Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 855/08 KN
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 434/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 69/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur teilweisen Aufhebung eines Rentenbescheides nach § 48 Abs. 1 S.1 und 2 Nr. 3 SGB X und zur Rückforderung von Rentenzahlungen, wenn ein ausländischer Versicherungsträger rückwirkend Rentenleistungen gewährt.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Mai 2009 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 31. Juli 2009 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung des Rentenbescheides und die Rückforderung von Rentenzahlungen nach Gewährung einer tschechischen Rente durch den ausländischen Versicherungsträger.
Mit Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 gewährte die Beklagte dem 1942 geborenen Kläger seit 1. September 2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Der monatliche Zahlbetrag der Rente betrug zunächst 545,48 EUR. Die in der ehemaligen Tschechoslowakei zurückgelegten Zeiten rechnete die Beklagte nach dem Fremdrentengesetz (FRG) an. Sie übersandte dem Kläger am 17. Februar 2003 ein tschechisches Rentenantragsformular. Am 5. Juni 2003 leitete die Beklagte das Rentenverfahren in P. ein. Mit Schreiben vom 7. April 2005 wies sie den Kläger darauf hin, sie unverzüglich zu benachrichtigen, sobald ihm der tschechische Versicherungsträger eine Rentenleistung zuerkenne.
Der tschechische Versicherungsträger teilte der Beklagten im Juni 2008 mit, dass der Kläger mit Bescheid vom 25. April 2008 ab 15. Oktober 2003 eine dortige Rentenleistung zuerkannt bekommen habe. Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 setzte die Beklagte die Rente neu fest und hob den Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe um den in Euro umgerechneten Betrag einer ausländischen Rente insoweit gemäß § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) insoweit auf, als für denselben Zeitraum Rente geleistet worden sei und werde. Es ergab sich danach ein monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 397,76 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte an, die Rente sei unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über Soziale Sicherheit vom 27. Juli 2001 festzustellen, weil neben Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung auch solche in der Tschechischen Republik zurückgelegt worden seien oder der Berechtigte sich in der Tschechischen Republik oder als tschechischer Staatsangehöriger in einem Drittstaat aufhalte.
Die Beklagte wies den vom Kläger erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2008 zurück. Der Bescheid vom 23. Januar 2003 sei zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X für die Zukunft und gemäß Absatz 1 Satz 2 für die Vergangenheit teilweise aufgehoben worden. Es seien die Voraussetzungen alle drei Tatbestandsalternativen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, 3 und 4 SGB X erfüllt. Die Anrechnung der ausländischen Rentenleistung sei gemäß § 31 Abs. 1 FRG vorzunehmen gewesen. Der Kläger sei seiner Pflicht zur Mitteilung über die Änderungen in den Verhältnissen zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Es sei ohne besondere Anstrengungen relativ leicht zu erkennen gewesen, dass die Gewährung der tschechischen Rentenleistung Auswirkungen auf die deutsche Rentenleistung haben werde. Bereits im Bescheid vom 23. Januar 2003 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands gezahlt werden, Einfluss auf die Rentenhöhe haben können. Er sei darüber informiert gewesen, dass das tschechische Rentenverfahren eingeleitet wurde; ferner sei er über das Ruhen nach § 31 FRG informiert gewesen und ihm sei mitgeteilt worden, dass nicht zustehende Beträge gemäß § 50 SGB X zu erstatten seien. Ein atypischer Fall bzw. eine besondere Härte, die gegen die Aufhebung und Rückforderung sprächen, lägen nicht vor. Die monatliche ausländische Rente mache einen Betrag in Höhe von 170,68 EUR ab 1. Juli 2008 aus. Die deutsche Rentenleistung betrage demnach ab 1. Juli 2008 netto 397,76 EUR. Damit trete Sozialhilfebedürftigkeit offensichtlich nicht ein, denn vor der Anrechnung habe die monatliche Rente 547,71 EUR betragen. Die gemäß § 48 SGB X gebotenen Fristen seien eingehalten.
Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Nürnberg hatte die Beklagte am 8. Januar 2009 einen Bescheid erlassen, mit dem sie wegen Erhöhung der tschechischen Rente den bisherigen Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 48 SGB X teilweise aufhob und die Rente ab 1. August 2008 neu berechnete. Hierdurch ergab sich eine monatliche Rentenhöhe von 388,10 EUR netto und eine Überzahlung für die Zeit vom 1. August 2008 bis 31. Januar 2009 in Höhe von 56,63 EUR. Mit Teilanerkenntnis vom 30. Januar 2009 änderte die Beklagte diesen Bescheid dahingehend ab, dass die Überzahlung von 56,63 EUR nicht von der Februarrente einbehalten wird, wie dies in dem Bescheid zunächst vorgesehen war. Im Erörterungstermin vom 30. Januar 2009 bestätigte der Kläger, dass die tschechische Rente in der richtigen Höhe angerechnet worden sei und dass er unter dem Strich gleich viel Rente erhalte wie vorher.
Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2009 ab. Soweit sich die Klage gegen die Anrechnung der tschechischen Rente richte, sei sie zulässig, aber unbegründet. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sei die Aufhebung zu Recht erfolgt. Die Rente ruhe gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 FRG. Hinsichtlich der Rentenhöhe sei die Klage unzulässig, da der Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 bestandskräftig sei. Im Übrigen sehe das Gesetz keinen Anspruch auf eine Mindestrente vor.
Mit Beschluss ebenfalls vom 15. Mai 2009 lehnte das Gericht ferner einen Antrag vom
20. April 2009 auf aufschiebende Wirkung der Klage ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 21. Juli 2009 zurück.
Zur Begründung der gegen den Gerichtsbescheid eingelegten Berufung hat der Kläger vorgebracht, durch die Kürzung der Altersrente würden seine Menschenrechte verletzt. Er hat um eine Entscheidung im Einklang mit der deutschen Verfassung und internationalen Menschenrechten gebeten. Er erweitere seine Klage und wende sich gegen die Kürzung der Altersrente. Die Kürzung stelle eine "reine Geldabzockerei durch deutsche Gesetze" dar.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 31. Juli 2009 die Altersrente ab 1. Januar 2009 neu berechnet, da sich die Berechnungsgrundlagen geändert haben. Für die Zeit ab 1. September 2009 hat die Beklagte danach monatlich 356,00 EUR, ab 1. Oktober 2009 monatlich 408,04 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. August 2008 hat sich eine Überzahlung in Höhe von 52,04 EUR ergeben. Den bisherigen Rentenbescheid hat sie mit Wirkung ab 1. Januar 2009 gemäß § 48 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe aufgehoben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Juni 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008, sowie der Bescheide vom 8. Januar 2009 und 31. Juli 2009 zu verurteilen, ihm eine Altersrente ohne Anrechnung der tschechischen Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts sowie des Bayer. Landessozialgerichts und der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil diesem kein Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente zusteht.
Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid vom 16. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008, mit dem die Beklagte die Rente neu festsetzte, den Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 gemäß § 48 SGB X teilweise aufhob, eine Überzahlung für die Zeit vom 15. Oktober 2003 bis 31. Juli 2008 feststellte und diese zurückforderte. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wurden jedoch auch die Bescheide vom 8. Januar 2009 - noch während des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens - in der Gestalt des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 30. Januar 2009 sowie vom 31. Juli 2009 während des Berufungsverfahrens Gegenstand des laufenden Verfahrens, da diese Bescheide bestehende Bescheide abgeändert und teilweise ersetzt haben. § 96 SGG gilt gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren.
Prozessual liegt in dem klägerischen Schriftsatz vom 1. August 2009 keine Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung nach §§ 153 Abs. 1, 99 SGG begründet, da sich der Kläger nach wie vor gegen die Anrechnung der tschechischen Rente bzw. die Rentenhöhe bzw. die Kürzung der Altersrente wendet.
Ausgangspunkt der streitgegenständlichen Bescheide ist der Rentenbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2003, der durch den Bescheid vom 16. Juni 2008 hinsichtlich der Rentenhöhe gemäß § 48 Abs. 1 SGB X für die Zukunft und für die Vergangenheit aufgehoben wurde. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass zumindest eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 SGB X zu Recht erfolgt ist. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist gemäß Satz 1 dieser Regelung der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Vor diesem Hintergrund ist eine Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Aufhebungsbescheide nicht ersichtlich, zumal sich die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X bezog.
