Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 AS 2166/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 307/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eilbedürftigkeit bei einstweiliger Anordnung
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 22. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren von dem Antragsgegner im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit ab Mai 2009.
Die Antragstellerin zu 1) ist Mutter der Antragstellerin zu 2) und der minderjährigen Antragstellerin zu 3). Sie beantragte erstmals im April 2008 Leistungen nach dem SGB II und erhielt diese bis zum 30. April 2009. Am 9. April 2009 beantragte sie bei dem Antragsgegner die Fortzahlung der Leistungen. Dieser lehnte den Antrag durch Bescheid vom 23. April 2009 für den Zeitraum 1. April 2009 bis zum 31. Juli 2009 ab und begründete diese Entscheidung damit, dass die Antragstellerin zu 1) über Vermögen in Höhe von 8.305,50 EUR verfüge und für diese Zeit unter Berücksichtigung der Freibeträge nicht hilfebedürftig sei.
Dagegen richtete sich der am 27. April 2009 erhobene Widerspruch, über den nach Lage der Akten bisher noch nicht entschieden worden ist. Die Antragstellerin zu 1) führte hierin zur Begründung aus, dass sie nicht über ein die zulässigen Freibeträge übersteigendes Vermögen verfüge. Denn sie schulde ihrem ehemaligen Lebensgefährten noch Geld.
Die Antragstellerin zu 1) hob am 12. Mai 2008 von ihrem Sparbuch einen Betrag in Höhe von 2.458,00 EUR ab, zahlte diesen Betrag auf ihr Girokonto ein und überwies am 14. Mai 2009 den Betrag an ihren ehemaligen Lebensgefährten.
Am selben Tag, dem 14. Mai 2009, haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Halle (SG) um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und ausgeführt: Die vorhandenen Sparguthaben seien nicht zu berücksichtigen. Einen Betrag von 1.500,00 EUR habe der ehemalige Lebensgefährte der Antragstellerin nur geliehen. Da sie bei der Trennung die Möbel behalten habe, müsse sie auch noch weiteres Geld an ihren ehemaligen Lebensgefährten zahlen. Dabei handele es sich um die Beträge i.H.v. 1.500,00 EUR auf einem Sparbuch der P. bank AG sowie um weitere 958,00 EUR bei der S C Bank. Insgesamt habe der ehemalige Lebensgefährte 2.458,00 EUR von ihr zurückgefordert. Das Geld auf den Sparkonten verwalte die Antragstellerin zu 1) auch teilweise nur treuhänderisch für ihre Kinder. Der Antragsgegner hat erwidert, die Antragstellerin zu 1) verfüge immer noch über Vermögen in Höhe von 5.578,32 EUR und könne damit zunächst ihren Bedarf aus eigenen Mitteln decken. Es sei ihr zumutbar, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten, sodass auch ein Anordnungsgrund fehle.
Am 16. Juni 2009 befand sich auf dem Sparbuch der Antragstellerin zu 1) ein Guthaben in Höhe von 5.078,32 EUR, was die Antragstellerin mit Schreiben vom 3. Juli 2009 dem SG durch Vorlage eines Auszugs aus dem Sparkonto belegt hat.
Das SG hat mit Beschluss vom 22. Juli 2009 den Antrag abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Antragstellerinnen könnten ihren Bedarf für drei Monate aus eigenem Einkommen und Vermögen decken. Der als Zeuge gehörte ehemalige Lebensgefährte habe nach der Überzeugung des Gerichts den Betrag in Höhe von 2.485,00 EUR im Mai 2009 gerade nicht zurückfordern wollen. Vielmehr habe sich aus der Vernehmung des Zeugen ergeben, dass erst die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin diese darauf aufmerksam gemacht habe, dass sie den Betrag zurückzuzahlen habe. Die Auszahlung eines Geldbetrags an den ehemaligen Lebensgefährten sei im Zusammenhang mit dem am selben Tag anhängig gemachten Eilantrags zu sehen.
Mit Bescheid vom 1. August 2009 hat der Antragsgegner den Antragstellerinnen Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 585,97 EUR monatlich bewilligt, wobei er davon ausging, dass das übersteigende Vermögen nunmehr aufgebraucht worden sei.
