S 17 (28) SO 11/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 17 (28) SO 11/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für die stationäre Unterbringung ihrer Tochter D T M während der Kurzzeitpflege.

Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder, davon ist eines, D T, 14 Jahre alt und behindert. Wegen der Behinderung geht D T zweimal jährlich für die Dauer von 2 Wochen in E in die Kurzzeitpflege. Die Kosten hierfür werden zum einen von der Pflegeversicherung und hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages vom Beklagten übernommen. Allerdings begehrt der Beklagte von der Klägerin die Aufbringung eines Teils der Mittel, die er für die Kurzzeitpflege leistet. Im vorliegenden Verfahren im Streit steht die Heranziehung zu Kostenbeiträgen für den Aufenthalt in E vom 18.03.2005 - 02.04.2005 sowie vom 06.04.2006 - 23.04.2006.

Die Beklagte ermittelte hierzu das Einkommen der Klägerin, das für das Jahr 2004 durchschnittlich 3.569,45 EUR betrug, und die sonstigen Einkünfte. Nach Abzug der Kosten der Unterkunft (1.587,35 EUR) und den weiteren abzugsfähigen Belastungen berechnete die Beklagte den selbst zu tragenden Anteil und setzte diesen mit Bescheid vom 27.04.2005 (für die Zeit vom 18.03.2005 - 02.04.2005) auf 150,24 EUR sowie mit Bescheid vom 11.12.2006 (für die Zeit vom 06.04.2006 - 23.04.2006) auf 158,36 EUR fest. Der Kostenbeitrag sei gemäß §§ 92, 85 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe ersparter Aufwendungen zu leisten. Er richte sich der Höhe nach nach dem Alter des Kindes und nach den Regelsätzen der Sozialhilfe. Dieser betrage seit dem 01.01.2005 für D T monatlich 310,50 EUR. Anteilig für den Zeitraum vom 18.03.2005 - 02.04.2005 betrage daher der von der Klägerin zu zahlende Kostenbeitrag 150,24 EUR. Dabei werde An- und Abreisetag als einen Tag berechnet. Die Begründung im Bescheid vom 11.12.2006 ist gleichlautend. Allerdings führte hier die Beklagte aus, dass seit dem 01.01.2005 der Regelsatz der Sozialhilfe für das Kind monatlich 279,45 EUR betrage. Anteilig für den Zeitraum vom 06.04.2006 - 23.04.2006 liege der zu zahlende Kostenbeitrag bei 158,36 EUR.

Hiergegen legte die Klägerin am 06.05.2005 und 08.01.2007 jeweils Widerspruch ein, in denen sie darauf hinwies, dass sich ersparte häusliche Aufwendungen nur hinsichtlich Verpflegung und Wasser (Körperpflege) ergäben. Alle übrigen Kosten (Wohnkosten, Kleidung pp.) liefen weiter. Daher sei die tatsächliche Ersparnis weniger geringer als angenommen. Der Kostenbeitrag solle neu berechnet werden.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14.02.2007 und 15.02.2007 wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerin als unbegründet zurück, setzte jedoch im Widerspruchsbescheid vom 15.02.2008 den Kostenbeitrag auf 153,36 EUR statt 158,36 EUR fest. In den Gründen führte der Beklagte aus: Es werde hier Eingliederungshilfe gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gewährt. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII werde Hilfe in besonderen Lebenslagen, zu der auch die gewährte Eingliederungshilfe gemäß § 53 SGB XII gehöre, dem dort genannten Personenkreis gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel aus Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des 11. Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten sei. Erfordere die Behinderung die Gewährung der Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung, sei gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Hilfe hierfür auch dann im vollen Umfang zu gewähren, wenn den in § 19 SGB XII genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten sei. In Höhe dieses Teils habe der Hilfeempfänger bzw. seine Eltern zu den Kosten der Hilfe beizutragen. Aufgrund dieser Vorschrift werde der Tochter der Klägerin zu Recht die Eingliederungshilfe in voller Höhe der entstehenden Betreuungskosten gewährt. In der Höhe, in der der Klägerin die Aufbringung der Mittel jedoch zuzumuten sei, habe sie zu den Kosten der Hilfe beizutragen. § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII lege fest, dass den in § 19 SGB XII genannten Personen - d.h. vorliegend die Tochter und die Klägerin selbst - in diversen Situationen, die vorliegend gegeben seien, die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten sei. Der Einsatz des Einkommens richte sich nach den Bestimmungen des 11. Kapitels, 1. Abschnitt des SGB XII. Zum Einkommen gemäß § 82 Abs. 1 SGB XII gehörten grundsätzlich alle Einkünfte, also alle dem Empfänger tatsächlich zufließenden, zu seiner Verfügung stehenden Mittel. Zur Berechnung führte der Beklagte Folgendes aus:

