Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
128
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 128 AS 38212/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern für November 2009 jeweils Leistungen in Höhe von 473,- EUR (insgesamt 946,- EUR für die Bedarfsgemeinschaft) sowie für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis zum 30. April 2010 jeweils Leistungen in Höhe von monatlich 568,- EUR (insgesamt 1.136,- EUR für die Bedarfsgemeinschaft) zu gewähren. 2. Der Antragsgegner hat den Antragstellern deren außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner.
Der ... 1949 geborene Antragsteller zu 1. und die am ... 1964 geborene Antragstellerin zu 2. sind verheiratet und bewohnen eine rund 68 qm große Wohnung zu einer monatlichen Kaltmiete von 488,32 EUR zzgl. einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 68,- EUR sowie einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 123,22 EUR. Der Antragsteller zu 1. ist selbständig und betreibt einen Kiosk. Hieraus hat er ausweislich eines Steuerbescheides des Finanzamts Charlottenburg vom 2. Februar 2009 im Jahr 2007 Einkünfte in Höhe von 7.294,- EUR erzielt. Der Antragsteller zu 1. hat die Antragstellerin zu 2. zu einem monatlichen Bruttolohn von 401,- EUR bei sich angestellt. Die Antragsteller verfügten des Weiteren über folgendes Vermögen:
&61485; Wertpapiere, die sie am 15. Juli 2009 über die B V für 10.562,50 EUR verkauften, &61485; einen Sparbrief der K-Q-Bank Nummer im Wert von 18.170,- EUR (nachfolgend: Sparbrief); diesen haben sie ausweislich einer Bestätigung von Frau R P (P.) für ein von P. gewährtes Darlehen als Sicherheit abgetreten; am 16. Juli 2009 wurde den Antragstellern nach Auflösung des Sparbriefes ein Betrag von 18.663,46 EUR überwiesen; mit Schreiben vom 14. August 2009 hat P. bestätigt, das Darlehen von 18.500,- EUR vom Antragsteller zu 1. zurückgezahlt bekommen zu haben; &61485; eine Lebensversicherung bei der DBV W Nummer ; diese wurde gekündigt, das Guthaben in Höhe von 17.947,85 EUR am 6. Mai 2008 auf das Konto der Antragsteller überwiesen; &61485; eine Rentenversicherung bei K-Q-Versicherungen Nummer ; dieser Vertrag wurde an den Vermieter des Ladengeschäfts des Antragstellers zu 1. im Februar 2004 abgetreten; nach Vertragsbeendigung wurde der Verkaufserlös von 13.411,52 EUR den Antragstellern im August 2008 gutgeschrieben.
Im August 2008 beantragten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Ihnen wurden vom Antragsgegner mit Bescheid vom 28. Januar 2009 (Änderungsbescheid für Februar 2009 erging am 18. Februar 2009) vorläufig Leistungen für die Zeit vom 26. August 2008 bis zum 28. Februar 2009 bewilligt. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner unter anderem einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Antragstellers zu 1., der Diabetiker ist, in Höhe von monatlich 51,13 EUR. Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigte er im Umfang von 667,60 EUR, wobei er 11,94 EUR für Warmwasserbereitung abzog. Auf den Bedarf rechnete er das Einkommen der Antragstellerin zu 2. nach Berücksichtigung der Freibeträge im Umfang von monatlich 177,15 EUR an. Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigte er nicht.
Im Januar 2009 beantragen die Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Änderungen gaben sie im Wesentlichen nicht an. Ihnen wurden vom Antragsgegner mit Bescheid vom 19. Februar 2009 Leistungen für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2009 bewilligt. Bei der Bewilligung ging der Antragsgegner weitgehend vom selben Bedarf aus wie im Bescheid für den vorherigen Zeitraum. Nicht mehr berücksichtigt wurde ein ernährungsbedingter Mehrbedarf für den Antragsteller zu 1. Mit Schreiben vom 18. Februar 2009 setzte der Antragsgegner die Antragsteller über eine seiner Ansicht nach angemessene Bruttowarmmiete in Höhe von nur 444,- EUR monatlich in Kenntnis. Sollten sich die Antragsteller bis zum 12. März 2009 nicht hierzu geäußert haben, würden sie eine schriftliche Aufforderung erhalten, sich um preisgünstigeren Wohnraum zu bemühen. Die Antragsteller nahmen hierzu Stellung. Sie wiesen auf das Alter des Antragstellers zu 1. sowie dessen 2007 erlittenen Schlaganfall und auf die Gehbehinderung der Antragstellerin zu 2. (Grad der Behinderung 60) hin. Ein Aufforderungsschreiben, sich preisgünstigeren Wohnraum zu suchen, übermittelte der Antragsgegner nicht.
Im Juli 2009 erlangte der Antragsgegner anlässlich eines Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis von Kapitalerträgen der Antragsteller im Jahr 2007. Hierzu nahmen die Antragsteller dahingehend Stellung, im Jahr 2007 keine Leistungen vom Antragsgegner erhalten zu haben. Sie beantragten im August 2009 die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Dabei prognostizierten sie einen Gesamtgewinn für die Monate September 2009 bis Februar 2010 in Höhe von 460,55 EUR. Am 2. September 2009 beglich der Antragsteller zu 1. Schulden bei seinem Vermieter in Höhe von 6.135,51 EUR sowie Schulden beim Finanzamt in Höhe von 4.315,55 EUR. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab, weil das zu berücksichtigende Vermögen aus dem Sparbrief und dem Wertpapierverkauf in Höhe von 29.225,96 EUR die Freibeträge von 17.250,- EUR übersteige. Hiergegen legten die Antragsteller am 25. Oktober 2009 Widerspruch ein.