Die Antragstellerinnen haben gegen den ihnen am 23. Juli 2009 zugestellten Beschluss des SG am 9. August 2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung insbesondere ausgeführt: Bei dem Vermögen, das der Antragsgegner berücksichtige, handele es sich um Geld, das eigentlich dem ehemaligen Lebensgefährten zustehe. Dieser habe es der Antragstellerin zu 1) nur treuhänderisch gegeben. Zahle die Antragstellerin treuhänderisch überlassenes Geld nicht zurück, mache sie sich wegen Unterschlagung strafbar. Ihr Expartner hätte sie bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft anzeigen können. Es sei nicht einzusehen, dass die Antragstellerin zu 1) sich hätte strafbar machen müssen bzw. "in Diskussion gehen müssen mit den Ermittlungsbehörden, ob sie rechtfertigend oder vermindert schuldfähig gehandelt" habe. Der Straftatbestand wäre klassischerweise erfüllt gewesen, sofern sie nicht auf Anforderung den Geldbetrag zurückgezahlt hätte. Sie hätte klassischerweise verurteilt werden können, da sie ja zugestehe, das Geld treuhänderisch von ihrem Expartner in Verwaltung zu haben. Insofern hätte sie nicht nur "eine Verurteilung erhalten", sondern hätte auch nicht unerhebliche Verfahrenskosten zu tragen gehabt.
Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,
1. den Beschluss des SG vom 23. Juli 2009 aufzuheben und 2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ab dem Monat Mai 2009 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt seine Verwaltungsentscheidungen sowie den erstinstanzlichen Beschluss und führt aus: Gegenstand des Verfahrens sei nur der Ablehnungsbescheid vom 23. April 2009 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Juli 2009. Der Ablehnungsbescheid sei ausdrücklich bis zu diesem Tag begrenzt worden. Seit dem 1. August 2009 erhielten die Antragstellerinnen wieder Leistungen nach dem SGB II.
Der Berichterstatter hat mit zwei an die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen gerichteten Schreiben vom 16. September 2009 sowie vom 20. Oktober 2009 darauf hingewiesen, dass – da die Bedarfsgemeinschaft seit dem 1. August 2009 wieder Leistungen erhalten würde – zweifelhaft sei, ob ein Eilbedürfnis im Hinblick auf den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Juli 2009 bestehen würde. Der Antragstellerin zu 1) dürfte es insoweit zumutbar sein, u. U. auch verwertungsgeschütztes Vermögen zu verbrauchen und eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Eine Durchsetzung von Ansprüchen im Eilverfahren sei nicht erforderlich, ein Eilbedürfnis nicht zu erkennen. Die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat hierzu mitgeteilt, die Beschwerde sei begründet worden und das Eilverfahren noch durchzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Diese Akten sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet. Denn das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 22. Juli 2009 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine – hier begehrte – einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Bei einer einstweiligen Anordnung, mit der die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht wird, ist die Erforderlichkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile regelmäßig dann anzunehmen, wenn eine gegenwärtige akute Notlage in Folge der Nichterbringung von Leistungen zu beseitigen ist.
Eine Gewährung von Leistungen für die Zeit vor der Entscheidung des Gerichts kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Zwar entspricht es der überwiegenden Spruchpraxis der Sozialgerichte, die rückwirkende Verpflichtung eines Leistungsträgers zur vorläufigen Leistungsgewährung für die Zeit ab Eingang des Eilantrags beim SG bis zum Entscheidungszeitpunkt (auch im Beschwerdeverfahren) nicht von der gesonderte Glaubhaftmachung eines zum Entscheidungszeitpunkt noch aktuell vorliegenden Nachholbedarfs abhängig zu machen (siehe die Rechtsprechungshinweise bei Keller: in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 29 a am Ende und 35a). Allerdings kann aus dieser Spruchpraxis kein ausnahmslos geltender Grundsatz abgeleitet werden. So dürfte es ohne weiteres einleuchten, dass Geldleistungen von dem zu verpflichtenden Leistungsträger z. B. nicht auch für einen zwischen dem Eingang des Rechtsschutzantrags und dem Entscheidungszeitpunkt liegenden Teilzeitraum zu erbringen sind, währenddessen auf Grund des Zuflusses von Einkommen keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II vorlag. Sofern Veränderungen eingetreten sind und deshalb die Hilfebedürftigkeit ab einem bestimmten Zeitraum ganz oder zeitweise entfallen ist, etwa weil der Hilfebedürftige eine Arbeit aufgenommen hat oder ihm Vermögen zugeflossen ist oder - wie im konkreten Fall - Leistungen bewilligt worden sind, ist der oder die Hilfebedürftige auch für davor liegenden Zeiträume auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen, sofern kein konkreter Nachholbedarf glaubhaft gemacht worden ist (im Einzelnen: Beschluss des Senats vom 9. Juli 2009, L 2 AS 194/09 B ER).
