Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 9 AL 192/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 103/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 29/09 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Während der Inanspruchnahme von Transfer-Kurzarbeitergeld kann ein Arbeitgeber einen dauerhaften Arbeitsausfall bei Anordnung von Kurzarbeit "Null" nicht dadurch vermeiden, dass den betroffenen Arbeitnehmern Urlaub gewährt wird.
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 08.10.2008 - S 9 AL 192/06 - wird zurückgewiesen. Es wird klargestellt, dass sich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Transfer-Kurzarbeitergeld für den Monat Dezember 2005 auf die zwölf im Antragsschreiben vom 22.12.2005 näher bezeichneten Arbeitnehmer bezieht.
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Transfer-Kurzarbeitergeld (Transfer-Kug) für den Monat Dezember 2005 für 12 im Antragsschreiben vom 22.12.2005 näher bezeichneten Arbeitnehmer.
Im Januar 2005 wurde die Klägerin durch die Fa. H GmbH & Co. KG, die in Folge eines Umsatzrückganges 21,3 % Personal abbauen musste, mit der Durchführung von Transfer-Maßnahmen beauftragt. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden unter Beendigung der bisherigen Arbeitsverhältnisse und Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ab dem 15.01.2005 bis zum 14.01.2006 übernommen. Vereinbart war jeweils Kurzarbeit "Null". Einen Urlaubsanspruch sah die vertragliche Vereinbarung nicht vor.
Mit Schreiben vom 15.01.2005 zeigte die Klägerin der Beklagten den Arbeitsausfall in einer betrieblichen Einheit an. Vor dem Wechsel in die Transfer-Gesellschaft der Klägerin hatten die betroffenen Arbeitnehmer an einer Profiling-Maßnahme teilgenommen.
Durch Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die Beklagte Transfer-Kug dem Grunde nach. In der Folgezeit bewilligte sie durch Bescheide vom 17.05.2005, 02.06.2005, 11.07.2005, 15.08.2005, 07.09.2005, 12.10.2005, 17.11.2005 und 14.12.2005 Transfer-Kug für die Monate Januar bis November 2005 in der jeweils geltend gemachten Höhe.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Transfer-Kug für im Antrag näher bezeichnete 12 Arbeitnehmer für den Monat Dezember 2005 iHv insgesamt 11.597,45 EUR.
Im Rahmen einer Prüfung der Klägerin durch die Beklagte am 30.03.2006 wurde als einzige Beanstandung aufgeführt, dass in der gesamten Maßnahme kein Urlaub gewährt wurde. Die Klägerin wurde zu dem festgestellten Mangel angehört.
Nachdem die Klägerin eine Liste der durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen mit Schreiben vom 18.04.2006 vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte die Gewährung von Transfer-Kug für den Monat Dezember durch Bescheid vom 05.05.2006 ab. Ein Anspruch auf Transfer-Kug bestehe nur, wenn ein unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliege. Unvermeidbar (gemeint ist: vermeidbar) sei ein Arbeitsausfall, der bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden könne. Im ganzen Jahr 2005 sei kein Urlaub gewährt worden, wobei durch solchen der konkrete Arbeitsausfall hätte verhindert werden können.
Ein mit Schreiben vom 11.05.2006 eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 07.06.2006 zurückgewiesen.
Auf die am 12.06.2006 beim Sozialgericht Koblenz (SG) erhobene Klage hat dieses die Beklagte durch Urteil vom 08.10.2008 verpflichtet, der Klägerin für den Monat Dezember 2005 Transfer-Kug in gesetzlicher Höhe zu leisten. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 216b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Bei diesem Anspruch handele es sich zwar um einen solchen der Arbeitnehmer, gemäß § 323 Abs. 2 SGB III sei die Klägerin jedoch antragsberechtigt und im Klageverfahren berechtigt, in Prozessstandschaft für ihre Arbeitnehmer aufzutreten. Dies gelte auch für das Transfer-Kug als Sonderform des Kug. Die Voraussetzungen des § 216b SGB III seien erfüllt, wobei der Streit der Beteiligten sich nur noch auf die Frage richte, ob der Arbeitsausfall unvermeidbar iSd § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen sei. Dies sei der Fall. Unvermeidbar sei ein Arbeitsausfall, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden seien, um den Eintritt des Arbeitsausfalles zu verhindern. Allerdings sei ein Arbeitsausfall wegen einer Betriebsänderung regelmäßig unvermeidbar. Dabei seien die in Betracht kommenden Maßnahmen beim Transfer-Kug enger als beim allgemeinen Kug, da es um die Vermeidung eines dauerhaften, also schwerwiegenden Arbeitsausfalles gehe. Abgesehen davon, dass § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III anders als § 170 Abs. 4 Satz 2 SGB III beim Merkmal der Unvermeidbarkeit nicht auf die Gewährung von Urlaub Bezug nehme, sei durch Urlaubsgewährung ein dauerhafter Arbeitsplatzwegfall bei Kurzarbeit "Null" nicht vermeidbar.