Am 6. November 2009 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Sparbrief sei bereits am 14. Dezember 2007 an P. verpfändet worden und demnach nicht als Vermögen verfügbar gewesen. Der Verkaufserlös aus dem Sparbrief sei für die Rückzahlung des Darlehens verwendet worden. Auch die weiteren Verkaufserlöse seien vollständig zur Begleichung von Verbindlichkeiten verwendet worden. Anrechenbares Einkommen erziele der Antragsteller zu 1. nicht.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II ab Rechtshängigkeit zu bewilligen und zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Verpfändung des Sparbriefes Nr ... und die Rückzahlung des Darlehens an P. in bar seien nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dazu sei Vermögen aus einem Wertpapierverkauf in Höhe von 10.562,- EUR zu berücksichtigen, so dass das Vermögen die Freibeträge übersteige.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte und der die Antragsteller betreffenden Verwaltungsakte Bezug genommen. Er war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der zulässige Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Insoweit gilt § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist damit die Glaubhaftmachung von Tatsachen, die einen Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Zwischen beiden besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit oder Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 2007 - L 1 ER 32/07 AY). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenwertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine abschließende Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze haben die Antragsteller ab Antragseingang bei Gericht am 6. November 2009 bis zum 30. April 2010 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.
Einem Anspruch der Antragsteller steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihr Vermögen nicht entgegen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Das zu berücksichtigende Vermögen überschreitet nicht die den Antragstellern nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II zustehenden Freibeträge von insgesamt 17.250,- EUR (105 Lebensjahre mal 150,- EUR ergeben 15.750,- EUR + 1.500,- EUR).
Keines näheren Eingehens bedarf es dabei auf die bereits im Mai und Juli 2008 aufgelösten Lebens- (DBV W, Nummer ) und Rentenversicherungen (K Q, Nummer ), deren Verwertung und Verbrauch die Antragsteller wohl auch nach Auffassung des Antragsgegners hinreichend glaubhaft belegt haben. Aber auch der Sparbrief Nummer. von der K Q-Versicherung sowie der Verkauf von Wertpapieren stehen einem Anspruch nicht entgegen.
Die Antragsteller haben im Juli 2009 ihren Sparbrief Nummer von der K Q-Versicherung aufgelöst. Hierfür wurde auf dem Konto der N bank Nummer am 16. Juli 2009 ein Betrag von 18.663,46 EUR (18.170,- zzgl. anteiliger Zinsen für 2009) gutgeschrieben. Dieser Betrag ist trotz des damals noch bestehenden Leistungsbezuges der Antragsteller nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. März 2009 (B 4 AS 47/08 R) Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Insoweit ließe sich erwägen, dass die Antragsteller während des laufenden Leistungsbezuges anrechenbares Einkommen erhalten haben (mit der Folge, dass es auf den anschließenden Verbrauch des erzielten Erlöses wohl nicht mehr ankäme). So liegt der Fall hier aber nicht. Sollten die Antragsteller ihren Anspruch aus dem Sparbrief an die Kreditgeberin P. abgetreten haben, dürfte – ungeachtet der genauen rechtlichen Bewertung – der Erlös von rund 18.600,- EUR gar nicht mehr dem Vermögen der Antragsteller zuzuordnen sein. Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass der Sparbrief und der aus dessen Verkauf erzielte Erlös dem Vermögen der Antragsteller zu jeder Zeit zuzuordnen gewesen sind, liegt ein anrechenbares Einkommen insoweit nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, der sich die Kammer anschließt und die sie auf das Recht des SGB II überträgt, erzielt der Arbeitslose dadurch, dass er einen bereits in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert veräußert, kein zu berücksichtigendes Einkommen (Urteil vom 20. Juni 1978 - 7 RAr 47/77 – juris). So liegt der Fall aber hier, denn das, was die Antragsteller in Form eines Sparbriefes bereits hatten (18.170,- EUR zzgl. Zinsanspruch), haben sie lediglich "umgewandelt" in Geld (im Ergebnis ebenso Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 11, Rn. 21).
Der demnach als Vermögen grundsätzlich zu berücksichtigende Betrag von rund 18.600,- EUR ist im Umfang von 18.500,- EUR am 14. August 2009 verbraucht worden. Dies geht aus der schriftlichen Quittung der P. hervor, die eine entsprechende Barzahlung bestätigt hat. Die Einlassung des Antragsgegners, angesichts des Betrages sei eine Barzahlung ungewöhnlich und nicht hinreichend dargetan, ist in dieser Form zu dürftig. Die Antragsteller haben durch Vorlage der Kontoauszüge belegt, vor dem 14. August 2009 mehrere erhebliche Barabhebungen nach Eingang des Erlöses aus dem Verkauf des Sparbriefes vorgenommen zu haben. Sie haben Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine Darlehensforderung über 18.500,- EUR ergibt. Diese Unterlagen und die Quittung stellen ausreichende Belege für Bestehen und Rückzahlung des Darlehens dar, zumal nicht ersichtlich ist, welche weiter gehenden Unterlagen die Antragsteller nun noch vorlegen sollten.
