L 10 R 1550/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1077/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1550/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02.03.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung sowie stationärer Leistungen zur Rehabilitation streitig.

Der am 1966 geborene, aus Bosnien stammende Kläger hat keine Ausbildung absolviert. In seinem Heimatland war er als LKW-Fahrer beschäftigt. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1993 übte er verschiedene Hilfsarbeitertätigkeiten aus; zuletzt war er seit dem Jahr 2001 als Maschinenführer beschäftigt. Seit 08.11.2006 ist der Kläger arbeitsunfähig.

Auf seinen im November 2006 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation, die er vom 11.12.2006 bis 16.01.2007 in der Klinik im H. in Bad Waldsee absolvierte (Diagnosen: beidseitiges lumbales Wurzelreizsyndrom bei Bandscheibenvorfall L4/5, rezidivierendes unteres Cervicalsyndrom). Aus dieser Maßnahme wurde der Kläger wegen der noch bestehenden Beschwerdesymptomatik arbeitsunfähig entlassen, jedoch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (überwiegend im Stehen, Heben und Bewegen von Gewichten bis zu 15 kg) grundsätzlich weiterhin für leistungsfähig erachtet. Darüber hinaus wurde der Kläger für fähig angesehen, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von regelmäßigem Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg, häufigem Bücken und längerem Arbeiten in wirbelsäulenbelastender Haltung vollschichtig auszuüben.

Im Januar 2007 beantragte der Kläger erneut die Gewährung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Dieser Antrag blieb ebenso erfolglos wie sein entsprechender weiterer, im Mai 2007 gestellter Antrag.

Im Januar 2008 beantragte der Kläger erneut die Gewährung stationärer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte zu 1) zog zahlreiche medizinische Unterlagen bei und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.01.2008 und der Begründung ab, eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation sei nicht erforderlich; ausreichend sei eine Krankenbehandlung im Rahmen der Krankenversicherung. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2008 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 15.04.2008 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage (S 8 R 1077/08) erhoben und unter Vorlage von Arztbriefen des Dr. Bernhard, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, und des Dr. J. , Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie, geltend gemacht, im Hinblick auf die bestehende chronische Schmerzsymptomatik, die Persönlichkeitsänderung sowie eine coronare Herzerkrankung sei eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation dringend erforderlich.

Am 04.02.2008, also nach Ablehnung der zuletzt beantragten stationären Leistung zur Rehabilitation, beantragte der Kläger auch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und begründete diesen Antrag mit mehreren Bandscheibenvorfällen. Die Beklagte zu 2) veranlasste das Gutachten des Arztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. F. auf Grund gutachtlicher Untersuchung vom 05.05.2008, der beim Kläger die Entwicklung von körperlichen Symptomen aus psychischen Gründen sowie eine undifferenzierte Somatisierungsstörung beschrieb und ausführte, anlässlich seiner Untersuchung habe der Kläger sehr demonstrativ anmutende Verhaltensweisen mit betont langsamen Körperbewegungen gezeigt sowie sehr klagsame Beschwerdeäußerungen vorgebracht, die mitunter grotesk und theatralisch gewirkt hätten. Die gesamte Untersuchung habe sich auf Grund erheblicher Schmerzäußerungen, aktivem Gegenspannen und teilweise mangelnder Kooperation schwierig gestaltet, wobei der Kläger in unbeobachteten Momenten wesentlich bessere Bewegungsumfänge, auch der Wirbelsäule, und auch ein sicheres und gleichschrittiges Gangbild gezeigt habe. Insgesamt wollte Dr. F. dem Kläger lediglich körperliche Schwerstarbeiten nicht mehr zumuten, mittelschwere Tätigkeiten erachtete er jedoch vollschichtig für möglich, wobei anhaltende Wirbelsäulenzwangs- und -fehlhaltungen ebenso wie schwere Hebe- und Tragebelastungen mit mehr als 20 kg gemieden werden sollten. Auf Veranlassung der Beklagten zu 2) erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. ein weiteres Gutachten auf Grund Untersuchung vom 03.06.2008. Ebenso wie Dr. F. ging er von der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen aus sowie von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung. Das Verhalten des Klägers bei der Untersuchung beschrieb er als grob demonstrativ, und zwar sehr bewusst und willentlich final gesteuert. Ein gravierender Organbefund, der die Beschwerden belegen könnte, existiere nicht; auch eine schwerwiegende seelische Störung liege nicht vor. Es liege eine Renteneurose vor. Seine seelische Fehlhaltung könne der Kläger mittels zumutbarer Willensanspannung überwinden, um sich in das Erwerbsleben einzufügen. Gegen einen wesentlichen Leidensdruck spreche, dass die Medikamente nicht oder nur unzureichend eingenommen würden, was durch die unzureichenden Serumspiegelwerte der eingenommenen Antidepressiva belegt werde.

