit des linken Arms sowie Gefühlsstörungen der linken Hand. Der Kläger schone beim An- und Ausziehen den linken Arm. An den Kniegelenken habe sich kein offenkundiger pathologischer Befund gefunden, das Gangbild sei mäßig flott sicher. Die Halswirbelsäule und die Kopfgelenke seien nach allen Richtungen deutlich eingeschränkt beweglich, die deutliche Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule zeige bei Spontanbewegungen aber ein geringeres Ausmaß. Der Kläger sei nicht auffällig depressiv, er zeige ein mäßig leidensbetontes Verhalten. Im Ergebnis hat der Sachverständige eine Tätigkeit als Busfahrer wegen der eingeschränkten HWS-Beweglichkeit seit dem Unfall im Jahre 1994 ausgeschlossen, aber eine leichte leidensgerechte Tätigkeit von mindestens sechs Stunden mit qualitativen Einschränkungen (insbesondere weitgehend ohne Gebrauch des linken Armes, ohne Überkopfarbeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über 5 kg) für zumutbar erachtet. Der Kläger habe kein Auto und könne auch am (fließenden) Straßenverkehr nicht mehr teilnehmen. Die Wegefähigkeit zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei aber gegeben.

Der Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. B. hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein weiteres Gutachten erstattet, in dem er eine depressive Grundstimmung, einen unauffälligen Antrieb und eine hochgradige Verschmächtigung des linken Schultergürtels und des linken Arms beschreibt. Röntgenologisch zeige sich ein unveränderter Befund der HWS im Vergleich zur Begutachtung bei Dr. H. , aber klinisch sei die Beweglichkeit des linken Arms geringer. Wegen der nahezu vollständigen, seit der Operation noch stärker gewordenen Gebrauchsunfähigkeit des linken Arms sei der Kläger nicht mehr berufsfähig. Er habe bereits erhebliche Probleme bei der Alltagsbewältigung und könne seit April 2008 nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Wegen der besseren Bewegungsausmaße bei Dr. H. sei die Verschlechterung aber erst mit der aktuellen Untersuchung im Juni 2009 nachgewiesen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 12.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen (§§ 43, 240 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch nicht berufsunfähig ist. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Auch die weiteren medizinischen Ermittlungen des Gerichts haben keine Leistungsminderung beim Kläger in rentenberechtigendem Ausmaß nachgewiesen. Die von allen Sachverständigen berichtete hochgradige Verminderung der Gebrauchsfähigkeit des linken Arms, die für den Senat auch durch die von ihnen erhobene Verschmächtigung der Muskulatur und die von Dr. H. und Prof. Dr. B. angegebene Schonung des linken Arms beim An- und Ausziehen schlüssig belegt ist, führt für leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur zu qualitativen Einschränkungen, worauf Dr. Schaller in seiner Stellungnahme für die Beklagte vom 09.07.2009 überzeugend hinweist. So hat Dr. H. , weitergehend als Dr. D. (Ausschluss von Heben und Tragen von Lasten über 5 kg mit dem linken Arm und der linken Hand, von Überkopfarbeiten sowie von Arbeiten, die eine dauernde, auch nur leichte Beanspruchung der Muskulatur des linken Arms erfordern), nur noch ein Heben und Tragen von Lasten mit der linken Hand - bei locker nach unten hängendem Oberarm - in einer Größenordnung von 1 bis 3 kg, jedenfalls aber leichte Haltearbeiten für möglich gehalten. Beide Sachverständigen haben wegen der Beschwerden im linken Arm eine quantitative Leistungsminderung hingegen nicht angenommen.

Soweit Prof. Dr. B. hiervon abweichend zu einem Leistungsvermögen auch für leichte körperliche Arbeiten von unter drei Stunden täglich gekommen ist, überzeugt dies nicht, weil er weitergehender als Dr. H. und Dr. D. eine nahezu vollständige Gebrauchsunfähigkeit des linken Arms annimmt und in der Folge zu Unrecht davon ausgeht, dass eine Berufstätigkeit mit einem Arm überhaupt nicht möglich ist. Allerdings vermag sich der Senat auch unter Berücksichtigung einer von Prof. Dr. B. berichteten Verschlechterung der Beweglichkeit des linken Arms im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. H. (Abduktion passiv 90°, aktiv 20°, bei Dr. H. hingegen passiv 120° und aktiv 30-40°) und der zusätzlichen - allerdings auch von Dr. H. erhobenen - hochgradigen Einschränkung der Kopfbeweglichkeit auf Grund der weitgehenden Versteifung der Halswirbelsäule im April 2008 nicht davon zu überzeugen, dass die Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist. Zwar ist der Kläger im Juni 2008 aus der Anschlussrehabilitation nach der HWS-Operation mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden entlassen worden. Die Leistungseinschätzung hat sich jedoch ausdrücklich auf den bei der Entlassung aktuellen Zustand bezogen und ist von Dr. H. bei der Untersuchung des Klägers im November 2008 nicht bestätigt worden.