Nachdem Vermögen aus dem Verkauf des Sparbriefes nicht zu berücksichtigen ist, das allenfalls zu berücksichtigende Vermögen aus dem Wertpapierverkauf von rund 10.500,- EUR aber die Freibeträge nicht überschreitet, bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf letztgenannten Wertpapierverkauf. Allerdings dürfte einer Berücksichtigung des aus dem Wertpapierverkauf erzielten Erlöses als Vermögen der Verbrauch von rund 10.450,- EUR am 2. September 2009 zur Begleichung von Kautions- und Steuerschulden entgegenstehen.
Anhaltspunkte für etwaiges weiteres Vermögen, das die Freibeträge übersteigt, hat die Kammer nicht, nachdem der Antragsteller zu 1. Angaben zu einer Versicherung bei K Q Nummer nachgeholt hat.
Steht einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II Vermögen demnach nicht entgegen, ist der Bedarf zu bestimmen. Neben den Regelleistungen von insgesamt 646,- EUR sind als anerkannte Kosten für Unterkunft und Heizung 679,54 EUR anzusetzen, diese nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gekürzt um Kosten für Warmwasserbereitung in Höhe von monatlich 11,64 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R und nunmehr Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 R). Eine Kürzung der Unterkunftskosten auf ein vermeintlich angemessenes Maß kommt vorliegend nicht in Betracht. Dabei lässt die Kammer offen, ob und inwieweit die monatliche Kaltmiete der derzeit von den Antragstellern bewohnten Wohnung unangemessen hoch ist. Offen lässt sie auch, inwieweit die von den Antragstellern im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente (Alter und Krankheit) einen Umzug als unzumutbar erscheinen lassen. Jedenfalls folgt der Anspruch der Antragsteller auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Vorschrift begründet nach der Rechtsprechung des BSG eine Obliegenheit zur Kostensenkung (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 8). Ergibt der Vergleich zwischen tatsächlichen Unterkunftskosten und der Referenzmiete, dass die Aufwendungen der konkret angemieteten Wohnung höher sind als die angemessene Referenzmiete, ist der Hilfeempfänger angehalten, Maßnahmen zur Kostensenkung einzuleiten. Kennt der Hilfebedürftige seine Obliegenheit zur Senkung der Kosten seiner Unterkunft und sind Kostensenkungsmaßnahmen sowohl subjektiv zumutbar als auch möglich, kann er die Erstattung seiner Aufwendungen ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahmen zum Beispiel bei Einhaltung von Kündigungsfristen etc. wirksam werden könnten, nur noch in Höhe der Referenzmiete, also der Aufwendungen für eine angemessene Wohnung verlangen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R). Vorliegend fehlt es an der Kenntnis der Antragsteller über eine etwaige Obliegenheit zur Kostensenkung. Der Antragsgegner hat zwar die Antragsteller über die seiner Ansicht nach angemessene Warmmiete in Kenntnis gesetzt. Er hat den Antragstellern aber ausdrücklich die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und nur für den Fall, dass die Antragsteller nicht Stellung nehmen würden, ein Aufforderungsschreiben, sich preisgünstigeren Wohnraum zu suchen, in Aussicht gestellt. Die Antragsteller haben Stellung genommen. Der Antragsgegner hat darauf nicht mehr reagiert. Bei dieser Sachlage mussten die Antragsteller jedenfalls in vorliegendem Einzelfall davon ausgehen, dass die von ihnen vorgetragenen Erwägungen vom Antragsgegner akzeptiert würden und sie sich um günstigeren Wohnraum nicht kümmern mussten, mindestens aber mussten sie annehmen, dass sie sich erst nach Zugang einer Kostensenkungsaufforderung um günstigeren Wohnraum zu kümmern hatten (vgl. zur Funktion der Kostensenkungsaufforderung LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009 - L 14 B 2268/08 AS ER).
