S 7 SO 52/08

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 7 SO 52/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bezieher von SGB XII-Leistungen haben Anspruch auf Ausstattung mit einem TV-Gerät sowie einem geeigneten Empfangsgerät, wenn sie zuvor noch nicht über ein Fernsehgerät verfügten.
1. Unter Abänderung seines Bescheides vom 05.12.2007, abgeändert durch den Teilabhilfebescheid vom 16.01.2008, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2008 wird der Beklagte verpflichtet, den Kläger mit einem gebrauchten Fernsehgerät nebst einer geeigneten Empfangsmöglichkeit auszustatten.

2. Hilfsweise wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger angemessene Geldmittel zur Anschaffung eines gebrauchten Fernsehgeräts nebst einer geeigneten Empfangsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen.

3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Leistungsverpflichtung des Beklagten nach dem SGB XII, namentlich um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist dem Kläger ein Fernsehgerät nebst Empfangsgerät zu beschaffen.

Der Kläger erhielt bis einschließlich Oktober 2007 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz durch den Landkreis C. Bis dahin bewohnte er nach eigenen – unwiderlegten – Angaben eine möblierte Wohnung nebst Fernsehgerät. Wegen Umzugs des Klägers erfolgte die Leistungseinstellung. Am 30.10.2007 beantragte der Kläger Leistungen nach dem SGB XII bei dem Beklagten. Mit Bescheid vom 30.11.2007 bewilligte der Beklagte laufende Leistungen nach dem SGB XII ab November 2007. Der Kläger bewohnt seit dem ebenfalls eine möblierte Wohnung, indessen ohne Fernsehgerät.

Am 04.12.2007 beantragte der Kläger ihm ein "TV + Sat-Anlage (Kostenvorschlag etwa 150,- EUR)" zu bewilligen. Er wies in seinem Antrag darauf hin, dass er sich nicht mehr erinnere, was mit seinem letzten Fernseher geschehen sei, es sei zu lange her.

Mit Bescheid vom 05.12.2007 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem begehrten Fernseher handele es sich um eine Ersatzbeschaffung, welche keinen einmaligen Bedarf im Sinne des § 31 Abs. 2 SGB XII darstelle, sondern als notwendiger Lebensunterhalt im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB XII gem. § 28 SGB XII in den Regelsätzen enthalten sei.

Gegen den ablehnenden Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 04.01.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass der Fernseher zur Erstausstattung im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB XII gehöre. Er habe bis dato in einem möblierten Zimmer gewohnt, aus dem er keine Einrichtungsgegenstände mitnehmen konnte, weil diese nicht in seinem Eigentum standen. Das nunmehr bewohnte – ebenfalls möblierte Zimmer – verfüge über kein Fernsehgerät.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2008 lehnte der Beklagte die Bewilligung eines Fernsehers mit der Begründung aus dem Ausgangsbescheid vom 05.12.2007 ab.

Am 12.09.2008 erhob der Kläger dagegen Klage zum SG Fulda. Er bleibt insoweit bei seiner Argumentation im Verwaltungsverfahren.

Der Kläger beantragt,
1. Der Bescheid vom 5.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2008 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
3. Der Beklagte wird verurteilt, die notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Klägers im Vorverfahren und im Widerspruchsverfahren zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bleibt vollumfänglich bei seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass er, bevor er die möblierte Wohnung im Landkreis C. bezogen hat, obdachlos war.

Das Gericht hat von Amts wegen die Beklagtenakte beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Das Begehren des Klägers ist ungeachtet des Wortlauts gem. § 123 SGG dahin auszulegen, dass er – seinem ursprünglichen Antrag im Verwaltungsverfahren entsprechend – die Ausstattung mit einem Fernseher nebst geeignetem Empfangsgerät begehrt. In der Verhandlung hat der Kläger deutlich gemacht, dass es ihm nicht auf eine Satelliten-Anlage ankomme. Für ihn sei nur entscheidend, dass er über eine Grundversorgung an Fernsehkanälen verfüge.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ausstattung mit einem Fernsehgerät nebst geeigneter Empfangsmöglichkeit zu. Die Ausstattung stellt einen einmaligen Bedarf im Sinne des § 31 SGB XII dar.

Zutreffend hat das BVerwG bereits im Jahre 1997 entschieden, dass es zur Aufgabe der Sozialhilfe gehört, der sozialen Ausgrenzung des Hilfebedürftigen zu begegnen. Den Hilfeempfängern ist die Möglichkeit zu geben, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben. Dazu gehört die Möglichkeit, sich durch das Medium Fernsehen zu bilden und zu unterhalten (vgl. dazu bereits BVerwG, NJW 1998, S. 1967 f.).

Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII werden Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte gesondert erbracht. Zur Erstausstattung gehört die gesamte Wohnungsausstattung, mithin auch – korrespondierend mit der vorbezeichneten Rechtssprechung des BVerwG – ein Fernseher nebst einer geeigneten Empfangsmöglichkeit.

Aus der Bedarfsbezogenheit des Erstausstattungsbegriffs ist abzuleiten, dass auch ein Wohnungsloser nachdem er eine neue Wohnung gefunden hat, einen entsprechenden Anspruch für sich ableiten kann. Dieser Anspruch des Klägers ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er bereits im Landkreis C. eine Wohnung gefunden hatte, denn ausweislich seiner Einlassung war diese möbliert und verfügte über ein empfangsbereites Fernsehgerät, so dass zu diesem Zeitpunkt keine Veranlassung bestand, den Kläger mit einem Fernsehgerät auszustatten. Der Anspruch auf (Erst-) Ausstattung mit einem Fernsehgerät nebst geeigneter Empfangsmöglichkeit entstand für den Kläger mit dem Umzug in die möblierte aber nicht mit einem Fernseher ausgestattete Wohnung.

Selbstverständlich kann ein Anspruch auf Erstausstattung eines Wohnungslosen dann nicht bestehen, wenn ein Antragsteller selbst den Verlust der begehrten Haushaltsgeräte zu verantworten hat. Insoweit hat aber der Beklagte weder vorgetragen, noch ist dergleichen ersichtlich. Der Vortrag der Wohnungslosigkeit ist unwiderlegt. Für das Gericht sind auch keinerlei Anknüpfungspunkte ersichtlich, welche Zweifel an den Angaben des Klägers rechtfertigen könnten.

Soweit der Beklagte die Meinung vertritt, es handele sich um eine Ersatzbeschaffung, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag dahingehend, dass der Kläger überhaupt jemals ein eigenes Fernsehgerät besessen hat.

Die Erstausstattung kann auch als Sachleistung gewährt werden und ist weiterhin auch in gebrauchten Zustand zumutbar (vgl. WENZEL, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, § 31 SGB XII, § 31 Rn. 2). Sofern es dem Beklagten nicht möglich, ist den Kläger mit den entsprechenden Gerätschaften im gebrauchten Zustand auszustatten, ist er verpflichtet, diesem die nötigen finanziellen Mittel zur Anschaffung zur Verfügung zu stellen.

Bei der Ausstattung des Klägers mit einem gebrauchten Fernsehgerät nebst geeigneter Empfangsmöglichkeit respektive bei der Ausstattung mit entsprechenden finanziellen Mitteln, wird der Beklagte darauf zu achten haben, dass der Zustand der Geräte eine hinreichende Gebrauchsmöglichkeit in zeitlicher Hinsicht gewährleistet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Für das Gericht bestand keine Veranlassung die Berufung, welche gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung bedurft hätte, zuzulassen. Die Voraussetzungen für Zulassung gem. § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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