Die eine Eilentscheidung rechtfertigende, noch fortwirkende aktuelle Notlage ist weder ersichtlich noch haben sie die Antragstellerinnen glaubhaft gemacht.
Aufgrund des Bescheides des Antragsgegners vom 3. August 2009 erhalten die Antragsteller seit dem 1. August 2009 Leistungen in Höhe von monatlich jeweils 585,97 EUR (vgl. im Einzelnen Bescheid vom 3. August 2009). Die Höhe der Leistungen entspricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage der den gesetzlichen Vorgaben und ist ausreichend zur Bedarfsdeckung. Die Antragsteller haben insoweit auch keine Bedenken geäußert.
Im Hinblick auf den Zeitraum vom 14. Mai 2009 bis zum 31. Juli 2009 haben die Antragsteller ebenfalls keine akute Notlage glaubhaft gemacht. Auf die Hinweise des Senats, dass es keine fortwirkende aktuelle Notlage und damit eine Eilbedürftigkeit begründe, wenn zur Überbrückung der Zeit bis Ende Juli 2009 das frei verfügbare Vermögen vom Sparbuch verbraucht werden müsse, haben die Antragsteller nicht mehr in der Sache vorgetragen. Die Prozessbevollmächtigte hat nur erklärt, dass das Eilverfahren noch durchzuführen sei. Die Antragstellerinnen haben mit Vorlage des Auszugs aus dem Sparbuch der Antragstellerin zu 1) am 3. Juli 2009 mitgeteilt, dass dort noch ein Guthaben in Höhe von 5.078,32 EUR verbucht war. Vor dem Hintergrund, dass bereits ab 1. August 2009 wieder Leistungen bewilligt worden waren, ist es den Antragstellern zumutbar, von diesem Betrag den Lebensunterhalt für die Zeit vom 4. Juli 2009 bis zum Monatsende zu bestreiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn –wie hier– ein relativ hoher, frei verfügbarer Geldbetrag vorhanden ist, der bis zur kurz bevor stehenden Wiedergewährung der SGB II-Leistungen nur zu einem kleinen Teil verwendet werden muss. Es kann einem etwaig durchzuführenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, inwieweit die Antragstellerinnen für diesen Zeitraum trotz des vorhandenen Vermögens einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren von dem Antragsgegner im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit ab Mai 2009.
Die Antragstellerin zu 1) ist Mutter der Antragstellerin zu 2) und der minderjährigen Antragstellerin zu 3). Sie beantragte erstmals im April 2008 Leistungen nach dem SGB II und erhielt diese bis zum 30. April 2009. Am 9. April 2009 beantragte sie bei dem Antragsgegner die Fortzahlung der Leistungen. Dieser lehnte den Antrag durch Bescheid vom 23. April 2009 für den Zeitraum 1. April 2009 bis zum 31. Juli 2009 ab und begründete diese Entscheidung damit, dass die Antragstellerin zu 1) über Vermögen in Höhe von 8.305,50 EUR verfüge und für diese Zeit unter Berücksichtigung der Freibeträge nicht hilfebedürftig sei.
Dagegen richtete sich der am 27. April 2009 erhobene Widerspruch, über den nach Lage der Akten bisher noch nicht entschieden worden ist. Die Antragstellerin zu 1) führte hierin zur Begründung aus, dass sie nicht über ein die zulässigen Freibeträge übersteigendes Vermögen verfüge. Denn sie schulde ihrem ehemaligen Lebensgefährten noch Geld.
Die Antragstellerin zu 1) hob am 12. Mai 2008 von ihrem Sparbuch einen Betrag in Höhe von 2.458,00 EUR ab, zahlte diesen Betrag auf ihr Girokonto ein und überwies am 14. Mai 2009 den Betrag an ihren ehemaligen Lebensgefährten.
Am selben Tag, dem 14. Mai 2009, haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Halle (SG) um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und ausgeführt: Die vorhandenen Sparguthaben seien nicht zu berücksichtigen. Einen Betrag von 1.500,00 EUR habe der ehemalige Lebensgefährte der Antragstellerin nur geliehen. Da sie bei der Trennung die Möbel behalten habe, müsse sie auch noch weiteres Geld an ihren ehemaligen Lebensgefährten zahlen. Dabei handele es sich um die Beträge i.H.v. 1.500,00 EUR auf einem Sparbuch der P. bank AG sowie um weitere 958,00 EUR bei der S C Bank. Insgesamt habe der ehemalige Lebensgefährte 2.458,00 EUR von ihr zurückgefordert. Das Geld auf den Sparkonten verwalte die Antragstellerin zu 1) auch teilweise nur treuhänderisch für ihre Kinder. Der Antragsgegner hat erwidert, die Antragstellerin zu 1) verfüge immer noch über Vermögen in Höhe von 5.578,32 EUR und könne damit zunächst ihren Bedarf aus eigenen Mitteln decken. Es sei ihr zumutbar, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten, sodass auch ein Anordnungsgrund fehle.