Daneben hat auch das vom Senat eingeholte Gutachten bei Dr. D. eine Erwerbsminderung des Klägers im Sinne des § 43 SGB VI wegen Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet nicht bestätigt. Der Sachverständige hat, ebenso wie die Vorgutachter, lediglich eine leichtergradige depressive Verstimmung erhoben, die leichte körperliche Tätigkeiten ohne besondere psychische Beanspruchung in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich nicht ausschließt. Auch nach den Operationen im April 2008 haben Dr. H. und Prof. Dr. B. neben den bekannten neurologischen Defiziten im linken Arm und der Dysthymie keine erheblichen neuen psychischen Befunde erhoben. Dr. H. hat den Kläger als nicht auffällig depressiv beschrieben. Prof. Dr. B. hat die Grundstimmung zwar als depressiv, aber den Antrieb als unauffällig und die Merk- und Gedächtnisfähigkeit als normal bezeichnet.

Bei einer Gesamtbetrachtung seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen ist der Kläger noch in der Lage, eine Tätigkeit als Pförtner (an der Nebenpforte) sechs Stunden täglich auszuüben. Die vorliegend in den Gutachten beschriebenen Funktionseinschränkungen stehen zur Überzeugung des Senats einer entsprechenden Tätigkeit des Klägers nicht entgegen.

Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (Beschluss des Senats vom 24.05.2007, L 10 R 6433/06, und Urteil des Senats vom 20.06.2008, L 10 R 3353/07, jeweils m.w.N.).

Derartige Pförtnertätigkeiten können im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und sind nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden (Urteil des Senats vom 28.02.2008, L 10 R 5987/06 m.w.N.). Ein erforderlicher Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen kann im Rahmen einer Pförtnertätigkeit somit hinreichend berücksichtigt werden. Auf eine zeitlich überwiegend oder gar ausschließlich sitzende Position wäre der Kläger nicht festgelegt. Dass die Tätigkeit eines Pförtners rein tatsächlich überwiegend im Sitzen ausgeübt wird, resultiert nicht aus den Arbeitsanforderungen, sondern beruht im Wesentlichen auf dem Entschluss der Beschäftigten, diese für sie meist bequemere Position einzunehmen.

Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Sie eignen sich auch für - wie hier - Personen, deren obere Extremitäten Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen oder deren Hebe- und Tragefähigkeit eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. das Urteil des Sennats vom 10.10.2008, L 10 R 4769/07, insbesondere mit dem Hinweis zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger im Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997, L 8 J 262/97). Dass dem Kläger damit nicht jeder Arbeitsplatz eines Pförtners zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit (Urteil des Senats vom 23.03.2006, L 10 R 612/05).

Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (Urteil des Senats vom 28.02.2008, L 10 R 5987/06, und Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997, L 8 J 262/97). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 25.01.1994, 4 RA 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI. Bei der Prüfung des Berufsschutzes ist, wovon das Sozialgericht zutreffend ausgegangen ist, auf die zuletzt vom Kläger versicherungspflichtig verrichtete Tätigkeit als Busfahrer abzustellen. Diesen Beruf kann der Kläger nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen, der sich der Senat anschließt, wegen der eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule und der Gebrauchsminderung des linken Arms nicht mehr ausüben. Hiermit ist er aber noch nicht berufsunfähig. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es auch keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Der Kläger kann indes, worauf er im Berufungsverfahren hingewiesen worden ist, zur Vermeidung einer Berufsunfähigkeit auf die bereits erwähnte Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.

Nach dem - bereits im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellten - Mehrstufenschema des BSG ist die vom Kläger verrichtete Busfahrer-Tätigkeit allenfalls als die eines Angelernten im oberen Bereich einzustufen. Dabei ist nicht zu erörtern, ob dies bereits aus der - siebzehnmonatigen - Dauer der nachgewiesenen Ausbildung zum Kraftfahrer für Lastentransport im damaligen J. folgt. Denn selbst wenn diese Ausbildung - was nicht erkennbar ist - den Transport von Personen und damit die vom Kläger zuletzt verrichtete Busfahrertätigkeit umfasst haben sollte, entspricht die Ausbildungsdauer einer Ausbildungs- oder Anlernzeit (über zwölf bis zu vierundzwanzig Monate) eines Angelernten im oberen Bereich.

