Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 15 P 214/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 P 10/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Duisburg vom 25.11.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für jeden Rechtszug auf 1.841,09 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner Mutter im Hinblick auf die Höhe der Pflegeheimkosten die Feststellung einer niedrigeren Pflegestufe.
Er ist der Sohn und alleinige Erbe der am 00.00.1913 geborenen und am 00.07.2006 verstorbenen N T (Versicherte). Diese lebte seit dem 17.03.2005 im B-Seniorenzentrum des im Berufungsverfahren beigeladenen Heimträgers. Die Versicherte war bei der beklagten " Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen" (GVP) privat pflegeversichert. Sie litt im streitigen Zeitraum im Wesentlichen an einem Zustand nach Schlaganfall im Januar 2005 mit kompletter Halbseitenlähmung rechts und Inkontinenz nach einem Harnwegsinfekt, der Entwicklung einer vaskulären Demenz, einer sensomotorischen Aphasie, einem Parkinsonsyndrom und einer weitergehenden richtungsweisenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Ernährt wurde sie mittels PEG (Magensonde), im Übrigen wurde sie mittels Blasenkatheter versorgt.
Die Beklagte gewährte der Versicherten auf ihren Verschlimmerungsantrag vom 13.05.2005 ab dem 01.05.2005 Leistungen im Wege der Kostenerstattung für vollstationäre Pflege nach der Pflegestufe II (Schreiben vom 20.06.05). Einen weiteren Verschlimmerungsantrag vom 27.07.2005 auf Zuordnung zur Pflegestufe III lehnte die Beklagte ab (Schreiben vom 05.09.05). Der Kläger beantragte für seine Mutter mit Schreiben vom 30.01.2006 die Überprüfung der bisherigen Einstufung in die Pflegestufe II, weil sich das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit der Versicherten aufgrund einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auf unter 120 Minuten verringert habe. Die Pflegesituation habe sich verbessert.
Die Beklagte lehnte nach Einholung zweier Gutachten durch die N Wuppertal (Gutachten Dr. X vom 20.02.2006 und X1 vom 29.04.2006) die Zuordnung zu einer niedrigen Pflegestufe ab (Schreiben vom 08.05.2006), weil die Sachverständigen bei der Versicherten einen Grundpflegebedarf von 135 bzw. 142 Minuten täglich festgestellt hätten.
Der Kläger hat am 31.10.2006 beim Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Seine Mutter habe ab Januar 2006 nur Hilfe im Umfang der Pflegestufe I benötigt. Die Gutachten der N seien offenbar unrichtig. Der Hilfebedarf bei den Einzelverrichtungen sowohl der Grundpflege wie auch der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu hoch angesetzt worden. So habe beispielsweise der tägliche Zeitaufwand für die Mundpflege lediglich drei, statt neun Minuten und für das Kämmen der pflegeleichten Kurzhaarfrisur eine Minute täglich statt vier Minuten betragen. Der Transfer zum Toilettenstuhl sei überflüssig gewesen, so dass die hierfür aufgeführten vier Minuten nicht gerechtfertigt seien. Das Umlagern sei täglich nur elf Mal erfolgt, so dass hier nur 22 statt 24 Minuten angefallen seien. Beim "An- und Auskleiden" seien wegen des hinten offenen Nachthemdchens nur drei statt acht Minuten in Ansatz zu bringen. Insgesamt habe sich im Bereich der Grundpflege ein anrechenbarer Zeitbedarf von insgesamt nur 119 Minuten ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Versicherte N T für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 05.07.2006 als Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I einzustufen und ihr dementsprechend Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die N-Gutachten für zutreffend erachtet.
Das SG hat einen Befundbericht des Hausarztes der Versicherten Dr. H eingeholt. Dieser hat einen erheblichen Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege (Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden) angenommen. Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von dem Arzt für Nervenheilkunde Dr. S, E. In dem Gutachten vom 09.01.2008 und den ergänzenden Stellungnahmen vom 14.04. und vom 03.07.2008 zu den Einwänden des Klägers ist der SV zu dem Ergebnis gelangt, die zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegestufe II hätten zweifelsfrei vorgelegen. Er hat einen Gesamtpflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 131 Minuten angenommen, für die Körperpflege insgesamt 86 Minuten, für die Ernährung 20 Minuten und für die Mobilität 25 Minuten. Für die hauswirtschaftlichen Versorgung hat er einen Hilfebedarf von zumindest 45 Minuten täglich für angemessen gehalten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 abgewiesen: Diese sei als Feststellungsklage zulässig, denn der Kläger habe ein Feststellungsinteresse, weil er bei einer niedrigeren Pflegestufe für den streitgegenständlichen Zeitraum geringere Zuzahlungen zu den Heimkosten zu leisten habe. Die Klage sei auch entsprechend der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung/Bedingungsteil MB/PPV 1996 innerhalb der Klagefrist von 6 Monaten erhoben worden. Sie sei jedoch unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung habe, dass die Versicherte in der streitigen Zeit nach Pflegestufe I einzustufen war. Die von der N getroffenen Feststellungen seien im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung im Bereich der privaten Pflegepflichtversicherung grundsätzlich zu übernehmen. Abzustellen sei auf das Gesamtergebnis der Gutachten. Gutachten vom Amts wegen zum Umfang des Pflegebedarfs seien nur einzuholen, wenn substantiiert die offenbare Unrichtigkeit der N-Gutachten dargelegt werde. Zwar habe der Kläger umfassend hierzu vorgetragen; das von Amts wegen eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. S habe jedoch nicht seine Einwände, sondern im Ergebnis vielmehr die Feststellungen der N-Gutachten bestätigt. Damit liege eine offenbare Unrichtigkeit der Gutachten nicht vor. Diese seien danach für die Zuordnung zur Pflegestufe maßgeblich.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15.12.2008 zugestellte Urteil am 12.01.2009 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er ausführt, dem Befundbericht von Dr. H sei keine Bedeutung beizumessen, weil dieser kein Pflegegutachten erstellt habe. Er bemängele im Übrigen, dass die Wiederholungsbegutachtung durch die N in seiner Abwesenheit durchgeführt worden sei. Dr. S habe entgegen der Ansicht des SG die Pflegestufe II auch nicht bestätigt. Dieser SV habe für die Grundpflege und für die hauswirtschaftlichen Versorgung einen Hilfebedarf von nur 176 Minuten angenommen. Bereits aus diesem Grund bestätige dieses Gutachten die N-Gutachten gerade nicht. Zudem ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. S, dass die N-Gutachten in Teilbereichen offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen.