Gegen das ihr am 23.10.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.11.2008 Berufung eingelegt. Der Arbeitsausfall im Monat Dezember 2005 habe bei Gewährung des gesetzlichen Mindesturlaubes insgesamt vermieden werden können. Ein Arbeitsausfall gelte als vermeidbar, solange dieser durch die Gewährung von Urlaub überbrückt werden könne. Zwar bestreite die Klägerin, dass die Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Urlaubsanspruch erworben hätten und ein solcher ergäbe sich auch nicht aus der Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Arbeitnehmern. Durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sei jedoch für die Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft ein unabdingbarer Anspruch auf Erholungsurlaub entstanden. Dieser betrage nach § 3 Abs. 1 BUrlG jährlich mindestens 24 Werktage. Das Entstehen eines solchen Anspruchs habe auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt (Az.: C-350/06). Dieser Anspruch setze nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine tatsächliche Arbeitsleistung gerade nicht voraus. Das Fortbestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei zudem Voraussetzung für die Anwendung des § 216b Abs. 4 Nr. 2a SGB III. § 170 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III finde zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß über § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III Anwendung und enthalte eine Schadensminderungspflicht des Arbeitgebers.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 08.10.2008 - S 9 AL 192/06 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass ein dauerhafter Arbeitsausfall iSd § 216b Abs. 2 SGB III vorliege. Dies sei grundsätzlich der Fall, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles davon auszugehen sei, dass der betroffene Betrieb in absehbarer Zeit die aufgebauten Arbeitskapazitäten nicht mehr im bisherigen Umfang benötige. Regelmäßig sei auch ein Arbeitsausfall wegen Betriebsänderung unvermeidbar. Dass der Gesetzgeber für das Transfer-Kug ebenso enge Voraussetzungen wie in § 170 SGB III habe schaffen wollen, sei dem Gesetz und auch den Erläuterungen hierzu nicht zu entnehmen. Unabhängig von der Gewährung von Urlaub habe keine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden, weshalb ein Arbeitsausfall durch die Urlaubsgewährung nicht habe vermieden werden können. Werde Kurzarbeit "Null" angeordnet, so bestehe überhaupt nicht die Möglichkeit des Arbeitnehmers, einen Urlaubsanspruch rechtswirksam zu erwerben. In seinem Urteil vom 16.12.2008 (Az.: 9 AZR 164/08) stelle das BAG in diesem Zusammenhang fest, dass für den Fall, dass Kurzarbeit "Null" eingeführt worden sei, für diesen Zeitraum keine Arbeitspflicht bestehe und dass deshalb der mit der Festlegung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht, nicht mehr eintreten könne.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG sie verurteilt, Transfer-Kug für den Monat Dezember 2005 für die 12 im Antrag der Klägerin vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer zu zahlen. Im Tenor war klarzustellen, dass der Anspruch sich auf die 12 im Antragsschreiben vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer bezieht.
Gegenstand des Verfahrens, das die Klägerin als Prozessstandschafterin dieser 12 Arbeitnehmer führt (vgl für das Strukturkurzarbeitergeld nach § 175 SGB III alter Fassung, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 20/06 R -, SozR 4-4300 § 175 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen), ohne dass deren Beiladung nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig wäre (vgl BSG, aaO; BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 15/04 R -, SozR 4-4300 § 323 Nr. 1 S. 4), ist der Bescheid vom 05.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2006. Gegenstand des Verfahrens ist nicht der Anerkennungsbescheid vom 18.04.2005 mit dem nach Anzeige des Arbeitsausfalls nach § 216b Abs. 5 SGB III iVm § 173 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB III eine Entscheidung der Agentur für Arbeit darüber herbeigeführt wird, ob einzelne Voraussetzungen für die Gewährung von Kug vorliegen (vgl zum zweistufigen Verfahren BSG, Urteil vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 20/06 R -, SozR 4-4300 § 175 Nr. 1).
