Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 1 SB 136/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 B 7/08 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
keine beschränkte Bewilligung von PKH im sozialgerichtlichen Verfahren
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialge-richts Halle vom 21. Juli 2008 abgeändert und dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Frank mit Wirkung vom 5. Mai 2008 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Halle bewilligt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer und Kläger (nachfolgend Kläger) wendet sich gegen die teilweise Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).
Auf Antrag des 1989 geborenen Klägers stellte der Beklagte und Beschwerdegegner zu 1. (nachfolgend Beklagter) nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 15. Mai 2007 mit Wirkung vom 11. Januar 2007 wegen eines geistigen und körperlichen Entwicklungsrückstands eine Behinderung mit einem Grad von 80 sowie das Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) fest. Die Feststellung der ebenfalls beantragten Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung), aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) und H (Hilflosigkeit) lehnte er ab. Auf den Widerspruch des Klägers stellte der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 9. April 2008 mit Wirkung vom 11. Januar 2007 außerdem das Merkzeichen B fest, weil beim Kläger eine Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit, eine Sprach- sowie eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2008 wies er den weitergehenden Widerspruch des Klägers zurück.
Am 5. Mai 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Feststellung der Merkzeichen aG, H und RF beantragt. Ebenfalls am 5. Mai 2008 hat er für das Verfahren PKH beantragt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. April 2008 übersandt. Ausweislich dieser lebt der Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) sowie seit dem 1. Februar 2008 darüber hinaus Pflegegeld in Höhe von 205,00 EUR. Vermögen ist nach der Erklärung vom 28. April 2008 nicht vorhanden.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2008 hat das Sozialgericht dem Kläger für den ersten Rechtszug vor dem Sozialgericht Halle PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt, begrenzt auf die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung als 80. Im Übrigen hat es den PKH-Antrag abgelehnt. Zur Wahrnehmung der klägerischen Interessen hat es Rechtsanwalt F. aus Naumburg beigeordnet.
Am 21. August 2008 hat der Kläger gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und dargelegt, weshalb aus seiner Sicht auch die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Merkzeichen vorliegen. Zur Unterstützung seines Vortrags hat er einen ergotherapeutischen Behandlungsbericht vorgelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte des Sozialgerichtes Halle und die Beschwerdeakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 21. Juli 2008 ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, im Übrigen zulässig und auch begründet.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 21. Juli 2008 festgestellt, dass der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht imstande ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und dass die Erfolgsaussichten für die begehrte Feststellung eines Grads der Behinderung von über 80 vorliegen. Soweit das Sozialgericht die Bewilligung von PKH im Übrigen abgelehnt hat, war der Beschluss rechtswidrig und daher abzuändern.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Das Sozialgericht hat wegen der nach seiner Ansicht nur teilweisen Erfolgsaussicht auch nur teilweise PKH bewilligt. Doch kann diese insbesondere für das zivilrechtliche Verfahren vertretene Ansicht, dass bei teilweiser Erfolgsaussicht PKH auch nur für einen beschränkten insoweit konkret zu formulierenden Antrag zu bewilligen sei (vgl. nur Phillipi in Zöller, ZPO, 26. Auflage 2006, §114 Rdnr. 20), auf das sozialrechtliche Verfahren jedenfalls dann nicht übertragen werden, wenn wie hier die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach § 183, 197a SGG keine Anwendung finden (so auch LSG Hamburg, Beschluss vom 8. März 2007 – L 5 B 118/06 ER AS, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. März 2008 – L 20 B 6/08 SO, beide zitiert nach juris).
Diese Unterscheidung findet ihre Rechtfertigung in den jeweiligen Gebührenvorschrif-ten. Nach § 48 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Da sich die anwaltliche Vergütung im zivilrechtlichen Verfahren nach dem Gegenstandswert bemisst (§ 2 Abs. 1 RVG), führt eine Beschränkung der PKH auf einen Teil des geltend gemachten Anspruchs dazu, dass der Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts sich auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst, hinsichtlich dessen PKH bewilligt wurde. Dagegen fallen in sozialrechtlichen Verfahren, in denen das GKG keine Anwendung findet, für die anwaltliche Vertretung Rahmengebühren an. Die Gebühr ist dabei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Aufgrund dieser Regelung ist es nicht möglich, sachgerecht und konkret bezifferbar durch eine Beschränkung der PKH die anwaltliche Vergütung zu vermindern, sodass auch bei nur teilweiser Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung PKH für das gesamte Verfahren zu gewähren ist.
Dahingestellt kann bleiben, ob der Senat noch zu überprüfen hat, ob der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH erfüllt. Jedenfalls liegen hier die Voraussetzungen unproblema-tisch vor. Der Kläger lebt in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozial-gesetzbuchs (SGB II) sowie Pflegegeld in Höhe von 205,00 EUR. Vermögen ist nach der Erklärung vom 28. April 2008 nicht vorhanden.
