L 19 R 467/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 647/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 467/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
keine wirksame Zustellung in die Türkei mit der Post, Zugang dann gem § 189 ZPO
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.10.2007 wird verworfen.


II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Gewährung einer Altersrente an den verstorbenen Ehemann der Klägerin aus den nicht erstatteten Beiträgen des Arbeitgebers zur Rentenversicherung und Witwenrente hieraus nach dessen Tod.

Dem 1939 geborenen Kläger wurden auf seinen Antrag vom 19.05.1993 hin mit Bescheid vom 19.07.1993 die für seine Beschäftigungszeit vom 28.09.1968 bis 31.12.1992 geleisteten Arbeitnehmeranteile in Höhe von 73.314,33 DM erstattet. Auf seinen Antrag vom 22.10.2001 teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 06.10.2001 mit, das Versicherungsverhältnis sei erloschen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Zunächst mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2006 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit Schreiben vom 18.09.2006 hat seine Ehefrau mitgeteilt, er sei am 10.10.2005 verstorben. Sie wolle das Verfahren weiterführen. Das Verfahren ist mit ihr als Rechtsnachfolgerin fortgeführt worden. Mit Gerichtsbescheid vom 19.10.2007, der Klägerin laut Stempel auf dem Rückschein wohl am 06.11.2007, spätestens jedoch am 08.11.2007 bekanntgegeben, ist die Klage als unzulässig abgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 23.05.2008, eingegangen bei der Beklagten am 30.05.2008, weitergeleitet an das SG mit Eingang 09.06.2008 und erneut weitergeleitet an das Bayer. Landessozialgericht mit Eingang 19.06.2008 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Nach Hinweis auf die Fristversäumnis und die Möglichkeit zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Klägerin erklärt, sie sei über den Ablauf des Klageverfahrens nie informiert worden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
Altersrente an den verstorbenen Ehemann aus den nicht erstatteten Beiträgen des Arbeitgebers zur Rentenversicherung und Witwenrente hieraus nach dessen Tod zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:
:

Die formgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig, denn sie ist verfristet.

Gemäß §§ 151 Abs 1, 2, 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung bei Zustellung im Ausland binnen drei Monaten nach Zustellung beim Sozialgericht oder beim Landessozialgericht einzulegen.

Gemäß §§ 105 Abs 1 Satz 3, 133 Satz 1, 63 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGG ist ein Gerichtsbescheid nach den Vorschriften der ZPO zuzustellen.

Dies erfolgt im Ausland nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen (§ 183 Abs 1 Satz 1 ZPO). Die Zustellung unmittelbar durch die Post bedarf einer entsprechenden völkerrechtlichen Vereinbarung (§ 181 Abs 1 Satz 2 ZPO). Eine solche Vereinbarung besteht nicht zwischen der Türkei und Deutschland (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, 67.Aufl. 2009 ZPO, § 183 Rdnr 1, Anhang nach § 183 Rdnr 3). Die Zustellung des Gerichtsbescheides mittels Einschreiben mit Rückschein ist unter Verletzung zwingender Formvorschriften erfolgt. Gemäß § 189 ZPO gilt dann jedoch das Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es tatsächlich zugegangen ist, also der Empfänger Kenntnis nehmen konnte (Baumbach/Lauterbach, aaO § 189 Rdnr 4).

Im vorliegenden Falle kann dahingestellt bleiben, ob der Gerichtsbescheid der Klägerin am 06.11 2007 oder 08.11.2007 zugegangen ist. Die Berufung ist beim Sozialgericht Bayreuth erst am 09.06.2008 eingegangen. Die Berufungsfrist endete spätestens mit Ablauf des 08.02.2008. Die Berufung ist daher verfristet. Die Klägerin hat den Gerichtsbescheid erhalten und sie hat Berufung eingelegt. Anhaltspunkte für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht ersichtlich und wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht. Auch das Schreiben vom 23.05.2008 hat die Klägerin erst nach Ablauf der Berufungsfrist gefertigt. Über den Verfahrensablauf ist sie durch die Rechtsmittelbelehrung belehrt worden. Nach alledem ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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