Den Antragstellern sind auch die tatsächlichen Heiz- und Betriebskosten zu zahlen. Die Kammer verkennt allerdings nicht, dass vorliegend die von den Antragstellern bewohnte Wohnung unter Umständen mit 68 qm zu groß sein könnte (vgl. allerdings SG Berlin, Urteil vom 26. September 2008 - S 37 AS 23104/07, nach dem für einen Zwei-Personen-Haushalt bis 60 qm angemessen sind; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. September 2009 - L 32 AS 1248/09 -, das 65 (Zweizimmerwohnung) und 80 qm (Dreizimmerwohnung) als abstrakt angemessen erachtet) und eine zu große Wohnung auch zu unangemessenen Heiz- und Betriebskosten führen kann (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08 -, nach dem die Heizkosten im Rahmen der Wirtschaftlichkeit in vollem Umfang abhängig von der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl zu übernehmen sind). Je nachdem, ob man sich für die Bestimmung der angemessenen Heiz- und Betriebskosten an dem vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel orientiert (so beispielsweise LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08) oder an den Werten der Anlage I zum Berliner Mietspiegel, wobei teilweise der 4/5 Spannen-Oberwert herangezogen wird (so Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07), kann vorliegend von angemessenen oder unangemessenen Heiz- und Betriebskosten ausgegangen werden. Allerdings ist die Kammer der Auffassung, dass entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die tatsächlichen Heiz- und Betriebskosten zu übernehmen sind (vgl. für die Heizkosten zu § 22 Abs. 1 Satz 2 a. F. BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 54/07 R; vgl. auch SG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2009 - S 37 AS 17129/08). Das BSG führt hierzu aus, dass in der Vorschrift nur von Aufwendungen für die Unterkunft die Rede sei, und der Gesetzgeber auch in Folgeregelungen die Aufwendungen für Heizung nicht ausdrücklich aufgenommen habe. Der Umkehrschluss aus dem Wortlaut der Vorschrift stehe aber im Widerspruch zu ihrem Sinn und Zweck. Sie enthalte eine Zumutbarkeitsregelung, mit der verhindert werden soll, dass der Leistungsberechtigte sofort bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen ist, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Für eine Übergangszeit werde dem Hilfebedürftigen der räumliche Lebensmittelpunkt auch bei unangemessenen Kosten erhalten. Zu dem Grundbedürfnis "Wohnen", das von § 22 SGB II geschützt werde, gehöre aber nicht nur eine bestimmte Räumlichkeit, sondern auch eine angemessene Raumtemperatur (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31. März 2009 - L 9 AS 175/07). Die Kammer folgt dem in Begründung und Ergebnis und erstreckt die zitierte Rechtsprechung auch auf die Betriebskosten, für die die Erwägungen zu den Heizkosten entsprechend gelten. Beruhen zu hohe Heiz- und Betriebskosten nicht auf einem unwirtschaftlichen Verhalten des Hilfebedürftigen, sondern allein auf der Wohnungsgröße, müssen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II neben der tatsächlichen Kaltmiete auch die tatsächlichen Nebenkosten übernommen werden.
Der Bedarf der Antragsteller beträgt demnach monatlich 1.313,90 EUR. Soweit in der Vergangenheit ein ernährungsbedingter Mehrbedarf wegen der Diabetes-Erkrankung des Antragstellers zu 1. geltend gemacht und nach § 21 Abs. 5 SGB II im Umfang von monatlich 51,13 EUR teilweise auch anerkannt wurde, ist dieser Bedarf jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu gewähren. Bei der gebotenen summarischen Prüfung sind nämlich die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Stand: 1. Oktober 2008) zu berücksichtigen. Auf Seite 11 dieser Empfehlungen ist ausgeführt, dass bei Diabetes in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen sei, wovon die Kammer vorliegend gleichfalls ausgeht (vgl. zur Frage der Verbindlichkeit der Empfehlungen jedenfalls des neuesten Standes LSG Sachsen, Urteil vom 27. August 2009 - L 3 AS 245/08).
Vom Bedarf ist das Einkommen der Antragsteller abzuziehen. Das Einkommen der Antragstellerin zu 2. beträgt monatlich brutto 401,- EUR, netto 339,11 EUR. Nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 30 SGB II ist hiervon ein Freibetrag von 160,20 EUR abzuziehen, so dass ein anzurechnender Betrag von 178,91 EUR verbleibt.
Anrechenbares Einkommen des Antragstellers zu 1. aus dessen selbständiger Tätigkeit liegt nach summarischer Prüfung nicht vor. Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-V sind bei der Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.
Die Kammer zieht zur Schätzung – eine exakte Bestimmung des Einkommens ist aus nahe liegenden Gründen nicht möglich – des Einkommens des Antragstellers zu 1. aus dessen selbständiger Tätigkeit nicht den Einkommenssteuerbescheid für 2007 heran, denn dieser vermag Aufschlüsse über die aktuelle Einkommenssituation nicht zu geben. Ein Einkommenssteuerbescheid für 2008 liegt noch nicht vor. Die Kammer sieht es deshalb als geboten an, die vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) für das Jahr 2009 bei der Einkommensschätzung heranzuziehen. Dabei ergibt sich für den Zeitraum von Januar bis September 2009 ein Minus von gut 23.000,- EUR. Die Kammer lässt offen, ob diese BWA die tatsächliche Gewinn- und Verlustrechnung im Detail vollständig wieder spiegelt. Selbst dann nämlich, wenn man den Posten "Zugang Verbindl." mit gut 10.300,- EUR nicht berücksichtigen wollte, ergäbe sich gleichwohl ein deutlicher Verlust. Bei dieser Sachlage hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu 1. Einkommen, zumal ein solches, das den Grundfreibetrag von 100,- EUR überschreiten würde, erzielt.
Den Antragstellern sind demnach monatlich Leistungen in Höhe von 1.134,99 EUR, für November 2009 anteilig in Höhe von 945,83 EUR (§ 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II), zu erbringen. Individualisiert auf die beiden Antragsteller, deren Bedarf exakt identisch ist, so dass das Einkommen der Antragstellerin zu 2. auch in gleicher Höhe anzurechnen ist, sind den Antragstellern jeweils monatlich 567,50 EUR, für November 472,92 EUR zu gewähren (horizontale Berechnungsmethode, vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R). Diese Beträge sind nach § 41 Abs. 2 SGB II gerundet auf 568,- EUR bzw. 473,- EUR, zu erbringen (vgl. zur Frage, ob die Rundungsvorschrift auch für Unterkunfts- und Heizkosten gilt, BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 23/06 R – m. w. N.; das BSG lässt die Antwort offen; gegen eine Anwendung des § 41 Abs. 2 SGB II auf Unterkunftskosten LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2009 - L 28 AS 1072/07).
