Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 114/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 140/09
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2009 verurteilt, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 in Form einer Geschäftsgebühr von 528,00 Euro und einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer unter Anrechnung bereits gezahlter 309,40 Euro zu erstatten. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines von den Klägern zu 1) bis 5) geführten Widerspruchsverfahrens.
Die Kläger zu 1) und 2) und ihre drei minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3) bis 5), stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kläger wohnten zunächst in einer Wohnung in der Lstraße in T. Der dort zu entrichtende Mietzins betrug 613,60 Euro und wurde in voller Höhe von der Beklagten als Kosten der Unterkunft übernommen. Im März 2009 unterschrieben die Kläger zu 1) und 2) sodann einen Mietvertrag für eine neue Wohnung in der Straße F. in T. und zogen zum 01.06.2009 gemeinsam mit ihren Kindern dorthin um. Die Miete für diese Wohnung beträgt 660,00 Euro. Eine Zusicherung zu dem Umzug hatten die Kläger bei der Beklagten nicht eingeholt. Mit Bescheid vom 01.07.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2009. Als Kosten der Unterkunft wurden darin trotz des Umzugs weiterhin 613,60 Euro bewilligt. Die Beklagte war insoweit laut Vermerk in der Verwaltungsakte der Auffassung, die neue Wohnung sei unangemessen groß, zudem sei vorher keine Zustimmung zum Umzug erteilt worden. Hiergegen legten die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 15.07.2009 Widerspruch ein mit der Begründung, die Wohnung sei preislich angemessen. Mit Bescheid vom 28.07.2009 half die Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang ab und übernahm außerdem die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten dem Grunde nach.
Am 31.07.2009 reichte der Bevollmächtigte der Kläger seine Kostenrechnung bei der Beklagten ein. Darin machte er geltend: eine Geschäftsgebühr (Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV RVG) mit 120-prozentiger Erhöhung (Nr. 1008 VV RVG) in Höhe von 528,00 Euro und eine Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) in Höhe von 20,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also 652,12 Euro.
Mit Bescheid vom 19.08.2009 erkannte die Beklagte einen Betrag von insgesamt 309,40 Euro an und erstattete diesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Geschäftsgebühr sei nur in einer Höhe von 240,00 Euro entstanden, da es sich um einen von Schwierigkeit und Umfang her nur durchschnittlichen Fall gehandelt habe. Dann gelte aber die Kappungsgrenze aus Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240,00 Euro, so dass eine höhere Geschäftsgebühr nicht gefordert werden könne. Dagegen haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 24.08.2009 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2009 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die am 31.08.2008 erhobene Klage.
Die Kläger tragen vor, das Widerspruchsverfahren sei von den Klägern zu 1) bis 5) geführt worden. Sowohl der Rahmen der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG, als auch die darin vorgesehene Kappungsgrenze erhöhten sich dementsprechend gemäß Nr. 1008 VV RVG wegen Mehrfachvertretung um 4 x 30 Prozent, insgesamt also um 120 Prozent auf 528,00 Euro.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2009 zu verurteilen, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 in Form einer Geschäftsgebühr von 528,00 Euro und einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer unter Anrechnung bereits gezahlter 309,40 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Beklagte trägt vor, eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über 240,00 Euro komme trotz der Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen der in Nr. 2400 VV vorgesehenen Kappungsgrenze nicht in Betracht, da die Sache weder schwierig noch umfangreich gewesen sei. Die Beklagte verweist insoweit auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22.10.2008, Aktenzeichen L 3 AS 2648/08.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, die der Kammer vorlagen und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 entstandenen Kosten in der beantragten Höhe von 652,12 Euro.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind dabei nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs. 3 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.
1.
Die Beklagte hat ihre Erstattungspflicht im Abhilfebescheid vom 28.07.2008 dem Grunde nach anerkannt. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren notwendig war.
2.
Die Höhe der Erstattungspflicht bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltvergütungsgesetz (RVG), insbesondere nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG). Hiernach entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, und entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren, § 3 Abs. 1 und 2 RVG. Bei solchen Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG allerdings nicht verbindlich, wenn die von einem Dritten zu ersetzende Gebühr unbillig ist.