durchschnittliches Nettoeinkommen 3569,45 EUR Kindergeld 154,00 EUR Unterhalt 249,00 EUR Summe Einkommen 3972,45 EUR

Nach Bereinigung gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII sehe das Einkommen wie folgt aus:

Gesamteinkommen 3972,45 EUR./. Arbeitsmittel 30,50 EUR./. Fahrten Whg.-Arbeitsstätte 36,40 EUR./. Beiträge zu Berufsverbänden 24,03 EUR./. Hausrats-Vs 8,38 EUR./. Haftpflicht-Vs 4,61 EUR./. Riesterrente 29,62 EUR./. Krankenversicherung 154,87 EUR./. KV Tochter 115,93 EUR bereinigtes Einkommen 3568,11 EUR

Diesem Einkommen sei der Garantiebetrag gegenüber zu stellen:

Regelsatz Haushaltsvorstand 345,00 EUR Regelsatz Leistungssuchender 207,00 EUR Regelsatz 2. Kind 207,00 EUR Warmmiete 1587,35 EUR Summe Garantiebetrag 2346,35 EUR

Daraus folge, dass das zu berücksichtigende Einkommen um 1.121,76 EUR über dem Garantiebetrag liege. Sofern aufgrund der Einkommenssituation ein Kostenbeitrag gefordert werden könne, schwanke die Höhe dieser Forderung je nach Einkommenshöhe zwischen 70 und 150 v.H. des maßgeblichen Regelsatzes. Die Schwankung resultiere daraus, dass erfahrungsgemäß je nach Einkommenssituation der Lebensstandard und damit auch die abwesenheitsbedingten Ersparnisse höher oder niedriger liegen würden. Da das Einkommen höher als der Garantiebetrag zuzüglich 2,5 Eckregelsätze (Garantiebetrag von 2346,35 EUR + 2,5 x 345,00 EUR = 3208,85 EUR) ergebe sich somit eine Forderung in Höhe von 150 v.H. des Regelsatzes für D T. Der Regelsatz für D T betrage 207,00 EUR. Hiervon 150 v.H. ergebe 310,50 EUR. Im Widerspruchsbescheid vom 14.02.2007 ist sodann ausgeführt, dass anteilig für den Zeitraum vom 18.03.2005 - 02.04.2005 somit ein Kostenbeitrag von 150,24 EUR zu zahlen sei. Im Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 wird ferner ausgeführt, dass die Bekleidung von D T durch die Klägerin selbst sichergestellt werde, so dass der Kostenbeitrag um 10 % gekürzt werde. Anteilig auf 17 Tage ergebe sich daher ein Kostenbeitrag in Höhe von 153,36 EUR. Zu dem Einwand, dass die Klägerin durch die Kurzzeitpflege lediglich die Kosten für Verpflegung und Wasser einspare, führte der Beklagte aus, dass es nicht darauf ankomme, welche Positionen tatsächlich eingespart würden. Es sei festzuhalten, dass der Lebensstandard der Klägerin mit dem Lebensstandard eines typischen Sozialhilfeempfängers, der mit dem Regelsatz von 345,00 EUR auskommen müsse, nicht zu vergleichen sei. Die Berechnung, die der Beklagte durchführe und die von eben diesem Regelsatz ausgehe, zeige, dass das zur Verfügung stehende Einkommen ganz erheblich über dem Regelsatz liege. Es sei davon auszugehen, dass eine Berechnung der tatsächlich ersparten Aufwendungen zu einer ganz anderen (höheren) Forderung führen würde. Eine solche Berechnung anzustellen, wäre jedoch mit einem derartigen Aufwand verbunden, dass davon abgesehen und die Forderung pauschalisiert werde.