Durch den Bescheid vom 18.04.2005 ist eine Bindungswirkung für den gesamten darin genannten Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 nicht eingetreten, denn die Bewilligung erfolgte ausdrücklich für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen. Festgelegt wurde nur eine Befristung bis längstens zum 31.12.2005.
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 4, § 56 SGG).
Die 12 im Antrag vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer erfüllen auch für den Monat Dezember 2005 die Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-Kug. Gemäß § 216b Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB III besteht ein Anspruch auf Transfer-Kug, wenn und solange sie von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, die betrieblichen Voraussetzungen gemäß § 216 b Abs. 3 SGB III vorliegen, die persönlichen Voraussetzungen des § 216b Abs. 4 SGB III erfüllt sind und der dauerhafte Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Die Anzeige erfolgte mit Schreiben vom 15.01.2005, eingegangen bei der Agentur für Arbeit Neuwied am 20.01.2005.
Die betrieblichen Voraussetzungen sind nach § 216b Abs. 3 SGB III erfüllt, wenn in einem Betrieb Personalplanungsmaßnahmen aufgrund einer Betriebsänderung durchgeführt werden und die vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Eingliederungschancen in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zusammengefasst werden. Dies liegt im Fall der durch die Klägerin betriebenen Transfergesellschaft vor.
Im Betrieb der H GmbH & Co. KG sind aufgrund einer Betriebsänderung Personalanpassungsmaßnahmen durchgeführt worden. In der Niederschrift über die Prüfung der Voraussetzungen für das Kug ist durch die Prüfungsbeauftragten S und L aufgeführt worden, dass die Fa. H ihre Filialen meist in unmittelbarer Nachbarschaft zu Lebensmitteldiscountern betreibe. Bei diesen sei fast überall seit einem Jahr auch verpacktes Frischfleisch im Angebot. Diese Tatsache habe zu einem Umsatzrückgang von über 30 % geführt. Mittelfristig sei eine Steigerung auf ein Niveau, welches ähnlich hoch liege wie jenes vor den Einbrüchen, aus Sicht des Betriebes nicht möglich. Im Rahmen einer Betriebsänderung erfolgte eine Trennung von 21,3 % des Personals. Die an einer solchen Maßnahme interessierten Mitarbeiter wurden auf eine Transfer-Gesellschaft, betrieben durch die Klägerin, übergeleitet. Die vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer wurden dabei zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Eingliederungschancen in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit im Sinne der Transfer-Gesellschaft zusammengefasst.
Die im Antragsschreiben vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer erfüllen die persönlichen Voraussetzungen des § 216b Abs. 4 SGB III. Sie waren von Arbeitslosigkeit bedroht und haben auch nach Beginn des Arbeitsausfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Transfer-Gesellschaft fortgesetzt. Sie sind nicht vom Kug-Bezug ausgeschlossen und vor der Überleitung in die betriebsorganisatorische eigenständige Einheit wurde eine Profiling-Maßnahme iSd § 216b Abs. 4 Nr. 4 SGB III durchgeführt.
Sie waren auch im Monat Dezember 2005 iSd § 216b Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 SGB III von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen. Ein dauerhafter Arbeitsausfall liegt dabei vor, wenn infolge einer Betriebsänderung iSd § 216a Abs. 1 Satz 3 SGB III die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend entfallen. Hier sind die Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen, weil die äußeren Umstände, insbesondere der Konkurrenzdruck durch die Discountermärkte, zu einer Verringerung des Umsatzes geführt haben. Dies war nach den Feststellungen der Prüfer der Beklagten auch mittelfristig durch die Fa. H GmbH & Co. KG nicht kompensierbar.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der dauerhafte Arbeitsausfall auch für den bisherigen Arbeitgeber unvermeidbar gewesen ist. Unvermeidbar ist ein solcher dauerhafter Arbeitsausfall, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern, wobei ein Arbeitsausfall wegen einer Betriebsänderung grundsätzlich unvermeidbar ist (vgl Grodel in: Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007 § 216 b Rdnr. 8; Bieback, in: Gagel, SGB III § 216 Rdnr. 37). In den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1515 S. 92) ist dazu ausgeführt, dass beim Transfer-Kug regelmäßig ein Arbeitsausfall unvermeidbar sei. Er sei aber insbesondere dann vermeidbar, wenn aufgrund offensichtlicher Umstände lediglich ein vorübergehender Personal(mehr)bedarf anzunehmen war und gleichwohl Arbeitskapazitäten auf Dauer aufgebaut wurden. Ein solcher Fall liegt bei der Klägerin nicht vor.
