L 5 KR 5144/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4623/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5144/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2008 aufgehoben, soweit der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. August 2007 abgeändert und festgestellt wurde, dass bei der Klägerin ab dem 6. Juni 2007 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Klägerin bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist.

Die 1936 geborene Klägerin ist weißrussische Staatsbürgerin und erhielt - nach ihren Angaben - von der Deutschen Botschaft in M. am 30. April 2007 ein für die Zeit vom 25. Mai 2007 bis 22. August 2007 befristetes Visum für die Bundesrepublik Deutschland und die Schengener Staaten zum Zwecke der Aufnahme in Deutschland nach § 23 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) als so genannter Kontingentflüchtling. Nach ihren Angaben handelte es sich um ein Visum, dessen Erteilung sich nach § 6 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Niederlassungserlaubnis und die Daueraufenthalt-EG-Erlaubnis geltenden Vorschriften richtete. Mit diesem Visum reiste die Kläger am 30. Mai 2007 in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde mit Bescheid des Landratsamts B.-H. vom 31. Mai 2007 (Bl. 53/55 Verwaltungsakte - VA -) in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in K. für die Dauer von sechs Monaten untergebracht. Am 6. Juni 2007 erhielt die Klägerin eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG (Bl. 45 VA).

Am 4. Juni 2007 hatte die Klägerin des Weiteren Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe gestellt. Mit Bescheid vom 18. Juni 2007 bewilligte das Landratsamt B.-H. (Bl. 12 VA) der Klägerin rückwirkend ab 1. Juni 2007 Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).

Am 15. Juni 2007 gab die Klägerin bei der Beklagten eine Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI) ab (Bl. 38 VA). Mit Bescheid vom 26. Juni 2007 (Bl. 8 VA) lehnte es die Beklagte ab, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei der Klägerin festzustellen. Die Klägerin beziehe Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII ab 1. Juni 2007. Dies schließe nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. August 2007 zurückwies. Zur Begründung führte die Beklagte aus, versicherungspflichtig würden Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und zuletzt gesetzlich krankenversichert oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V). Nach § 5 Abs. 8a Satz 1 und 2 SGB V sei jedoch nicht versicherungspflichtig, wer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert sei. § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V gelte entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der EU, eines Vertragsstaates des Abkommens über den EWR oder Staatsangehörige der Schweiz seien, beginne mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis (§ 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V). Die Klägerin sei am 30. Mai 2007 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe am 5. Juni 2007 einen Antrag auf Grundsicherung gestellt. Dieser sei bewilligt worden mit Leistungsbeginn 1. Juni 2007. Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis der Klägerin beginne mit dem 6. Juni 2007. Frühestens ab diesem Tag habe die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beginnen können, wie dies in § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V geregelt sei. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin bereits Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII bezogen. Dies seien Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei aber nach § 5 Abs. 8a Satz 1 und 2 SGB V ausgeschlossen, wenn Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezogen würden. Da sie bereits ab dem möglichen Eintritt der Versicherungspflicht diese ausschließliche Leistung bezogen habe, habe Versicherungspflicht nicht zustande kommen können.