Die Klägerin hat am 07.03.2007 gegen beide Widerspruchsbescheide Klage erhoben und erneut darauf hingewiesen, dass die angesetzten Beträge von 150,24 EUR bzw. 153,36 EUR angesichts der ausschließlichen Einsparung von Verpflegung und Wasser zu hoch seien. Die Festlegung von 150 % des Eckregelsatzes sei ebenfalls zu hoch. Sie lebe seit über 4 Jahren als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, wovon eines schwerstbehindert sei. Durchschnittlich seien im Jahr 6 stationäre Aufenthalte in der Kinderklinik erforderlich, da D T immer wieder lebensbedrohliche Darmverschlüsse habe. Sie müsse arbeiten, um die extrem hohen Kreditkosten für das behindertengerechte Haus zu bewältigen. Auch habe sie sich nach dem Auszug des Vaters der Kinder ein für den Transport von D T geeignetes Auto kaufen müssen. Hinzu kämen die regelmäßig hohen Ausgaben für Therapien, medizinische Behandlungen und die Fahrten dort hin. Auch das gesunde Kind koste schließlich Geld. Außerdem liege eine Ungleichbehandlung zur früheren Praxis des Beklagten vor. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt habe der Beklagte lediglich das Einfache des Eckregelsatzes als Kostenbeitrag für die ersparten häuslichen Aufwendungen angesetzt. Ab 2005 verlange der Beklagte das 1½ -fache des Regelsatzes für die ersparten häuslichen Aufwendungen. Damit sei sie nicht einverstanden, zumal ihre tatsächlich ersparten Aufwendungen deutlich unter dem 1½-fachen des Regelsatzes lägen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 27.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2007 und den Bescheid vom 11.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2007 insoweit aufzuheben, als darin höhere Kostenbeiträge als 103,50 EUR (Widerspruchsbescheid vom 14.02.2007) und 117,30 EUR (Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007), d.h. mehr als 100 % des maßgebenden Eckregelsatzes gefordert werden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass bei Personen, die selbst nicht sozialhilfeberechtigt seien, von Gesetzes wegen grundsätzlich ein höherer Kostenbeitrag zugrunde zu legen ist. Lediglich in den Fällen des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sei bei Vorliegen der in Absatz 2 Ziffer 1 - 8 genannten Ziffern die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhaltes zuzumuten. Dies werde durch § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB XII nochmals eingeschränkt, wonach in den Fällen der Ziffer 1 - 6 die Kosten des in einer Einrichtung erbrachten Lebensunterhaltes nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen anzusetzen seien. Insofern sehe das Gesetz in den Ziffern 1 - 8 des § 92 SGB XII eine Privilegierung vor. Die von der Klägerin im Einzelfall geforderte Ermittlung der tatsächlich entstehenden Einsparungen sei nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich. Insoweit sei die vorgenommene Pauschalierung anhand der Höhe des zur Verfügung stehenden Einkommens sachgerecht und angemessen. Insbesondere bei einem Personenkreis, der wie die Klägerin über Einkommen verfügt, welches deutlich über dem eines Sozialhilfeempfängers liege, sei von Zuwendungen auszugehen, die mit der Realität eines Sozialhilfeempfängers kaum noch etwas gemein haben dürften. Die Klägerin verfüge über Einkommen, welches bei voller Berücksichtigung der Mietkosten in Höhe von 1587,35 EUR im streitgegenständlichen Zeitraum um 1221,76 EUR über dem Garantiebetrag liege. Sofern die Klägerin darauf hinweise, dass im Gegensatz zu früher nun das 1½-fache des Eckregelsatzes zugrunde gelegt werde, sei dies zutreffend. Im Zuge des Inkrafttreten des SGB XII und der Änderungen zur Einkommensgrenze seien auch die Leitlinien zur Pauschalierung der ersparten häuslichen Aufwendungen geändert worden. Vorher gab es den Rahmen von 70 - 100 v.H. des maßgebenden Regelsatzes. Mit der Änderung wurde der Rahmen nach oben bis 150 v. H. des maßgebenden Regelsatzes erweitert.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist durch die Bescheide des Beklagten vom 27.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2007 und vom 11.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2007 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Bescheide sind rechtmäßig.

