Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3658/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin bestreitet die Beendigung des Berufungsverfahrens L 7 AS 5663/07 und begehrt dessen Fortsetzung, soweit noch Kosten der Unterkunft in Form von Stromkosten, Energiekosten für Warmwasserbereitung und Kabelnutzungsgebühren im Streit sind.
Die 1955 geborene Klägerin bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe und ab 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Wegen der Übernahme von Stromkosten, Kabelnutzungsgebühren und Kosten der Warmwasserbereitung machte sie mehrere, verschiedene Zeitabschnitte betreffende, Klagen anhängig. So wurde u. a. die Klage auf Gewährung höherer Leistungen für KdU im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 durch Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 8. Mai 2007 (S 14 AS 4343/06) abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Beschluss des Senats vom 2. Oktober 2007 (L 7 AS 2538/07) und die dagegen eingelegte Revision durch Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Februar 2009 (B 4 AS 48/08 R) zurückgewiesen. Die hiergegen zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie als unzulässig erachtet wurde (Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 BvR 937/09 -). Dieselben Nebenkosten (Strom, Kabelnutzung, Warmwasserbereitung) für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008, aber auch Schadensersatz für die Einbußen bei ihrer Lebensgestaltung und wegen Mängeln ihrer Wohnung, machte sie mit ihrer am 8. November 2007 beim SG erhobenen Klage geltend, die durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2008 zurückgewiesen wurde (S 14 AS 5373/07). Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Senatsurteil vom 23. Oktober 2008 zurückgewiesen (L 7 AS 1555/08). Der für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss des BSG vom 5. Mai 2009 abgelehnt (B 4 AS 28/08 BH).
Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2007 in Höhe von 706,47 EUR und für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 708,47 EUR. Ihr hiergegen eingelegter Widerspruch vom 29. Mai 2007 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2007 zurückgewiesen. Mit ihrer am 11. Juni 2007 zum SG erhobenen Klage (S 14 AS 2884/07) hat sich die Klägerin gegen die genannten Bescheide gewandt und höhere Leistungen für KdU von monatlich 53,43 EUR, nämlich Abschlagszahlung für Stromleistungen von 29,00 EUR, Warmwasserpauschale von 6,53 EUR und Kabelnutzungsgebühr von 17,90 EUR, sowie Schadensersatz begehrt. Schadensersatz machte sie wegen sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten geltend, die sie durch rechtswidrige Bearbeitung ihrer Angelegenheiten und hinterhältige Inszenierungen und Schikane von einer Arbeit abhalte. Sie werde durch die Beklagte nur behindert, genötigt und in den finanziellen Ruin getrieben. Außerdem mache die Beklagte auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche wegen Mietmängeln ihrer Wohnung bei ihrem Vermieter nicht geltend. Da der Schadensersatz die Bruttomiete umfasse, die Beklagte aber nicht die Bruttomiete zahle, wälze sie das Risiko des finanziellen Verlustes auf sie, die Klägerin, ab. Dies sei eine unzulässige Rechtsausübung. Außerdem unterstütze die Beklagte strafbare Handlungen, da sie, die Klägerin, durch andere Mieter wegen des bestehenden Telephoniephänomens und des miserablen Schallschutzes belästigt werde. All dies beeinträchtige ihre persönliche Lebensgestaltung.
Mit Urteil vom 21. August 2007 wies das SG die Klage ab und führte hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen für KdU unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) vom 26. Januar 2007 (L 12 AS 3932/06) und 30. August 2005 (L 12 AS 2023/05) aus, dass als Neben- bzw. Betriebskosten gem. § 556 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur solche weiteren Kosten berücksichtigt werden könnten, die in der Regelleistung noch nicht enthalten seien. Dies treffe für Stromkosten, Kosten für die Warmwasserbereitung und Kabelnutzungsgebühren nicht zu. Soweit die Klägerin Schadensersatz in Geld begehre, kämen nur Schadensersatzansprüche nach den §§ 823 ff, 839 BGB i. V. m. Art. 34 Grundgesetz (GG) in Betracht, für die nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, sondern die Zivilgerichte zuständig seien. Eine sozialrechtliche Rechtsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch, für den das Sozialgericht zuständig sei, sei nicht ersichtlich. Weder komme ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung noch ein Anspruch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch in Betracht, der nicht auf Geldzahlung, sondern auf Naturalrestitution gerichtet sei.