Mit Bescheid vom 11.07.2009 lehnte die Beklagte zu 2) den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Mit diesem Leistungsvermögen sei er weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, wegen Art und Schwere seiner körperlichen Behinderung sei er nicht mehr in der Lage, auf dem Arbeitsmarkt tätig zu sein, was durch zahlreiche ärztliche "Gutachten" belegt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 27.08.2008 beim SG mit der Begründung Klage (S 8 R 2521/08) erhoben, nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein zu können. Er hat ein Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vorgelegt, wonach er erkrankungsbedingt für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in keiner Weise belastbar sei.

Mit Beschluss vom 23.10.2008 hat das SG diesen Rechtsstreit zur dem Verfahren S 8 R 1077/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Es hat sodann das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. auf Grund Untersuchung vom 04.12.2008 erhoben. Dieser hat beim Kläger ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlungen diagnostiziert und eine demonstrative Überbetonung von körperlich im Ansatz durchaus vorhandener Beschwerden beschrieben. Das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung hat er im Hinblick auf die vorgebrachten Beschwerden, den objektivierten Befund und das Verhalten des Klägers verneint, während er eine leichte Depression nicht hat ausschließen wollen. Dr. L. hat den Kläger für fähig erachtet, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenführer sowie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Hebe- und Tragearbeiten, schwere Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in Nässe und Kälte täglich sechs Stunden und mehr auszuüben. Die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme hat der Sachverständige nicht für notwendig erachtet. Mit Gerichtsbescheid vom 02.03.2009 hat das SG die Klagen im Wesentlich gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. L. abgewiesen.

Am 03.04.2009 hat der Kläger dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe sich zu Unrecht auf das Gutachten des Dr. L. gestützt, das unvollständig sei. Der Sachverständige habe insbesondere das Sozialmedizinische Gutachten des Dr. W. , Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MdK), vom 05.10.2007 ignoriert, obwohl dieses für die Beurteilung seines Krankheitsbildes unabdingbar in die Begutachtung hätten einbezogen werden müssen. Schließlich sei Dr. W. bereits im Oktober 2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine erhebliche Minderung/Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nach § 51 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGV V) vorgelegen hätten. Es sei daher ein neues Gutachten einzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu 2) unter Aufhebung des Bescheids vom 11.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zu 1) unter Aufhebung des Bescheids vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2008 zu verurteilen, ihm stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren.