Der Beklagte war berechtigt, von der Klägerin die festgesetzten Kostenbeiträge zu der der Tochter nach § 53 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gewährten Eingliederungshilfe zu verlangen. Ermächtigungsgrundlage für die Beteiligung der Klägerin an den Kosten der Eingliederungshilfe ist § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 SGB XII.

Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Leistungen für eine stationäre Einrichtung auch dann im vollen Umfang vom Leistungsträger zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 SGB XII haben die in § 19 Abs. 3SGB XII genannten Personen in Höhe dieses Teils zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen. Diese Beitragspflicht wird durch § 92 Abs. 2 SGB XII wiederum eingeschränkt. Nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ist den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhaltes zuzumuten bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu. In einem solchen Fall sind die Kosten des in einer Einrichtung erbrachten Lebensunterhaltes nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen anzusetzen (§ 92 Abs. 2 Satz 3 SGB XII).

Dabei kann Kostenbeitrag nur für rechtmäßig erbrachte Leistungen in der Eingliederungshilfe verlangt werden. Davon ist hier auszugehen. Denn neben der Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI bleiben noch Leistungen für Unterkunft und Verpflegung, die nicht von der Pflegeversicherung übernommen werden und die daher im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 53 ff. SGB XII erbracht werden können. Nach der von der Klägerin geschilderten Ausrichtung der Kurzzeitpflege ist auch davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII erfüllt sind und dass es sich da bei der Kurzzeitpflege auch um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu handelt.

Die angeforderten Bescheide sind auch der Höhe nach rechtmäßig. Denn die geforderten Beträge überschreiten nicht die Höhe des Betrages, dessen Aufbringung der Klägerin zuzumuten ist, wobei gemäß § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB XII die Kosten des in einer Einrichtung gewährten Lebensunterhaltes nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen anzusetzen sind.

Gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfe zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. Gemäß § 85 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII ist bei der Hilfe nach dem 5. bis 9. Kapitel der nachfragenden Person und - wenn die nachfragende Personen minderjährig und unverheiratet ist - ihren Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zuzumuten, wenn während der Dauer des Bedarfs das monatliche Einkommen der nachfragenden Person und ihrer Eltern zusammen eine vom Gesetz festgelegte Einkommensgrenze nicht übersteigt. Leben die Eltern nicht zusammen, richtet sich die Einkommensgrenze nach dem Elternteil, bei dem die nachfragende Person lebt (§ 85 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Die Einkommensgrenze ergibt sich dabei aus einem Grundbetrag in Höhe des 2-fachen Eckregelsatzes, den Kosten der Unterkunft und einem Familienzuschlag in Höhe des auf volle Euro aufgerundeten Betrages von 70 v.H. des Eckregelsatzes für die nachfragende Person und für jede Person, die von den Eltern oder der nachfragenden Person überwiegend unterhalten worden ist.

Im vorliegenden Fall bemisst sich die Einkommensgrenze daher wie folgt:

Grundbetrag 690,00 EUR Kosten der Unterkunft 1587,35 EUR Familienzuschlag (70 v.H. von 345,00 EUR = 241,50 EUR; 242 EUR x 2 = 484,00 EUR) 484,00 EUR Einkommensgrenze 2761,35 EUR

Diese Einkommensgrenze wird von der Leistungsempfängerin und der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum durch das zur Verfügung stehende Einkommen überschritten. Dabei teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten und ihre in den Widerspruchsbescheiden vom 14.02.2007 und 15.02.2007 durchgeführte Berechnungen mit dem Ergebnis eines bereinigten Einkommens von 3568,11 EUR. Die Differenz von 3568,11 EUR zur Einkommensgrenze von 2761,35 EUR beträgt 806,76 EUR.

