S 9 AS 506/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 506/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 330/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 149/08 B
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 14. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2007 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte die Kosten für Erhaltungsaufwand und Renovierung des Eigenheimes des Klägers zu bewilligen hat.

Der am 1958 geborene Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau A. S., geb. 1972, und den 1988, 1997, 1999 und 2001 geborenen Kindern ein Eigenheim. Die Gesamtgröße des Hauses beträgt 160 qm. Der Wohnflächenanteil ist 100 %. Das Haus wurde im Jahr 2002 mit einem Wasserschaden erworben. Der Kaufpreis des Hauses betrug 200.000 DM. Nach seinen Angaben verwendete der Kläger die Eigenheimzulage im Jahr 2005 und 2006 für die Renovierung des Hauses. Zunächst berücksichtigte die Beklagte die tatsächlichen Heizkosten des Klägers. Ab 01.02.2006 nahm die Ehefrau des Klägers eine Beschäftigung bei der Fa. D. auf. Das Nettoarbeitsentgelt betrug 864,60 EUR.

Ab 01.08.2006 berücksichtigte die Beklagte nur noch die angemessenen Heizkosten, die analog dem Wohngeldgesetz aus den Quadratmetern mit einer Kostenpauschale von 0,95 EUR berechnet wurden. Pro Quadratmeter wurde eine Kostenpauschale von 0,15 EUR aus den Nebenkosten wegen des Warmwasseranteils abgezogen. Gegen den Bescheid vom 14.07.2006, mit dem für die Zeit ab dem 01.08.2006 angemessene Kosten für Heizung in Höhe von 128,00 EUR berücksichtigt wurden, legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die Zinsbelastungen relativ niedrig seien, da er wenig Geld bei der Bank aufgenommen habe. Die Wohnsubstanz bzw. Ausstattung (somit auch die Wärmedämmung) des Hauses seien jedoch nicht besonders gut bzw. unzureichend. Deswegen sei vor allem im März eines Jahres, wenn die Eigenheimzulage gezahlt wurde, an der Instandsetzung des Hauses und insbesondere an der Wärmedämmung bzw. Heizkosteneinsparung (z.B. neue Fenster, Holzofen, Isolierung allgemein) gearbeitet worden. Durch die vorstehend genannten Maßnahmen würden sich die Heizkosten verringern. Des Weiteren lägen die Gesamtkosten für Unterkunft und Heizung mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 527,74 EUR noch unter dem Höchstbetrag für angemessene Unterkunftskosten ohne Heizung für 6 Personen in L. in Höhe von 650,00 EUR. Daraufhin wurden die Kosten der Unterkunft in Höhe von 527,74 EUR (einschließlich 265,00 EUR für Heizung) bis 31.10.2006 weiter übernommen. Aufgrund der Jahresabrechnung der Stadtwerke L. im Oktober sollten die Heizkosten nochmals überprüft werden. Mit Eingang 19.10.2006 übersandte der Kläger die neue Abschlagsrechnung der Stadtwerke L ...

Am 17.01.2007 gab der Kläger eine Aufstellung über Baumaterial für eine Kellertreppe/Aufgang sowie ein Zimmer seines Sohnes S. bei der Beklagten ab. Er wies darauf hin, dass hier noch weitere Rechnungen fehlen. Nach seinen Berechnungen habe das Zimmer des Sohnes auf jeden Fall über 2.570,00 EUR Material gekostet. Mit Bescheid vom 14.02.2007 wurden die Kosten für Erhaltungsaufwand und Renovierung abgelehnt. Hauslasten wurden mit monatlich 262,74 EUR (129,98 EUR Schuldzinsen zuzüglich 132,76 EUR sonstige Nebenkosten) anerkannt. Für Heizkosten wurde ein Betrag in Höhe von 125,00 EUR monatlich berücksichtigt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass von einer Ausgabenhöhe von 4.000,00 EUR für Erhaltung und Renovierung des Hauses ausgegangen werde. Diese Kosten könnten in vollem Umfang mit der Eigenheimzulage abgedeckt werden. In mehreren Gesprächen habe der Kläger immer wieder mitgeteilt, dass er für die Finanzierung von durchzuführenden Arbeiten die Eigenheimzulage verwende. Deshalb könnten keine zusätzlichen Aufwendungen bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. Des Weiteren wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Eigenheimzulage nach der derzeit gültigen Rechtsauffassung nur dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei, wenn dies nachweislich zur Finanzierung einer nicht als Vermögen zu berücksichtigenden Immobilie verwendet werde. Nach Aktenlage werde die Eigenheimzulage nicht an eine finanzierende Bank weitergeleitet.