Damit wird deutlich, dass entgegen der Auffassung der Beklagten für die Definition der Unvermeidbarkeit nicht gemäß § 216b Abs. 10 auf die in § 170 Abs. 4 SGB III genannte abgestellt werden kann. Die dortige Definition der Vermeidbarkeit eines Arbeitsausfalles bezieht sich ersichtlich auf den in § 170 Abs. 1 Nr. 2 SGB III genannten vorübergehenden Arbeitsausfall. Die in § 170 Abs. 4 SGB III aufgeführten Beispiele betreffen allesamt vorübergehende Arbeitsausfälle, denn dauerhafte Arbeitsausfälle sind weder überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt bzw ausschließlich auf betriebsorganisatorische Gründe zurückzuführen. Die Gewährung bezahlten Erholungsurlaubes kann einen dauerhaften Arbeitsausfall nicht verhindern und ein solcher ist nicht durch Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermeidbar.
Aufgrund der fehlenden eigenen Definition der Unvermeidbarkeit in § 216b SGB III, der Bezugnahme der Unvermeidbarkeit auf einen dauerhaften Arbeitsausfall und den Umstand, dass auch die Gesetzesbegründung keinen Bezug auf vorübergehende Überbrückungsmaßnahmen wie in § 170 Abs. 4 SGB III nimmt, kann nicht angenommen werden, dass die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub den dauerhaften Arbeitsausfall vermeidet.
Das Transfer-Kug ist damit von seiner Struktur und seiner Zielsetzung nicht mit den übrigen Formen des Kug vergleichbar (vgl hierzu Mutschler, in: NK-SGB III, 4. Aufl. § 216b RdNr. 4; Bieback, in: Gagel, SGB III, § 216b RdNr. 12). Mit den anderen Formen des Kug sollen vorübergehende Engpässe eines ansonsten funktions- und wettbewerbsfähigen Beschäftigungsverhältnisses überbrückt werden. Das Transfer-Kug dient dagegen dem Zweck, den Übergang zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis durch Qualifizierungsmaßnahmen und Überbrückung der Phase der faktischen Beschäftigungslosigkeit zu erreichen. Ziel ist nicht mehr die Erhaltung der konkreten Arbeitsplätze (vgl auch Bieback, aaO). Dies gilt jedenfalls bei der durch die Klägerin gewählten Form der Kurzarbeit "Null".
Dem Vorhaben der Beklagten, durch die Gewährung von Erholungsurlaub einen Arbeitsausfall zu verhindern, steht auch entgegen, dass im Rahmen der Kurzarbeit "Null" sich aus dem mit den Arbeitnehmern und der Klägerin geschlossenen Vertrag eine Arbeitspflicht nicht ergeben hat. Eine solche ist aber anders als eine tatsächliche Arbeitsleistung durch den betroffenen Arbeitnehmer (vgl hierzu BAG, Urteil vom 08.03.1984 - 6 AZR 600/82 -, BAGE 45, 184 mwN) zwingende Voraussetzung für die Gewährung eines Erholungsurlaubs, denn die Befreiung von der Arbeitspflicht für die Dauer des Urlaubs ist der mit dem Urlaub bezweckte Leistungserfolg. Dieser Leistungserfolg kann bei fehlender Arbeitspflicht nicht eintreten und was gemäß § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur nachträglichen Unmöglichkeit der Pflicht zur Urlaubsgewährung führt (vgl BAG, Urteil vom 16.12.2008 - 9 AZR 164/08 -).
Das SG hat die Beklagte nach § 130 Abs. 1 SGG nur dem Grunde nach verurteilt. Das ist nicht zu beanstanden, auch wenn das begehrte Transfer-Kug mit Antrag vom 22.12.2005 in bezifferter Höhe angegeben ist, nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob eine Verurteilung dem Grunde nach erfolgt, steht im nicht überprüfbaren Ermessen des Gerichts (vgl Bolay, in: Lüdtke, SGG, 3. Aufl., § 130 RdNr. 10; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl., § 130 RdNr. 3c mwN). Zweckmäßig ist ein Grundurteil jedoch nicht, wenn sich der verlangte Geldbetrag ohne Schwierigkeiten ermitteln lässt (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 130 SGG, RdNr. 17). Ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass die Klägerin diesen ordnungsgemäß aufgrund der persönlichen Verhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer im Sinne der durch die Beklagte herausgegebenen Tabelle zur Berechnung des Kug für 2005 mit 11.597,45 EUR berechnet hat, wobei diese Tabelle den Vorgaben des § 178 SGB III entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Transfer-Kurzarbeitergeld (Transfer-Kug) für den Monat Dezember 2005 für 12 im Antragsschreiben vom 22.12.2005 näher bezeichneten Arbeitnehmer.