Die Bewilligungsdauer von annähernd sechs Monaten ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner.
Der ... 1949 geborene Antragsteller zu 1. und die am ... 1964 geborene Antragstellerin zu 2. sind verheiratet und bewohnen eine rund 68 qm große Wohnung zu einer monatlichen Kaltmiete von 488,32 EUR zzgl. einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 68,- EUR sowie einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 123,22 EUR. Der Antragsteller zu 1. ist selbständig und betreibt einen Kiosk. Hieraus hat er ausweislich eines Steuerbescheides des Finanzamts Charlottenburg vom 2. Februar 2009 im Jahr 2007 Einkünfte in Höhe von 7.294,- EUR erzielt. Der Antragsteller zu 1. hat die Antragstellerin zu 2. zu einem monatlichen Bruttolohn von 401,- EUR bei sich angestellt. Die Antragsteller verfügten des Weiteren über folgendes Vermögen:
&61485; Wertpapiere, die sie am 15. Juli 2009 über die B V für 10.562,50 EUR verkauften, &61485; einen Sparbrief der K-Q-Bank Nummer im Wert von 18.170,- EUR (nachfolgend: Sparbrief); diesen haben sie ausweislich einer Bestätigung von Frau R P (P.) für ein von P. gewährtes Darlehen als Sicherheit abgetreten; am 16. Juli 2009 wurde den Antragstellern nach Auflösung des Sparbriefes ein Betrag von 18.663,46 EUR überwiesen; mit Schreiben vom 14. August 2009 hat P. bestätigt, das Darlehen von 18.500,- EUR vom Antragsteller zu 1. zurückgezahlt bekommen zu haben; &61485; eine Lebensversicherung bei der DBV W Nummer ; diese wurde gekündigt, das Guthaben in Höhe von 17.947,85 EUR am 6. Mai 2008 auf das Konto der Antragsteller überwiesen; &61485; eine Rentenversicherung bei K-Q-Versicherungen Nummer ; dieser Vertrag wurde an den Vermieter des Ladengeschäfts des Antragstellers zu 1. im Februar 2004 abgetreten; nach Vertragsbeendigung wurde der Verkaufserlös von 13.411,52 EUR den Antragstellern im August 2008 gutgeschrieben.
Im August 2008 beantragten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Ihnen wurden vom Antragsgegner mit Bescheid vom 28. Januar 2009 (Änderungsbescheid für Februar 2009 erging am 18. Februar 2009) vorläufig Leistungen für die Zeit vom 26. August 2008 bis zum 28. Februar 2009 bewilligt. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner unter anderem einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Antragstellers zu 1., der Diabetiker ist, in Höhe von monatlich 51,13 EUR. Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigte er im Umfang von 667,60 EUR, wobei er 11,94 EUR für Warmwasserbereitung abzog. Auf den Bedarf rechnete er das Einkommen der Antragstellerin zu 2. nach Berücksichtigung der Freibeträge im Umfang von monatlich 177,15 EUR an. Einkommen des Antragstellers zu 1. berücksichtigte er nicht.
Im Januar 2009 beantragen die Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Änderungen gaben sie im Wesentlichen nicht an. Ihnen wurden vom Antragsgegner mit Bescheid vom 19. Februar 2009 Leistungen für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2009 bewilligt. Bei der Bewilligung ging der Antragsgegner weitgehend vom selben Bedarf aus wie im Bescheid für den vorherigen Zeitraum. Nicht mehr berücksichtigt wurde ein ernährungsbedingter Mehrbedarf für den Antragsteller zu 1. Mit Schreiben vom 18. Februar 2009 setzte der Antragsgegner die Antragsteller über eine seiner Ansicht nach angemessene Bruttowarmmiete in Höhe von nur 444,- EUR monatlich in Kenntnis. Sollten sich die Antragsteller bis zum 12. März 2009 nicht hierzu geäußert haben, würden sie eine schriftliche Aufforderung erhalten, sich um preisgünstigeren Wohnraum zu bemühen. Die Antragsteller nahmen hierzu Stellung. Sie wiesen auf das Alter des Antragstellers zu 1. sowie dessen 2007 erlittenen Schlaganfall und auf die Gehbehinderung der Antragstellerin zu 2. (Grad der Behinderung 60) hin. Ein Aufforderungsschreiben, sich preisgünstigeren Wohnraum zu suchen, übermittelte der Antragsgegner nicht.
Im Juli 2009 erlangte der Antragsgegner anlässlich eines Datenabgleichs mit dem Bundeszentralamt für Steuern Kenntnis von Kapitalerträgen der Antragsteller im Jahr 2007. Hierzu nahmen die Antragsteller dahingehend Stellung, im Jahr 2007 keine Leistungen vom Antragsgegner erhalten zu haben. Sie beantragten im August 2009 die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Dabei prognostizierten sie einen Gesamtgewinn für die Monate September 2009 bis Februar 2010 in Höhe von 460,55 EUR. Am 2. September 2009 beglich der Antragsteller zu 1. Schulden bei seinem Vermieter in Höhe von 6.135,51 EUR sowie Schulden beim Finanzamt in Höhe von 4.315,55 EUR. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab, weil das zu berücksichtigende Vermögen aus dem Sparbrief und dem Wertpapierverkauf in Höhe von 29.225,96 EUR die Freibeträge von 17.250,- EUR übersteige. Hiergegen legten die Antragsteller am 25. Oktober 2009 Widerspruch ein.