Die vom Bevollmächtigten der Kläger bestimmten Gebühren sind unter Zugrundelegung der genannten Grundsätze nach Auffassung der Kammer nicht unbillig. Die in der Rechnung vom 31.07.2009 geltend gemachten Kosten in Höhe von 652,12 Euro gehören zu den vom Erstattungsanspruch des § 63 Abs. 1 SGB X umfassten notwendigen Aufwendungen. Die vorgenommene Erhöhung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG um 120 Prozent ist nicht zu beanstanden.
a.
Für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Widerspruchsverfahren ist eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG entstanden. Nach dieser Regelung beträgt der Betragsrahmen für die Geschäftsgebühr 40,00 Euro bis 520,00 Euro. Mindest- und Höchstbetrag der Betragsrahmengebühr erhöhen sich aber gemäß Nr. 1008 VV RVG, wenn Auftraggeber in derselben Sache mehrere Personen sind. Zwar erhält der Rechtsanwalt, der in einer Angelegenheit mehrere Personen vertritt, gemäß § 7 Abs. 1 RVG die Gebühren nur einmal, für jede weitere Person wird der Betragsrahmen aber gemäß Nr. 1008 VV RVG um 30 Prozent erhöht. Nach Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG dürfen mehrere Erhöhungen dabei das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags nicht übersteigen.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mehrere Auftraggeber in derselben Sache vertreten. Auftraggeber im Sinne des § 7 Abs. 1 RVG ist derjenige, in dessen Angelegenheit der Rechtsanwalt tätig wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 7 Rdnr. 4, 8; LSG NRW, Urteil vom 28.07.2008, L 19 AS 24/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.11.2007, Az. L 8 AS 39/06). Die Kläger haben im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 höhere Kosten der Unterkunft als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und damit jeweils eigene Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Damit waren auch die minderjährigen Kinder der Kläger zu 1) und 2), die Kläger zu 3) bis 5), jeweils gesetzlich vertreten durch die Kläger zu 1) und 2), selbstständige Auftraggeber des Prozessbevollmächtigten in derselben Sache. Der Betragsrahmen hat sich daher vorliegend bei vier weiteren Auftraggebern nach den oben genannten Grundsätzen gemäß Nr. 1008 VV RVG um (4 x 30 Prozent =) 120 Prozent erhöht und liegt zwischen 88,00 Euro und 1.144,00 Euro.
Diese Erhöhung ist in Bezug auf alle vier weiteren Kläger zu berücksichtigen, dementsprechend ist eine Erhöhung des Betragsrahmens um 120 Prozent vorzunehmen. Nach dem Wortlaut des Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG dürfen nämlich die Erhöhungen das Doppelte der des Mindest- und Höchstsatzes nicht übersteigen. Das bedeutet gerade nicht, dass der erhöhte Mindest- und Höchstsatz nicht das Doppelte des Mindest- und Höchstsatzes übersteigen darf (vgl. insoweit Bundestags-Drucksache 15/1971 S. 205; vgl. auch von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 18. Auflage 2008, VV 1008 Rn. 19). Durch Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG wird der Betragsrahmen also auf eine maximale Spanne zwischen 120,00 Euro und 1.560,00 Euro begrenzt. Einer anderen Auslegung, die von einem maximalen Betragsrahmen von 80,00 Euro bis 1.040,00 Euro ausgeht und damit eine Erhöhung bis auf das Doppelte des vorgesehenen Betragsrahmens vornimmt, vermag sich die Kammer angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des Absatz 3 Nr. 1008 VV RVG nicht anzuschließen (so aber SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08).
b.
Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Bei der Bestimmung der Geschäftsgebühr ist dabei von der so genannten Kappungsgrenze in Satz 2 der Nr. 2400 VV RVG auszugehen. Danach kann eine Gebühr von mehr als 240,00 Euro nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Ob eine Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist, bestimmt sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2008, L 10 (6) P 61/07). Hier hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Akteneinsicht genommen ein Widerspruchsschreiben verfasst. Inhaltlich war dabei die Angemessenheit der tatsächlichen Unterkunftskosten der neuen Wohnung zu prüfen. Auf den Widerspruch erfolgte die umgehende Abhilfe durch die Beklagte. Diese Tätigkeit war unter Beachtung aller Umstände weder umfangreich noch schwierig im Sinne von Satz 2 der Nr. 2400 VV RVG. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Die Kappungsgrenze des Satzes 2 der Nr. 2400 VV ist aber zur Überzeugung der Kammer angesichts des nach Nr. 1008 VV RVG erhöhten Betragsrahmens in demselben Verhältnis wie die Erhöhung des Betragsrahmens zu erhöhen, denn mit der Erhöhung des Gebührenrahmens ist auch die Kappungsgrenze neu zu bestimmen (ebenso: SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08). Trotz des Umstandes, dass die Sache weder umfangreich noch schwierig war, verbleibt die Kappungsgrenze in Fällen von Mehrfachvertretung damit nicht bei 240,00 Euro. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem Sinn und Zweck der Nr. 1008 VV RVG sowie aus systematischen Erwägungen. Der gegensätzlichen Auffassung des 3. Senats des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08) vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.
Sinn und Zweck der Einführung der Kappungsgrenze in das RVG ist es, dass der Rechtsanwalt ohne das Hinzutreten besonderer Umstände nicht stets die Mittelgebühr in Ansatz bringen können soll, sondern nur einen leicht darunter liegenden Schwellenwert; bei der Geschäftsgebühr der Nr. 2400 VV RVG somit statt der Mittelgebühr von 280,00 Euro nur den etwas niedrigeren Schwellenwert von 240,00 Euro. Sinn und Zweck der in Nr. 2400 VV RVG vorgesehenen Kappungsgrenze ist es hingegen nicht, die Geschäftsgebühren stets auf einen festen Betrag von 240,00 Euro zu deckeln (so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08). Das ergibt sich aus dem Zusammenhang mit Nr. 1008 VV RVG. Die in Nr. 1008 VV RVG vorgesehene Regelung, wonach sich der Mindest- und Höchstbetrag des Betragsrahmens um jeweils 30 Prozent je weiterem Auftraggeber erhöht, sieht ihrem Sinn und Zweck nach vor, dass eine höhere Vergütung des Rechtsanwalts immer dann gerechtfertigt ist, wenn mehrere Auftraggeber vorhanden sind (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. 1493/08). Die Erhöhung der Vergütung wird dabei nicht vom tatsächlich erhöhten Aufwand an Zeit oder höheren Kosten gerade durch die Mehrfachvertretung abhängig gemacht, sondern gilt umfassend und wird unabhängig vom Einzelfall unwiderlegbar unterstellt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.04.2000, Az. 6 C 3/99; vgl. auch von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 18. Auflage 2008, VV 1008 Rn. 3). Dementsprechend wird für Fälle der Mehrfachvertretung eine in Schritten von 30 Prozent des Mindest- und Höchstbetrages vorzunehmende Gebührenerhöhung vorgesehen. Wille des Gesetzgebers war es also, in Fällen einer Vertretung mehrerer Auftraggeber in derselben Sache die Gebühren schrittweise anzuheben, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Aufwand.