Somit sei sie entsprechend zu berücksichtigen. Gegen den Bescheid vom 14.02.2007 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass es nicht angehe, dass er weniger als die ortsüblichen Unterkunftskosten bekomme, nur weil er ein Eigenheim besitze. Der Kläger wies erneut auf seine Eigenleistung zur Erhaltung seines Eigenheimes sowie die hierfür beschafften Materialien und Werkzeuge hin. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass gemäß § 37 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht werden. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Zeiten vor der Antragstellung nicht erbracht. Am 10.01.2007 habe der Kläger die Kostenübernahme für den Erhaltungsaufwand und die Renovierung seines Eigenheimes beantragt. Am 17.01.2007 habe der Kläger eine Materialkostenaufstellung für das Jahr 2006 eingereicht. Nachdem die eingereichten Kosten vollständig Anschaffungen für das Jahr 2006 betrafen und die Antragstellung erst am 10.01.2007 war, könnten für den Erhaltungsaufwand des Eigenheimes keine Kosten übernommen werden. Der Abschlag bei den Stadtwerken L. betrage 190,00 EUR. 150,00 EUR für Gas und 40,00 EUR für Wasser. Nachdem in den monatlichen Heizkosten auch die Warmwasserkosten enthalten seien, müssten diese mit einem Sechstel aus den Heizkosten herausgerechnet werden. Somit ergeben sich 125,00 EUR Heizkosten.

Mit Bescheiden vom 15. Mai 2007 wurde die Entscheidung vom 14.07.2006 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 teilweise aufgehoben. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Bedarfsgemeinschaft aufgrund der Jahresabrechnung vom 06.10.2006 für Heizung und Wasser für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.08.2006 eine Erstattung in Höhe von 508,66 EUR erhalten habe und aufgrund der Jahresabrechnung vom 27.10.2006 für Abwasser eine Erstattung in Höhe von 108,22 EUR. Hiergegen wurde am 25.05.2006 vom Bevollmächtigten des Klägers Widerspruch eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Bescheid zu Lasten der Kinder K., M., P. S. nicht rechtens sei. Rückforderungsansprüche müssten an die Einzelmitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichtet sein. Des Weiteren wurde mit Schreiben vom 15.05.2007 die Anhörung hinsichtlich der Anrechnung der Eigenheimzulage für 2007, zugeflossen im März 2007, durchgeführt. Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch ein.

Am 29.05.2007 wurde Klage zum Sozialgericht Augsburg gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2007 erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger Anspruch auf Kostenerstattung für die Erhaltung und Renovierung seines Eigenheimes habe. Der Kläger habe die Kosten für den Erhaltungsaufwand in einem Zeitraum gehabt, zu dem bereits die Anträge auf Alg-II-Leistungen gestellt waren. Im Übrigen habe der Kläger die Kostenaufstellungen auf Verlangen der Beklagten angefertigt. Des Weiteren habe die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass er die Eigenheimzulage für die Kosten verwenden könne. Gleichzeitig habe die Beklagte jedoch übersehen, dass die Eigenheimzulage auch zur Tilgung des Zinses dienen solle. Mit Bescheid vom 13.07.2007 erließ die Beklagte Bescheid, mit dem die Entscheidung vom 19.01.2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 01.04.2007 bis 31.07.2007 für die Bedarfsgemeinschaft S. teilweise aufgehoben wurde. Zur Begründung wird auf die Eigenheimzulage in Höhe von 4.346,00 EUR verwiesen, die im März 2007 zugeflossen ist. Die Eigenheimzulage werde auf 12 Monate aufgeteilt und mit einem Betrag von monatlich 359,66 EUR für die Zeit vom 01.04.2007 bis 31.03.2008 berücksichtigt. Mit Bescheid vom 17.07.2007 wurden die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft S. für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008 bewilligt. Gegen die Bescheide vom 13.07.2007 und 16.07.2007 wurde am 23.07.2007 Widerspruch eingelegt. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf einstweiligen Rechtschutz beim Sozialgericht Augsburg gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Bedarfsgemeinschaft die ungekürzten Leistungen nach dem SGB II benötige, um die monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen für das Eigenheim, das renovierungsbedürftig sei, bestreiten zu können. Die Eigenheimzulage werde von den Antragstellern für die Sanierung und Renovierung des Hauses wie auch zur Tilgung der Zins- und Tilgungsraten genutzt. Die Eigenheimzulage sei nicht als Einkommen anzurechnen, weil die Eigenheimzulage schon in 2005 und 2006 nicht als Einkommen berechnet wurde. Die Beklagte führte im Verfahren S 9 AS 697/07 ER aus, dass die Eigenheimzulage vom Antragsteller nicht zur Finanzierung an die darlehensgebende Bank weitergeleitet werde. Ferner sei die Eigenheimzulage nicht an die Bank abgetreten. Die Bedarfsgemeinschaft habe diese zur freien Verfügung. Der Antragsteller habe in einem Gespräch am 09.07.2007 selbst mitgeteilt, dass er mit der Eigenheimzulage u.a. auch das überzogene Girokonto ausgeglichen habe. Laut den vorgelegten Unterlagen würden derzeit keine Zins- und Tilgungsleistungen getätigt (Darlehensrest bis mindestens 30.09.2007 immer gleichbleibend bei 43.500,00 EUR, Darlehenszins erst ab 30.09.2019 fällig).