Am 6. November 2009 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Sparbrief sei bereits am 14. Dezember 2007 an P. verpfändet worden und demnach nicht als Vermögen verfügbar gewesen. Der Verkaufserlös aus dem Sparbrief sei für die Rückzahlung des Darlehens verwendet worden. Auch die weiteren Verkaufserlöse seien vollständig zur Begleichung von Verbindlichkeiten verwendet worden. Anrechenbares Einkommen erziele der Antragsteller zu 1. nicht.
Die Antragsteller beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II ab Rechtshängigkeit zu bewilligen und zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Verpfändung des Sparbriefes Nr ... und die Rückzahlung des Darlehens an P. in bar seien nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dazu sei Vermögen aus einem Wertpapierverkauf in Höhe von 10.562,- EUR zu berücksichtigen, so dass das Vermögen die Freibeträge übersteige.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte und der die Antragsteller betreffenden Verwaltungsakte Bezug genommen. Er war Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der zulässige Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Insoweit gilt § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist damit die Glaubhaftmachung von Tatsachen, die einen Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Zwischen beiden besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit oder Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 2007 - L 1 ER 32/07 AY). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenwertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine abschließende Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze haben die Antragsteller ab Antragseingang bei Gericht am 6. November 2009 bis zum 30. April 2010 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.
Einem Anspruch der Antragsteller steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihr Vermögen nicht entgegen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Das zu berücksichtigende Vermögen überschreitet nicht die den Antragstellern nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II und nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II zustehenden Freibeträge von insgesamt 17.250,- EUR (105 Lebensjahre mal 150,- EUR ergeben 15.750,- EUR + 1.500,- EUR).
Keines näheren Eingehens bedarf es dabei auf die bereits im Mai und Juli 2008 aufgelösten Lebens- (DBV W, Nummer ) und Rentenversicherungen (K Q, Nummer ), deren Verwertung und Verbrauch die Antragsteller wohl auch nach Auffassung des Antragsgegners hinreichend glaubhaft belegt haben. Aber auch der Sparbrief Nummer. von der K Q-Versicherung sowie der Verkauf von Wertpapieren stehen einem Anspruch nicht entgegen.
Die Antragsteller haben im Juli 2009 ihren Sparbrief Nummer von der K Q-Versicherung aufgelöst. Hierfür wurde auf dem Konto der N bank Nummer am 16. Juli 2009 ein Betrag von 18.663,46 EUR (18.170,- zzgl. anteiliger Zinsen für 2009) gutgeschrieben. Dieser Betrag ist trotz des damals noch bestehenden Leistungsbezuges der Antragsteller nicht als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. März 2009 (B 4 AS 47/08 R) Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Insoweit ließe sich erwägen, dass die Antragsteller während des laufenden Leistungsbezuges anrechenbares Einkommen erhalten haben (mit der Folge, dass es auf den anschließenden Verbrauch des erzielten Erlöses wohl nicht mehr ankäme). So liegt der Fall hier aber nicht. Sollten die Antragsteller ihren Anspruch aus dem Sparbrief an die Kreditgeberin P. abgetreten haben, dürfte – ungeachtet der genauen rechtlichen Bewertung – der Erlös von rund 18.600,- EUR gar nicht mehr dem Vermögen der Antragsteller zuzuordnen sein. Aber auch dann, wenn man davon ausgeht, dass der Sparbrief und der aus dessen Verkauf erzielte Erlös dem Vermögen der Antragsteller zu jeder Zeit zuzuordnen gewesen sind, liegt ein anrechenbares Einkommen insoweit nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, der sich die Kammer anschließt und die sie auf das Recht des SGB II überträgt, erzielt der Arbeitslose dadurch, dass er einen bereits in seinem Vermögen befindlichen Gegenstand zum Verkehrswert veräußert, kein zu berücksichtigendes Einkommen (Urteil vom 20. Juni 1978 - 7 RAr 47/77 – juris). So liegt der Fall aber hier, denn das, was die Antragsteller in Form eines Sparbriefes bereits hatten (18.170,- EUR zzgl. Zinsanspruch), haben sie lediglich "umgewandelt" in Geld (im Ergebnis ebenso Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 11, Rn. 21).
Der demnach als Vermögen grundsätzlich zu berücksichtigende Betrag von rund 18.600,- EUR ist im Umfang von 18.500,- EUR am 14. August 2009 verbraucht worden. Dies geht aus der schriftlichen Quittung der P. hervor, die eine entsprechende Barzahlung bestätigt hat. Die Einlassung des Antragsgegners, angesichts des Betrages sei eine Barzahlung ungewöhnlich und nicht hinreichend dargetan, ist in dieser Form zu dürftig. Die Antragsteller haben durch Vorlage der Kontoauszüge belegt, vor dem 14. August 2009 mehrere erhebliche Barabhebungen nach Eingang des Erlöses aus dem Verkauf des Sparbriefes vorgenommen zu haben. Sie haben Unterlagen vorgelegt, aus denen sich eine Darlehensforderung über 18.500,- EUR ergibt. Diese Unterlagen und die Quittung stellen ausreichende Belege für Bestehen und Rückzahlung des Darlehens dar, zumal nicht ersichtlich ist, welche weiter gehenden Unterlagen die Antragsteller nun noch vorlegen sollten.