Gegen das ihr am 10. September 2007 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 13. September 2007 Nichtzulassungsbeschwerde ein (L 7 AS 4504/07 NZB). Mit Beschluss vom 27. November 2007 lies der Senat die Berufung gegen das Urteil des SG vom 21. August 2007 zu und führte das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen L 7 AS 5663/07 fort. Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führte sie aus, die Entscheidung des SG enthalte im Tatbestand verschiedene Fehler und lasse eine Einzelfallprüfung nicht erkennen. Ein Verfahrensmangel ergebe sich daraus, dass das SG die Rechtssache hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht von Amts wegen an das zuständige Gericht verwiesen habe, obwohl es den Rechtsweg für unzulässig halte. Die vom SG genannten Rechtsgrundlagen für einen Schadensersatzanspruch seien irreführend. Aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis ergäben sich Rechte und Pflichten für beide Beteiligten. Auf Seiten der Beklagten handele es sich hierbei um Amtspflichten, deren Verletzung über §§ 823, 839 BGB eine Schadensersatzpflicht begründe. Es bestehe daher eine Sondervorschrift, die das richterliche Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verdränge. Der von ihr geltend gemachte Schadensersatz umfasse auch Ansprüche aus "aufopfernden Tatbeständen". Denn sie habe nicht den vollen Regelsatz zur Verfügung. Nach Abzug ihrer persönlichen, nur lebensnotwendigen Kosten und der fehlenden Sozialleistungen (Strom, Warmwasser, Kabel), verbleibe ihr gerade noch das Notwendigste.
Im Erörterungstermin vom 20. April 2009 erklärte die Beklagte hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen für KdU, sie werde die Kosten der Klägerin für Strom, Warmwasserbereitung und Kabelnutzung übernehmen, soweit das BVerfG eine diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten über die Gewährung von Regelleistungen hinaus im Verfahren 1 BvR 937/09 feststelle. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Streitgegenstands für erledigt. Mit Urteil vom 25. Juni 2009 wies der Senat die Berufung der Klägerin zurück, soweit sie an ihrem Begehren, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, festgehalten hat.
Mit Schreiben vom 12. August 2009 hat die Klägerin die Entscheidung des BVerfG vom 26. Mai 2009 (1 BvR 937/09) unter Bezugnahme auf den Erörterungstermin vom 20. April 2009 dem Senat zur Kenntnis übersandt und geltend gemacht, dass die Bedingung der in der Sitzung getroffenen Vereinbarung nicht eingetreten sei, da das BVerfG keine Entscheidung getroffen habe. Da der Rechtsstreit daher nicht erledigt sei, halte sie ihren Antrag auf Zahlung der fälligen Sozialleistungen aufrecht.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. August 2007 (S 14 AS 2884/07) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2007 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 53,43 EUR zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Klageakte des SG (S 14 AS 2884/07) und die Berufungsakten des Senats (L 7 AS 5663/07 und L 7 AS 3658/09) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Ist ein Rechtsstreit durch eine Prozesshandlung beendet worden, deren Wirksamkeit nachträglich in Frage gestellt wird, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren, in dem die betreffende Erklärung abgegeben worden ist, fortzusetzen und bei Bejahung der Prozessbeendigung dies durch Urteil auszusprechen bzw. bei Verneinung im Rahmen des Endurteils über die Wirksamkeit der Prozessbeendigung zu entscheiden (vgl. BSGE 7, 279, 281; BSG SozR 1500 § 101 Nr. 4; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschlüsse vom 23. August 1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280, vom 14. Oktober 1988 - 9 CB 52/88 - NVwZ-RR 1989, 110 und vom 12. November 1993 - 2 B 151.93 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 9; Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 19. Januar 1972 - II B 26/69 - BFHE 104, 291; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 101 Rdnr. 17, 17a). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Einwände, die ein Verfahrensbeteiligter gegen die Wirksamkeit der Prozessbeendigung erhebt, zumindest schlüssig sind. Fehlt es hieran, braucht das Gericht nicht zwecks Entscheidung über die Wirksamkeit der Verfahrensbeendigung den Rechtsstreit fortzusetzen (BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 1988, a.a.O.).