Im Januar 2005 wurde die Klägerin durch die Fa. H GmbH & Co. KG, die in Folge eines Umsatzrückganges 21,3 % Personal abbauen musste, mit der Durchführung von Transfer-Maßnahmen beauftragt. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden unter Beendigung der bisherigen Arbeitsverhältnisse und Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ab dem 15.01.2005 bis zum 14.01.2006 übernommen. Vereinbart war jeweils Kurzarbeit "Null". Einen Urlaubsanspruch sah die vertragliche Vereinbarung nicht vor.
Mit Schreiben vom 15.01.2005 zeigte die Klägerin der Beklagten den Arbeitsausfall in einer betrieblichen Einheit an. Vor dem Wechsel in die Transfer-Gesellschaft der Klägerin hatten die betroffenen Arbeitnehmer an einer Profiling-Maßnahme teilgenommen.
Durch Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die Beklagte Transfer-Kug dem Grunde nach. In der Folgezeit bewilligte sie durch Bescheide vom 17.05.2005, 02.06.2005, 11.07.2005, 15.08.2005, 07.09.2005, 12.10.2005, 17.11.2005 und 14.12.2005 Transfer-Kug für die Monate Januar bis November 2005 in der jeweils geltend gemachten Höhe.
Mit Schreiben vom 22.12.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Transfer-Kug für im Antrag näher bezeichnete 12 Arbeitnehmer für den Monat Dezember 2005 iHv insgesamt 11.597,45 EUR.
Im Rahmen einer Prüfung der Klägerin durch die Beklagte am 30.03.2006 wurde als einzige Beanstandung aufgeführt, dass in der gesamten Maßnahme kein Urlaub gewährt wurde. Die Klägerin wurde zu dem festgestellten Mangel angehört.
Nachdem die Klägerin eine Liste der durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen mit Schreiben vom 18.04.2006 vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte die Gewährung von Transfer-Kug für den Monat Dezember durch Bescheid vom 05.05.2006 ab. Ein Anspruch auf Transfer-Kug bestehe nur, wenn ein unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliege. Unvermeidbar (gemeint ist: vermeidbar) sei ein Arbeitsausfall, der bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden könne. Im ganzen Jahr 2005 sei kein Urlaub gewährt worden, wobei durch solchen der konkrete Arbeitsausfall hätte verhindert werden können.
Ein mit Schreiben vom 11.05.2006 eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 07.06.2006 zurückgewiesen.
Auf die am 12.06.2006 beim Sozialgericht Koblenz (SG) erhobene Klage hat dieses die Beklagte durch Urteil vom 08.10.2008 verpflichtet, der Klägerin für den Monat Dezember 2005 Transfer-Kug in gesetzlicher Höhe zu leisten. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei § 216b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Bei diesem Anspruch handele es sich zwar um einen solchen der Arbeitnehmer, gemäß § 323 Abs. 2 SGB III sei die Klägerin jedoch antragsberechtigt und im Klageverfahren berechtigt, in Prozessstandschaft für ihre Arbeitnehmer aufzutreten. Dies gelte auch für das Transfer-Kug als Sonderform des Kug. Die Voraussetzungen des § 216b SGB III seien erfüllt, wobei der Streit der Beteiligten sich nur noch auf die Frage richte, ob der Arbeitsausfall unvermeidbar iSd § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen sei. Dies sei der Fall. Unvermeidbar sei ein Arbeitsausfall, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden seien, um den Eintritt des Arbeitsausfalles zu verhindern. Allerdings sei ein Arbeitsausfall wegen einer Betriebsänderung regelmäßig unvermeidbar. Dabei seien die in Betracht kommenden Maßnahmen beim Transfer-Kug enger als beim allgemeinen Kug, da es um die Vermeidung eines dauerhaften, also schwerwiegenden Arbeitsausfalles gehe. Abgesehen davon, dass § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III anders als § 170 Abs. 4 Satz 2 SGB III beim Merkmal der Unvermeidbarkeit nicht auf die Gewährung von Urlaub Bezug nehme, sei durch Urlaubsgewährung ein dauerhafter Arbeitsplatzwegfall bei Kurzarbeit "Null" nicht vermeidbar.