Die Beklagten beantragen jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. L. eingeholt, der ausgeführt hat, dem Gutachten des Dr. W. nicht entnehmen zu können, dass er beim Kläger eine schwere Erkrankung übersehen habe. Vielmehr sehe er sich durch dessen Ausführungen in seiner Einschätzung eher bestätigt. Dieser habe zwar eine ausgeprägte Somatisierungsstörung angenommen, diese jedoch nicht eindeutig festgestellt und dokumentiert, da eine sinnvolle und vernünftige Untersuchung des Klägers nicht möglich gewesen sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalte der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 ist ebenso wie der Bescheid der Beklagten zu 2) vom 11.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2008 rechtmäßig; sie verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf Gewährung einer stationären Leistung zur Rehabilitation noch auf eine Erwerbsminderungsrente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger bei Beachtung der näher aufgeführten qualitativen Einschränkungen sowohl Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch seine bisherige Tätigkeit als Maschinenbediener noch wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann. Entsprechendes gilt für die begehrte stationäre Leistung zur Rehabilitation, deren Anspruchsvoraussetzungen (§§ 10, 11 und 12 SGB VI) der Kläger gleichfalls nicht erfüllt. Der Senat schließt sich der Auffassung des SG in der angefochtenen Entscheidung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er sich nach Auswertung des Ergebnisses der durchgeführten medizinischen Ermittlungen nicht davon überzeugen vermag, dass der Kläger seine letzte berufliche Tätigkeit nicht mehr verrichten kann und daher in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, schon gar nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß. Die Leistungsfähigkeit des Klägers ist in erster Linie durch Beeinträchtigungen von Seiten des Halte- und Bewegungsapparates eingeschränkt, nämlich durch ein lumbales Wurzelreizsyndrom beidseits bei Bandscheibenvorfall im Bereich der Segmente L4/5 sowie ein rezidivierendes unteres Cervicalsyndrom, was eine eingeschränkte Belastbarkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule bedingt. Dementsprechend kommen für den Kläger schwere Hebe- und Tragearbeiten sowie Tätigkeiten, die in Wirbelsäulenzwangshaltungen oder -fehlhaltungen ausgeübt werden, nicht mehr in Betracht. Entsprechendes gilt für Überkopfarbeiten sowie Arbeiten in Nässe und Kälte, da sich solche Arbeiten nachteilig auf die Schmerzzustände auswirken können. Bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen bestehen nach Auffassung des Senats jedoch keine Bedenken gegen die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich. Darin sind sich sämtliche im Laufe des Verfahrens mit der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers befassten Ärzte einig. So haben die behandelnden Ärzte in der Klinik am H. , wo der Kläger im Dezember 2006/Januar 2007 stationär behandelt worden war, solche Tätigkeiten und auch die vom Kläger zuletzt ausgeführte Tätigkeit eines Maschinenführers sogar vollschichtig für zumutbar erachtet. Auch Dr. F. , der den Kläger im Verwaltungsverfahren von orthopädischer Seite begutachtete, hat ebenso wenig wie die von neurologischer Seite mit den Erkrankungen des Klägers befassten Ärzte Dr. H. und Dr. L. Bedenken gegen die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit geäußert. Diese Ärzte haben von nervenärztlicher Seite anlässlich ihrer Untersuchungen insbesondere keine Hinweise auf eine Nervenbeteiligung der geklagten Schmerzen gefunden und daher jeweils weder Nervendehnungszeichen noch Wurzelkompressions- oder -reizerscheinungen beschrieben. Auch die elektromyografischen und elektroneurografischen Untersuchungen erbrachten regelrechte Befunde.

Auch die vom Kläger geklagten generalisierten Ganzköperschmerzen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Denn die insoweit geklagten Beschwerden, die anhand objektiver Befunde nicht erklärbar sind, lassen sich allenfalls als somatoforme Schmerzstörung interpretieren, wobei sich dessen Ausmaß und Schwere sowie insbesondere die damit einhergehenden Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit jedoch nicht feststellen lassen. So haben sämtliche am Verfahren beteiligten Gutachter bzw. Sachverständigen auf ausgesprochen demonstrative Verhaltensweisen des Klägers in der jeweiligen Untersuchungssituation hingewiesen, was erhebliche Zweifel an dem geschilderten und vorgebrachten Ausmaß der Schmerzsituation begründet. In diesem Sinne führte Dr. F. aus, der Kläger habe anlässlich seiner Untersuchung sehr demonstrativ anmutende Verhaltensweisen mit betont langsamen Körperbewegungen gezeigt. Er habe ein langsames und schwerfälliges Gangbild mit sehr klagsamen Beschwerdeäußerungen bei langen Gesprächspausen, die durch Stöhnen und Jammern gekennzeichnet gewesen seien, gezeigt, was mitunter grotesk und theatralisch gewirkt hätte. Die gesamte Untersuchung habe sich wegen erheblicher Schmerzäußerungen, aktivem Gegenspannen und teilweiser mangelnder Kooperation als sehr schwierig dargestellt, wobei der Kläger in unbeobachteten Momenten eine wesentlich bessere Bewegungsfähigkeit gezeigt und auch ein durchaus sicheres und gleichschrittiges Gangbild gezeigt habe. In ähnlicher Weise hat auch Dr. H. die Untersuchungssituation beschrieben. So habe der Kläger mit sehr auffälligem Gang den Untersuchungsraum in gebeugter Haltung betreten und sich zentimeterweise fortbewegt, wobei er außerordentlich langsam den einen Fuß vor den anderen geschoben, eine Hand gegen die Lendenwirbelsäule gepresst, jammert, gestöhnt und geklagte habe. Dem gegenüber sei dem Kläger das An- und Auskleiden ohne Aufmerksamkeitszuwendung jedoch durchaus flott gelungen. Bei der psychiatrischen Untersuchung habe der Kläger versucht, den Eindruck einer Gedächtnisstörung zu vermitteln, indem er zum Ausdruck gebracht habe, nicht zu wissen, wann er geheiratet habe und wann seine Kinder zu Welt gekommen seien, wobei sich diese Auffälligkeit mit seinem übrigen Verhalten in keiner Weise habe vereinbaren lassen. Für den Senat ist angesichts dessen ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend, dass Dr. H. den Eindruck einer bewusst demonstrierten Pseudodemenz gewonnen und auch das Verhalten des Klägers während der körperlichen Untersuchung als grob demonstrativ und sehr bewusst und willentlich final gesteuert bewertet hat, da weder ein gravierender Organbefund, der die Beschwerden belegen könnte, zu objektivieren gewesen ist noch eine schwerwiegende seelische Störung. Dr. H. hat den Kläger nämlich psychisch keinesfalls tiefergehend depressiv herab gestimmt gefunden; ebenso wenig haben sich ihm Hinweise auf eine Psychose oder ein hirnorganischen Psychosyndrom gezeigt. Für den Senat überzeugend hat Dr. H. schließlich auch darauf hingewiesen, dass beim Kläger nicht von einem wesentlichen Leidensdruck ausgegangen werden kann, da der erhobene Serumspiegelwert belegt, dass der Kläger die ihm verordneten Antidepressiva nicht oder nur unzureichend einnimmt.