Dr. S sei bei der Verrichtung Umlagern etwa um 33 %, bei der Verrichtung Kämmen um 50 % und bei der Position Aufstehen/Zubettgehen um 100 % abgewichen. Auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei er um 25 % abgewichen. Jedenfalls der Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei iÜ von allen Ärzten falsch bemessen worden. Wegen der nicht erforderlichen Leistungen Einkaufen, Kochen und Spülen sei für diesen Bereich allenfalls ein Zeitaufwand von 20 Minuten pro Tag gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.11.2008 aufzuheben und festzustellen, dass die Versicherte N T in der Zeit vom 30.01.2006 bis 05.07.2006 der Pflegestufe I zuzuordnen war.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie ist der Ansicht, bei der Versicherten habe sogar ein Pflegebedarf nach der Stufe III vorgelegen.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen; diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache entscheiden, obwohl der Bevollmächtigte der Beklagten möglicherweise nicht ordnungsgemäß geladen worden ist. Dieser hat auf telefonische Rückfrage am Sitzungstag mitgeteilt, der Senat möge entscheiden. Im Übrigen bestand für den Senat auch deshalb kein Grund zu einer Vertagung, weil er die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die auf die Feststellung der Zuordnung zur Pflegestufe I statt wie bisher der Pflegestufe II gerichtete Klage ist als negative Feststellungsklage zulässig, obwohl der Kläger nicht die Auszahlung einer Versicherungsleistung gemäß § 6 MB/PVV iVm Tarif PV Punkt 7 (entspricht § 43 Abs 1und 2 SGB XI) beansprucht, sondern sich gegen eine Zuvielzahlung der vollstationären Pflege nach Pflegeklasse II wendet. Auch wenn der Kläger damit nur die Feststellung eines Tatbestandsmerkmals des Anspruchs auf vollstationäre Pflege begehrt, das lediglich ein Bemessungsfaktor für die Versicherungsleistung ist (Elementenfeststellung), steht das ausnahmsweise der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Der vom Kläger als "Verbesserungsantrag" bezeichnete Antrag ist ein Spiegelbild des grundsätzlich möglichen Verschlimmerungsantrags und auch die Pflegekassen und die privaten Pflegeversicherer haben jederzeit die Möglichkeit, die Pflegestufe zu überprüfen, wenn es Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung iS einer Verringerung des Hilfebedarfs gibt. Dies muss grundsätzlich auch für den Pflegebedürftigen möglich sein, selbst wenn sein Interesse allein auf die damit einhergehende Verringerung des Heimentgelts gerichtet ist. Es besteht insofern auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Hierfür genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann. Die Höhe des nach dem Heimvertrag zu zahlenden Leistungsentgelts richtet sich auch bei Privatversicherten regelmäßig nach der festgestellten Pflegestufe und wäre bei Pflegestufe I geringer gewesen. Durch die Feststellung der zutreffenden Pflegestufe wird darüber hinaus der Streit aller Beteiligten einschließlich des beigeladenen Pflegeheims im Ganzen bereinigt.