Gegen das ihr am 23.10.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.11.2008 Berufung eingelegt. Der Arbeitsausfall im Monat Dezember 2005 habe bei Gewährung des gesetzlichen Mindesturlaubes insgesamt vermieden werden können. Ein Arbeitsausfall gelte als vermeidbar, solange dieser durch die Gewährung von Urlaub überbrückt werden könne. Zwar bestreite die Klägerin, dass die Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Urlaubsanspruch erworben hätten und ein solcher ergäbe sich auch nicht aus der Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Arbeitnehmern. Durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sei jedoch für die Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft ein unabdingbarer Anspruch auf Erholungsurlaub entstanden. Dieser betrage nach § 3 Abs. 1 BUrlG jährlich mindestens 24 Werktage. Das Entstehen eines solchen Anspruchs habe auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt (Az.: C-350/06). Dieser Anspruch setze nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine tatsächliche Arbeitsleistung gerade nicht voraus. Das Fortbestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei zudem Voraussetzung für die Anwendung des § 216b Abs. 4 Nr. 2a SGB III. § 170 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III finde zwar nicht unmittelbar, jedoch sinngemäß über § 216b Abs. 1 Nr. 1 SGB III Anwendung und enthalte eine Schadensminderungspflicht des Arbeitgebers.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 08.10.2008 - S 9 AL 192/06 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass ein dauerhafter Arbeitsausfall iSd § 216b Abs. 2 SGB III vorliege. Dies sei grundsätzlich der Fall, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles davon auszugehen sei, dass der betroffene Betrieb in absehbarer Zeit die aufgebauten Arbeitskapazitäten nicht mehr im bisherigen Umfang benötige. Regelmäßig sei auch ein Arbeitsausfall wegen Betriebsänderung unvermeidbar. Dass der Gesetzgeber für das Transfer-Kug ebenso enge Voraussetzungen wie in § 170 SGB III habe schaffen wollen, sei dem Gesetz und auch den Erläuterungen hierzu nicht zu entnehmen. Unabhängig von der Gewährung von Urlaub habe keine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden, weshalb ein Arbeitsausfall durch die Urlaubsgewährung nicht habe vermieden werden können. Werde Kurzarbeit "Null" angeordnet, so bestehe überhaupt nicht die Möglichkeit des Arbeitnehmers, einen Urlaubsanspruch rechtswirksam zu erwerben. In seinem Urteil vom 16.12.2008 (Az.: 9 AZR 164/08) stelle das BAG in diesem Zusammenhang fest, dass für den Fall, dass Kurzarbeit "Null" eingeführt worden sei, für diesen Zeitraum keine Arbeitspflicht bestehe und dass deshalb der mit der Festlegung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht, nicht mehr eintreten könne.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das SG sie verurteilt, Transfer-Kug für den Monat Dezember 2005 für die 12 im Antrag der Klägerin vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer zu zahlen. Im Tenor war klarzustellen, dass der Anspruch sich auf die 12 im Antragsschreiben vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer bezieht.
Gegenstand des Verfahrens, das die Klägerin als Prozessstandschafterin dieser 12 Arbeitnehmer führt (vgl für das Strukturkurzarbeitergeld nach § 175 SGB III alter Fassung, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 20/06 R -, SozR 4-4300 § 175 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen), ohne dass deren Beiladung nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig wäre (vgl BSG, aaO; BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 15/04 R -, SozR 4-4300 § 323 Nr. 1 S. 4), ist der Bescheid vom 05.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2006. Gegenstand des Verfahrens ist nicht der Anerkennungsbescheid vom 18.04.2005 mit dem nach Anzeige des Arbeitsausfalls nach § 216b Abs. 5 SGB III iVm § 173 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB III eine Entscheidung der Agentur für Arbeit darüber herbeigeführt wird, ob einzelne Voraussetzungen für die Gewährung von Kug vorliegen (vgl zum zweistufigen Verfahren BSG, Urteil vom 29.01.2008 - B 7/7a AL 20/06 R -, SozR 4-4300 § 175 Nr. 1).
Durch den Bescheid vom 18.04.2005 ist eine Bindungswirkung für den gesamten darin genannten Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 nicht eingetreten, denn die Bewilligung erfolgte ausdrücklich für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen. Festgelegt wurde nur eine Befristung bis längstens zum 31.12.2005.
Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 4, § 56 SGG).