Am 16. Juni 2009 befand sich auf dem Sparbuch der Antragstellerin zu 1) ein Guthaben in Höhe von 5.078,32 EUR, was die Antragstellerin mit Schreiben vom 3. Juli 2009 dem SG durch Vorlage eines Auszugs aus dem Sparkonto belegt hat.
Das SG hat mit Beschluss vom 22. Juli 2009 den Antrag abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Antragstellerinnen könnten ihren Bedarf für drei Monate aus eigenem Einkommen und Vermögen decken. Der als Zeuge gehörte ehemalige Lebensgefährte habe nach der Überzeugung des Gerichts den Betrag in Höhe von 2.485,00 EUR im Mai 2009 gerade nicht zurückfordern wollen. Vielmehr habe sich aus der Vernehmung des Zeugen ergeben, dass erst die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin diese darauf aufmerksam gemacht habe, dass sie den Betrag zurückzuzahlen habe. Die Auszahlung eines Geldbetrags an den ehemaligen Lebensgefährten sei im Zusammenhang mit dem am selben Tag anhängig gemachten Eilantrags zu sehen.
Mit Bescheid vom 1. August 2009 hat der Antragsgegner den Antragstellerinnen Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 585,97 EUR monatlich bewilligt, wobei er davon ausging, dass das übersteigende Vermögen nunmehr aufgebraucht worden sei.
Die Antragstellerinnen haben gegen den ihnen am 23. Juli 2009 zugestellten Beschluss des SG am 9. August 2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung insbesondere ausgeführt: Bei dem Vermögen, das der Antragsgegner berücksichtige, handele es sich um Geld, das eigentlich dem ehemaligen Lebensgefährten zustehe. Dieser habe es der Antragstellerin zu 1) nur treuhänderisch gegeben. Zahle die Antragstellerin treuhänderisch überlassenes Geld nicht zurück, mache sie sich wegen Unterschlagung strafbar. Ihr Expartner hätte sie bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft anzeigen können. Es sei nicht einzusehen, dass die Antragstellerin zu 1) sich hätte strafbar machen müssen bzw. "in Diskussion gehen müssen mit den Ermittlungsbehörden, ob sie rechtfertigend oder vermindert schuldfähig gehandelt" habe. Der Straftatbestand wäre klassischerweise erfüllt gewesen, sofern sie nicht auf Anforderung den Geldbetrag zurückgezahlt hätte. Sie hätte klassischerweise verurteilt werden können, da sie ja zugestehe, das Geld treuhänderisch von ihrem Expartner in Verwaltung zu haben. Insofern hätte sie nicht nur "eine Verurteilung erhalten", sondern hätte auch nicht unerhebliche Verfahrenskosten zu tragen gehabt.
Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,
1. den Beschluss des SG vom 23. Juli 2009 aufzuheben und 2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ab dem Monat Mai 2009 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt seine Verwaltungsentscheidungen sowie den erstinstanzlichen Beschluss und führt aus: Gegenstand des Verfahrens sei nur der Ablehnungsbescheid vom 23. April 2009 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Juli 2009. Der Ablehnungsbescheid sei ausdrücklich bis zu diesem Tag begrenzt worden. Seit dem 1. August 2009 erhielten die Antragstellerinnen wieder Leistungen nach dem SGB II.
Der Berichterstatter hat mit zwei an die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen gerichteten Schreiben vom 16. September 2009 sowie vom 20. Oktober 2009 darauf hingewiesen, dass – da die Bedarfsgemeinschaft seit dem 1. August 2009 wieder Leistungen erhalten würde – zweifelhaft sei, ob ein Eilbedürfnis im Hinblick auf den Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Juli 2009 bestehen würde. Der Antragstellerin zu 1) dürfte es insoweit zumutbar sein, u. U. auch verwertungsgeschütztes Vermögen zu verbrauchen und eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Eine Durchsetzung von Ansprüchen im Eilverfahren sei nicht erforderlich, ein Eilbedürfnis nicht zu erkennen. Die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat hierzu mitgeteilt, die Beschwerde sei begründet worden und das Eilverfahren noch durchzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Diese Akten sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet. Denn das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 22. Juli 2009 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine – hier begehrte – einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Bei einer einstweiligen Anordnung, mit der die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht wird, ist die Erforderlichkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile regelmäßig dann anzunehmen, wenn eine gegenwärtige akute Notlage in Folge der Nichterbringung von Leistungen zu beseitigen ist.