Dieser Grundgedanke muss nach Auffassung der Kammer aber der Systematik des VV RVG entsprechend auch in den Fällen gelten, in denen wie in Nr. 2400 VV RVG eine Kappungsgrenze vorgesehen ist. Der beschriebene Zweck der Nr. 1008 VV RVG ist als Grundgedanke auf den gesamten Regelungsbereich des VV RVG anzuwenden (andere Auffassung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08). Die Regelung des Nr. 1008 steht zu Beginn des Verzeichnisses im Teil Eins "Allgemeine Gebühren". Es handelt sich dabei also um eine gleichsam vor die Klammer gezogene Regelung für alle sodann folgenden Gebührentatbestände. Aus dieser Systematik und dem Zusammenhang der Regelungen der Nr. 1008 und 2400 VV RVG ist abzuleiten, dass in den Fällen, in denen der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber vertritt, eine schrittweise Erhöhung der Gebühr vorzunehmen ist; dass aber nur in schwierigen oder umfangreichen Fällen eine Mittelgebühr des insoweit erhöhten Betragsrahmens oder sogar mehr verlangt werden kann. Folge dieser Systematik ist somit, dass die Erhöhung der Gebühr durch die Verschiebung des Betragsrahmens auch dann zum Tragen kommen muss, wenn eine Kappungsgrenze vorgesehen ist, und zwar dergestalt, dass in dem erhöhten Betragsrahmen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände - dem Sinn und Zweck der Kappungsgrenze entsprechend - nicht der Mittelwert anzusetzen ist, sondern ein leicht darunter liegender Schwellenwert. In dem hier bei vier weiteren Klägern vorliegenden Betragsrahmen zwischen 88,00 Euro und 1.144,00 Euro liegt dieser Schwellenwert entsprechend bei 528,00 Euro. Die Mittelgebühr von 616,00 Euro kann ohne das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten oder besonderen Aufwands nicht angesetzt werden.
Soweit das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08 im Anschluss an das SG Freiburg ausführt, die Regelung zur Geschäftsgebühr in Nr. 2400 VV RVG sei als lex specialis zu der im Allgemeinen Teil geregelten Mehrfachvertretung in Nr. 1008 VV RVG vorrangig; es sei aber nicht ausdrücklich geregelt, dass Nr. 1008 VV RVG auch für die Geschäftsgebühr des Nr. 2400 VV RVG anwendbar sei, vermag dies die Kammer nicht zu überzeugen, denn die Regelung des Nr. 1008 steht im Teil Eins des Vergütungsverzeichnisses unter der Überschrift "Allgemeine Gebühren". Es handelt sich somit um eine Regelung, die für alle folgenden Gebührentatbestände Geltung haben muss. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung in Nr. 1008 und Nr. 2400 VV RVG, wie sich die Erhöhung wegen Mehrfachvertretung zu der in Nr. 2400 VV RVG vorgesehenen Kappungsgrenze verhält, zeigt dabei gerade, dass die Geschäftsgebühr des Nr. 2400 VV RVG und damit auch die Kappungsgrenze in den Regelungsbereich einbezogen werden sollten. Anderenfalls hätte ausdrücklich geregelt werden müssen, dass die Kappungsgrenze von der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG unberührt bleibt bzw. dass die Kappungsgrenze ausdrücklich auch in Fällen der Verschiebung des Betragsrahmens bestand haben soll. Insofern ist die von der Kammer vertretene Auffassung auch mit dem Wortlaut der Regelungen vereinbar (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. 1493/08; im Ergebnis ebenso, jedoch ohne weitere Begründung: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.11.2007, Az. L 8 AS 39/06)
3.
Die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr in Höhe von 528,00 Euro ist somit innerhalb des nach Nr. 1008 VV RVG auf einen Rahmen von 88,00 bis 1.144,00 Euro erhöhten Betragsrahmens und unter Berücksichtigung der dementsprechend auf 528,00 Euro erhöhten Kappungsgrenze richtig angesetzt. Das Entstehen der Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro und die Umsatzsteuer in Höhe von 19% nach Nr. 7008 VV RVG ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass die Kostenforderung des klägerischen Prozessbevollmächtigten insgesamt nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes die in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorgesehene Berufungssumme 750,00 EUR nicht übersteigt, die Rechtssache aber über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat. Zu der streitgegenständliche Frage des Verhältnisses der Nr. 1008 VV RVG zur Kappungsgrenze in Nr. 2400 VV RVG liegt eine gefestigte obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist für die Einheit und Fortbildung des Rechts jedoch notwendig (vgl. dazu Littmann in: Lüdtke, SGG, 3. Auflage 2008, § 144 Rn. 16).