Die Feststellungsklage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Mutter des Klägers war auch in der Zeit zwischen Ende Januar 2006 bis zu ihrem Tod richtigerweise der Pflegestufe II zugeordnet. Es liegen keinerlei ärztliche Feststellungen vor, die dies in Zweifel ziehen. Insbesondere sind die beiden Gutachten der N vom 22.02.2006 und vom 29.04.2006 nicht offensichtlich unrichtig und deshalb auch für die Mutter des Klägers als sog. Schiedsgutachten bindend. Nach § 64 Abs 1 S 1 VVG alter Fassung (aF) (jetzt § 84 Abs 1 VVG) und § 6 II 1 MB/PPV sind die Beteiligten an die Feststellungen der ärztlichen Sachverständigen zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung und zur Höhe des Schadens (hier zur Frage, welche Pflegestufe vorliegt), grundsätzlich gebunden, da dies durch § 6 Abs 2 MB/PPV vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteile vom 22.07.2004,B 3 P 6/03 R, Juris Rn 20 f und vom 13.05.2004, B 3 P 7/03 R Juris Rn 25). Die Feststellungen des Arztes sind nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, wobei auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung abzustellen ist. Die Regelung des § 64 Abs 1 VVG (aF) trägt dem Umstand Rechnung, dass Wertermittlungen und Schätzungen schon ihrer Natur nach mit Unklarheiten behaftet sind und die Möglichkeit eines gewissen Spielraums eröffnen. Das Sachverständigengutachten wäre von nur geringem Wert, wenn sein Ergebnis wegen jeder Unrichtigkeit in einem Einzelpunkt angegriffen werden könnte. Mit den Anforderungen des § 64 Abs 1 S 1 VVG (aF) soll die Anfechtungsmöglichkeit auf die wenigen Fälle "ganz offensichtlichen Unrechts" beschränkt und Abhilfe nur bei "offensichtlichen Fehlentscheidungen" ermöglicht werden. Entsprechend muss auch das Gericht die durch den Sachverständigen getroffenen Feststellungen grundsätzlich übernehmen. Über offensichtliche Fehler hinaus ist eine Beweiserhebung und Beweiswürdigung nicht zulässig (vgl. BSG, B 3 P 6/03 R, Juris Rn 20 f). Dabei ist grundsätzlich das Gesamtergebnis des Sachverständigengutachtens maßgeblich; sind allerdings abgrenzbare Teilbereiche der gutachterlichen Feststellungen fehlerhaft, so sind diese - soweit "offenbar erheblich" - selbstständig angreifbar und nur der Rest bleibt verbindlich.
Die Einwände des Klägers sind nicht geeignet, abgrenzbare Teilbereiche wie die Körperpflege als offensichtlich fehlerhaft darzustellen. Sowohl das Auspinseln des Rachenraums wie auch das Anlegen des Nachthemdes sind Einzelhandreichungen/Einzelpunkte der Verrichtungen "Zahnpflege" (§ 14 Abs 4 Nr 1 SGB XI) und "An-und Auskleiden" (§ 14 Abs 4 Nr 3 SGB XI). Der Kläger greift mit seinem Vorbringen im Berufungsverfahren die Sachverständigengutachten auch nur insoweit an, als er ihre Schlüssigkeit bestreitet. Er beschreibt die vermeintlichen Widersprüche/Fehler in den verschiedenen Gutachten, die schon mit gesunden Menschenverstand und logischem Denken erkennbar seien. Ob die von den Sachverständigen für erforderlich gehaltene Pflege erbracht oder - weil nicht erforderlich - nicht erbracht wurde, kann der Kläger aus eigener Wahrnehmung, wie er selbst im Termin vor dem erkennenden Senat eingeräumt hat, nicht beurteilen. Vielmehr argumentiert er, losgelöst von der aktuellen Pflegesituation, auf theoretischer Ebene, was auch dadurch deutlich wird, dass er sich im Verlauf des Verfahrens aus den Gutachten jeweils die für seine Ansicht sprechenden Verrichtungen herausgesucht hat. Bezeichnete der Kläger in der Klageschrift den Grundpflegebedarf aus seiner Sicht noch mit 119 Minuten, so hat er sein Vorbringen im Klageverfahren, insbesondere nach Vorliegen des Gutachtens von Dr. S, auf 109 Minuten korrigiert und jetzt Abweichungen beim Umlagern, Kämmen, Aufstehen und Zubettgehen und insbesondere dem bisher von ihm nicht in Frage gestellten Teilbereich der hauswirtschaftlichen Versorgung als für ihn vermeintlich günstige Gesichtpunkte aufgegriffen und in den Vordergrund seiner Argumentation gestellt. Damit kann er den von den Sachverständigen für angemessenen gehaltenen Hilfebedarf ernstlich nicht in Frage stellen und erst recht nicht die offenbare Unrichtigkeit der Feststellungen belegen. Es bestand für den Senat deshalb auch keine Veranlassung, die Pflegepersonen als Zeugen zu hören. Auch der Kläger hielt dies nicht für erforderlich, weil die Pflegepersonen ohnehin zu Gunsten des Heimes die Unwahrheit sagen würden. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Gutachten. Beide Gutachter der N haben die pflegebedürftige Mutter des Klägers vor Ort begutachtet und den konkreten Hilfebedarf unter Beteiligung der Pfleger festgestellt. Soweit der Kläger das zweite Gutachten der N für nicht verwertbar hält, weil er über den Untersuchungstermin nicht informiert und deshalb bei der Begutachtung seiner Mutter nicht anwesend war, so stellt dies die Richtigkeit des Gutachtens nicht in Frage. Jedenfalls war der Kläger bei der ersten Untersuchung zugegen, so dass zumindest das erste Gutachten keine formellen Fehler aufweist und als Schiedsgutachten zugrundegelegt werden kann.