Da die Klägerin die Einkommensgrenze übersteigt, ist ihr die Aufbringung der Mittel grundsätzlich zuzumuten. An sich fände nun § 87 Abs. 1 SGB XII Anwendung, wonach die Aufbringung der Mittel im angemessenen Umfang zuzumuten ist. Allerdings wird diese Vorschrift modifiziert durch § 92 SGB XII der im Absatz 2 Satz 1 i.V.m. Satz 3 SGB XII in dem Falle, in dem die Eingliederungshilfe der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu dient, der Kostenbeitrag auf die für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen beschränkt wird. Wie dies zu berechnen ist, sieht das Gesetz nicht näher vor, wie zuvor bereits auch nicht die entsprechende Regelung in § 43 BSHG. Dabei ist die Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen zwischen den Beteiligten streitig. Diese Frage kann aber nach Überzeugung des Gerichts durch eine Beweisaufnahme nicht abschließend geklärt werden, auch wenn die Klägerin hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, eine Aufstellung vorlegen zu können. Denn zum einen bezog sich diese Aufstellung auf die aktuellen Ausgaben und nicht auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum, der schon mehrere Jahre zurückliegt. Zum anderen wären diese Angaben der Klägerin nicht ohne Weiteres zugrunde zu legen, sondern müssten im Einzelfall auf Schlüssigkeit hin überprüft und durch entsprechende Belege über die dahinter stehenden tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen werden. Ein derartiger Aufwand, der keineswegs nur im vorliegenden Gerichtsverfahren zu betreiben wäre, sondern in jedem einzelnen Verwaltungsverfahren, in dem die Anwendung von § 92 SGB XII im Raum stünde, wäre unverhältnismäßig und von einer funktionierenden Verwaltung auch nicht mehr zu leisten. Es wäre mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden, die genaue Höhe der von der Klägerin in dem hier maßgeblichen Zeitraum tatsächlich ersparten Aufwendungen durch eine vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände zu ermitteln. Die Kammer hält es deshalb wie bereits die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Vorgängerregelung im BSHG für sachlich zutreffend, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Höhe der erzielten Ersparnisse gemäß § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu schätzen (OVG NRW, Urt. v. 27.11.1997, 8 A 4279/95 m.w.N.).

Für die Ermittlungen der häuslichen Ersparnis ist daher der "regelsatzmäßige" Bedarf des Hilfeempfängers ein geeigneter Ansatzpunkt. Zwar lassen sich dabei Regeln - etwa dahin, dass die Haushaltsersparnis stets einen bestimmten vom Hundertsatz des Regelsatzes beträgt - nicht aufstellen. Der Bedarf in Höhe des Regelsatzes orientiert sich aber am notwendigen Lebensunterhalt. Es kann mithin davon ausgegangen werden, dass die Eltern eines Hilfeempfängers diesem den notwendigen Lebensunterhalt, soweit er von den Regelsätzen erfasst wird, jedenfalls dann gewähren, wenn ihr Einkommen - wie hier - die für die gesamte Familie (fiktiv) zu gewährenden Regelsatzleistungen übersteigt (OVG NRW, Urt. v. 27.11.1997, 8 A 4279/95 m.w.N.).

Dabei ist es auch nicht sachwidrig, wie es die Beklagte hier vorgenommen hat, die Höhe der tatsächlich ersparten Aufwendungen daran zu messen, um das Wievielfache eines Regelsatzes das anzurechnende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, weil nur so dem unterschiedlichen Einkommensniveau, das regelmäßig auch auf den Lebensstandard durchschlägt, Rechnung getragen werden kann. Folglich kann nach den Besonderheiten des Einzelfalles auch ein höherer Betrag als der fiktive Regelsatz für den Hilfeempfänger als häusliche Ersparnis in Betracht kommen. Dabei ist die Verwaltungspraxis des Beklagten, eine gestaffelte Kostenbeteiligungsquote je nach Maß des Übersteigens des Nettoeinkommens über den Garantiebetrag anzusetzen, von der Kammer nicht beanstandet werden. Auch dass der Beklagte von einem Garantiebetrag als Bezugspunkt ausgeht, vermag die Kammer nicht zu beanstanden. Dieser Betrag setzt sich aus den Regelsätze aller zu Berücksichtigender Familienmitglieder und der Kosten der Unterkunft zusammen, garantiert daher den gesetzlichen Mindestlebensstandard.