In der Klageschrift vom 25.05.2007 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2007 aufzuheben und dem Kläger die beantragten Leistungen zu bewilligen.

Mit Schreiben vom 21.06.2007 beantragte die Beklagte, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat die Erstattung der Materialkosten des Klägers zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen zu werten sind, gehören zu den tatsächlichen Aufwendungen insbesondere die Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen, nicht aber für wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen. Aufwendungen für die Kredittilgung sind dagegen nicht zu berücksichtigen (vgl. Münder, Kommentar zum SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr 22).

Der Kläger hat damit grundsätzlich Anspruch auf Übernahme von Erhaltungsaufwendungen. Allerdings ist hierfür gemäß § 37 SGB II ein Antrag vor Entstehung der Kosten bei der Beklagten zu stellen. Dies hat der Kläger versäumt. Ausreichend ist nicht der allgemeine Antrag auf Leistungen zum Lebensunterhalt. Baukosten gehören nicht zum Lebensunterhalt. Deshalb waren die Leistungen gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II abzulehnen. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.05.2007 entspricht deshalb in vollem Umfang der Rechtslage.

Die Beklagte hat dem Kläger die Eigenheimzulage für die Jahre 2005 und 2006 in vollem Umfang zur freien Verfügbarkeit überlassen. Ob dies der Rechtslage entsprach, ist hier nicht Streitgegenstand. Fakt ist, dass der Kläger in Gesprächen mit der Beklagten angegeben hat, dass er die Eigenheimzulage benötige, um sein Eigenheim zu renovieren, insbesondere um mit den Renovierungsarbeiten im Ergebnis Heizkosten zu sparen. Er hat auch entsprechende Renovierungsarbeiten vorgenommen, z.B. den Austausch von Fenstern.

Als die Sanierungsmaßnahmen sich dann in den Heizkosten mäßigend auswirkten, so dass die Kosten der Unterkunft abgesenkt wurden, legte der Kläger eine umfangreiche Kostenaufstellung vor, die ihm zur Renovierung des Hauses entstanden seien. Die Kosten betreffen u.a. auch die Renovierung des Zimmers seines Sohnes. Aus dem Vortrag geht jedoch nicht hervor, was hier als wirklicher Erhaltungsaufwand und was als wertsteigernde Renovierung durchgeführt worden ist. Hieran wird der Sinn des in § 37 SGB II normierten Antragerfordernisses deutlich. Nur wenn zuerst ein Antrag gestellt wird, kann die Behörde prüfen, ob es sich um erstattungsfähige Kosten handelt oder nicht. § 37 SGB II dient insoweit auch dem Schutz des Leistungsbeziehers, da er durch vorherige Antragstellung genau weiß, was er nach dem Gesetz zu erwarten hat. Das eigenmächtige Handeln des Klägers bei der Renovierung seines Hauses unterläuft genau diesen Schutzzweck.

In dem Bescheid vom 14.02.2007 und in dem Widerspruchsbescheid vom 10.05.2007 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Eigenheimzulage grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen ist. Er wurde auf den Ausnahmetatbestand in § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Alg-II-Verordnung hingewiesen. Da die Eigenheimzulage jedoch erst im März 2007 tatsächlich zugeflossen ist, wurde in dem Bescheid vom 14.02.2007 noch keine abschließende Regelung über die Anrechnung der Eigenheimzulage getroffen. Es handelt sich vielmehr um einen allgemeinen Hinweis. Dieser Hinweis hat selbst noch keinen Regelungsgehalt. Die Regelung wurde vielmehr erst im Juli 2007 getroffen, als die Eigenheimzulage nach Anhörung des Klägers entsprechend auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet wurde. Deshalb ist die Eigenheimzulage selbst nicht Gegenstand dieses Verfahrens, sondern gegebenenfalls in einem weiteren Klageverfahren gegen die Bescheide vom Juli 2007 zu prüfen.

Der Widerspruch gegen die Bescheide vom Juli 2007 wurde noch nicht verbeschieden. Seit Einlegung des Widerspruches ist allerdings die Dreimonatsfrist des § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch nicht abgelaufen. Da der Kläger nach seinen Angaben die Eigenheimzulage u.a. zur Ausgleichung seines Dispo-Kredits verwendet hat, wäre insoweit der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 7 SGB II nicht erfüllt. Insoweit liegt in jedem Fall anrechenbares Einkommen vor, so dass auch der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz zu keinem Erfolg führen kann.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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