Hiergegen hat die Klägerin am 29. August 2007 durch ihren Bevollmächtigten vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, nach § 6 Abs. 4 Satz 3 AufenthG werde die Dauer ihres rechtmäßigen Aufenthaltes mit einem nationalen Visum - ab dem 30. Mai 2007 - auf die Zeiten des Besitzes einer Niederlassungserlaubnis angerechnet. Der erste Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis sei ausländerrechtlich deshalb nicht das zufällige Datum, an dem die Niederlassungserlaubnis abgeholt und ausgestellt worden sei (hier der 6. Juni 2007), sondern der Tag der Einreise mit gültigem Visum, hier der 30. Mai 2007. An diesem Tag habe sie sich in Deutschland befunden, ohne im Sozialhilfebezug zu stehen und ohne zuvor jemals gesetzlich krankenversichert gewesen zu sein. Genau für diesen Fall sehe § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V den Eintritt der Krankenversicherungspflicht vor. Die Klägerin habe dazu eine Bescheinigung der Ausländerbehörde der Stadt Freiburg vorgelegt. Weiter hat die Klägerin geltend gemacht, die auf sie anwendbare Vorschrift des § 5 Abs. 11 SGB V sei lex specialis gegenüber § 5 Abs. 8a SGB V. So genannte Kontingentflüchtlinge sollten stets in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden, wobei die Frage des Sozialhilfebezugs keine Rolle spielen könne, denn Kontingentflüchtlinge bezögen regelmäßig Sozialhilfe, womit für § 5 Abs. 11 SGB V praktisch kein Anwendungsbereich bliebe, wenn man die Norm nicht als Spezialnorm zu § 5 Abs. 8a SGB V betrachte. Im Hinblick auf § 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sei bei ihr jedenfalls ab dem 31. Mai 2007, dem Tag ihrer Aufenthaltsnahme im Flüchtlingswohnheim in Kirchzarten, Versicherungspflicht festzustellen.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat daran festgehalten, dass in § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V eindeutig auf den ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis abgestellt werde und diese ausländerrechtlich klar definiert sei, und zwar in Abgrenzung zu den weiteren Begriffen der Aufenthaltserlaubnis und des Visums. Der maßgebende Zeitpunkt sei deshalb bei der Klägerin der 6. Juni 2007, zu dem sie jedoch schon Empfängerin laufender Sozialleistungen gewesen sei.

Mit Urteil vom 29. August 2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2007 abgeändert und festgestellt, dass bei der Klägerin ab dem 6. Juni 2007 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. Im Übrigen, für die Zeit vom 30. Mai bis 5. Juni 2007 hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klägerin gemäß § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V am 6. Juni 2007 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten geworden sei. Die Klägerin sei im Sinne des § 5 Abs. 11 SGB V Ausländerin, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der EU, eines Vertragsstaates des EWR oder der Schweiz sei, und sie besitze eine Niederlassungserlaubnis nach dem AufenthaltG und habe, um diesen Aufenthaltstitel zu erhalten, nicht der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthaltG unterlegen. Danach sei sie nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 erfasst (Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien). Nach § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V habe diese Mitgliedschaft mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis, hier mit dem 6. Juni 2007, begonnen. Das Gesetz knüpfe hier rein formell an den ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis an. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthaltG gebe es vier Aufenthaltstitel, nämlich Visum (§ 6), Aufenthaltserlaubnis (§ 7), Niederlassungserlaubnis (§ 9) und Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9a). Auch wenn sich die Erteilung des Visums für längerfristige Aufenthalte nach den für die anderen drei Aufenthaltstitel geltenden Vorschriften richte (§ 6 Abs. 4 AufenthG), bleibe es rechtstechnisch ein Visum. Dieses werde in § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V gerade nicht erwähnt. Nur bei derart formaler Auslegung der Vorschrift werde auch eine einfache Feststellung kraft Gesetzes eintretenden Versicherungspflicht erleichtert. Ebenso sei nach Überzeugung des SG bei der Frage, ob die Klägerin etwa am 6. Juni 2007 schon "Empfängerin laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII" im Sinne des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V gewesen sei - was den Eintritt der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 ausschließen würde - rein formal darauf abzustellen, ob die Klägerin an diesem Tag bereits solche Leistungen empfangen habe. Nur dies gewährleiste eine einfache und zügige Feststellung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Der eindeutige Gesetzeswortlaut in § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V verlange es nach Überzeugung des SG, auf die Tatsache des Empfangs laufender Leistungen nach den entsprechenden Kapiteln des SGB XII abzustellen und nicht etwa darauf, ob ein Anspruch auf Sozialhilfe bestehe, wie dies bei der Klägerin, die schon am 5. Juli 2007 (gemeint wohl 5. Juni 2007) den Antrag auf Sozialhilfe gestellt habe, der Fall gewesen sein dürfte. Hätte der Gesetzgeber eine dementsprechende Anknüpfung gewünscht, so hätte er nach Auffassung des SG nicht auf den Begriff "Empfänger von Leistungen der Sozialhilfe" abstellen dürfen, sondern hätte ohne Weiteres auf den Begriff "Inhaber eines Anspruchs auf Sozialhilfe" abstellen können. Das SG folge deshalb der Ansicht des SG Wiesbaden (Beschluss vom 25. Oktober 2007 - S 17 KR 248/07 ER), dass auf den tatsächlichen Empfang von Leistungen nach den entsprechenden Kapiteln des SGB XII abzustellen sei, was gegen eine nachträglich rechtliche Zurechnung von rückwirkend gewährten Sozialhilfeleistungen (hier bei der Klägerin ab 1. Juli 2007 - gemeint wohl 1. Juni 2007) spräche. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Auffangregelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, denn sozialhilferechtlich wäre eine rückwirkende Krankenhilfegewährung nicht möglich, und es entstünde in Fällen der rückwirkenden Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eine Versorgungslücke, wenn nicht die Versicherungspflicht kraft Gesetzes nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eingreifen würde. Damit bleibe festzustellen, dass die Klägerin ab dem 6. Juni 2007 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterlegen habe. Sie sei zu diesem Zeitpunkt nicht etwa eine Person mit anderweitigem Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfalle im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, denn ein eventueller Anspruch auf sozialhilferechtliche Krankenhilfegewährung können einem derartigen Anspruch nicht gleichgestellt werden, wie sich aus § 5 Abs. 8a Satz 2 ergebe, wo ausdrücklich nur für Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel SGB XII die Versicherungspflicht ausgeschlossen sei, nicht aber für Empfänger von Krankenhilfeleistungen nach dem 5. Kapitel des SGB XII. Nach alledem habe das SG daher die Frage offenlassen können, ob die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V (gemeint ist wohl § 5 Abs. 11 in der damaligen Fassung) als lex specialis für den Personenkreis der Kontingentflüchtlinge (die im Regelfall Anspruch auf Sozialleistungen haben würden) zu verstehen sei, die einen Rückgriff auf § 5 Abs. 8a SGB V von vornherein ausschließe.

Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 10. Oktober 2008 zugestellte Urteil am 6. November 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt die Beklagte aus, das SG habe zutreffend als Ausgangspunkt darauf abgestellt, dass eine Mitgliedschaft für die Klägerin als Ausländerin nach § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V frühestens mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis, hier mit dem 6. Juni 2007, in Betracht gekommen sei. Der Gesetzgeber habe hier bewusst einen formalen Ansatzpunkt gewählt, nämlich den Tag der Erteilung der Niederlassungserlaubnis, der für die prüfenden Krankenversicherungsträger eindeutig feststellbar sei und insoweit der Rechtsklarheit diene. Entgegen allerdings der Auffassung der Klägerseite sei kein Gesichtspunkt erkennbar, warum der laufende Sozialhilfebezug hier für den Personenkreis der Kontingentflüchtlinge nicht eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließen sollte. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V diene lediglich als Auffangtatbestand für diejenigen Personen, die nicht bereits auf andere Weise mit Leistungen der Krankenversicherung versorgt seien. Gerade die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 8a Satz 2 und 3 SGB V zeige, dass durch die Einführung der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V keine Verschiebung der Personenkreise habe stattfinden sollen, die durch laufende Leistungen nach dem SGB XII bereits ausreichend mit Leistungen der Krankenversicherung versorgt gewesen seien. Durch die Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V habe dem Personenkreis, dem aufgrund besonderer Umstände bisher keine Leistungen zur Verfügung gestanden hätten, eine neue Zugangsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden sollen. Es habe jedoch nicht generell eine Verschiebung der Leistungszuständigkeit von den Trägern der Sozialhilfe zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen sollen. Die Klägerin habe ihre Niederlassungserlaubnis in Deutschland am 6. Juni 2007 erhalten. Dieser Tag sei nach § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V als frühester Anknüpfungspunkt für eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Betracht gekommen. Also hätten an diesem Tag die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auch erfüllt gewesen sein müssen. Dies sei jedoch nach Auffassung der Beklagten entgegen der Entscheidung des SG nicht der Fall gewesen. Die Klägerin habe bereits am 5. Juni 2007 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII gestellt, mit Bescheid des Landratsamtes B.-H. vom 18. Juni 2007 seien rückwirkend ab dem 1. Juni 2007 Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII gewährt worden. Am Tag der Entscheidung über den Antrag zur Durchführung der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch die Beklagte am 26. Juni 2007 habe die Klägerin damit schon rückwirkend Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezogen. Nichts anderes ergebe sich auch, wenn man auf den Antragszeitpunkt abstellen wollte, denn der Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII sei bereits am 5. Juni 2007 gestellt worden, die Anzeige zur Durchführung der Pflichtversicherung bei der Beklagten dagegen erst am 14. Juni 2007. Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang auf die Wertung des § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V hinzuweisen, wonach als Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., und 6. und 7. Kapitel des SGB XII auch derjenige gelte, dessen Anspruch auf diese Leistung für weniger als einen Monat unterbrochen werde. Darin sei die eindeutige Wertung des Gesetzgebers zu erkennen, dass dieser keine Verschiebung der Leistungszuständigkeit von einem Sozialhilfebezug zu einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V habe vornehmen wollen, wenn der Leistungsbezug nur für eine geringfügige Zeitspanne nicht vorliege. Die Zufälligkeit, dass in einer geringfügigen Zeitspanne keine Absicherung vorliege, die im Sinne des § 5 Abs. 8a SGB V die Durchführung einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließe, habe eben nicht zu einer Verschiebung der Leistungszuständigkeit vom Sozialhilfeträger zum Träger der gesetzlichen Krankenversicherung führen sollen. Es könne nach der Wertung des § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V bei Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht von Zufälligkeiten abhängen, wie die rechtzeitige Bescheiderteilung durch den Sozialhilfeträger oder die rechtzeitige Auszahlung der Leistungen durch den Sozialhilfeträger. Weiter zu beachten sei, dass die Kontingentflüchtlinge regelmäßig zu dem Personenkreis gehörten, der bei seiner Einreise in den Geltungsbereich des Gesetzes unmittelbar Leistungen erhalte, die nach der Wertung des § 5 Abs. 8a SGB V die Durchführung einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließen würden. Bei den Kontingentflüchtlingen stehe im Regelfall bereits zum Zeitpunkt der Visumserteilung im Ausland, also bereits zu einem Zeitpunkt deutlich vor der Einreise in den Geltungsbereich des Gesetzes fest, dass diese regelmäßig Leistungen der Sozialhilfe würden in Anspruch nehmen müssen. Für die beteiligten Behörden stehe also von vornherein fest, dass bei diesem Personenkreis ab dem Eintreffen im Geltungsbereich des Gesetzes unmittelbar eine Hilfebedürftigkeit bestehe und Leistungen nach dem SGB XII zur Auszahlung kämen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. August 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend führt der Bevollmächtigte aus, nach Auffassung der Klägerseite richte sich die streitige Frage des Bestehens einer Pflichtversicherung für die Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nach § 5 Abs. 11 SGB V. § 5 Abs. 11 SGB V sei im Verhältnis zu § 5 Abs. 8a SGB V die speziellere Vorschrift. Für diese verbliebe kein Anwendungsbereich, wenn sie durch Abs. 8a verdrängt würde. Die Ausländer, welche eine Niederlassungserlaubnis und Aufenthaltserlaubnis erhielten, ohne dass gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der Lebensunterhalt (durch Einkommen oder Vermögen) gesichert sein müsste, erhielten mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit staatliche Leistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts. Der Gesetzgeber habe im GKV-WSG Regelungen für den Krankenversicherungsschutz in der Auffangversicherung bei Zusammentreffen mit Sozialhilfebezug geschaffen. So sei zum einen maßgeblicher Stichtag der 1. April 2007, "Alt-"Fälle des Leistungsbezuges nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII würden nicht Mitglieder der Auffangversicherung (§ 5 Abs. 8a SGB V), "Alt-"Fälle des Leistungsbezuges, deren Leistungsbezug nach dem SGB XII für mehr als einen Monat unterbrochen werde, unterfielen der Auffangversicherung (§ 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V) und Personen, die erstmals nach dem 1. April 2007 Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII beziehen würden, unterfielen ebenfalls der Auffangversicherung (Argument aus § 190 Abs. 13 Satz 2 SGB V). Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften werde deutlich, dass der Gesetzgeber das Risiko des Versicherungsfalles, welches früher der Sozialhilfeträger und damit der Staat über § 48 SGB XII und § 264 Abs. 2, Abs. 7 SGB V getragen habe, seit dem 1. April 2007 in bedeutendem Umfang auf die gesetzliche Krankenversicherung und damit auf die Versichertengemeinschaft übertragen habe. Insoweit irre die Beklagte, wenn sie ausführe, es habe nicht generell eine Verschiebung der Leistungszuständigkeit von den Trägern der Sozialhilfe zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen sollen. In § 5 Abs. 11 SGB V werde ausgeführt, dass die dort definierten Ausländer ebenfalls von der Pflichtversicherung erfasst werden sollten. Zugrunde liege die politische Entscheidung, dass diejenigen Ausländer, welche zu diesem kleinen privilegierten Personenkreis gehörten und einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet erhielten, ohne sich durch eigene Erwerbstätigkeit ernähren zu können, eine vollwertige Gleichstellung erhalten sollten. Hierzu zähle das Recht auf Krankenversicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weswegen sie der Pflichtversicherung unterworfen würden. Zur Begründung dieser Regelung sei auch in der Gesetzesbegründung zum GKV-WSG (BT-Drs. 16/3100 Seite 95 zu Buchst. d) ausgeführt, dass ein Versicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 nicht geboten sei in den Fällen, in denen die Ausländer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des AufenthG verpflichtet seien, dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt sei. Sie verfügten insoweit über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Daraus müsse nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten der Umkehrschluss gezogen werden, dass diejenigen Ausländer, welche nicht in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften sicherzustellen, Mitglied in der Pflichtversicherung werden sollten. Denn sie verfügten insoweit über keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Nicht von ausschlaggebendem Belang und daher im vorliegenden Zusammenhang auch nicht zu entscheiden sei die Frage, ob im Rahmen des § 5 Abs. 8a SGB V maßgeblich auf den tatsächlichen Leistungsbezug oder auf die Inhaberschaft eines Anspruches auf Leistungen nach dem SGB XII abzustellen sei. Diesbezüglich werde weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 3 Aufenthaltsgesetz Geltung beanspruche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit steht die dauerhafte Feststellung einer Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung.