Ob die Klägerin die Unwirksamkeit der Prozessbeendigung schlüssig vorgetragen hat, unterliegt einigen Zweifeln, kann im Ergebnis aber offen bleiben. Denn der Rechtsstreit ist - soweit weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in beantragtem Umfang für den streitbefangenen Zeitraum geltend gemacht werden - durch die übereinstimmende Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch die Beteiligten im Erörterungstermin des LSG vom 20. April 2009 jedenfalls beendet. Soweit die Klägerin darüber hinaus Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatte, ist der Rechtsstreit durch Urteil des Senats vom 25. Juni 2009, rechtskräftig seit 8. August 2009, erledigt, was von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt wird.
Die Erledigungserklärungen der Beteiligten vom 20. April 2009 sind wirksam. Als Prozesshandlung ist die Erledigungserklärung ebenso wie die Rücknahme eines Rechtsmittels zwar bedingungsfeindlich, kann also nicht wirksam unter einer Bedingung abgegeben werden. Anders als von Seiten der Klägerin vorgetragen, enthielten die Erledigungserklärungen der Beteiligten aber keine Bedingung. Nachdem die Beklagte zugesichert hatte, im Falle einer für die Klägerin günstigen Entscheidung im anhängigen Verfahren der Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG ihr bestimmte Leistungen zu gewähren, haben beide Beteiligte den Rechtsstreit daraufhin ohne jede weitere Bedingung und nicht etwa nur für den Fall, dass das BVerfG zu einer positiven Entscheidung kommen sollte, für erledigt erklärt. Durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen wurde der Rechtsstreit beendet, ohne dass es weiterer erledigender Ereignisse beduft hätte (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 125 Rdnrn. 6 ff. m.w.N.).
Die Erledigungserklärung der Klägerin unterliegt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auch keinen sonstigen Zweifeln, insbesondere war die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung beteiligungs- und prozessfähig. Die Erledigungserklärungen wurden in der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des 7. Senats vom 20. April 2009 protokolliert (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend) und nach Verlesung von den Beteiligten genehmigt (§ 162 Abs. 1 Sätze 1 und 3 ZPO). Die Erledigungserklärung wurde von der Klägerin auch nicht widerrufen. Während eine Anfechtung der Erledigungserklärung mangels entsprechender prozessualer Gestaltungsmittel in der Rechtsprechung übereinstimmend abgelehnt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2002- B 9 V 75/01 R - (juris); BVerwG, Beschluss vom 7. August 1998 - 4 B 75/98 - NVwz-RR 1999, 407 m.w.N.; zur Anfechtung eines Vergleichs: BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 - 2 RU 51/90 - (juris)), wird ein Widerruf von Prozesshandlungen unter engen Voraussetzungen für zulässig gehalten, insbesondere wenn ein Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO vorliegt (BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2; BVerwG, Urteil vom 21. März 1979 - 6 C 10.78 - BVerwGE 57, 342) oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, der das gesamte Recht unter Einschluss des SGG beherrscht, unvereinbar wäre, einen Beteiligten an einer von ihm vorgenommenen Prozesshandlung festzuhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1996 - 8 C 33.95 - Buchholz 310 § 126 VwGO Nr. 3 m.w.N.). Weder wurden von Seiten der Klägerin Tatsachen vorgetragen, die einen Restitutionsgrund i.S. des § 580 ZPO darstellten können, noch ergibt sich aus der Bindung der Klägerin an ihre Erledigungserklärung ein Verstoß gegen Treu und Glauben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin bestreitet die Beendigung des Berufungsverfahrens L 7 AS 5663/07 und begehrt dessen Fortsetzung, soweit noch Kosten der Unterkunft in Form von Stromkosten, Energiekosten für Warmwasserbereitung und Kabelnutzungsgebühren im Streit sind.