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Kosten eines von den Klägern zu 1) bis 5) geführten Widerspruchsverfahrens.
Die Kläger zu 1) und 2) und ihre drei minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3) bis 5), stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Die Kläger wohnten zunächst in einer Wohnung in der Lstraße in T. Der dort zu entrichtende Mietzins betrug 613,60 Euro und wurde in voller Höhe von der Beklagten als Kosten der Unterkunft übernommen. Im März 2009 unterschrieben die Kläger zu 1) und 2) sodann einen Mietvertrag für eine neue Wohnung in der Straße F. in T. und zogen zum 01.06.2009 gemeinsam mit ihren Kindern dorthin um. Die Miete für diese Wohnung beträgt 660,00 Euro. Eine Zusicherung zu dem Umzug hatten die Kläger bei der Beklagten nicht eingeholt. Mit Bescheid vom 01.07.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2009. Als Kosten der Unterkunft wurden darin trotz des Umzugs weiterhin 613,60 Euro bewilligt. Die Beklagte war insoweit laut Vermerk in der Verwaltungsakte der Auffassung, die neue Wohnung sei unangemessen groß, zudem sei vorher keine Zustimmung zum Umzug erteilt worden. Hiergegen legten die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 15.07.2009 Widerspruch ein mit der Begründung, die Wohnung sei preislich angemessen. Mit Bescheid vom 28.07.2009 half die Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang ab und übernahm außerdem die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten dem Grunde nach.
Am 31.07.2009 reichte der Bevollmächtigte der Kläger seine Kostenrechnung bei der Beklagten ein. Darin machte er geltend: eine Geschäftsgebühr (Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV RVG) mit 120-prozentiger Erhöhung (Nr. 1008 VV RVG) in Höhe von 528,00 Euro und eine Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) in Höhe von 20,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also 652,12 Euro.
Mit Bescheid vom 19.08.2009 erkannte die Beklagte einen Betrag von insgesamt 309,40 Euro an und erstattete diesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Geschäftsgebühr sei nur in einer Höhe von 240,00 Euro entstanden, da es sich um einen von Schwierigkeit und Umfang her nur durchschnittlichen Fall gehandelt habe. Dann gelte aber die Kappungsgrenze aus Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 240,00 Euro, so dass eine höhere Geschäftsgebühr nicht gefordert werden könne. Dagegen haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 24.08.2009 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2009 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die am 31.08.2008 erhobene Klage.
Die Kläger tragen vor, das Widerspruchsverfahren sei von den Klägern zu 1) bis 5) geführt worden. Sowohl der Rahmen der Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG, als auch die darin vorgesehene Kappungsgrenze erhöhten sich dementsprechend gemäß Nr. 1008 VV RVG wegen Mehrfachvertretung um 4 x 30 Prozent, insgesamt also um 120 Prozent auf 528,00 Euro.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.2009 zu verurteilen, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 in Form einer Geschäftsgebühr von 528,00 Euro und einer Auslagenpauschale von 20,00 Euro zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer unter Anrechnung bereits gezahlter 309,40 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Beklagte trägt vor, eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über 240,00 Euro komme trotz der Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen der in Nr. 2400 VV vorgesehenen Kappungsgrenze nicht in Betracht, da die Sache weder schwierig noch umfangreich gewesen sei. Die Beklagte verweist insoweit auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22.10.2008, Aktenzeichen L 3 AS 2648/08.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, die der Kammer vorlagen und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung der im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 entstandenen Kosten in der beantragten Höhe von 652,12 Euro.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind dabei nach § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs. 3 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.
1.
Die Beklagte hat ihre Erstattungspflicht im Abhilfebescheid vom 28.07.2008 dem Grunde nach anerkannt. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren notwendig war.
2.
Die Höhe der Erstattungspflicht bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltvergütungsgesetz (RVG), insbesondere nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG). Hiernach entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, und entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren, § 3 Abs. 1 und 2 RVG. Bei solchen Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG allerdings nicht verbindlich, wenn die von einem Dritten zu ersetzende Gebühr unbillig ist.