II.

Gegenstand des Verfahrens ist noch die Frage, ob Versicherungspflicht bei der Beklagten für die Zeit ab dem 6. Juni 2007 besteht. Für die ursprünglich von der Klägerin auch begehrte Feststellung, dass Versicherungspflicht bereits ab dem 30. Mai 2007 besteht, ist die Klage rechtskräftig abgewiesen worden, nachdem die Klägerin gegen das insoweit klagabweisende Urteil nicht in Berufung gegangen ist.

III.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG besteht bei der Klägerin seit dem 6. Juni 2007 kein Versicherungspflichtverhältnis zur Krankenversicherung bei der Beklagten.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und

a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren,

es sei denn, dass sie zu den in Abs. 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

Gemäß § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V ist nach Abs. 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt gemäß Satz 2 entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3).

Gemäß § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist (Satz 2). Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht (Satz 3).

2. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 SGB V wurde mit dem GKV-WSG vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) mit Wirkung zum 1. April 2007 eingefügt. Damit sollte eine Versicherungspflicht für Personen begründet werden, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind (BT-Drs. 16/3100 Seite 94 zu Nr. 2 [§ 5] Buchst. a, bb und cc). Des Weiteren wird eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das politische Ziel der (damaligen) Koalitionsfraktionen umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll (siehe BT-Drs. a.a.O.). Deutschland hat im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern keine Einwohnerversicherung. Vielmehr wird der Schutz im Krankheitsfalle in einem pluralistisch gegliederten System gewährt, dessen wesentliche Träger die gesetzliche und die private Krankenversicherung sind. Aufgrund des Fehlens einer umfassenden Versicherungspflicht für alle Einwohner ist nicht ausgeschlossen, dass Personen weder die Zugangsvoraussetzungen zur gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, noch die Möglichkeit haben, eine private Krankenversicherung abzuschließen, bzw. den Versicherungsschutz in ihrem bisherigen System - etwa durch die Nichtzahlung der Beiträge oder Prämien - verloren haben. Sofern in diesen Fällen auch kein Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht, müssen sie die im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen in voller Höhe aus ihrem Einkommen oder Vermögen selbst tragen. Die Zahl dieser Menschen, die ohne Absicherung im Krankheitsfall sind, hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Nach dem alle vier Jahre durchgeführten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes im Rahmen des Mikrozensus ist diese Zahl von geschätzten 105.000 Personen im Jahr 1995 auf über 150.000 Personen im Jahr 1999 und auf 188.000 Personen im Jahr 2003 angestiegen. In einem modernen Sozialstaat ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass eine größere Zahl von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall ist. Aus diesem Grund werden diese Personen in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen, wenn sie zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, oder, sofern sie bisher nicht gesetzlich krankenversichert gewesen sind, sie zu dem Personenkreis gehören, der nach der in den §§ 5 und 6 SGB V zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertentscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen ist (so die Gesetzesbegründung in BT-Drs. a.a.O.).

