Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 VG 1679/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 867/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.01.2009 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1969 geborene Kläger beantragte im September 2005 Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen Verletzungen, die er sich bei einem Überfall am 10.03.2002 zugezogen hatte. Mit Bescheid vom 11.01.2007 stellte das Hessische Amt für Versorgung und Soziales Darmstadt als Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG "geringfügige Formverbildung der äußeren und inneren Nase, Narben im Gesicht" fest, und lehnte zugleich die Gewährung einer Beschädigtenrente mit der Begründung ab, die schädigungsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege unter 25 vom Hundert (v.H.). Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2007).
Der Kläger erhob am 11.05.2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) mit dem Begehren, den Beklagten zur Gewährung von Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu verurteilen. Mit dem Bescheid vom 30.05.2007 nahm der Beklagte den Bescheid vom 11.01.2007 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) teilweise zurück, anerkannte als weitere Schädigungsfolge im Sinne des § 1 OEG "Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Symptomatik und Rückzugs- sowie Vermeidungstendenzen" und bewilligte dem Kläger ab 01.09.2005 Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 v.H. gemäß § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Mit Bescheid vom 05.11.2008 änderte der Beklagte den Bescheid vom 30.05.2007 in der Weise ab, dass an Stelle der Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Symptomatik und Rückzugs- sowie Vermeidungstendenzen jetzt "posttraumatische Belastungsstörungen" als Schädigungsfolge festgestellt wurden. Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2009 - der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20.01.2009 - wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Am 24.02.2009 ist die Berufungsschrift des Klägers vom 10.02.2009 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangen. Auf die Fristversäumnis hingewiesen hat der Kläger vorgetragen, er sei krank und habe daher Zeitprobleme. Seit vier Jahren gehe bei ihm alles drunter und drüber. Seine Anwältin habe sich keine Mühe gegeben, um in seinem Fall Erfolg zu haben und ihn zu spät benachrichtigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.01.2009 aufzuheben, den Bescheid vom 11.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2007 sowie der Bescheide vom 30.05.2007 und vom 05.11.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG Mannheim und auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unzulässig. Sie ist bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG] in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Lauf der Berufungsfrist beginnt mit dem Tag nach der Zustellung und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den die Zustellung fällt (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Weil der angefochtene Gerichtsbescheid der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.01.2009 zugestellt wurde, begann die Berufungsfrist mithin am 21.01.2009 zu laufen und endete mit Ablauf des 20.02.2009, eines Freitags. Die erst am 24.02.2009 bei dem LSG eingegangene Berufung ist mithin verspätet.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Kläger nicht zu bewilligen. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 1 SGG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Mit der pauschalen Behauptung, er sei krank, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, er sei aus gesundheitlichen Gründen außer Stande gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten. Zwar hat Dr. Schwarz in seinem Gutachten vom 23.04.20028 eine Antriebsminderung beschrieben. Diese hat den Kläger aber nicht daran gehindert, seinen Prozess zu führen. Eine Einschränkung des Intellekts, welche ihn außer Stande setzen würde, Fristen einzuhalten, liegt ebenfalls nicht vor. Hiervon hat sich der Senat aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnenen Eindrucks überzeugt. Zudem hatte er eine Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, die ausweislich der aktenkundigen Prozessvollmacht, welche ihr der Kläger am 23.04.2007 "für alle Instanzen" erteilt hatte, auch zur Einlegung der Berufung berechtigt war. Ein Verschulden seiner Anwältin, zum Beispiel durch eine verspätete Benachrichtigung in Bezug auf den Gerichtsbescheid, muss sich der Kläger zurechnen lassen. Dies folgt aus § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG, wonach das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleichsteht.
Mithin war die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1969 geborene Kläger beantragte im September 2005 Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) wegen Verletzungen, die er sich bei einem Überfall am 10.03.2002 zugezogen hatte. Mit Bescheid vom 11.01.2007 stellte das Hessische Amt für Versorgung und Soziales Darmstadt als Folgen einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG "geringfügige Formverbildung der äußeren und inneren Nase, Narben im Gesicht" fest, und lehnte zugleich die Gewährung einer Beschädigtenrente mit der Begründung ab, die schädigungsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege unter 25 vom Hundert (v.H.). Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2007).
Der Kläger erhob am 11.05.2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) mit dem Begehren, den Beklagten zur Gewährung von Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu verurteilen. Mit dem Bescheid vom 30.05.2007 nahm der Beklagte den Bescheid vom 11.01.2007 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) teilweise zurück, anerkannte als weitere Schädigungsfolge im Sinne des § 1 OEG "Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Symptomatik und Rückzugs- sowie Vermeidungstendenzen" und bewilligte dem Kläger ab 01.09.2005 Beschädigtenrente nach einer MdE um 30 v.H. gemäß § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Mit Bescheid vom 05.11.2008 änderte der Beklagte den Bescheid vom 30.05.2007 in der Weise ab, dass an Stelle der Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Symptomatik und Rückzugs- sowie Vermeidungstendenzen jetzt "posttraumatische Belastungsstörungen" als Schädigungsfolge festgestellt wurden. Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2009 - der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20.01.2009 - wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Am 24.02.2009 ist die Berufungsschrift des Klägers vom 10.02.2009 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingegangen. Auf die Fristversäumnis hingewiesen hat der Kläger vorgetragen, er sei krank und habe daher Zeitprobleme. Seit vier Jahren gehe bei ihm alles drunter und drüber. Seine Anwältin habe sich keine Mühe gegeben, um in seinem Fall Erfolg zu haben und ihn zu spät benachrichtigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12.01.2009 aufzuheben, den Bescheid vom 11.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2007 sowie der Bescheide vom 30.05.2007 und vom 05.11.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 60 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG Mannheim und auf die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unzulässig. Sie ist bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG] in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Lauf der Berufungsfrist beginnt mit dem Tag nach der Zustellung und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den die Zustellung fällt (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG). Weil der angefochtene Gerichtsbescheid der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.01.2009 zugestellt wurde, begann die Berufungsfrist mithin am 21.01.2009 zu laufen und endete mit Ablauf des 20.02.2009, eines Freitags. Die erst am 24.02.2009 bei dem LSG eingegangene Berufung ist mithin verspätet.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Kläger nicht zu bewilligen. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs. 1 SGG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Mit der pauschalen Behauptung, er sei krank, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, er sei aus gesundheitlichen Gründen außer Stande gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten. Zwar hat Dr. Schwarz in seinem Gutachten vom 23.04.20028 eine Antriebsminderung beschrieben. Diese hat den Kläger aber nicht daran gehindert, seinen Prozess zu führen. Eine Einschränkung des Intellekts, welche ihn außer Stande setzen würde, Fristen einzuhalten, liegt ebenfalls nicht vor. Hiervon hat sich der Senat aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnenen Eindrucks überzeugt. Zudem hatte er eine Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, die ausweislich der aktenkundigen Prozessvollmacht, welche ihr der Kläger am 23.04.2007 "für alle Instanzen" erteilt hatte, auch zur Einlegung der Berufung berechtigt war. Ein Verschulden seiner Anwältin, zum Beispiel durch eine verspätete Benachrichtigung in Bezug auf den Gerichtsbescheid, muss sich der Kläger zurechnen lassen. Dies folgt aus § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG, wonach das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleichsteht.
Mithin war die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
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