Die 1955 geborene Klägerin bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe und ab 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Wegen der Übernahme von Stromkosten, Kabelnutzungsgebühren und Kosten der Warmwasserbereitung machte sie mehrere, verschiedene Zeitabschnitte betreffende, Klagen anhängig. So wurde u. a. die Klage auf Gewährung höherer Leistungen für KdU im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 durch Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 8. Mai 2007 (S 14 AS 4343/06) abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Beschluss des Senats vom 2. Oktober 2007 (L 7 AS 2538/07) und die dagegen eingelegte Revision durch Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Februar 2009 (B 4 AS 48/08 R) zurückgewiesen. Die hiergegen zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie als unzulässig erachtet wurde (Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 BvR 937/09 -). Dieselben Nebenkosten (Strom, Kabelnutzung, Warmwasserbereitung) für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008, aber auch Schadensersatz für die Einbußen bei ihrer Lebensgestaltung und wegen Mängeln ihrer Wohnung, machte sie mit ihrer am 8. November 2007 beim SG erhobenen Klage geltend, die durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2008 zurückgewiesen wurde (S 14 AS 5373/07). Die hiergegen eingelegte Berufung wurde durch Senatsurteil vom 23. Oktober 2008 zurückgewiesen (L 7 AS 1555/08). Der für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss des BSG vom 5. Mai 2009 abgelehnt (B 4 AS 28/08 BH).
Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2007 in Höhe von 706,47 EUR und für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 708,47 EUR. Ihr hiergegen eingelegter Widerspruch vom 29. Mai 2007 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2007 zurückgewiesen. Mit ihrer am 11. Juni 2007 zum SG erhobenen Klage (S 14 AS 2884/07) hat sich die Klägerin gegen die genannten Bescheide gewandt und höhere Leistungen für KdU von monatlich 53,43 EUR, nämlich Abschlagszahlung für Stromleistungen von 29,00 EUR, Warmwasserpauschale von 6,53 EUR und Kabelnutzungsgebühr von 17,90 EUR, sowie Schadensersatz begehrt. Schadensersatz machte sie wegen sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten geltend, die sie durch rechtswidrige Bearbeitung ihrer Angelegenheiten und hinterhältige Inszenierungen und Schikane von einer Arbeit abhalte. Sie werde durch die Beklagte nur behindert, genötigt und in den finanziellen Ruin getrieben. Außerdem mache die Beklagte auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche wegen Mietmängeln ihrer Wohnung bei ihrem Vermieter nicht geltend. Da der Schadensersatz die Bruttomiete umfasse, die Beklagte aber nicht die Bruttomiete zahle, wälze sie das Risiko des finanziellen Verlustes auf sie, die Klägerin, ab. Dies sei eine unzulässige Rechtsausübung. Außerdem unterstütze die Beklagte strafbare Handlungen, da sie, die Klägerin, durch andere Mieter wegen des bestehenden Telephoniephänomens und des miserablen Schallschutzes belästigt werde. All dies beeinträchtige ihre persönliche Lebensgestaltung.
Mit Urteil vom 21. August 2007 wies das SG die Klage ab und führte hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen für KdU unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) vom 26. Januar 2007 (L 12 AS 3932/06) und 30. August 2005 (L 12 AS 2023/05) aus, dass als Neben- bzw. Betriebskosten gem. § 556 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur solche weiteren Kosten berücksichtigt werden könnten, die in der Regelleistung noch nicht enthalten seien. Dies treffe für Stromkosten, Kosten für die Warmwasserbereitung und Kabelnutzungsgebühren nicht zu. Soweit die Klägerin Schadensersatz in Geld begehre, kämen nur Schadensersatzansprüche nach den §§ 823 ff, 839 BGB i. V. m. Art. 34 Grundgesetz (GG) in Betracht, für die nicht die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, sondern die Zivilgerichte zuständig seien. Eine sozialrechtliche Rechtsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch, für den das Sozialgericht zuständig sei, sei nicht ersichtlich. Weder komme ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung noch ein Anspruch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch in Betracht, der nicht auf Geldzahlung, sondern auf Naturalrestitution gerichtet sei.