Der Beklagte hat dabei die Kostenbeteiligungsquote in nicht zu beanstandender Weise wie folgt konkretisiert (s. "Arbeitshilfe Einkommen" mit Stand vom 01.01.2008, zuvor "Kostenbeitrag in Höhe des ersparten Lebensunterhaltes" vom 07.10.2005):

Nettoeinkommen: Kostenbeteiligungsquote: über dem Garantiebetrag 70 % des Regelsatzes über dem Garantiebetrag zzgl. ½ Eck- regelsatz 80 % des Regelsatzes über dem Garantiebetrag zzgl. 1 Eck- regelsatz 90 % des Regelsatzes über dem Garantiebetrag zzgl. 1½ Eck- regelsatz 100 % des Regelsatzes über dem Garantiebetrag zzgl. 2 Eck- regelsätzen 125 % des Regelsatzes über dem Garantiebetrag zzgl. 2½ Eck- regelsätzen 150 % des Regelsatzes

Eine höhere Kostenbeteiligungsquote als 150 % vom Regelsatz ist selbst bei einem das Nettoeinkommen um einen höheren Betrag als den des 2½-fachen Eckregelsatzes nicht vorgesehen. Die Verwaltungspraxis ist schlüssig und erlaubt eine gleichmäßige Behandlung aller Hilfeempfänger. Sie ist daher durchaus geeignet, als Grundlage im Rahmen der freien Schätzung des § 287 ZPO zu dienen. Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, dass die Anhebung der Kostenbeteiligungsquote nicht rechtmäßig sei und dass die obere Grenze der Kostenbeteiligungsquote durch den Regelsatz begrenzt sei, so dass nie mehr als 100 v.H. des Regelsatzes gefordert werden könne, vermag die Kammer die Auffassung nicht zu teilen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass – in der Regel – die Höhe des Einkommens auch den Lebensstandard bestimmt, so dass die Aufwendungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei höherem Einkommen über dem Betrag liegen, der sozialhilferechtlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorgesehen ist (s. auch Lippert in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung Sozialhilfe, § 92 SGB XII Rdnr. 37). Von daher darf auch zugrunde gelegt werden, dass ersparte Aufwendungen bei einem Einkommen, dass deutlich über Sozialhilfenniveau liegt, auch deutlich über dem sozialhilferechtlich gewährten Regelsatz liegen. Der Beklagte ist auch nicht gehindert, seine Verwaltungspraxis zu ändern und die Höhe der Kostenbeteiligungsquote zu ändern, solange nur das System in sich angemessen und in sich widerspruchsfrei ist. Das ist hier der Fall.

Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend gemacht hat, dass sie generell eine Heranziehung zu Kosten nicht gerechtfertigt finde, weil ihren Informationen nach andere Landschaftsverbände Betroffene in Fällen vorliegender Art überhaupt nicht zu den Kosten heranzögen, weist die Kammer darauf hin, dass § 92 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII nicht als Ermessensvorschrift ausgestaltet ist, sondern eine Kostenbeteiligungspflicht vorsieht. Von daher ist die Verwaltung sogar verpflichtet, den Leistungspflichtigen zur Kostenbeteiligung heranzuziehen.

Da vorliegend das 2½-fache des Eckregelsatzes deutlich überschritten wird, beträgt die Kostenbeteiligungsquote 150 des maßgebenden Regelsatzes, der zum maßgebenden Zeitpunkt 2005 und 2006 207,- Euro pro Monat betrug. Dabei gilt die Heranziehung zu den Kosten nur für die tatsächliche Dauer des Aufenthaltes in der Kurzzeitpflege vom 18.03.2005 – 02.04.2005 und vom 06.04.2006 – 23.04.2006. Da An- und Abreise als einen Tag zählen, sind dies 15 und 17 Tage.

150 v.H. von 207,00 Euro sind 310,50 Euro, geteilt durch 31 x 15 Tage sind 150,24 Euro. Absetzungen für den selbst getragenen Aufwand für Bekleidung sind hier nicht geltend gemacht worden. Anders für den Zeitraum vom 06.04.2006 – 23.04.2006. Da hier die Bekleidung selbst sichergestellt wurde, ist nach der Verwaltungspraxis des Beklagten ein Abschlag von 10 v.H. vom erhöhten Regelsatz vorzunehmen (310,50 Euro minus 10 v.H. = 279,45 Euro, geteilt durch 31 x 17 Tage = 153,63 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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