Wird dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt, so ruht nach § 31 Abs. 1 FRG die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Ein derartiger Fall liegt hier unstreitig vor. Der Kläger bestreitet nicht, dass die tschechische Rente in der zutreffenden Höhe auf die deutsche Rente angerechnet worden ist. Mit Rentenbescheid des tschechischen Versicherungsträgers vom 25. April 2008 erhält er rückwirkend ab 15. Oktober 2003 neben der deutschen Rente auch eine tschechische Rente. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X erfasst auch die rückwirkende Gewährung von anzurechnendem Einkommen, wie sich aus § 48 Abs. 1 S. 3 SGB X ergibt. Anders als bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X kommt es auf eine Bösgläubigkeit oder ein Verschulden des Klägers nicht an, so dass der Senat dies ungeprüft lassen kann. Wie die Beklagte zutreffend in dem Widerspruchsbescheid ausführte, liegt auch kein atypischer Fall vor, der insbesondere dann gegeben wäre, wenn der Kläger im Nachhinein sozialhilfebedürftig würde. Dies ist nicht der Fall, vielmehr erhält er bei Addition der deutschen und tschechischen Rente dieselbe Rentenhöhe, wie der Kläger ausdrücklich auch bestätigte.
Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten deutschen Rentenzahlungen findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 SGB X. Die Höhe der Beträge ist dabei zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Soweit eine Auslegung des klägerischen Vorbringens ergibt, dass er sich auch gegen die Höhe der Altersrente wendet, die insgesamt zu niedrig sei, führt auch dies nicht zum Erfolg der Berufung. Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, § 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Sie ist damit grundsätzlich lohn- und beitragsbezogen; eine Mindestrente sieht das Gesetz nicht vor. Gegebenenfalls können sich jedoch Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder auf Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ergeben. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden, § 64 SGB VI. Unabhängig davon, dass der Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 insoweit bestandskräftig geworden ist, sind Fehler bei der Rentenberechnung weder vom Kläger vorgebracht noch ersichtlich. Eine "Mindestrente" sieht das Gesetz nicht vor, vielmehr kommen neben einer Rentenleistung gegebenenfalls Leistungen der Grundsicherung oder Sozialhilfe in Betracht, so dass auch bei niedrigen Renten kein Verstoß gegen die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Da der Bescheid vom 31. Juli 2009 erst nach dem Urteil des Sozialgerichts erlassen und während des Berufungsverfahrens gemäß § 96 SGG einbezogen wurde, war insoweit die Klage abzuweisen (vgl. z.B. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96 Rdnr. 7 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass sowohl die Berufung als auch die Klage ohne Erfolg geblieben sind.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung des Rentenbescheides und die Rückforderung von Rentenzahlungen nach Gewährung einer tschechischen Rente durch den ausländischen Versicherungsträger.
Mit Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 gewährte die Beklagte dem 1942 geborenen Kläger seit 1. September 2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Der monatliche Zahlbetrag der Rente betrug zunächst 545,48 EUR. Die in der ehemaligen Tschechoslowakei zurückgelegten Zeiten rechnete die Beklagte nach dem Fremdrentengesetz (FRG) an. Sie übersandte dem Kläger am 17. Februar 2003 ein tschechisches Rentenantragsformular. Am 5. Juni 2003 leitete die Beklagte das Rentenverfahren in P. ein. Mit Schreiben vom 7. April 2005 wies sie den Kläger darauf hin, sie unverzüglich zu benachrichtigen, sobald ihm der tschechische Versicherungsträger eine Rentenleistung zuerkenne.
Der tschechische Versicherungsträger teilte der Beklagten im Juni 2008 mit, dass der Kläger mit Bescheid vom 25. April 2008 ab 15. Oktober 2003 eine dortige Rentenleistung zuerkannt bekommen habe. Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 setzte die Beklagte die Rente neu fest und hob den Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe um den in Euro umgerechneten Betrag einer ausländischen Rente insoweit gemäß § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) insoweit auf, als für denselben Zeitraum Rente geleistet worden sei und werde. Es ergab sich danach ein monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 397,76 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte an, die Rente sei unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über Soziale Sicherheit vom 27. Juli 2001 festzustellen, weil neben Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung auch solche in der Tschechischen Republik zurückgelegt worden seien oder der Berechtigte sich in der Tschechischen Republik oder als tschechischer Staatsangehöriger in einem Drittstaat aufhalte.