Gegen das ihr am 10. September 2007 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 13. September 2007 Nichtzulassungsbeschwerde ein (L 7 AS 4504/07 NZB). Mit Beschluss vom 27. November 2007 lies der Senat die Berufung gegen das Urteil des SG vom 21. August 2007 zu und führte das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen L 7 AS 5663/07 fort. Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führte sie aus, die Entscheidung des SG enthalte im Tatbestand verschiedene Fehler und lasse eine Einzelfallprüfung nicht erkennen. Ein Verfahrensmangel ergebe sich daraus, dass das SG die Rechtssache hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht von Amts wegen an das zuständige Gericht verwiesen habe, obwohl es den Rechtsweg für unzulässig halte. Die vom SG genannten Rechtsgrundlagen für einen Schadensersatzanspruch seien irreführend. Aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis ergäben sich Rechte und Pflichten für beide Beteiligten. Auf Seiten der Beklagten handele es sich hierbei um Amtspflichten, deren Verletzung über §§ 823, 839 BGB eine Schadensersatzpflicht begründe. Es bestehe daher eine Sondervorschrift, die das richterliche Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verdränge. Der von ihr geltend gemachte Schadensersatz umfasse auch Ansprüche aus "aufopfernden Tatbeständen". Denn sie habe nicht den vollen Regelsatz zur Verfügung. Nach Abzug ihrer persönlichen, nur lebensnotwendigen Kosten und der fehlenden Sozialleistungen (Strom, Warmwasser, Kabel), verbleibe ihr gerade noch das Notwendigste.
Im Erörterungstermin vom 20. April 2009 erklärte die Beklagte hinsichtlich der begehrten höheren Leistungen für KdU, sie werde die Kosten der Klägerin für Strom, Warmwasserbereitung und Kabelnutzung übernehmen, soweit das BVerfG eine diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten über die Gewährung von Regelleistungen hinaus im Verfahren 1 BvR 937/09 feststelle. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Streitgegenstands für erledigt. Mit Urteil vom 25. Juni 2009 wies der Senat die Berufung der Klägerin zurück, soweit sie an ihrem Begehren, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, festgehalten hat.
Mit Schreiben vom 12. August 2009 hat die Klägerin die Entscheidung des BVerfG vom 26. Mai 2009 (1 BvR 937/09) unter Bezugnahme auf den Erörterungstermin vom 20. April 2009 dem Senat zur Kenntnis übersandt und geltend gemacht, dass die Bedingung der in der Sitzung getroffenen Vereinbarung nicht eingetreten sei, da das BVerfG keine Entscheidung getroffen habe. Da der Rechtsstreit daher nicht erledigt sei, halte sie ihren Antrag auf Zahlung der fälligen Sozialleistungen aufrecht.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. August 2007 (S 14 AS 2884/07) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2007 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 53,43 EUR zu gewähren.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Klageakte des SG (S 14 AS 2884/07) und die Berufungsakten des Senats (L 7 AS 5663/07 und L 7 AS 3658/09) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Ist ein Rechtsstreit durch eine Prozesshandlung beendet worden, deren Wirksamkeit nachträglich in Frage gestellt wird, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren, in dem die betreffende Erklärung abgegeben worden ist, fortzusetzen und bei Bejahung der Prozessbeendigung dies durch Urteil auszusprechen bzw. bei Verneinung im Rahmen des Endurteils über die Wirksamkeit der Prozessbeendigung zu entscheiden (vgl. BSGE 7, 279, 281; BSG SozR 1500 § 101 Nr. 4; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschlüsse vom 23. August 1984 - 9 CB 48.84 - NVwZ 1985, 280, vom 14. Oktober 1988 - 9 CB 52/88 - NVwZ-RR 1989, 110 und vom 12. November 1993 - 2 B 151.93 - Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 9; Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 19. Januar 1972 - II B 26/69 - BFHE 104, 291; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 101 Rdnr. 17, 17a). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Einwände, die ein Verfahrensbeteiligter gegen die Wirksamkeit der Prozessbeendigung erhebt, zumindest schlüssig sind. Fehlt es hieran, braucht das Gericht nicht zwecks Entscheidung über die Wirksamkeit der Verfahrensbeendigung den Rechtsstreit fortzusetzen (BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 1988, a.a.O.).
Ob die Klägerin die Unwirksamkeit der Prozessbeendigung schlüssig vorgetragen hat, unterliegt einigen Zweifeln, kann im Ergebnis aber offen bleiben. Denn der Rechtsstreit ist - soweit weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in beantragtem Umfang für den streitbefangenen Zeitraum geltend gemacht werden - durch die übereinstimmende Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch die Beteiligten im Erörterungstermin des LSG vom 20. April 2009 jedenfalls beendet. Soweit die Klägerin darüber hinaus Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatte, ist der Rechtsstreit durch Urteil des Senats vom 25. Juni 2009, rechtskräftig seit 8. August 2009, erledigt, was von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt wird.
Die Erledigungserklärungen der Beteiligten vom 20. April 2009 sind wirksam. Als Prozesshandlung ist die Erledigungserklärung ebenso wie die Rücknahme eines Rechtsmittels zwar bedingungsfeindlich, kann also nicht wirksam unter einer Bedingung abgegeben werden. Anders als von Seiten der Klägerin vorgetragen, enthielten die Erledigungserklärungen der Beteiligten aber keine Bedingung. Nachdem die Beklagte zugesichert hatte, im Falle einer für die Klägerin günstigen Entscheidung im anhängigen Verfahren der Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG ihr bestimmte Leistungen zu gewähren, haben beide Beteiligte den Rechtsstreit daraufhin ohne jede weitere Bedingung und nicht etwa nur für den Fall, dass das BVerfG zu einer positiven Entscheidung kommen sollte, für erledigt erklärt. Durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen wurde der Rechtsstreit beendet, ohne dass es weiterer erledigender Ereignisse beduft hätte (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 125 Rdnrn. 6 ff. m.w.N.).
Die Erledigungserklärung der Klägerin unterliegt hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auch keinen sonstigen Zweifeln, insbesondere war die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung beteiligungs- und prozessfähig. Die Erledigungserklärungen wurden in der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des 7. Senats vom 20. April 2009 protokolliert (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend) und nach Verlesung von den Beteiligten genehmigt (§ 162 Abs. 1 Sätze 1 und 3 ZPO). Die Erledigungserklärung wurde von der Klägerin auch nicht widerrufen. Während eine Anfechtung der Erledigungserklärung mangels entsprechender prozessualer Gestaltungsmittel in der Rechtsprechung übereinstimmend abgelehnt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2002- B 9 V 75/01 R - (juris); BVerwG, Beschluss vom 7. August 1998 - 4 B 75/98 - NVwz-RR 1999, 407 m.w.N.; zur Anfechtung eines Vergleichs: BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 - 2 RU 51/90 - (juris)), wird ein Widerruf von Prozesshandlungen unter engen Voraussetzungen für zulässig gehalten, insbesondere wenn ein Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO vorliegt (BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2; BVerwG, Urteil vom 21. März 1979 - 6 C 10.78 - BVerwGE 57, 342) oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, der das gesamte Recht unter Einschluss des SGG beherrscht, unvereinbar wäre, einen Beteiligten an einer von ihm vorgenommenen Prozesshandlung festzuhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1996 - 8 C 33.95 - Buchholz 310 § 126 VwGO Nr. 3 m.w.N.). Weder wurden von Seiten der Klägerin Tatsachen vorgetragen, die einen Restitutionsgrund i.S. des § 580 ZPO darstellten können, noch ergibt sich aus der Bindung der Klägerin an ihre Erledigungserklärung ein Verstoß gegen Treu und Glauben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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