Hieraus ergibt sich zunächst der eindeutige politische Wille, dass grundsätzlich niemand mehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Krankenversicherungsschutz sein soll.

Ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 SGB V sind insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen, die (auch) keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 SGB VIII, § 48 SGB XII, § 264 SGB V, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie dem der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz und vergleichbaren gesetzlichen Regelungen haben (BT-Drs. 16/3100 a.a.O.).

Hieraus ist zunächst die weitere Schlussfolgerung zu ziehen, dass also Leistungsempfänger nach dem SGB XII nicht unter die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V fallen, weil sie entweder einen anderweitigen Anspruch nach § 48 SGB XII bzw. § 264 SGB V auf Gewährung von Krankenhilfe haben oder aber noch Krankenversicherungsschutz aus der Zeit vor dem Hilfebezug "mitgebracht" haben. In dem Zusammenhang ist weiter zu beachten, dass grundsätzlich Krankenversicherung und Sozialhilfebezug unabhängig voneinander bestehen. D.h., der Bezug von Sozialhilfe als solcher begründet keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (anders etwa beim Alg II-Bezug, der eine Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a SGB V begründet) und auch kein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung (mit der Ausnahme eines befristeten Beitrittsrechts früherer Bezieher von Sozialhilfe im ersten Halbjahr 2005 nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V, was hier aber nicht einschlägig ist). Andererseits bleibt eine Versicherungspflicht (aufgrund des § 5 Abs. 1 SGB V) oder eine freiwillige Versicherung (aufgrund des § 9 SGB V) trotz Bezuges von Sozialhilfe bestehen. Das Gesetz trifft sogar Vorkehrungen dafür, dass eine solche Versicherung möglichst aufrecht erhalten wird (siehe hierzu etwa die Vorschrift zur Beitragsübernahme in § 32 SGB XII, früher § 13 Bundessozialhilfegesetz (BSHG); ferner früher der inzwischen aufgehobene Satz 2 des § 191 SGB V; siehe hierzu insbesondere Peters im KassKomm. § 5 SGB V Rdnr. 179). Bei dem beschriebenen Verhältnis von gesetzlicher Krankenversicherung und Sozialhilfe ist es auch nach Einführung der Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V geblieben. Wer allerdings (ohne Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) nicht versichert ist und Sozialhilfe mit Hilfe bei Krankheit bezieht, ist im Sinne dieser Vorschrift anderweitig abgesichert und nicht nach ihr versicherungspflichtig (so auch ausdrücklich Peters aaO unter Bezugnahme auf die oben bereits zitierten Ausführungen in der Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/3100 aaO). D. h. also mit anderen Worten, wenn ein Leistungsempfänger in die Sozialhilfe einen Krankenversicherungsschutz aus der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. privaten Krankenversicherung "mitbringt", besteht dieser während des Sozialhilfebezuges fort und eine Versicherungspflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V kommt nicht zum Tragen. "Bringt" der Leistungsbringer keinen Krankenversicherungsschutz "mit", erhält er Krankenhilfe nach den §§ 48 SGB XII bzw. 264 SGB V und greift ebenfalls dann die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht. Etwas anderes gilt allerdings, wenn ein Hilfeempfänger zum Zeitpunkt des Eintritts der Hilfebedürftigkeit bereits gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gesetzlich krankenversichert ist. Dies ergibt sich aus § 190 Abs. 13 Satz 2 SGB V, wonach nämlich Personen, die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung geworden sind, auch dann Mitglied bleiben, wenn sie nach dem Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung Empfänger von Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII werden. 3. § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V stellt auch nicht etwa, wie dies letztlich im Ergebnis von Klägerseite vertreten wird, eine Übergangsregelung für Altfälle dar mit der Konsequenz, dass bei allen Leistungsempfängern, die nach dem 1. April 2007 erstmals oder nach einer mindestens einmonatigen Unterbrechung (erneut) Leistungen nach dem SGB XII beziehen, eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eintritt. Was allerdings nicht ausschließt, dass ein solcher Leistungsempfänger während einer Unterbrechung von mehr als einem Monat eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 SGB V begründen konnte und diese dann in einen erneuten Leistungsbezug von laufenden Leistungen nach dem SGB XII "mitnimmt". Auch die Gesetzesbegründung spricht nicht von einer Übergangsregelung, wonach es lediglich bei Altfällen beim bisherigen Status mit dem Krankenhilfegewährungsanspruch verbleiben solle, im Übrigen aber bei Neufällen nunmehr grundsätzlich eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eintreten solle. Vielmehr ist dort nämlich nur die Rede davon, dass mit der Regelung in § 5 Abs. 8 a Satz 2 SGB V erreicht werde, dass der Sozialhilfeträger weiterhin für die Krankenbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem 3. bis 9. Kapitel des SGB XII oder von laufenden Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständig bleibe (BT-Drs. 16/3100 Seite 95 zu Nr. 2 [§ 5] Buchst. c). Es handelt sich also vielmehr um eine Regelung, die klarstellt, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht nur subsidiär gegenüber der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 bis 12 SGB V, einer freiwilligen Mitgliedschaft nach § 9 SGB V oder einer Familienversicherung nach § 10 SGB V (§ 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V), sondern auch u. a. gegenüber dem Krankenhilfegewährleistungsanspruch gemäß den §§ 48 SGB XII bzw. 264 SGB V bei Beziehern laufender Leistungen nach dem SGB XII ist. Noch deutlicher ist dies dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 16/4247 Seite 29 zu Nr. 2 [§ 5] Buchst. c) zu entnehmen, wonach nämlich die Vorrangregelung der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers nach § 5 Abs. 8a Satz 2 für die Erbringung von Hilfen zur Gesundheit nicht dadurch soll unterlaufen werden können, dass für eine unverhältnismäßig kurze Zeit der Leistungsbezug unterbrochen werde. Nach der dortigen Begründung wird daher durch § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V geregelt, dass der Sozialhilfeträger auch dann Hilfen zur Gesundheit erbringt, wenn der Anspruch auf laufende Leistungen nach Satz 2 für weniger als einen Monat unterbrochen wird.

