Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SB 685/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 59/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Verpflichtung, Kosten gemäß § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu erstatten, wenn der Erfolg eines Rechtsmittels auf Sachverhaltsänderungen i. S. v. § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X) während des Gerichtsverfahrens beruht, ist sowohl das "Veranlassungsprinzip" als auch das "Erfolgsprinzip" mit einer dem Einzelfall angemessenen Kostenquotelung zu berücksichtigen.
Prozesskostenhilfe steht einer pensionierten Beamtin gemäß § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 115 Abs. 1 ZPO nicht zu, wenn der notwendige Lebensunterhalt durch die laufenden Pensionsbezüge gedeckt werden kann und demzufolge eine bestehende Kapitallebensversicherung vorwiegend der weiteren Kapitalbildung und nicht der Alterssicherung dient.
Prozesskostenhilfe steht einer pensionierten Beamtin gemäß § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 115 Abs. 1 ZPO nicht zu, wenn der notwendige Lebensunterhalt durch die laufenden Pensionsbezüge gedeckt werden kann und demzufolge eine bestehende Kapitallebensversicherung vorwiegend der weiteren Kapitalbildung und nicht der Alterssicherung dient.
I. Der Beklagte erstattet der Klägerin 8/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des
Berufungsverfahrens.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B. wird abgelehnt.
Gründe:
In dem am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit L 15 SB 59/06 ist zwischen den Beteiligten die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt streitig gewesen.
Der vormals passivlegitimierte Beklagte Freistaat Bayern hat mit Abhilfebescheid vom 05.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2004 den Grad der Behinderung (GdB) mit 30 bewertet. Die hiergegen gerichtete Klage ist mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 08.02.2006 - S 15 SB 685/04 - abgewiesen worden.
Nach Umzug der Klägerin in das Land Hessen bzw. anschließend in das Land Berlin hat das BayLSG mit Beschluss vom 11.05.2007 den nunmehrigen Beklagten in das Verfahren aufgenommen. Frau Rechtsanwältin B. hat mit Schriftsatz vom 02.06.2008 angezeigt, dass sie die Klägerin vertrete. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist bis zum Abschluss des zweitinstanzlichen Verfahrens noch nicht verbeschieden worden.
Der nunmehrige Beklagte hat mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13.02.2009 den GdB mit Wirkung ab Januar 2007 mit 60 festgestellt. Entsprechend der Anfrage des BayLSG vom 06.03.2009 hat die Bevollmächtigte der Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 11.03.2009 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gleichzeitig hat sie beantragt, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Sollte dies nicht erfolgen, so werde auf ihren Prozesskostenhilfeantrag verwiesen.
Der Beklagte ist mit Nachricht des BayLSG vom 13.03.2009 entsprechend in Kenntnis gesetzt worden.
II.
Zur Verpflichtung, Kosten gemäß § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu erstatten, wenn der Erfolg eines Rechtsmittels auf Änderungen während des Gerichtsverfahrens beruht, hat sich das BayLSG mit Beschluss vom 26.06.2000
- L 14 RJ 292/96 (ASR 3/2000 S. 97 ff.) grundlegend geäußert. In Würdigung des "Veranlassungsprinzips" einerseits und des "Erfolgsprinzips" andererseits ist es als gerechtfertigt erachtet worden, dem (dortigen) Kläger 4/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Das BayLSG hat mit weiterem Beschluss vom 07.09.1998 - L 16 B 199/98 LW in Fällen wie diesem eine hälftige Kostenerstattung befürwortet. Weiterhin hat das BayLSG mit Beschluss vom 12.09.2000
- L 14 B 222/00 RJ der (dortigen) Klägerin 2/3 der außergerichtlichen Kosten zugesprochen.
Auch hier ist daran festzuhalten, dass sowohl das "Veranlassungsprinzip" einerseits als auch das "Erfolgsprinzip" andererseits zu berücksichtigen sind. Diesem Erfordernis kann grundsätzlich auf zweierlei Wegen Rechnung getragen werden:
Entweder übernimmt der Beklagte in Fällen wie dem vorliegenden die wesentlichen Kosten im Berufungsverfahren; folgerichtig ist dann, dass die Kosten des Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahrens nicht übernommen werden. Oder man geht von dem Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung einschließlich der Kosten des Vorverfahrens aus, wie dies das BayLSG mit Beschluss vom 10.10.1996 - L 5 B 198/95 Ar (Breithaupt 1998, S. 454 ff.) befürwortet hat. Dann muss allerdings hinsichtlich der Gesamtkosten des Verfahrens ein größerer Abschlag hingenommen werden.