Die Feststellungen der N-Sachverständigen werden im Ergebnis durch das von Amts wegen eingeholte Gutachten nach Aktenlage des Dr. S bestätigt. Allerdings hatte ausgehend von dem Vortrag des Klägers im Klageverfahren für das SG schon keine Veranlassung bestanden, überhaupt noch ein weiteres Gutachten einzuholen. Der noch in der Klagebegründung vom Kläger mit 119 Minuten angegebene Grundpflegebedarf hätte eine Herabstufung von der Pflegestufe II auf die Pflegestufe I nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des BSG in Herabstufungsfällen ist es gerade wegen der Schätzungsbandbreite nicht gerechtfertigt, bei einem Unterschreiten der zeitlichen Schnittstellen der jeweiligen Pflegestufe um nur wenige Minuten, die Leistung herabzusetzen (Urteil vom 07.07.2005, B 3 P 8/04 R, Juris Rn 26 f). Der Kläger kann die Unrichtigkeit der N Gutachten schließlich auch nicht damit begründen, dass der Hilfebedarf 15 bzw 20 Prozent von dem tatsächlichen Hilfebedarf abweichen würden. Hierauf kommt es schon deshalb nicht an, weil sich die angeführte Abweichung nicht pflegestufenrelevant auswirkt. Dr. S hat vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe II in der streitigen Zeit weiterhin vorlagen.
Der Senat hat keine Bedenken, die Feststellungen des Dr. S ergänzend zu berücksichtigen. Auch wenn im Hinblick auf die Eigenarten der privaten Pflegeversicherung für das SG eigentlich keine Veranlassung bestand, überhaupt noch ein weiteres Aktengutachten einzuholen, so können dessen Ergebnisse durchaus verwertet werden. Im Übrigen beruft sich der Kläger selbst ausdrücklich auf dieses Gutachten und hebt - lösgelöst von der tatsächlichen Pflegesituation - vermeintliche Widersprüche hervor, die nicht substantiiert sind, weil sie aus Laiensicht und ohne pflegerischen Sachverstand erfolgen und in den Gutachten aller gehörten Sachverständigen, die in der Grundpflege zu einem notwendigen Pflegebedarf von über 120 Minuten kommen, keine Stütze finden. Unerheblich ist, dass Dr. S im Nachhinein den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nur mit "mindestens 45 Minuten" festgestellt hat. Augenscheinlich hat Dr. S bei der Abfassung des Gutachtens die hauswirtschaftliche Versorgung nicht als maßgeblich angesehen, den Mindestwert von 45 Minuten bei der beantragten Pflegestufe I vor Augen gehabt und insoweit "mehr als 45 Minuten" festgestellt. Im Ergebnis hat der erfahrene Sachverständige, dem die gesetzlichen Vorgaben aus einer Vielzahl für die Sozialgerichtsbarkeit erstellten Gutachten hinlänglich bekannt sind, den Gesamtpflegebedarf mit mehr als 180 Minuten bestätigt. Ausgehend von dem von ihm angenommenen Grundpflegebedarf von 131 Minuten, bedurfte es eines Hilfebedarfs bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 49 Minuten, die er durch die Formulierung "mindestens 45 Minuten" als gegeben angesehen hat. Ausgehend von den maßgeblichen Gutachten der N (Grundpflege 135 und 141 Minuten) wären auch bereits 45 Minuten ausreichend für die Zuordnung der Pflegestufe II. Im Übrigen lässt sich der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der vollstationären Pflege nicht konkret und individuell ermitteln und ist zur Überzeugung des Senats mit 60 Minuten angemessen bewertet. Die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI orientieren sich an dem Hilfebedarf durch einen Laienpfleger in einer durchschnittlichen häuslichen Wohnsituation, auch dann, wenn der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr über eine eigene Wohnung verfügt. Eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation berücksichtigt die Lage der Wohnung (1. Etage/kein Aufzug/nicht ebenerdig erreichbar); die Anzahl der Räume je Wohnung (vier); die Personen je Haushalt (Zweipersonenhaushalt) und die Ausstattung der Wohnung (keine behindertengerechte Ausstattung). Der Senat hält diese Vorgaben der Richtlinien für richtig. Auch er geht davon aus, dass als Maßstab für die Bemessung des zeitlichen Mindestaufwandes vergleichend auf eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation und den Aufwand einer ungeschulten Pflegeperson zurückzugreifen ist. Dieser ist nach der Beurteilung des Senats mit mindestens 60 Minuten angemessen bewertet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Für den Kläger ist das Verfahren nicht gemäß § 183 SGG kostenfrei. Es geht dem Kläger um eine privatrechtliche Versicherungsleistung seiner verstorbenen Mutter; insoweit führt der Kläger das Verfahren vor dem SG und jetzt auch vor dem LSG von Beginn an als "sonstiger Rechtsnachfolger" (zur entsprechenden Anwendung der Kostenbegünstigung des § 183 S 1 SGG vgl. BSG Urteil vom 28.09.2006, B 3 P 3/05 R).
Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil dies nicht der Billigkeit entspricht (§ 162 Abs. 3 VwGO); dieser hat weder Anträge gestellt, noch das Verfahren wesentlich gefördert und auch nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.
Die Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge mit jeweils 1.841,09 Euro beruht auf §§ 52 Abs 3, 63 Abs 2 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht dem vom Kläger dargelegten wirtschaftlichen Interesse.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab. Sie wirft auch keine entscheidungserheblichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner Mutter im Hinblick auf die Höhe der Pflegeheimkosten die Feststellung einer niedrigeren Pflegestufe.