Eine Gewährung von Leistungen für die Zeit vor der Entscheidung des Gerichts kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Zwar entspricht es der überwiegenden Spruchpraxis der Sozialgerichte, die rückwirkende Verpflichtung eines Leistungsträgers zur vorläufigen Leistungsgewährung für die Zeit ab Eingang des Eilantrags beim SG bis zum Entscheidungszeitpunkt (auch im Beschwerdeverfahren) nicht von der gesonderte Glaubhaftmachung eines zum Entscheidungszeitpunkt noch aktuell vorliegenden Nachholbedarfs abhängig zu machen (siehe die Rechtsprechungshinweise bei Keller: in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 29 a am Ende und 35a). Allerdings kann aus dieser Spruchpraxis kein ausnahmslos geltender Grundsatz abgeleitet werden. So dürfte es ohne weiteres einleuchten, dass Geldleistungen von dem zu verpflichtenden Leistungsträger z. B. nicht auch für einen zwischen dem Eingang des Rechtsschutzantrags und dem Entscheidungszeitpunkt liegenden Teilzeitraum zu erbringen sind, währenddessen auf Grund des Zuflusses von Einkommen keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II vorlag. Sofern Veränderungen eingetreten sind und deshalb die Hilfebedürftigkeit ab einem bestimmten Zeitraum ganz oder zeitweise entfallen ist, etwa weil der Hilfebedürftige eine Arbeit aufgenommen hat oder ihm Vermögen zugeflossen ist oder - wie im konkreten Fall - Leistungen bewilligt worden sind, ist der oder die Hilfebedürftige auch für davor liegenden Zeiträume auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen, sofern kein konkreter Nachholbedarf glaubhaft gemacht worden ist (im Einzelnen: Beschluss des Senats vom 9. Juli 2009, L 2 AS 194/09 B ER).
Die eine Eilentscheidung rechtfertigende, noch fortwirkende aktuelle Notlage ist weder ersichtlich noch haben sie die Antragstellerinnen glaubhaft gemacht.
Aufgrund des Bescheides des Antragsgegners vom 3. August 2009 erhalten die Antragsteller seit dem 1. August 2009 Leistungen in Höhe von monatlich jeweils 585,97 EUR (vgl. im Einzelnen Bescheid vom 3. August 2009). Die Höhe der Leistungen entspricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage der den gesetzlichen Vorgaben und ist ausreichend zur Bedarfsdeckung. Die Antragsteller haben insoweit auch keine Bedenken geäußert.
Im Hinblick auf den Zeitraum vom 14. Mai 2009 bis zum 31. Juli 2009 haben die Antragsteller ebenfalls keine akute Notlage glaubhaft gemacht. Auf die Hinweise des Senats, dass es keine fortwirkende aktuelle Notlage und damit eine Eilbedürftigkeit begründe, wenn zur Überbrückung der Zeit bis Ende Juli 2009 das frei verfügbare Vermögen vom Sparbuch verbraucht werden müsse, haben die Antragsteller nicht mehr in der Sache vorgetragen. Die Prozessbevollmächtigte hat nur erklärt, dass das Eilverfahren noch durchzuführen sei. Die Antragstellerinnen haben mit Vorlage des Auszugs aus dem Sparbuch der Antragstellerin zu 1) am 3. Juli 2009 mitgeteilt, dass dort noch ein Guthaben in Höhe von 5.078,32 EUR verbucht war. Vor dem Hintergrund, dass bereits ab 1. August 2009 wieder Leistungen bewilligt worden waren, ist es den Antragstellern zumutbar, von diesem Betrag den Lebensunterhalt für die Zeit vom 4. Juli 2009 bis zum Monatsende zu bestreiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn –wie hier– ein relativ hoher, frei verfügbarer Geldbetrag vorhanden ist, der bis zur kurz bevor stehenden Wiedergewährung der SGB II-Leistungen nur zu einem kleinen Teil verwendet werden muss. Es kann einem etwaig durchzuführenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, inwieweit die Antragstellerinnen für diesen Zeitraum trotz des vorhandenen Vermögens einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, § 177 SGG.
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