Hier hat die Klägerin ausweislich des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 08.02.2006 beantragt, unter Abänderung des Bescheides vom 05.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2004 den (vormals zuständigen) Beklagten zu verurteilen, einen Gesamtgrad der Behinderung von mindestens 50 ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt festzustellen. Sie hat jedoch nur insoweit einen Teilerfolg erzielt, als der nunmehrige Beklagte mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13.02.2009 den GdB ab Januar 2007 mit 60 festgestellt hat.
Dementsprechend ist es hier sachgerecht, dass der nunmehrige Beklagte die wesentlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstattet, die dieser im Berufungsverfahren erwachsen sind. Im Hinblick auf das zeitliche Unterliegen auch im Berufungsverfahren - die Berufung ist am 12.04.2006 eingelegt worden - erscheint es angemessen, dass der nunmehrige Beklagte 8/10 der diesbezüglichen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstattet.
III.
Nachdem dem Beklagten nicht die vollen Kosten zu überbürden gewesen sind, ist noch über den offenen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B. zu befinden. Der diesbezügliche Antrag vom 02.06.2008 ist gemäß § 73 a SGG i. V. m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen.
Der Klägerin ist es zumutbar, einen Teil ihres Vermögens zu verwerten, um den nicht gedeckten Teil der Kosten ihrer Rechtsanwältin zu erstatten. Im Einzelnen: Ausweislich der am 03.06.2008 eingegangenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt die Klägerin über eine Pension von 1.232,16 Euro. Sie erhält des weiteren einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Höhe von 104,80 Euro. Sie ist gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig. Die bei der D.-Bank bestehenden Schulden in Höhe von 5.100,00 Euro werden mit monatlichen Raten in Höhe von 100,00 Euro getilgt. Weiterhin hat Herr S. S. erklärt, dass die Klägerin jeden Monat 300,00 Euro für den gemeinsamen Lebensunterhalt beisteuere. Die Klägerin brauche dafür keine Miete/Nebenkosten zu bezahlen. Darüber hinaus besteht bei der D. Lebensversicherung eine Kapital bildende Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall im Wert von 71.385,00 Euro (Stand: 31.07.2007).
Hiervon ausgehend wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, erforderlichenfalls gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO ihr Vermögen in der Form einzusetzen, durch eine Beleihung der vorstehend erwähnten Lebensversicherung die Honorierung ihrer Rechtsanwältin sicherzustellen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 04.01.2007 - 2 Ta 2161/06). Denn aufgrund der der Klägerin zustehenden Pension dient die bestehende Kapitallebensversicherung überwiegend der weiteren Kapitalbildung und nicht vorwiegend der Alterssicherung. Sie fällt auch nicht in das sogenannte "Schonvermögen" i. S. v. § 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§ 177, 193 SGG).
Berufungsverfahrens.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B. wird abgelehnt.
Gründe:
In dem am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit L 15 SB 59/06 ist zwischen den Beteiligten die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 69 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt streitig gewesen.
Der vormals passivlegitimierte Beklagte Freistaat Bayern hat mit Abhilfebescheid vom 05.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2004 den Grad der Behinderung (GdB) mit 30 bewertet. Die hiergegen gerichtete Klage ist mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 08.02.2006 - S 15 SB 685/04 - abgewiesen worden.
Nach Umzug der Klägerin in das Land Hessen bzw. anschließend in das Land Berlin hat das BayLSG mit Beschluss vom 11.05.2007 den nunmehrigen Beklagten in das Verfahren aufgenommen. Frau Rechtsanwältin B. hat mit Schriftsatz vom 02.06.2008 angezeigt, dass sie die Klägerin vertrete. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist bis zum Abschluss des zweitinstanzlichen Verfahrens noch nicht verbeschieden worden.
Der nunmehrige Beklagte hat mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13.02.2009 den GdB mit Wirkung ab Januar 2007 mit 60 festgestellt. Entsprechend der Anfrage des BayLSG vom 06.03.2009 hat die Bevollmächtigte der Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 11.03.2009 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gleichzeitig hat sie beantragt, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Sollte dies nicht erfolgen, so werde auf ihren Prozesskostenhilfeantrag verwiesen.
Der Beklagte ist mit Nachricht des BayLSG vom 13.03.2009 entsprechend in Kenntnis gesetzt worden.
II.