4. Nichts anderes ergibt sich auch aus § 5 Abs. 11 SGB V. Zwar werden danach von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Nicht-EU-Ausländer erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthaltG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthaltG besteht. Auch hat die Klägerin eine Niederlassungserlaubnis am 6. Juni 2007 erhalten, ohne dass diese mit der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verbunden ist. Aber auch hier gilt mangels weitergehender Ausnahmeregelungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V die grundsätzliche Einschränkung, dass Versicherungspflicht eben nur dann eintritt, sofern kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. Insbesondere lässt sich gerade auch aus der Gesetzesbegründung hierzu (BT-Drs. 16/3100 Seite 95 zu Nr. 2 zu Buchst. d) kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass durch diese Einbeziehung in die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Nicht-EU-Ausländer gegenüber deutschen Staatsbürgern dahingehend privilegiert werden sollten, dass sozialhilfebedürftige Nicht-EU-Ausländer nach § 5 Abs. 11 SGB V grundsätzlich unter Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V stehen, deutsche Staatsbürger dagegen, wenn sie nicht schon bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit einen Krankenversicherungsschutz haben, in solchen Fällen auf den Krankenhilfeanspruch nach dem SGB XII verwiesen werden.

Vielmehr gilt für Nicht-EU-Ausländer nichts anderes wie für deutsche Staatsbürger, nämlich dass sie, sofern ihre Niederlassungserlaubnis ohne die Verpflichtung, Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen zu gewährleisten, erteilt wurde, nur dann der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterfallen, wenn keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 12 SGB V, § 9 SGB V (freiwillige Versicherung) und § 10 SGB V (Familienversicherung) besteht und sie auch keine laufenden Leistungen nach dem SGB XII erhalten. Diese Regelung dient offenkundig nur dazu, genauso wie für deutsche Staatsbürger, auch für Nicht-EU-Ausländer, die nicht ohnehin als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis verpflichtet waren für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, insoweit eine Versicherungspflicht zu begründen, soweit nicht aus anderen Gründen (gesetzliche Versicherungspflicht, freiwillige Versicherung oder Familienversicherung bzw. Erhalt laufender Leistungen u. a. nach dem SGB XII) schon Krankenversicherungsschutz besteht.

5. Zu keinem anderen, für die Klägerin günstigeren Ergebnis führt auch die Regelung in § 186 Abs. 11 SGB V.

Nach § 186 Abs. 1 Satz 1 SGB V beginnt die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, beginnt mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis (Satz 2).

Mit dem SG ist zwar auch der Senat der Auffassung, dass zur Frage des (frühest möglichen) Beginns einer Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auf den Zeitpunkt der Erteilung der Niederlassungserlaubnis, das wäre hier im Falle der Klägerin der 6. Juni 2007, abzustellen ist. Zu Recht hat das SG insoweit darauf verwiesen, dass die gesetzliche Regelung hier rein formell an den ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis anknüpft. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG gibt es vier Aufenthaltstitel, nämlich Visum (§ 6 AufenthG), Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG), Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) und Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9a AufenthG). Auch wenn sich die Erteilung des Visums für längerfristige Aufenthalte nach den für die anderen drei Aufenthaltstitel geltenden Vorschriften richtet (§ 6 Abs. 4 AufenthG), bleibt es rechtstechnisch ein Visum. Dieses wird aber in § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V gerade nicht erwähnt, dort ist nur von der Niederlassungserlaubnis und der Aufenthaltserlaubnis die Rede.

Zwar war am 6. Juni 2007 noch nicht über die bereits zuvor beantragten laufenden Leistungen nach dem SGB XII entschieden, der Klägerin wurden aber mit Bescheid vom 18. Juni 2007 rückwirkend ab dem 1. Juni 2007 Grundsicherungsleistungen gewährt, also von Seiten des Sozialhilfeträgers wurden ab diesem Zeitpunkt 1. Juni 2007 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen als erfüllt angesehen. Die Klägerin war daher ab dem 1. Juni 2007 Empfängerin laufender Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII und damit galt für sie die Ausschlussregelung nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V. Insoweit ist nach Überzeugung des Senates nicht auf den Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung (hier der Bescheid vom 18. Juni 2007) abzustellen, sondern darauf, ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf laufende Leistungen nach dem SGB XII bestanden haben. Dies war hier ab dem 1. Juni 2007 der Fall. In diesem Sinne sind auch die bereits oben zitierten Ausführungen in der Begründung zum Bericht des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 16/4247 Seite 29 zu Nr. 2 [§ 5] Buchst. c), wonach nach § 5 Abs. 8a Satz 3 die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Gewährung von Hilfen zur Gesundheit auch bestehen bleibt, wenn der "Anspruch auf laufende Leistungen nach Satz 2" für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Entgegen der Auffassung des SG ist daher zur Überzeugung des Senates nicht darauf abzustellen, wann tatsächlich die Verwaltungsentscheidung ergeht und damit die u. U. rückwirkende Gewährung von laufenden Leistungen einsetzt, sondern ab welchem Zeitpunkt ein Anspruch auf laufende Leistungen, hier Grundsicherungsleistungen, nach dem SGB XII besteht.

Die Klägerin stand damit auch nicht etwa bis zum 6. Juni 2007 bzw. 18. Juni 2007 ohne jeglichen Krankenversicherungsschutz da. Denn bei Bedürftigkeit und rückwirkender Bewilligung der Grundsicherungsleistung wären auch rückwirkend Krankenbehandlungskosten, die bereits angefallen wären, gemäß den §§ 48 SGB XII, 264 SGB V vom Sozialhilfeträger zu erstatten bzw. zu übernehmen gewesen.

6. Aus diesen Gründen ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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