Die vom Bevollmächtigten der Kläger bestimmten Gebühren sind unter Zugrundelegung der genannten Grundsätze nach Auffassung der Kammer nicht unbillig. Die in der Rechnung vom 31.07.2009 geltend gemachten Kosten in Höhe von 652,12 Euro gehören zu den vom Erstattungsanspruch des § 63 Abs. 1 SGB X umfassten notwendigen Aufwendungen. Die vorgenommene Erhöhung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG um 120 Prozent ist nicht zu beanstanden.
a.
Für die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Widerspruchsverfahren ist eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG entstanden. Nach dieser Regelung beträgt der Betragsrahmen für die Geschäftsgebühr 40,00 Euro bis 520,00 Euro. Mindest- und Höchstbetrag der Betragsrahmengebühr erhöhen sich aber gemäß Nr. 1008 VV RVG, wenn Auftraggeber in derselben Sache mehrere Personen sind. Zwar erhält der Rechtsanwalt, der in einer Angelegenheit mehrere Personen vertritt, gemäß § 7 Abs. 1 RVG die Gebühren nur einmal, für jede weitere Person wird der Betragsrahmen aber gemäß Nr. 1008 VV RVG um 30 Prozent erhöht. Nach Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG dürfen mehrere Erhöhungen dabei das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags nicht übersteigen.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat mehrere Auftraggeber in derselben Sache vertreten. Auftraggeber im Sinne des § 7 Abs. 1 RVG ist derjenige, in dessen Angelegenheit der Rechtsanwalt tätig wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 7 Rdnr. 4, 8; LSG NRW, Urteil vom 28.07.2008, L 19 AS 24/08; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.11.2007, Az. L 8 AS 39/06). Die Kläger haben im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 01.07.2009 höhere Kosten der Unterkunft als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und damit jeweils eigene Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Damit waren auch die minderjährigen Kinder der Kläger zu 1) und 2), die Kläger zu 3) bis 5), jeweils gesetzlich vertreten durch die Kläger zu 1) und 2), selbstständige Auftraggeber des Prozessbevollmächtigten in derselben Sache. Der Betragsrahmen hat sich daher vorliegend bei vier weiteren Auftraggebern nach den oben genannten Grundsätzen gemäß Nr. 1008 VV RVG um (4 x 30 Prozent =) 120 Prozent erhöht und liegt zwischen 88,00 Euro und 1.144,00 Euro.
Diese Erhöhung ist in Bezug auf alle vier weiteren Kläger zu berücksichtigen, dementsprechend ist eine Erhöhung des Betragsrahmens um 120 Prozent vorzunehmen. Nach dem Wortlaut des Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG dürfen nämlich die Erhöhungen das Doppelte der des Mindest- und Höchstsatzes nicht übersteigen. Das bedeutet gerade nicht, dass der erhöhte Mindest- und Höchstsatz nicht das Doppelte des Mindest- und Höchstsatzes übersteigen darf (vgl. insoweit Bundestags-Drucksache 15/1971 S. 205; vgl. auch von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 18. Auflage 2008, VV 1008 Rn. 19). Durch Absatz 3 der Nr. 1008 VV RVG wird der Betragsrahmen also auf eine maximale Spanne zwischen 120,00 Euro und 1.560,00 Euro begrenzt. Einer anderen Auslegung, die von einem maximalen Betragsrahmen von 80,00 Euro bis 1.040,00 Euro ausgeht und damit eine Erhöhung bis auf das Doppelte des vorgesehenen Betragsrahmens vornimmt, vermag sich die Kammer angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des Absatz 3 Nr. 1008 VV RVG nicht anzuschließen (so aber SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08).
b.
Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Bei der Bestimmung der Geschäftsgebühr ist dabei von der so genannten Kappungsgrenze in Satz 2 der Nr. 2400 VV RVG auszugehen. Danach kann eine Gebühr von mehr als 240,00 Euro nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Ob eine Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist, bestimmt sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2008, L 10 (6) P 61/07). Hier hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Akteneinsicht genommen ein Widerspruchsschreiben verfasst. Inhaltlich war dabei die Angemessenheit der tatsächlichen Unterkunftskosten der neuen Wohnung zu prüfen. Auf den Widerspruch erfolgte die umgehende Abhilfe durch die Beklagte. Diese Tätigkeit war unter Beachtung aller Umstände weder umfangreich noch schwierig im Sinne von Satz 2 der Nr. 2400 VV RVG. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Die Kappungsgrenze des Satzes 2 der Nr. 2400 VV ist aber zur Überzeugung der Kammer angesichts des nach Nr. 1008 VV RVG erhöhten Betragsrahmens in demselben Verhältnis wie die Erhöhung des Betragsrahmens zu erhöhen, denn mit der Erhöhung des Gebührenrahmens ist auch die Kappungsgrenze neu zu bestimmen (ebenso: SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08). Trotz des Umstandes, dass die Sache weder umfangreich noch schwierig war, verbleibt die Kappungsgrenze in Fällen von Mehrfachvertretung damit nicht bei 240,00 Euro. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem Sinn und Zweck der Nr. 1008 VV RVG sowie aus systematischen Erwägungen. Der gegensätzlichen Auffassung des 3. Senats des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08) vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.
Sinn und Zweck der Einführung der Kappungsgrenze in das RVG ist es, dass der Rechtsanwalt ohne das Hinzutreten besonderer Umstände nicht stets die Mittelgebühr in Ansatz bringen können soll, sondern nur einen leicht darunter liegenden Schwellenwert; bei der Geschäftsgebühr der Nr. 2400 VV RVG somit statt der Mittelgebühr von 280,00 Euro nur den etwas niedrigeren Schwellenwert von 240,00 Euro. Sinn und Zweck der in Nr. 2400 VV RVG vorgesehenen Kappungsgrenze ist es hingegen nicht, die Geschäftsgebühren stets auf einen festen Betrag von 240,00 Euro zu deckeln (so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. S 15 AS 1493/08). Das ergibt sich aus dem Zusammenhang mit Nr. 1008 VV RVG. Die in Nr. 1008 VV RVG vorgesehene Regelung, wonach sich der Mindest- und Höchstbetrag des Betragsrahmens um jeweils 30 Prozent je weiterem Auftraggeber erhöht, sieht ihrem Sinn und Zweck nach vor, dass eine höhere Vergütung des Rechtsanwalts immer dann gerechtfertigt ist, wenn mehrere Auftraggeber vorhanden sind (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. 1493/08). Die Erhöhung der Vergütung wird dabei nicht vom tatsächlich erhöhten Aufwand an Zeit oder höheren Kosten gerade durch die Mehrfachvertretung abhängig gemacht, sondern gilt umfassend und wird unabhängig vom Einzelfall unwiderlegbar unterstellt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.04.2000, Az. 6 C 3/99; vgl. auch von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 18. Auflage 2008, VV 1008 Rn. 3). Dementsprechend wird für Fälle der Mehrfachvertretung eine in Schritten von 30 Prozent des Mindest- und Höchstbetrages vorzunehmende Gebührenerhöhung vorgesehen. Wille des Gesetzgebers war es also, in Fällen einer Vertretung mehrerer Auftraggeber in derselben Sache die Gebühren schrittweise anzuheben, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Aufwand.