Er ist der Sohn und alleinige Erbe der am 00.00.1913 geborenen und am 00.07.2006 verstorbenen N T (Versicherte). Diese lebte seit dem 17.03.2005 im B-Seniorenzentrum des im Berufungsverfahren beigeladenen Heimträgers. Die Versicherte war bei der beklagten " Gemeinschaft Privater Versicherungsunternehmen" (GVP) privat pflegeversichert. Sie litt im streitigen Zeitraum im Wesentlichen an einem Zustand nach Schlaganfall im Januar 2005 mit kompletter Halbseitenlähmung rechts und Inkontinenz nach einem Harnwegsinfekt, der Entwicklung einer vaskulären Demenz, einer sensomotorischen Aphasie, einem Parkinsonsyndrom und einer weitergehenden richtungsweisenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Ernährt wurde sie mittels PEG (Magensonde), im Übrigen wurde sie mittels Blasenkatheter versorgt.
Die Beklagte gewährte der Versicherten auf ihren Verschlimmerungsantrag vom 13.05.2005 ab dem 01.05.2005 Leistungen im Wege der Kostenerstattung für vollstationäre Pflege nach der Pflegestufe II (Schreiben vom 20.06.05). Einen weiteren Verschlimmerungsantrag vom 27.07.2005 auf Zuordnung zur Pflegestufe III lehnte die Beklagte ab (Schreiben vom 05.09.05). Der Kläger beantragte für seine Mutter mit Schreiben vom 30.01.2006 die Überprüfung der bisherigen Einstufung in die Pflegestufe II, weil sich das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit der Versicherten aufgrund einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auf unter 120 Minuten verringert habe. Die Pflegesituation habe sich verbessert.
Die Beklagte lehnte nach Einholung zweier Gutachten durch die N Wuppertal (Gutachten Dr. X vom 20.02.2006 und X1 vom 29.04.2006) die Zuordnung zu einer niedrigen Pflegestufe ab (Schreiben vom 08.05.2006), weil die Sachverständigen bei der Versicherten einen Grundpflegebedarf von 135 bzw. 142 Minuten täglich festgestellt hätten.
Der Kläger hat am 31.10.2006 beim Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Seine Mutter habe ab Januar 2006 nur Hilfe im Umfang der Pflegestufe I benötigt. Die Gutachten der N seien offenbar unrichtig. Der Hilfebedarf bei den Einzelverrichtungen sowohl der Grundpflege wie auch der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu hoch angesetzt worden. So habe beispielsweise der tägliche Zeitaufwand für die Mundpflege lediglich drei, statt neun Minuten und für das Kämmen der pflegeleichten Kurzhaarfrisur eine Minute täglich statt vier Minuten betragen. Der Transfer zum Toilettenstuhl sei überflüssig gewesen, so dass die hierfür aufgeführten vier Minuten nicht gerechtfertigt seien. Das Umlagern sei täglich nur elf Mal erfolgt, so dass hier nur 22 statt 24 Minuten angefallen seien. Beim "An- und Auskleiden" seien wegen des hinten offenen Nachthemdchens nur drei statt acht Minuten in Ansatz zu bringen. Insgesamt habe sich im Bereich der Grundpflege ein anrechenbarer Zeitbedarf von insgesamt nur 119 Minuten ergeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Versicherte N T für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 05.07.2006 als Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I einzustufen und ihr dementsprechend Leistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die N-Gutachten für zutreffend erachtet.
Das SG hat einen Befundbericht des Hausarztes der Versicherten Dr. H eingeholt. Dieser hat einen erheblichen Pflegeaufwand im Bereich der Grundpflege (Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden) angenommen. Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von dem Arzt für Nervenheilkunde Dr. S, E. In dem Gutachten vom 09.01.2008 und den ergänzenden Stellungnahmen vom 14.04. und vom 03.07.2008 zu den Einwänden des Klägers ist der SV zu dem Ergebnis gelangt, die zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Pflegestufe II hätten zweifelsfrei vorgelegen. Er hat einen Gesamtpflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 131 Minuten angenommen, für die Körperpflege insgesamt 86 Minuten, für die Ernährung 20 Minuten und für die Mobilität 25 Minuten. Für die hauswirtschaftlichen Versorgung hat er einen Hilfebedarf von zumindest 45 Minuten täglich für angemessen gehalten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.11.2008 abgewiesen: Diese sei als Feststellungsklage zulässig, denn der Kläger habe ein Feststellungsinteresse, weil er bei einer niedrigeren Pflegestufe für den streitgegenständlichen Zeitraum geringere Zuzahlungen zu den Heimkosten zu leisten habe. Die Klage sei auch entsprechend der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung/Bedingungsteil MB/PPV 1996 innerhalb der Klagefrist von 6 Monaten erhoben worden. Sie sei jedoch unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung habe, dass die Versicherte in der streitigen Zeit nach Pflegestufe I einzustufen war. Die von der N getroffenen Feststellungen seien im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung im Bereich der privaten Pflegepflichtversicherung grundsätzlich zu übernehmen. Abzustellen sei auf das Gesamtergebnis der Gutachten. Gutachten vom Amts wegen zum Umfang des Pflegebedarfs seien nur einzuholen, wenn substantiiert die offenbare Unrichtigkeit der N-Gutachten dargelegt werde. Zwar habe der Kläger umfassend hierzu vorgetragen; das von Amts wegen eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. S habe jedoch nicht seine Einwände, sondern im Ergebnis vielmehr die Feststellungen der N-Gutachten bestätigt. Damit liege eine offenbare Unrichtigkeit der Gutachten nicht vor. Diese seien danach für die Zuordnung zur Pflegestufe maßgeblich.