Die 12 im Antrag vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer erfüllen auch für den Monat Dezember 2005 die Voraussetzungen für die Gewährung von Transfer-Kug. Gemäß § 216b Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB III besteht ein Anspruch auf Transfer-Kug, wenn und solange sie von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, die betrieblichen Voraussetzungen gemäß § 216 b Abs. 3 SGB III vorliegen, die persönlichen Voraussetzungen des § 216b Abs. 4 SGB III erfüllt sind und der dauerhafte Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Die Anzeige erfolgte mit Schreiben vom 15.01.2005, eingegangen bei der Agentur für Arbeit Neuwied am 20.01.2005.
Die betrieblichen Voraussetzungen sind nach § 216b Abs. 3 SGB III erfüllt, wenn in einem Betrieb Personalplanungsmaßnahmen aufgrund einer Betriebsänderung durchgeführt werden und die vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Eingliederungschancen in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zusammengefasst werden. Dies liegt im Fall der durch die Klägerin betriebenen Transfergesellschaft vor.
Im Betrieb der H GmbH & Co. KG sind aufgrund einer Betriebsänderung Personalanpassungsmaßnahmen durchgeführt worden. In der Niederschrift über die Prüfung der Voraussetzungen für das Kug ist durch die Prüfungsbeauftragten S und L aufgeführt worden, dass die Fa. H ihre Filialen meist in unmittelbarer Nachbarschaft zu Lebensmitteldiscountern betreibe. Bei diesen sei fast überall seit einem Jahr auch verpacktes Frischfleisch im Angebot. Diese Tatsache habe zu einem Umsatzrückgang von über 30 % geführt. Mittelfristig sei eine Steigerung auf ein Niveau, welches ähnlich hoch liege wie jenes vor den Einbrüchen, aus Sicht des Betriebes nicht möglich. Im Rahmen einer Betriebsänderung erfolgte eine Trennung von 21,3 % des Personals. Die an einer solchen Maßnahme interessierten Mitarbeiter wurden auf eine Transfer-Gesellschaft, betrieben durch die Klägerin, übergeleitet. Die vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer wurden dabei zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Eingliederungschancen in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit im Sinne der Transfer-Gesellschaft zusammengefasst.
Die im Antragsschreiben vom 22.12.2005 genannten Arbeitnehmer erfüllen die persönlichen Voraussetzungen des § 216b Abs. 4 SGB III. Sie waren von Arbeitslosigkeit bedroht und haben auch nach Beginn des Arbeitsausfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Transfer-Gesellschaft fortgesetzt. Sie sind nicht vom Kug-Bezug ausgeschlossen und vor der Überleitung in die betriebsorganisatorische eigenständige Einheit wurde eine Profiling-Maßnahme iSd § 216b Abs. 4 Nr. 4 SGB III durchgeführt.
Sie waren auch im Monat Dezember 2005 iSd § 216b Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 SGB III von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen. Ein dauerhafter Arbeitsausfall liegt dabei vor, wenn infolge einer Betriebsänderung iSd § 216a Abs. 1 Satz 3 SGB III die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend entfallen. Hier sind die Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen, weil die äußeren Umstände, insbesondere der Konkurrenzdruck durch die Discountermärkte, zu einer Verringerung des Umsatzes geführt haben. Dies war nach den Feststellungen der Prüfer der Beklagten auch mittelfristig durch die Fa. H GmbH & Co. KG nicht kompensierbar.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der dauerhafte Arbeitsausfall auch für den bisherigen Arbeitgeber unvermeidbar gewesen ist. Unvermeidbar ist ein solcher dauerhafter Arbeitsausfall, wenn im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern, wobei ein Arbeitsausfall wegen einer Betriebsänderung grundsätzlich unvermeidbar ist (vgl Grodel in: Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007 § 216 b Rdnr. 8; Bieback, in: Gagel, SGB III § 216 Rdnr. 37). In den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1515 S. 92) ist dazu ausgeführt, dass beim Transfer-Kug regelmäßig ein Arbeitsausfall unvermeidbar sei. Er sei aber insbesondere dann vermeidbar, wenn aufgrund offensichtlicher Umstände lediglich ein vorübergehender Personal(mehr)bedarf anzunehmen war und gleichwohl Arbeitskapazitäten auf Dauer aufgebaut wurden. Ein solcher Fall liegt bei der Klägerin nicht vor.