Zur Verpflichtung, Kosten gemäß § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu erstatten, wenn der Erfolg eines Rechtsmittels auf Änderungen während des Gerichtsverfahrens beruht, hat sich das BayLSG mit Beschluss vom 26.06.2000
- L 14 RJ 292/96 (ASR 3/2000 S. 97 ff.) grundlegend geäußert. In Würdigung des "Veranlassungsprinzips" einerseits und des "Erfolgsprinzips" andererseits ist es als gerechtfertigt erachtet worden, dem (dortigen) Kläger 4/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Das BayLSG hat mit weiterem Beschluss vom 07.09.1998 - L 16 B 199/98 LW in Fällen wie diesem eine hälftige Kostenerstattung befürwortet. Weiterhin hat das BayLSG mit Beschluss vom 12.09.2000
- L 14 B 222/00 RJ der (dortigen) Klägerin 2/3 der außergerichtlichen Kosten zugesprochen.
Auch hier ist daran festzuhalten, dass sowohl das "Veranlassungsprinzip" einerseits als auch das "Erfolgsprinzip" andererseits zu berücksichtigen sind. Diesem Erfordernis kann grundsätzlich auf zweierlei Wegen Rechnung getragen werden:
Entweder übernimmt der Beklagte in Fällen wie dem vorliegenden die wesentlichen Kosten im Berufungsverfahren; folgerichtig ist dann, dass die Kosten des Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahrens nicht übernommen werden. Oder man geht von dem Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung einschließlich der Kosten des Vorverfahrens aus, wie dies das BayLSG mit Beschluss vom 10.10.1996 - L 5 B 198/95 Ar (Breithaupt 1998, S. 454 ff.) befürwortet hat. Dann muss allerdings hinsichtlich der Gesamtkosten des Verfahrens ein größerer Abschlag hingenommen werden.
Hier hat die Klägerin ausweislich des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 08.02.2006 beantragt, unter Abänderung des Bescheides vom 05.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2004 den (vormals zuständigen) Beklagten zu verurteilen, einen Gesamtgrad der Behinderung von mindestens 50 ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt festzustellen. Sie hat jedoch nur insoweit einen Teilerfolg erzielt, als der nunmehrige Beklagte mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 13.02.2009 den GdB ab Januar 2007 mit 60 festgestellt hat.
Dementsprechend ist es hier sachgerecht, dass der nunmehrige Beklagte die wesentlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstattet, die dieser im Berufungsverfahren erwachsen sind. Im Hinblick auf das zeitliche Unterliegen auch im Berufungsverfahren - die Berufung ist am 12.04.2006 eingelegt worden - erscheint es angemessen, dass der nunmehrige Beklagte 8/10 der diesbezüglichen notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin erstattet.
III.
Nachdem dem Beklagten nicht die vollen Kosten zu überbürden gewesen sind, ist noch über den offenen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Frau Rechtsanwältin B. zu befinden. Der diesbezügliche Antrag vom 02.06.2008 ist gemäß § 73 a SGG i. V. m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) abzulehnen.
Der Klägerin ist es zumutbar, einen Teil ihres Vermögens zu verwerten, um den nicht gedeckten Teil der Kosten ihrer Rechtsanwältin zu erstatten. Im Einzelnen: Ausweislich der am 03.06.2008 eingegangenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt die Klägerin über eine Pension von 1.232,16 Euro. Sie erhält des weiteren einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Höhe von 104,80 Euro. Sie ist gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig. Die bei der D.-Bank bestehenden Schulden in Höhe von 5.100,00 Euro werden mit monatlichen Raten in Höhe von 100,00 Euro getilgt. Weiterhin hat Herr S. S. erklärt, dass die Klägerin jeden Monat 300,00 Euro für den gemeinsamen Lebensunterhalt beisteuere. Die Klägerin brauche dafür keine Miete/Nebenkosten zu bezahlen. Darüber hinaus besteht bei der D. Lebensversicherung eine Kapital bildende Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall im Wert von 71.385,00 Euro (Stand: 31.07.2007).
Hiervon ausgehend wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, erforderlichenfalls gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO ihr Vermögen in der Form einzusetzen, durch eine Beleihung der vorstehend erwähnten Lebensversicherung die Honorierung ihrer Rechtsanwältin sicherzustellen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 04.01.2007 - 2 Ta 2161/06). Denn aufgrund der der Klägerin zustehenden Pension dient die bestehende Kapitallebensversicherung überwiegend der weiteren Kapitalbildung und nicht vorwiegend der Alterssicherung. Sie fällt auch nicht in das sogenannte "Schonvermögen" i. S. v. § 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG).
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§ 177, 193 SGG).
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