Der Kläger hat gegen das ihm am 15.12.2008 zugestellte Urteil am 12.01.2009 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er ausführt, dem Befundbericht von Dr. H sei keine Bedeutung beizumessen, weil dieser kein Pflegegutachten erstellt habe. Er bemängele im Übrigen, dass die Wiederholungsbegutachtung durch die N in seiner Abwesenheit durchgeführt worden sei. Dr. S habe entgegen der Ansicht des SG die Pflegestufe II auch nicht bestätigt. Dieser SV habe für die Grundpflege und für die hauswirtschaftlichen Versorgung einen Hilfebedarf von nur 176 Minuten angenommen. Bereits aus diesem Grund bestätige dieses Gutachten die N-Gutachten gerade nicht. Zudem ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. S, dass die N-Gutachten in Teilbereichen offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen.
Dr. S sei bei der Verrichtung Umlagern etwa um 33 %, bei der Verrichtung Kämmen um 50 % und bei der Position Aufstehen/Zubettgehen um 100 % abgewichen. Auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei er um 25 % abgewichen. Jedenfalls der Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei iÜ von allen Ärzten falsch bemessen worden. Wegen der nicht erforderlichen Leistungen Einkaufen, Kochen und Spülen sei für diesen Bereich allenfalls ein Zeitaufwand von 20 Minuten pro Tag gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.11.2008 aufzuheben und festzustellen, dass die Versicherte N T in der Zeit vom 30.01.2006 bis 05.07.2006 der Pflegestufe I zuzuordnen war.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie ist der Ansicht, bei der Versicherten habe sogar ein Pflegebedarf nach der Stufe III vorgelegen.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen; diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache entscheiden, obwohl der Bevollmächtigte der Beklagten möglicherweise nicht ordnungsgemäß geladen worden ist. Dieser hat auf telefonische Rückfrage am Sitzungstag mitgeteilt, der Senat möge entscheiden. Im Übrigen bestand für den Senat auch deshalb kein Grund zu einer Vertagung, weil er die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die auf die Feststellung der Zuordnung zur Pflegestufe I statt wie bisher der Pflegestufe II gerichtete Klage ist als negative Feststellungsklage zulässig, obwohl der Kläger nicht die Auszahlung einer Versicherungsleistung gemäß § 6 MB/PVV iVm Tarif PV Punkt 7 (entspricht § 43 Abs 1und 2 SGB XI) beansprucht, sondern sich gegen eine Zuvielzahlung der vollstationären Pflege nach Pflegeklasse II wendet. Auch wenn der Kläger damit nur die Feststellung eines Tatbestandsmerkmals des Anspruchs auf vollstationäre Pflege begehrt, das lediglich ein Bemessungsfaktor für die Versicherungsleistung ist (Elementenfeststellung), steht das ausnahmsweise der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Der vom Kläger als "Verbesserungsantrag" bezeichnete Antrag ist ein Spiegelbild des grundsätzlich möglichen Verschlimmerungsantrags und auch die Pflegekassen und die privaten Pflegeversicherer haben jederzeit die Möglichkeit, die Pflegestufe zu überprüfen, wenn es Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung iS einer Verringerung des Hilfebedarfs gibt. Dies muss grundsätzlich auch für den Pflegebedürftigen möglich sein, selbst wenn sein Interesse allein auf die damit einhergehende Verringerung des Heimentgelts gerichtet ist. Es besteht insofern auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Hierfür genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann. Die Höhe des nach dem Heimvertrag zu zahlenden Leistungsentgelts richtet sich auch bei Privatversicherten regelmäßig nach der festgestellten Pflegestufe und wäre bei Pflegestufe I geringer gewesen. Durch die Feststellung der zutreffenden Pflegestufe wird darüber hinaus der Streit aller Beteiligten einschließlich des beigeladenen Pflegeheims im Ganzen bereinigt.