Schließlich hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr. L. von Verhaltensweisen berichtet, wie sie der Kläger zuvor schon bei Dr. F. und Dr. H. gezeigt hatte. Dr. L. hat eine auffällige massive Blockade während seiner Untersuchung beschrieben, wobei der Kläger sich kaum in der Lage gezeigt habe, sich nur wenige Meter vom Stuhl zu Untersuchungsliege und zurück zum Stuhl zu schleppen. Er habe die Untersuchungen lediglich unter Stöhnen über sich ergehen lassen. Bei entsprechender Ablenkung sei er andererseits dann aber in der Lage gewesen, beim Anziehen von Socken und Hose auf einem Bein zustehen und sich auch problemlos nach vorne zu beugen. Auch in scheinbar unbeobachteten Momenten sei es dem Kläger gelungen sich vollkommen frei zu bewegen, ebenso auf dem Weg von einer Etage zur anderen und beim Verlassen der Praxis, als sich der Kläger auf der Straße mit einem Bekannten getroffen habe. Auch während der Exploration sei der Kläger entgegen dem sonst dargebotenen Bild ständig aufgestanden und frei umhergegangen. Wie schon die Vorgutachter hat auch der Sachverständige Dr. L. diese Verhaltensweisen des Klägers als demonstrativ im Sinne eines Rentenbegehrens gedeutet. Von psychiatrischer Seite hat er lediglich eine leichte Depression, die sich jedoch nicht relevant leistungsbeeinträchtigend auswirke, nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Diagnose einer Somatisierungsstörung hat er angesichts der bewusstseinsnahen Tendenzreaktionen des Klägers nicht zu stellen vermocht. Er ist eher von einer demonstrativen Überbetonung körperlich durchaus im Ansatz vorhandener Beschwerden ausgegangen, die zwar Schmerzen und Einschränkungen verursachten, jedoch bei weitem nicht in dem vorgebrachten Ausmaß.

Angesichts des dargelegten, grob demonstrativen Verhaltens des Klägers lässt sich weder die Schwere der bei ihm vorhandenen Schmerzsituation feststellen noch das Ausmaß der hieraus resultierenden Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit. Entsprechend vermag sich der Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger quantitativ und damit in einem rentenberechtigenden Ausmaß in seinem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt, mithin voll oder teilweise im Sinne der maßgeblichen Regelungen erwerbsgemindert ist. Der Nachteil dieser Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Denn nach diesem Grundsatz hat jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.

Entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Ansicht ist der Senat nicht gehalten, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Soweit der Kläger die Unvollständigkeit und damit mangelnde Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. L. geltend gemacht hat, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn für den Sachverständigen hat keine zwingende Notwendigkeit bestanden, sich mit dem Gutachten des Dr. W. vom 05.10.2007, der seinerzeit von einer ausgeprägten Somatisierungsstörung ausgegangen war, auseinanderzusetzen. Ein erheblicher Erkenntnisgewinn geht von diesem Gutachten nämlich nicht aus. Vielmehr bringt Dr. W. im Rahmen seiner Ausführungen hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger anlässlich seiner Untersuchung - wie auch bei den späteren Untersuchungen durch Dr. F. , Dr. H. und Dr. L. - ein ausgesprochen demonstratives Verhalten zeigte. Dies hat ihn auch zu dem Hinweis in seinem Gutachten veranlasst, es sei von einer sicher vorhandenen Aggravation auszugehen. Wie seinen Ausführungen zu entnehmen ist, war nämlich auch seinerzeit eine sinnvolle körperliche Untersuchung des Klägers nicht möglich. Auch die Erhebung eines psychischen Befundes sei erheblich erschwert gewesen, nachdem der Kläger seinen mit erstickter, leidender Stimme und verzweifelter Gestik vorgebrachten Beschwerdevortrag immer wieder mit Stöhnen und schwerem Atmen unterbrochen und die gestellten Fragen nur ausweichend und stark emotional gefärbt beantwortet habe. Vor diesem Hintergrund kann die von Dr. W. gestellte Diagnose einer ausgeprägten Somatisierungsstörung, die nicht auf einer hinreichend sicheren Befundsituation gestellt wurde und daher eine eindeutige Zuordnung der Störung gerade nicht zulässt, auch allenfalls im Sinne einer Verdachtsdiagnose interpretiert werden. Da das in Rede stehende Gutachten mangels verwertbarer körperlicher oder psychischer Befunde für die Beantwortung der Frage, ob beim Kläger eine Somatisierungsstörung vorliegt, damit aber keinen Erkenntnisgewinn bietet, hat für den gerichtlichen Sachverständigen auch keine Notwendigkeit bestanden, sich inhaltlich mit der Einschätzung des Dr. W. auseinander zu setzen. Ein Mangel im Gutachten des Sachverständigen Dr. L. liegt daher nicht vor. Im Übrigen hat Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme für den Senat dargelegt, dass das Gutachten von Dr. W. seine Beurteilung eher bestätigt.

Letztlich bieten auch die vom Kläger vorgelegten nervenärztlichen Atteste des Dr. B. keine hinreichende Grundlage für die Einholung eines weiteren nervenärztlichen Gutachtens. Keines dieser Atteste enthält die Darstellung eines psychischen Untersuchungsbefundes, aus dem eine funktionelle Beeinträchtigung des Klägers nachvollziehbar abgeleitet werden könnte. Auch die Ausführungen zu therapeutischen Maßnahmen sind ausgesprochen vage und berücksichtigen weder die tendenziösen Verhaltensweisen des Klägers anlässlich mehrerer gutachtlicher Untersuchungssituationen noch den Umstand, dass der Kläger offenbar auch im Rahmen der bei ihm durchgeführten nervenärztlichen Behandlung eine schlechte Compliance zeigt, indem er verordnete Medikamente nicht oder lediglich unregelmäßig einnimmt, was gegen einen erhöhten Leidensdruck spricht. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat auch durch die Einschätzung des Dr. Bernhard, der eine regelmäßige Erwerbstätigkeit des Klägers für ausgeschossen hält, nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens gedrängt.

Nach alledem kann der Kläger mit seinem Begehren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auch im Berufungsverfahren nicht durchdringen. Entsprechendes gilt auch für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation, deren Voraussetzungen der Senat gleichermaßen nicht festzustellen vermag, nachdem das tatsächliche Ausmaß der Beschwerden des Klägers und damit einhergehend weder sein berufliches Leistungsvermögen konkret beurteilbar ist noch die Möglichkeit, auf dieses gegebenenfalls mittels stationärer Maßnahmen zur Rehabilitation in positiver Weise einzuwirken.

Die Berufung des Klägers ist nach alledem abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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