Damit wird deutlich, dass entgegen der Auffassung der Beklagten für die Definition der Unvermeidbarkeit nicht gemäß § 216b Abs. 10 auf die in § 170 Abs. 4 SGB III genannte abgestellt werden kann. Die dortige Definition der Vermeidbarkeit eines Arbeitsausfalles bezieht sich ersichtlich auf den in § 170 Abs. 1 Nr. 2 SGB III genannten vorübergehenden Arbeitsausfall. Die in § 170 Abs. 4 SGB III aufgeführten Beispiele betreffen allesamt vorübergehende Arbeitsausfälle, denn dauerhafte Arbeitsausfälle sind weder überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt bzw ausschließlich auf betriebsorganisatorische Gründe zurückzuführen. Die Gewährung bezahlten Erholungsurlaubes kann einen dauerhaften Arbeitsausfall nicht verhindern und ein solcher ist nicht durch Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermeidbar.
Aufgrund der fehlenden eigenen Definition der Unvermeidbarkeit in § 216b SGB III, der Bezugnahme der Unvermeidbarkeit auf einen dauerhaften Arbeitsausfall und den Umstand, dass auch die Gesetzesbegründung keinen Bezug auf vorübergehende Überbrückungsmaßnahmen wie in § 170 Abs. 4 SGB III nimmt, kann nicht angenommen werden, dass die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub den dauerhaften Arbeitsausfall vermeidet.
Das Transfer-Kug ist damit von seiner Struktur und seiner Zielsetzung nicht mit den übrigen Formen des Kug vergleichbar (vgl hierzu Mutschler, in: NK-SGB III, 4. Aufl. § 216b RdNr. 4; Bieback, in: Gagel, SGB III, § 216b RdNr. 12). Mit den anderen Formen des Kug sollen vorübergehende Engpässe eines ansonsten funktions- und wettbewerbsfähigen Beschäftigungsverhältnisses überbrückt werden. Das Transfer-Kug dient dagegen dem Zweck, den Übergang zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis durch Qualifizierungsmaßnahmen und Überbrückung der Phase der faktischen Beschäftigungslosigkeit zu erreichen. Ziel ist nicht mehr die Erhaltung der konkreten Arbeitsplätze (vgl auch Bieback, aaO). Dies gilt jedenfalls bei der durch die Klägerin gewählten Form der Kurzarbeit "Null".
Dem Vorhaben der Beklagten, durch die Gewährung von Erholungsurlaub einen Arbeitsausfall zu verhindern, steht auch entgegen, dass im Rahmen der Kurzarbeit "Null" sich aus dem mit den Arbeitnehmern und der Klägerin geschlossenen Vertrag eine Arbeitspflicht nicht ergeben hat. Eine solche ist aber anders als eine tatsächliche Arbeitsleistung durch den betroffenen Arbeitnehmer (vgl hierzu BAG, Urteil vom 08.03.1984 - 6 AZR 600/82 -, BAGE 45, 184 mwN) zwingende Voraussetzung für die Gewährung eines Erholungsurlaubs, denn die Befreiung von der Arbeitspflicht für die Dauer des Urlaubs ist der mit dem Urlaub bezweckte Leistungserfolg. Dieser Leistungserfolg kann bei fehlender Arbeitspflicht nicht eintreten und was gemäß § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur nachträglichen Unmöglichkeit der Pflicht zur Urlaubsgewährung führt (vgl BAG, Urteil vom 16.12.2008 - 9 AZR 164/08 -).
Das SG hat die Beklagte nach § 130 Abs. 1 SGG nur dem Grunde nach verurteilt. Das ist nicht zu beanstanden, auch wenn das begehrte Transfer-Kug mit Antrag vom 22.12.2005 in bezifferter Höhe angegeben ist, nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob eine Verurteilung dem Grunde nach erfolgt, steht im nicht überprüfbaren Ermessen des Gerichts (vgl Bolay, in: Lüdtke, SGG, 3. Aufl., § 130 RdNr. 10; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl., § 130 RdNr. 3c mwN). Zweckmäßig ist ein Grundurteil jedoch nicht, wenn sich der verlangte Geldbetrag ohne Schwierigkeiten ermitteln lässt (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 130 SGG, RdNr. 17). Ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass die Klägerin diesen ordnungsgemäß aufgrund der persönlichen Verhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer im Sinne der durch die Beklagte herausgegebenen Tabelle zur Berechnung des Kug für 2005 mit 11.597,45 EUR berechnet hat, wobei diese Tabelle den Vorgaben des § 178 SGB III entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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