Die Feststellungsklage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Mutter des Klägers war auch in der Zeit zwischen Ende Januar 2006 bis zu ihrem Tod richtigerweise der Pflegestufe II zugeordnet. Es liegen keinerlei ärztliche Feststellungen vor, die dies in Zweifel ziehen. Insbesondere sind die beiden Gutachten der N vom 22.02.2006 und vom 29.04.2006 nicht offensichtlich unrichtig und deshalb auch für die Mutter des Klägers als sog. Schiedsgutachten bindend. Nach § 64 Abs 1 S 1 VVG alter Fassung (aF) (jetzt § 84 Abs 1 VVG) und § 6 II 1 MB/PPV sind die Beteiligten an die Feststellungen der ärztlichen Sachverständigen zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung und zur Höhe des Schadens (hier zur Frage, welche Pflegestufe vorliegt), grundsätzlich gebunden, da dies durch § 6 Abs 2 MB/PPV vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteile vom 22.07.2004,B 3 P 6/03 R, Juris Rn 20 f und vom 13.05.2004, B 3 P 7/03 R Juris Rn 25). Die Feststellungen des Arztes sind nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, wobei auf den Sachstand und die Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Begutachtung abzustellen ist. Die Regelung des § 64 Abs 1 VVG (aF) trägt dem Umstand Rechnung, dass Wertermittlungen und Schätzungen schon ihrer Natur nach mit Unklarheiten behaftet sind und die Möglichkeit eines gewissen Spielraums eröffnen. Das Sachverständigengutachten wäre von nur geringem Wert, wenn sein Ergebnis wegen jeder Unrichtigkeit in einem Einzelpunkt angegriffen werden könnte. Mit den Anforderungen des § 64 Abs 1 S 1 VVG (aF) soll die Anfechtungsmöglichkeit auf die wenigen Fälle "ganz offensichtlichen Unrechts" beschränkt und Abhilfe nur bei "offensichtlichen Fehlentscheidungen" ermöglicht werden. Entsprechend muss auch das Gericht die durch den Sachverständigen getroffenen Feststellungen grundsätzlich übernehmen. Über offensichtliche Fehler hinaus ist eine Beweiserhebung und Beweiswürdigung nicht zulässig (vgl. BSG, B 3 P 6/03 R, Juris Rn 20 f). Dabei ist grundsätzlich das Gesamtergebnis des Sachverständigengutachtens maßgeblich; sind allerdings abgrenzbare Teilbereiche der gutachterlichen Feststellungen fehlerhaft, so sind diese - soweit "offenbar erheblich" - selbstständig angreifbar und nur der Rest bleibt verbindlich.
Die Einwände des Klägers sind nicht geeignet, abgrenzbare Teilbereiche wie die Körperpflege als offensichtlich fehlerhaft darzustellen. Sowohl das Auspinseln des Rachenraums wie auch das Anlegen des Nachthemdes sind Einzelhandreichungen/Einzelpunkte der Verrichtungen "Zahnpflege" (§ 14 Abs 4 Nr 1 SGB XI) und "An-und Auskleiden" (§ 14 Abs 4 Nr 3 SGB XI). Der Kläger greift mit seinem Vorbringen im Berufungsverfahren die Sachverständigengutachten auch nur insoweit an, als er ihre Schlüssigkeit bestreitet. Er beschreibt die vermeintlichen Widersprüche/Fehler in den verschiedenen Gutachten, die schon mit gesunden Menschenverstand und logischem Denken erkennbar seien. Ob die von den Sachverständigen für erforderlich gehaltene Pflege erbracht oder - weil nicht erforderlich - nicht erbracht wurde, kann der Kläger aus eigener Wahrnehmung, wie er selbst im Termin vor dem erkennenden Senat eingeräumt hat, nicht beurteilen. Vielmehr argumentiert er, losgelöst von der aktuellen Pflegesituation, auf theoretischer Ebene, was auch dadurch deutlich wird, dass er sich im Verlauf des Verfahrens aus den Gutachten jeweils die für seine Ansicht sprechenden Verrichtungen herausgesucht hat. Bezeichnete der Kläger in der Klageschrift den Grundpflegebedarf aus seiner Sicht noch mit 119 Minuten, so hat er sein Vorbringen im Klageverfahren, insbesondere nach Vorliegen des Gutachtens von Dr. S, auf 109 Minuten korrigiert und jetzt Abweichungen beim Umlagern, Kämmen, Aufstehen und Zubettgehen und insbesondere dem bisher von ihm nicht in Frage gestellten Teilbereich der hauswirtschaftlichen Versorgung als für ihn vermeintlich günstige Gesichtpunkte aufgegriffen und in den Vordergrund seiner Argumentation gestellt. Damit kann er den von den Sachverständigen für angemessenen gehaltenen Hilfebedarf ernstlich nicht in Frage stellen und erst recht nicht die offenbare Unrichtigkeit der Feststellungen belegen. Es bestand für den Senat deshalb auch keine Veranlassung, die Pflegepersonen als Zeugen zu hören. Auch der Kläger hielt dies nicht für erforderlich, weil die Pflegepersonen ohnehin zu Gunsten des Heimes die Unwahrheit sagen würden. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Gutachten. Beide Gutachter der N haben die pflegebedürftige Mutter des Klägers vor Ort begutachtet und den konkreten Hilfebedarf unter Beteiligung der Pfleger festgestellt. Soweit der Kläger das zweite Gutachten der N für nicht verwertbar hält, weil er über den Untersuchungstermin nicht informiert und deshalb bei der Begutachtung seiner Mutter nicht anwesend war, so stellt dies die Richtigkeit des Gutachtens nicht in Frage. Jedenfalls war der Kläger bei der ersten Untersuchung zugegen, so dass zumindest das erste Gutachten keine formellen Fehler aufweist und als Schiedsgutachten zugrundegelegt werden kann.