Dieser Grundgedanke muss nach Auffassung der Kammer aber der Systematik des VV RVG entsprechend auch in den Fällen gelten, in denen wie in Nr. 2400 VV RVG eine Kappungsgrenze vorgesehen ist. Der beschriebene Zweck der Nr. 1008 VV RVG ist als Grundgedanke auf den gesamten Regelungsbereich des VV RVG anzuwenden (andere Auffassung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08). Die Regelung des Nr. 1008 steht zu Beginn des Verzeichnisses im Teil Eins "Allgemeine Gebühren". Es handelt sich dabei also um eine gleichsam vor die Klammer gezogene Regelung für alle sodann folgenden Gebührentatbestände. Aus dieser Systematik und dem Zusammenhang der Regelungen der Nr. 1008 und 2400 VV RVG ist abzuleiten, dass in den Fällen, in denen der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber vertritt, eine schrittweise Erhöhung der Gebühr vorzunehmen ist; dass aber nur in schwierigen oder umfangreichen Fällen eine Mittelgebühr des insoweit erhöhten Betragsrahmens oder sogar mehr verlangt werden kann. Folge dieser Systematik ist somit, dass die Erhöhung der Gebühr durch die Verschiebung des Betragsrahmens auch dann zum Tragen kommen muss, wenn eine Kappungsgrenze vorgesehen ist, und zwar dergestalt, dass in dem erhöhten Betragsrahmen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände - dem Sinn und Zweck der Kappungsgrenze entsprechend - nicht der Mittelwert anzusetzen ist, sondern ein leicht darunter liegender Schwellenwert. In dem hier bei vier weiteren Klägern vorliegenden Betragsrahmen zwischen 88,00 Euro und 1.144,00 Euro liegt dieser Schwellenwert entsprechend bei 528,00 Euro. Die Mittelgebühr von 616,00 Euro kann ohne das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten oder besonderen Aufwands nicht angesetzt werden.
Soweit das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 22.10.2008, Az. L 3 AS 2648/08 im Anschluss an das SG Freiburg ausführt, die Regelung zur Geschäftsgebühr in Nr. 2400 VV RVG sei als lex specialis zu der im Allgemeinen Teil geregelten Mehrfachvertretung in Nr. 1008 VV RVG vorrangig; es sei aber nicht ausdrücklich geregelt, dass Nr. 1008 VV RVG auch für die Geschäftsgebühr des Nr. 2400 VV RVG anwendbar sei, vermag dies die Kammer nicht zu überzeugen, denn die Regelung des Nr. 1008 steht im Teil Eins des Vergütungsverzeichnisses unter der Überschrift "Allgemeine Gebühren". Es handelt sich somit um eine Regelung, die für alle folgenden Gebührentatbestände Geltung haben muss. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung in Nr. 1008 und Nr. 2400 VV RVG, wie sich die Erhöhung wegen Mehrfachvertretung zu der in Nr. 2400 VV RVG vorgesehenen Kappungsgrenze verhält, zeigt dabei gerade, dass die Geschäftsgebühr des Nr. 2400 VV RVG und damit auch die Kappungsgrenze in den Regelungsbereich einbezogen werden sollten. Anderenfalls hätte ausdrücklich geregelt werden müssen, dass die Kappungsgrenze von der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG unberührt bleibt bzw. dass die Kappungsgrenze ausdrücklich auch in Fällen der Verschiebung des Betragsrahmens bestand haben soll. Insofern ist die von der Kammer vertretene Auffassung auch mit dem Wortlaut der Regelungen vereinbar (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 28.07.2009, Az. 1493/08; im Ergebnis ebenso, jedoch ohne weitere Begründung: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.11.2007, Az. L 8 AS 39/06)
3.
Die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr in Höhe von 528,00 Euro ist somit innerhalb des nach Nr. 1008 VV RVG auf einen Rahmen von 88,00 bis 1.144,00 Euro erhöhten Betragsrahmens und unter Berücksichtigung der dementsprechend auf 528,00 Euro erhöhten Kappungsgrenze richtig angesetzt. Das Entstehen der Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro und die Umsatzsteuer in Höhe von 19% nach Nr. 7008 VV RVG ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass die Kostenforderung des klägerischen Prozessbevollmächtigten insgesamt nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes die in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorgesehene Berufungssumme 750,00 EUR nicht übersteigt, die Rechtssache aber über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat. Zu der streitgegenständliche Frage des Verhältnisses der Nr. 1008 VV RVG zur Kappungsgrenze in Nr. 2400 VV RVG liegt eine gefestigte obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist für die Einheit und Fortbildung des Rechts jedoch notwendig (vgl. dazu Littmann in: Lüdtke, SGG, 3. Auflage 2008, § 144 Rn. 16).
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