L 13 R 195/09 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 An 671/95**
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 195/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Übernahme der Kosten gemäß § 109 SGG auf die Staatskasse, wenn dieses Gutachten den allzeit gültigen Anforderungen an ein medizinsiches Sachverständigengutachten nciht entspricht und damit keine für eine Entscheidung wesentlichen Erkenntnisse erbringt.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.

Streitig zwischen den Beteiligten war der Anspruch des Beschwerdeführers (Bf) auf Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Das Sozialgericht (SG) hörte als Sachverständige von Amts wegen den Orthopäden
Dr. P. und den Nervenarzt Dr. M. sowie auf Antrag des Bf gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Orthopäden Dr. B. und den Nervenarzt und Psychiater Dr. S ... Letzterer kam in seinem drei Seiten umfassenden Gutachten vom 10.06.1996 zum Ergebnis, die Erwerbsfähigkeit des Bf sei erloschen. Er begründete dies mit einem weitgehend auf Beobachtungen zum Arbeitsmarkt beruhenden Plädoyer und dem Hinweis auf den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten". Durch Urteil vom 24.07.1996 hat das SG, gestützt auf die Gutachten der übrigen Sachverständigen, die Klage abgewiesen. Die Kammer sei zu der Entscheidung gelangt, dass bei dem Bf der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit noch nicht eingetreten sei. Zum Gutachten Dr. S. hat das SG ausgeführt, dass es einen Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" im Sozialrecht nicht gebe, hier sei nach der objektiven Beweislast zu entscheiden.

Hiergegen hat der Bf Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Auf Grund eines weiteren vom zuständigen Senat eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens wurde dem Bf mit Urteil vom 26.08.1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit jeweils auf Zeit zugesprochen. Zu dem Gutachten des Dr. S. führte der Senat aus, dass dieses außer Betracht bleiben müsse, da die Regel "in dubio pro reo" ausschließlich im strafrechtlichen Verfahren von Bedeutung sei.

Den Antrag des Bf, ihm die Kosten für das u.a. in erster Instanz nach § 109 SGG bei
Dr. S. eingeholten Gutachten aus der Staatskasse zu erstatten, hat das SG mit Beschluss vom 13.12.2000 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde dem Bayer. Landessozialgericht am 12.03.2009 vorgelegt. Zur Begründung trägt der Bf vor, dass der Sachverständige schon im Klageverfahren ein fehlendes Leistungsvermögen festgestellt habe, das im Berufungsverfahren bestätigt worden sei.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Bf ist zulässig (§§ 172, 173 SGG)

Die Bf hat aber keinen Anspruch darauf, dass die Kosten des auf seinen Antrag nach
§ 109 SGG eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Dr. S. auf die Staatskasse übernommen werden.

Soweit § 109 Abs. 1 SGG vorsieht, dass auf Antrag des Versicherten, Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich zu hören ist, stellt dieses Beweisantragsrecht ein Korrelat zu dem im sozialgerichtlichen Verfahren ansonsten vorherrschenden Amtsermittlungsgrundsatz dar. Es gewinnt seine verfahrensrechtliche Bedeutung im Wesentlichen dann, wenn das Gericht weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht (mehr) für erforderlich hält. In diesem Fall ist es grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, die nach § 109 Abs. 1 SGG beantragte Beweiserhebung gem. Satz 2 dieser Vorschrift von einem Kostenvorschuss abhängig zu machen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., 2008, § 109 Rdnrn. 1, 2, 13). Für die etwaige spätere Übernahme der Kosten der Begutachtung auf die Staatskasse folgt hieraus zugleich, dass diese im wesentlichen davon abhängig zu machen ist, ob das gem. § 109 Abs. 1 SGG eingeholte Gutachten nachträglich die Annahme rechtfertigt, dass bei vorheriger Kenntnis des Beweisergebnisses eine gleichartige Maßnahmen gerichtlicher Amtsaufklärung erforderlich oder zumindest förderlich gewesen wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gutachten Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung genommen hat. Zugleich ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen, dass eine Übernahme der Kosten auf die Staatskasse abzulehnen ist, so weit sich aus dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten keine für die Entscheidung wesentlichen Erkenntnisse ergeben.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht der Senat im vorliegenden Fall keinen Anlass für die Übernahme der durch die Einholung des Gutachtens des Dr. S. entstandenen Kosten auf die Staatskasse. Aus diesem Gutachten haben sich für den Ausgang des Rechtsstreites keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte ergeben. Dies folgt bereits daraus, dass das Gutachten schon den allzeit gültigen Anforderungen an ein medizinisches Sachverständigengutachten nicht annähernd entspricht. Die grundsätzlichen Standards an ein Gutachten zur Beurteilung einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit sind nicht eingehalten worden. Der Hinweis auf Beobachtungen zum Arbeitsmarkt und auf den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" liegen neben der Sache und haben auch ihre negative Würdigung in den Urteilen des SG München und des Bayer. Landessozialgericht gefunden. Deshalb kann von einer objektiven Förderung der Sachaufklärung durch das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten nicht gesprochen werden, weshalb eine (auch teilweise) Übernahme der Kosten für dieses Gutachten auf die Staatskasse nicht zu begründen ist.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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