Die Feststellungen der N-Sachverständigen werden im Ergebnis durch das von Amts wegen eingeholte Gutachten nach Aktenlage des Dr. S bestätigt. Allerdings hatte ausgehend von dem Vortrag des Klägers im Klageverfahren für das SG schon keine Veranlassung bestanden, überhaupt noch ein weiteres Gutachten einzuholen. Der noch in der Klagebegründung vom Kläger mit 119 Minuten angegebene Grundpflegebedarf hätte eine Herabstufung von der Pflegestufe II auf die Pflegestufe I nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des BSG in Herabstufungsfällen ist es gerade wegen der Schätzungsbandbreite nicht gerechtfertigt, bei einem Unterschreiten der zeitlichen Schnittstellen der jeweiligen Pflegestufe um nur wenige Minuten, die Leistung herabzusetzen (Urteil vom 07.07.2005, B 3 P 8/04 R, Juris Rn 26 f). Der Kläger kann die Unrichtigkeit der N Gutachten schließlich auch nicht damit begründen, dass der Hilfebedarf 15 bzw 20 Prozent von dem tatsächlichen Hilfebedarf abweichen würden. Hierauf kommt es schon deshalb nicht an, weil sich die angeführte Abweichung nicht pflegestufenrelevant auswirkt. Dr. S hat vielmehr ausdrücklich bestätigt, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe II in der streitigen Zeit weiterhin vorlagen.
Der Senat hat keine Bedenken, die Feststellungen des Dr. S ergänzend zu berücksichtigen. Auch wenn im Hinblick auf die Eigenarten der privaten Pflegeversicherung für das SG eigentlich keine Veranlassung bestand, überhaupt noch ein weiteres Aktengutachten einzuholen, so können dessen Ergebnisse durchaus verwertet werden. Im Übrigen beruft sich der Kläger selbst ausdrücklich auf dieses Gutachten und hebt - lösgelöst von der tatsächlichen Pflegesituation - vermeintliche Widersprüche hervor, die nicht substantiiert sind, weil sie aus Laiensicht und ohne pflegerischen Sachverstand erfolgen und in den Gutachten aller gehörten Sachverständigen, die in der Grundpflege zu einem notwendigen Pflegebedarf von über 120 Minuten kommen, keine Stütze finden. Unerheblich ist, dass Dr. S im Nachhinein den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nur mit "mindestens 45 Minuten" festgestellt hat. Augenscheinlich hat Dr. S bei der Abfassung des Gutachtens die hauswirtschaftliche Versorgung nicht als maßgeblich angesehen, den Mindestwert von 45 Minuten bei der beantragten Pflegestufe I vor Augen gehabt und insoweit "mehr als 45 Minuten" festgestellt. Im Ergebnis hat der erfahrene Sachverständige, dem die gesetzlichen Vorgaben aus einer Vielzahl für die Sozialgerichtsbarkeit erstellten Gutachten hinlänglich bekannt sind, den Gesamtpflegebedarf mit mehr als 180 Minuten bestätigt. Ausgehend von dem von ihm angenommenen Grundpflegebedarf von 131 Minuten, bedurfte es eines Hilfebedarfs bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 49 Minuten, die er durch die Formulierung "mindestens 45 Minuten" als gegeben angesehen hat. Ausgehend von den maßgeblichen Gutachten der N (Grundpflege 135 und 141 Minuten) wären auch bereits 45 Minuten ausreichend für die Zuordnung der Pflegestufe II. Im Übrigen lässt sich der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der vollstationären Pflege nicht konkret und individuell ermitteln und ist zur Überzeugung des Senats mit 60 Minuten angemessen bewertet. Die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI orientieren sich an dem Hilfebedarf durch einen Laienpfleger in einer durchschnittlichen häuslichen Wohnsituation, auch dann, wenn der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr über eine eigene Wohnung verfügt. Eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation berücksichtigt die Lage der Wohnung (1. Etage/kein Aufzug/nicht ebenerdig erreichbar); die Anzahl der Räume je Wohnung (vier); die Personen je Haushalt (Zweipersonenhaushalt) und die Ausstattung der Wohnung (keine behindertengerechte Ausstattung). Der Senat hält diese Vorgaben der Richtlinien für richtig. Auch er geht davon aus, dass als Maßstab für die Bemessung des zeitlichen Mindestaufwandes vergleichend auf eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation und den Aufwand einer ungeschulten Pflegeperson zurückzugreifen ist. Dieser ist nach der Beurteilung des Senats mit mindestens 60 Minuten angemessen bewertet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Für den Kläger ist das Verfahren nicht gemäß § 183 SGG kostenfrei. Es geht dem Kläger um eine privatrechtliche Versicherungsleistung seiner verstorbenen Mutter; insoweit führt der Kläger das Verfahren vor dem SG und jetzt auch vor dem LSG von Beginn an als "sonstiger Rechtsnachfolger" (zur entsprechenden Anwendung der Kostenbegünstigung des § 183 S 1 SGG vgl. BSG Urteil vom 28.09.2006, B 3 P 3/05 R).
Die Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil dies nicht der Billigkeit entspricht (§ 162 Abs. 3 VwGO); dieser hat weder Anträge gestellt, noch das Verfahren wesentlich gefördert und auch nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.
Die Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge mit jeweils 1.841,09 Euro beruht auf §§ 52 Abs 3, 63 Abs 2 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht dem vom Kläger dargelegten wirtschaftlichen Interesse.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab. Sie wirft auch keine entscheidungserheblichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf.
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