Die Beklagte wies den vom Kläger erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2008 zurück. Der Bescheid vom 23. Januar 2003 sei zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X für die Zukunft und gemäß Absatz 1 Satz 2 für die Vergangenheit teilweise aufgehoben worden. Es seien die Voraussetzungen alle drei Tatbestandsalternativen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, 3 und 4 SGB X erfüllt. Die Anrechnung der ausländischen Rentenleistung sei gemäß § 31 Abs. 1 FRG vorzunehmen gewesen. Der Kläger sei seiner Pflicht zur Mitteilung über die Änderungen in den Verhältnissen zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Es sei ohne besondere Anstrengungen relativ leicht zu erkennen gewesen, dass die Gewährung der tschechischen Rentenleistung Auswirkungen auf die deutsche Rentenleistung haben werde. Bereits im Bescheid vom 23. Januar 2003 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Renten und vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb Deutschlands gezahlt werden, Einfluss auf die Rentenhöhe haben können. Er sei darüber informiert gewesen, dass das tschechische Rentenverfahren eingeleitet wurde; ferner sei er über das Ruhen nach § 31 FRG informiert gewesen und ihm sei mitgeteilt worden, dass nicht zustehende Beträge gemäß § 50 SGB X zu erstatten seien. Ein atypischer Fall bzw. eine besondere Härte, die gegen die Aufhebung und Rückforderung sprächen, lägen nicht vor. Die monatliche ausländische Rente mache einen Betrag in Höhe von 170,68 EUR ab 1. Juli 2008 aus. Die deutsche Rentenleistung betrage demnach ab 1. Juli 2008 netto 397,76 EUR. Damit trete Sozialhilfebedürftigkeit offensichtlich nicht ein, denn vor der Anrechnung habe die monatliche Rente 547,71 EUR betragen. Die gemäß § 48 SGB X gebotenen Fristen seien eingehalten.
Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Nürnberg hatte die Beklagte am 8. Januar 2009 einen Bescheid erlassen, mit dem sie wegen Erhöhung der tschechischen Rente den bisherigen Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 48 SGB X teilweise aufhob und die Rente ab 1. August 2008 neu berechnete. Hierdurch ergab sich eine monatliche Rentenhöhe von 388,10 EUR netto und eine Überzahlung für die Zeit vom 1. August 2008 bis 31. Januar 2009 in Höhe von 56,63 EUR. Mit Teilanerkenntnis vom 30. Januar 2009 änderte die Beklagte diesen Bescheid dahingehend ab, dass die Überzahlung von 56,63 EUR nicht von der Februarrente einbehalten wird, wie dies in dem Bescheid zunächst vorgesehen war. Im Erörterungstermin vom 30. Januar 2009 bestätigte der Kläger, dass die tschechische Rente in der richtigen Höhe angerechnet worden sei und dass er unter dem Strich gleich viel Rente erhalte wie vorher.
Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2009 ab. Soweit sich die Klage gegen die Anrechnung der tschechischen Rente richte, sei sie zulässig, aber unbegründet. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sei die Aufhebung zu Recht erfolgt. Die Rente ruhe gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 FRG. Hinsichtlich der Rentenhöhe sei die Klage unzulässig, da der Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 bestandskräftig sei. Im Übrigen sehe das Gesetz keinen Anspruch auf eine Mindestrente vor.
Mit Beschluss ebenfalls vom 15. Mai 2009 lehnte das Gericht ferner einen Antrag vom
20. April 2009 auf aufschiebende Wirkung der Klage ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 21. Juli 2009 zurück.
Zur Begründung der gegen den Gerichtsbescheid eingelegten Berufung hat der Kläger vorgebracht, durch die Kürzung der Altersrente würden seine Menschenrechte verletzt. Er hat um eine Entscheidung im Einklang mit der deutschen Verfassung und internationalen Menschenrechten gebeten. Er erweitere seine Klage und wende sich gegen die Kürzung der Altersrente. Die Kürzung stelle eine "reine Geldabzockerei durch deutsche Gesetze" dar.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 31. Juli 2009 die Altersrente ab 1. Januar 2009 neu berechnet, da sich die Berechnungsgrundlagen geändert haben. Für die Zeit ab 1. September 2009 hat die Beklagte danach monatlich 356,00 EUR, ab 1. Oktober 2009 monatlich 408,04 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. August 2008 hat sich eine Überzahlung in Höhe von 52,04 EUR ergeben. Den bisherigen Rentenbescheid hat sie mit Wirkung ab 1. Januar 2009 gemäß § 48 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe aufgehoben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Juni 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008, sowie der Bescheide vom 8. Januar 2009 und 31. Juli 2009 zu verurteilen, ihm eine Altersrente ohne Anrechnung der tschechischen Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts sowie des Bayer. Landessozialgerichts und der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil diesem kein Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente zusteht.
Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid vom 16. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008, mit dem die Beklagte die Rente neu festsetzte, den Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 gemäß § 48 SGB X teilweise aufhob, eine Überzahlung für die Zeit vom 15. Oktober 2003 bis 31. Juli 2008 feststellte und diese zurückforderte. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wurden jedoch auch die Bescheide vom 8. Januar 2009 - noch während des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens - in der Gestalt des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 30. Januar 2009 sowie vom 31. Juli 2009 während des Berufungsverfahrens Gegenstand des laufenden Verfahrens, da diese Bescheide bestehende Bescheide abgeändert und teilweise ersetzt haben. § 96 SGG gilt gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren.
Prozessual liegt in dem klägerischen Schriftsatz vom 1. August 2009 keine Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung nach §§ 153 Abs. 1, 99 SGG begründet, da sich der Kläger nach wie vor gegen die Anrechnung der tschechischen Rente bzw. die Rentenhöhe bzw. die Kürzung der Altersrente wendet.
Ausgangspunkt der streitgegenständlichen Bescheide ist der Rentenbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2003, der durch den Bescheid vom 16. Juni 2008 hinsichtlich der Rentenhöhe gemäß § 48 Abs. 1 SGB X für die Zukunft und für die Vergangenheit aufgehoben wurde. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass zumindest eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 SGB X zu Recht erfolgt ist. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist gemäß Satz 1 dieser Regelung der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Vor diesem Hintergrund ist eine Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Aufhebungsbescheide nicht ersichtlich, zumal sich die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich auch auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X bezog.
Wird dem Berechtigten von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder an Stelle einer solchen eine andere Leistung gewährt, so ruht nach § 31 Abs. 1 FRG die Rente in Höhe des in Euro umgerechneten Betrages, der als Leistung des Trägers der Sozialversicherung oder der anderen Stelle außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgezahlt wird. Ein derartiger Fall liegt hier unstreitig vor. Der Kläger bestreitet nicht, dass die tschechische Rente in der zutreffenden Höhe auf die deutsche Rente angerechnet worden ist. Mit Rentenbescheid des tschechischen Versicherungsträgers vom 25. April 2008 erhält er rückwirkend ab 15. Oktober 2003 neben der deutschen Rente auch eine tschechische Rente. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X erfasst auch die rückwirkende Gewährung von anzurechnendem Einkommen, wie sich aus § 48 Abs. 1 S. 3 SGB X ergibt. Anders als bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X kommt es auf eine Bösgläubigkeit oder ein Verschulden des Klägers nicht an, so dass der Senat dies ungeprüft lassen kann. Wie die Beklagte zutreffend in dem Widerspruchsbescheid ausführte, liegt auch kein atypischer Fall vor, der insbesondere dann gegeben wäre, wenn der Kläger im Nachhinein sozialhilfebedürftig würde. Dies ist nicht der Fall, vielmehr erhält er bei Addition der deutschen und tschechischen Rente dieselbe Rentenhöhe, wie der Kläger ausdrücklich auch bestätigte.
Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten deutschen Rentenzahlungen findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 SGB X. Die Höhe der Beträge ist dabei zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Soweit eine Auslegung des klägerischen Vorbringens ergibt, dass er sich auch gegen die Höhe der Altersrente wendet, die insgesamt zu niedrig sei, führt auch dies nicht zum Erfolg der Berufung. Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, § 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Sie ist damit grundsätzlich lohn- und beitragsbezogen; eine Mindestrente sieht das Gesetz nicht vor. Gegebenenfalls können sich jedoch Ansprüche auf Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder auf Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ergeben. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden, § 64 SGB VI. Unabhängig davon, dass der Rentenbescheid vom 23. Januar 2003 insoweit bestandskräftig geworden ist, sind Fehler bei der Rentenberechnung weder vom Kläger vorgebracht noch ersichtlich. Eine "Mindestrente" sieht das Gesetz nicht vor, vielmehr kommen neben einer Rentenleistung gegebenenfalls Leistungen der Grundsicherung oder Sozialhilfe in Betracht, so dass auch bei niedrigen Renten kein Verstoß gegen die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben ist.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Da der Bescheid vom 31. Juli 2009 erst nach dem Urteil des Sozialgerichts erlassen und während des Berufungsverfahrens gemäß § 96 SGG einbezogen wurde, war insoweit die Klage abzuweisen (vgl. z.B. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 96 Rdnr. 7 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass sowohl die Berufung als auch die Klage ohne Erfolg geblieben sind.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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