Der Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer und Kläger (nachfolgend Kläger) wendet sich gegen die teilweise Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).
Auf Antrag des 1989 geborenen Klägers stellte der Beklagte und Beschwerdegegner zu 1. (nachfolgend Beklagter) nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 15. Mai 2007 mit Wirkung vom 11. Januar 2007 wegen eines geistigen und körperlichen Entwicklungsrückstands eine Behinderung mit einem Grad von 80 sowie das Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) fest. Die Feststellung der ebenfalls beantragten Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung), aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) und H (Hilflosigkeit) lehnte er ab. Auf den Widerspruch des Klägers stellte der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 9. April 2008 mit Wirkung vom 11. Januar 2007 außerdem das Merkzeichen B fest, weil beim Kläger eine Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit, eine Sprach- sowie eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2008 wies er den weitergehenden Widerspruch des Klägers zurück.
Am 5. Mai 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Feststellung der Merkzeichen aG, H und RF beantragt. Ebenfalls am 5. Mai 2008 hat er für das Verfahren PKH beantragt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. April 2008 übersandt. Ausweislich dieser lebt der Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) sowie seit dem 1. Februar 2008 darüber hinaus Pflegegeld in Höhe von 205,00 EUR. Vermögen ist nach der Erklärung vom 28. April 2008 nicht vorhanden.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2008 hat das Sozialgericht dem Kläger für den ersten Rechtszug vor dem Sozialgericht Halle PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt, begrenzt auf die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung als 80. Im Übrigen hat es den PKH-Antrag abgelehnt. Zur Wahrnehmung der klägerischen Interessen hat es Rechtsanwalt F. aus Naumburg beigeordnet.
Am 21. August 2008 hat der Kläger gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und dargelegt, weshalb aus seiner Sicht auch die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Merkzeichen vorliegen. Zur Unterstützung seines Vortrags hat er einen ergotherapeutischen Behandlungsbericht vorgelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte des Sozialgerichtes Halle und die Beschwerdeakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 21. Juli 2008 ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, im Übrigen zulässig und auch begründet.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 21. Juli 2008 festgestellt, dass der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht imstande ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und dass die Erfolgsaussichten für die begehrte Feststellung eines Grads der Behinderung von über 80 vorliegen. Soweit das Sozialgericht die Bewilligung von PKH im Übrigen abgelehnt hat, war der Beschluss rechtswidrig und daher abzuändern.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Das Sozialgericht hat wegen der nach seiner Ansicht nur teilweisen Erfolgsaussicht auch nur teilweise PKH bewilligt. Doch kann diese insbesondere für das zivilrechtliche Verfahren vertretene Ansicht, dass bei teilweiser Erfolgsaussicht PKH auch nur für einen beschränkten insoweit konkret zu formulierenden Antrag zu bewilligen sei (vgl. nur Phillipi in Zöller, ZPO, 26. Auflage 2006, §114 Rdnr. 20), auf das sozialrechtliche Verfahren jedenfalls dann nicht übertragen werden, wenn wie hier die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach § 183, 197a SGG keine Anwendung finden (so auch LSG Hamburg, Beschluss vom 8. März 2007 – L 5 B 118/06 ER AS, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. März 2008 – L 20 B 6/08 SO, beide zitiert nach juris).
Diese Unterscheidung findet ihre Rechtfertigung in den jeweiligen Gebührenvorschrif-ten. Nach § 48 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Da sich die anwaltliche Vergütung im zivilrechtlichen Verfahren nach dem Gegenstandswert bemisst (§ 2 Abs. 1 RVG), führt eine Beschränkung der PKH auf einen Teil des geltend gemachten Anspruchs dazu, dass der Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts sich auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst, hinsichtlich dessen PKH bewilligt wurde. Dagegen fallen in sozialrechtlichen Verfahren, in denen das GKG keine Anwendung findet, für die anwaltliche Vertretung Rahmengebühren an. Die Gebühr ist dabei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Aufgrund dieser Regelung ist es nicht möglich, sachgerecht und konkret bezifferbar durch eine Beschränkung der PKH die anwaltliche Vergütung zu vermindern, sodass auch bei nur teilweiser Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung PKH für das gesamte Verfahren zu gewähren ist.
Dahingestellt kann bleiben, ob der Senat noch zu überprüfen hat, ob der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH erfüllt. Jedenfalls liegen hier die Voraussetzungen unproblema-tisch vor. Der Kläger lebt in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozial-gesetzbuchs (SGB II) sowie Pflegegeld in Höhe von 205,00 EUR. Vermögen ist nach der Erklärung vom 28. April 2008 nicht vorhanden.
Der Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
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