Ein darüber hinausgehender Berufsschutz als Facharbeiter ergibt sich auch nicht aus der tariflichen Einstufung des Klägers bei seiner letzten Tätigkeit. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in das Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Neben Art und Dauer der Ausbildung ist für die Bewertung einer Tätigkeit auch auf den ihr von den Tarifvertragsparteien beigemessenen qualitativen Wert abzustellen, wenn sich eine Einstufung als Facharbeiter - wie hier - nicht bereits aus der durchlaufenen Ausbildung ergibt und auch nicht festgestellt werden kann, dass die Tätigkeit theoretische Kenntnisse und praktische Fertigkeiten in einem Umfang voraussetzt, die von einem Facharbeiter in regulärer Ausbildung und längerer Berufstätigkeit erworben werden (s. zum Ganzen BSG, Urteil vom 20.07.2005, B 13 RJ 29/04 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 4). Aufgrund ihrer Einordnung in Tarifnormen kann eine Tätigkeit, die nicht diese Ausbildungsdauer erfordert, dennoch einer gelernten oder angelernten gleichstehen. Maßgebend ist dabei die Fassung des fachlich und räumlich einschlägigen Tarifvertrages, die zum Zeitpunkt der Beendigung der betreffenden versicherungspflichtigen Beschäftigung galt.

Bei dieser Prüfung kommt den tariflichen Regelungen unter zwei Gesichtspunkten besondere Bedeutung zu (BSG, a.a.O.). Zu unterscheiden ist die abstrakte - "tarifvertragliche" - Klassifizierung der Tätigkeit (im Sinne eines verselbständigten Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrags von der - "tariflichen" - Eingruppierung des Versicherten in eine bestimmte Tarifgruppe des jeweiligen Tarifvertrags durch den Arbeitgeber. Soweit die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Berufsart im Tarifvertrag aufführen und einer Tarifgruppe zuordnen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die tarifvertragliche Einstufung der einzelnen in der Tarifgruppe genannten Tätigkeiten auf deren Qualität beruht; denn die Tarifparteien als unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligte nehmen relativ zuverlässig eine Bewertung von Berufstätigkeiten vor, die den Anforderungen auch des Mehrstufenschemas und der Qualität des Berufs in Bezug auf die in § 240 Abs. 2 SGB VI genannten Merkmale entspricht. Demgemäß lässt die abstrakte tarifvertragliche Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, in der Facharbeiter eingeordnet sind, in der Regel den Schluss zu, dass diese Berufstätigkeit im Geltungsbereich dieses Tarifvertrages als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten lediglich dann, wenn die Einstufung durch qualitätsfremde Merkmale bestimmt ist.

Daneben ist jedoch auch die tarifliche (konkrete) Zuordnung des einzelnen Versicherten durch den Arbeitgeber zu prüfen. Sie ist Anhaltspunkt dafür, dass die vom Versicherten ausgeübte Tätigkeit in ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Eingruppierung kann aber durchaus "widerlegt" werden. Das heißt: Die Eingruppierung kann als unrichtig erkannt werden. Die Richtigkeit der Einstufung wird dadurch "widerlegt", dass die Einordnung des Versicherten in die Tarifgruppe anhand der hierin geregelten Merkmale einerseits und der Tatsachen andererseits geprüft wird, deren Feststellung diese Merkmale fordern. Rechtfertigen die tatsächlichen Feststellungen die Einordnung in die Tarifgruppe nicht, so steht fest, dass der Arbeitgeber die Einordnung in die Tarifgruppe zu Unrecht vorgenommen hat oder dass er Gründe gehabt hat, die jedenfalls nicht qualitativer Art sind.

Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger auch im Hinblick auf seine tarifliche Einstufung als oberer Angelernter anzusehen. Am Ende seiner Tätigkeit war er in die Lohngruppe IV (Omnibusfahrer mit Fahrerlaubnis der Klasse D und Fahrgastbeförderungsschein) der für ihn geltenden Tarifvereinbarung vom 15.07.1994 über Löhne und Gehälter für den Bereich der Regional Bus S. GmbH RBS eingestuft. Facharbeiter wurden nach dem Tarifvertrag jedoch in die Lohngruppe V (Facharbeiter [KfZ-Handwerker], die eine Ausbildung mit Erfolg abgelegt haben und eine ihrer Ausbildung entsprechende Tätigkeit ausüben) oder höher eingestuft. Damit war die Tätigkeit als Omnibusfahrer tarifvertraglich keiner Facharbeitertätigkeit gleichgestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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