Nachdem Vermögen aus dem Verkauf des Sparbriefes nicht zu berücksichtigen ist, das allenfalls zu berücksichtigende Vermögen aus dem Wertpapierverkauf von rund 10.500,- EUR aber die Freibeträge nicht überschreitet, bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf letztgenannten Wertpapierverkauf. Allerdings dürfte einer Berücksichtigung des aus dem Wertpapierverkauf erzielten Erlöses als Vermögen der Verbrauch von rund 10.450,- EUR am 2. September 2009 zur Begleichung von Kautions- und Steuerschulden entgegenstehen.
Anhaltspunkte für etwaiges weiteres Vermögen, das die Freibeträge übersteigt, hat die Kammer nicht, nachdem der Antragsteller zu 1. Angaben zu einer Versicherung bei K Q Nummer nachgeholt hat.
Steht einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II Vermögen demnach nicht entgegen, ist der Bedarf zu bestimmen. Neben den Regelleistungen von insgesamt 646,- EUR sind als anerkannte Kosten für Unterkunft und Heizung 679,54 EUR anzusetzen, diese nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gekürzt um Kosten für Warmwasserbereitung in Höhe von monatlich 11,64 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R und nunmehr Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 R). Eine Kürzung der Unterkunftskosten auf ein vermeintlich angemessenes Maß kommt vorliegend nicht in Betracht. Dabei lässt die Kammer offen, ob und inwieweit die monatliche Kaltmiete der derzeit von den Antragstellern bewohnten Wohnung unangemessen hoch ist. Offen lässt sie auch, inwieweit die von den Antragstellern im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente (Alter und Krankheit) einen Umzug als unzumutbar erscheinen lassen. Jedenfalls folgt der Anspruch der Antragsteller auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Vorschrift begründet nach der Rechtsprechung des BSG eine Obliegenheit zur Kostensenkung (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 8). Ergibt der Vergleich zwischen tatsächlichen Unterkunftskosten und der Referenzmiete, dass die Aufwendungen der konkret angemieteten Wohnung höher sind als die angemessene Referenzmiete, ist der Hilfeempfänger angehalten, Maßnahmen zur Kostensenkung einzuleiten. Kennt der Hilfebedürftige seine Obliegenheit zur Senkung der Kosten seiner Unterkunft und sind Kostensenkungsmaßnahmen sowohl subjektiv zumutbar als auch möglich, kann er die Erstattung seiner Aufwendungen ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahmen zum Beispiel bei Einhaltung von Kündigungsfristen etc. wirksam werden könnten, nur noch in Höhe der Referenzmiete, also der Aufwendungen für eine angemessene Wohnung verlangen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R). Vorliegend fehlt es an der Kenntnis der Antragsteller über eine etwaige Obliegenheit zur Kostensenkung. Der Antragsgegner hat zwar die Antragsteller über die seiner Ansicht nach angemessene Warmmiete in Kenntnis gesetzt. Er hat den Antragstellern aber ausdrücklich die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und nur für den Fall, dass die Antragsteller nicht Stellung nehmen würden, ein Aufforderungsschreiben, sich preisgünstigeren Wohnraum zu suchen, in Aussicht gestellt. Die Antragsteller haben Stellung genommen. Der Antragsgegner hat darauf nicht mehr reagiert. Bei dieser Sachlage mussten die Antragsteller jedenfalls in vorliegendem Einzelfall davon ausgehen, dass die von ihnen vorgetragenen Erwägungen vom Antragsgegner akzeptiert würden und sie sich um günstigeren Wohnraum nicht kümmern mussten, mindestens aber mussten sie annehmen, dass sie sich erst nach Zugang einer Kostensenkungsaufforderung um günstigeren Wohnraum zu kümmern hatten (vgl. zur Funktion der Kostensenkungsaufforderung LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009 - L 14 B 2268/08 AS ER).
Den Antragstellern sind auch die tatsächlichen Heiz- und Betriebskosten zu zahlen. Die Kammer verkennt allerdings nicht, dass vorliegend die von den Antragstellern bewohnte Wohnung unter Umständen mit 68 qm zu groß sein könnte (vgl. allerdings SG Berlin, Urteil vom 26. September 2008 - S 37 AS 23104/07, nach dem für einen Zwei-Personen-Haushalt bis 60 qm angemessen sind; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. September 2009 - L 32 AS 1248/09 -, das 65 (Zweizimmerwohnung) und 80 qm (Dreizimmerwohnung) als abstrakt angemessen erachtet) und eine zu große Wohnung auch zu unangemessenen Heiz- und Betriebskosten führen kann (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08 -, nach dem die Heizkosten im Rahmen der Wirtschaftlichkeit in vollem Umfang abhängig von der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl zu übernehmen sind). Je nachdem, ob man sich für die Bestimmung der angemessenen Heiz- und Betriebskosten an dem vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel orientiert (so beispielsweise LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2009 - L 28 AS 2189/08) oder an den Werten der Anlage I zum Berliner Mietspiegel, wobei teilweise der 4/5 Spannen-Oberwert herangezogen wird (so Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07), kann vorliegend von angemessenen oder unangemessenen Heiz- und Betriebskosten ausgegangen werden. Allerdings ist die Kammer der Auffassung, dass entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die tatsächlichen Heiz- und Betriebskosten zu übernehmen sind (vgl. für die Heizkosten zu § 22 Abs. 1 Satz 2 a. F. BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 54/07 R; vgl. auch SG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2009 - S 37 AS 17129/08). Das BSG führt hierzu aus, dass in der Vorschrift nur von Aufwendungen für die Unterkunft die Rede sei, und der Gesetzgeber auch in Folgeregelungen die Aufwendungen für Heizung nicht ausdrücklich aufgenommen habe. Der Umkehrschluss aus dem Wortlaut der Vorschrift stehe aber im Widerspruch zu ihrem Sinn und Zweck. Sie enthalte eine Zumutbarkeitsregelung, mit der verhindert werden soll, dass der Leistungsberechtigte sofort bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen ist, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Für eine Übergangszeit werde dem Hilfebedürftigen der räumliche Lebensmittelpunkt auch bei unangemessenen Kosten erhalten. Zu dem Grundbedürfnis "Wohnen", das von § 22 SGB II geschützt werde, gehöre aber nicht nur eine bestimmte Räumlichkeit, sondern auch eine angemessene Raumtemperatur (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31. März 2009 - L 9 AS 175/07). Die Kammer folgt dem in Begründung und Ergebnis und erstreckt die zitierte Rechtsprechung auch auf die Betriebskosten, für die die Erwägungen zu den Heizkosten entsprechend gelten. Beruhen zu hohe Heiz- und Betriebskosten nicht auf einem unwirtschaftlichen Verhalten des Hilfebedürftigen, sondern allein auf der Wohnungsgröße, müssen entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II neben der tatsächlichen Kaltmiete auch die tatsächlichen Nebenkosten übernommen werden.
Der Bedarf der Antragsteller beträgt demnach monatlich 1.313,90 EUR. Soweit in der Vergangenheit ein ernährungsbedingter Mehrbedarf wegen der Diabetes-Erkrankung des Antragstellers zu 1. geltend gemacht und nach § 21 Abs. 5 SGB II im Umfang von monatlich 51,13 EUR teilweise auch anerkannt wurde, ist dieser Bedarf jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu gewähren. Bei der gebotenen summarischen Prüfung sind nämlich die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Stand: 1. Oktober 2008) zu berücksichtigen. Auf Seite 11 dieser Empfehlungen ist ausgeführt, dass bei Diabetes in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen sei, wovon die Kammer vorliegend gleichfalls ausgeht (vgl. zur Frage der Verbindlichkeit der Empfehlungen jedenfalls des neuesten Standes LSG Sachsen, Urteil vom 27. August 2009 - L 3 AS 245/08).
Vom Bedarf ist das Einkommen der Antragsteller abzuziehen. Das Einkommen der Antragstellerin zu 2. beträgt monatlich brutto 401,- EUR, netto 339,11 EUR. Nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 30 SGB II ist hiervon ein Freibetrag von 160,20 EUR abzuziehen, so dass ein anzurechnender Betrag von 178,91 EUR verbleibt.
Anrechenbares Einkommen des Antragstellers zu 1. aus dessen selbständiger Tätigkeit liegt nach summarischer Prüfung nicht vor. Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-V sind bei der Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.
Die Kammer zieht zur Schätzung – eine exakte Bestimmung des Einkommens ist aus nahe liegenden Gründen nicht möglich – des Einkommens des Antragstellers zu 1. aus dessen selbständiger Tätigkeit nicht den Einkommenssteuerbescheid für 2007 heran, denn dieser vermag Aufschlüsse über die aktuelle Einkommenssituation nicht zu geben. Ein Einkommenssteuerbescheid für 2008 liegt noch nicht vor. Die Kammer sieht es deshalb als geboten an, die vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) für das Jahr 2009 bei der Einkommensschätzung heranzuziehen. Dabei ergibt sich für den Zeitraum von Januar bis September 2009 ein Minus von gut 23.000,- EUR. Die Kammer lässt offen, ob diese BWA die tatsächliche Gewinn- und Verlustrechnung im Detail vollständig wieder spiegelt. Selbst dann nämlich, wenn man den Posten "Zugang Verbindl." mit gut 10.300,- EUR nicht berücksichtigen wollte, ergäbe sich gleichwohl ein deutlicher Verlust. Bei dieser Sachlage hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu 1. Einkommen, zumal ein solches, das den Grundfreibetrag von 100,- EUR überschreiten würde, erzielt.
Den Antragstellern sind demnach monatlich Leistungen in Höhe von 1.134,99 EUR, für November 2009 anteilig in Höhe von 945,83 EUR (§ 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II), zu erbringen. Individualisiert auf die beiden Antragsteller, deren Bedarf exakt identisch ist, so dass das Einkommen der Antragstellerin zu 2. auch in gleicher Höhe anzurechnen ist, sind den Antragstellern jeweils monatlich 567,50 EUR, für November 472,92 EUR zu gewähren (horizontale Berechnungsmethode, vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R). Diese Beträge sind nach § 41 Abs. 2 SGB II gerundet auf 568,- EUR bzw. 473,- EUR, zu erbringen (vgl. zur Frage, ob die Rundungsvorschrift auch für Unterkunfts- und Heizkosten gilt, BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 23/06 R – m. w. N.; das BSG lässt die Antwort offen; gegen eine Anwendung des § 41 Abs. 2 SGB II auf Unterkunftskosten LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2009 - L 28 AS 1072/07).
Die Bewilligungsdauer von annähernd sechs Monaten ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved