L 11 R 2848/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1279/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2848/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01. November 2006 hat.

Die am 19. Februar 1953 im früheren Jugoslawien geborene Klägerin, die seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland lebt, hat ihren eigenen Angaben zufolge keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Zimmermädchen bzw Maschinenarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mitte 2000 ist die Klägerin beschäftigungslos. Es sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 sowie das Merkzeichen "RF" seit 08. Dezember 2003 festgestellt (Bescheid des Versorgungsamtes F. vom 13. Dezember 2004).

Am 18. Mai 1993 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) erstmals Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte dies nach Einholung des Gutachtens des Orthopäden Dr. R. vom 28. Juli 1993 (Diagnosen: rezidivierendes Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibendegeneration und Fehlhaltung und vasomotorischer Kopfschmerz) ab; der Bescheid befindet sich nicht in der Verwaltungsakte der Beklagten.

Vom 15. bis 31. Dezember 1997 und vom 11. August bis 08. November 1999 bezog die Klägerin Krankengeld (Schreiben der B. Ersatzkasse T.-N. vom 04. Oktober 2001). Sie nahm vom 09. November bis 07. Dezember 1999 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik für Innere Medizin und rheumatische Erkrankungen B.-B. teil. Internist Dr. M.-W. gab im Entlassungsbericht vom 22. Dezember 1999 an, die Klägerin leide an einem chronischen Cervikobrachialsyndrom rechtsbetont, an einem chronischen HWS- und LWS-Syndrom, an CTS rechts (Operation im Januar 1998) sowie an einer psychosozialen Belastungssituation. Sie sei noch in der Lage, Tätigkeiten als Reinigungskraft sowie andere mittelschwere Tätigkeiten ohne regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten vollschichtig zu verrichten.

Am 26. April 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte dies nach Beiziehung des Gutachtens des Dr. S. vom 01. Oktober 1999 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg ab (Bescheid vom 15. Mai 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juli 2000).

Hiergegen erhob die Klägerin am 11. Juli 2000 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (Az: S 2 RJ 2152/00). Nachdem das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört hatte, holte es das Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. L. vom 30. Juni 2001 ein. Danach leide die Klägerin an einer ausgeprägten, chronifizierten Somatisierungsstörung mit multiplen, verschiedenartigen Schmerzen, die zu einem Teil deutlicher erlebt würden, als dies vom medizinischen Befund zu erwarten sei. Die Erkrankung führe dazu, dass die Klägerin in ihrem Antrieb, ihrer Motivation sowie in Ausdauer und Belastbarkeit erheblich beeinträchtigt sei. Sie sei daher nicht mehr in der Lage, regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie könne allenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zwei Stunden bis unter halbschichtig täglich verrichten. Aufgrund der Stellungnahme der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. vom 18. Juli 2001 unterbreitete die Beklagte daraufhin das Vergleichsangebot vom 25. Juli 2001, wonach der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01. November 2000 bis 31. Oktober 2003 gewährt werde; dieses Angebot nahm die Klägerin am 20. August 2001 zur Erledigung des Rechtsstreits an. Die Beklagte gewährte in Ausführung dieses Vergleichs Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab 01. November 2000 bis 31. Oktober 2003 (Bescheid vom 16. Oktober 2001).

Am 13. Mai 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Beklagte ließ die Klägerin nervenärztlich begutachten. Ärztin für Nervenheilkunde B. gelangte in ihrem Gutachten vom 07. August 2003 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: somatoforme Schmerzstörung, rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden und Hüftgelenksschmerzen links. Im Gegensatz zur Vorbegutachtung durch Dr. L. könne eine höhergradige depressive Symptomatik jetzt nicht mehr festgestellt werden. Es sei offensichtlich zu einer Besserung gekommen. Die Klägerin sei danach noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente ab (Bescheid vom 06. Oktober 2003), da die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausüben könne. Der Widerspruch hiergegen blieb - nachdem die Klägerin am 04. Dezember 2003 bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt hatte - erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2003).

Hiergegen erhob die Klägerin am 02. Januar 2004 beim SG Klage (Az: S 11 RJ 9/04). Nachdem das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört hatte, holte es zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 08. November 2004 ein. Danach liege bei der Klägerin ein anhaltendes somatoformes Schmerzsyndrom mit wechselhaft vertebragenen, lumbal mehr als cervikal betonten Schmerzen ohne neurologische Störungen vor. Diese seien durch psychosoziale Konflikte vor dem Hintergrund persönlichkeitseigener Züge bedingt. Die Klägerin könne jedoch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Empfehlenswert seien betriebsunübliche Pausen von jeweils 10 Minuten nach zweistündiger Arbeit. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03. Februar 2005 korrigierte er aufgrund einer Neubewertung der psychosozialen Problematik seiner Einschätzung hinsichtlich der täglichen Arbeitszeit. Die Klägerin solle möglichst nicht über sechs Stunden täglich arbeiten. Das SG holte daraufhin das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. H. vom 05. Januar 2006 ein. Bei der Klägerin ließen sich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei schwerer Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren sensitiven und sthenischen sowie depressiven Anteilen diagnostizieren. Außerdem gebe es Hinweise für ein Bluthochdruckleiden. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen allenfalls vier Stunden leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Aufgrund der Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 19. April 2006 unterbreitete die Beklagte den Vergleichsvorschlag vom 21. April 2006, wonach über den 31. Oktober 2003 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis 31. Oktober 2006 geleistet werde; die Klägerin nahm den Vergleichsvorschlag am 12. Mai 2006 zur Erledigung des Rechtsstreites an. Die Beklagte gewährte in Ausführung dieses Vergleichs Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. Oktober 2006 (Bescheid vom 30. Mai 2006).

Am 21. Juni 2006 beantragte die Klägerin erneut die Weitergewährung der Rente. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin orthopädisch begutachten. Dr. R. gelangte in seinem Gutachten vom 04. Oktober 2006 zu der Einschätzung, dass die Klägerin an einem chronischen Schmerzsyndrom leide, wobei die geklagten Ganzkörperschmerzen einem eindeutigen orthopädischen Krankheitsbild nicht zugeordnet werden könnten. Sie sei unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Darüber hinaus ließ die Beklagte die Klägerin nervenärztlich begutachten. Gutachterin B. gelangte in ihrem Gutachten vom 27. Oktober 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: Somatoforme Schmerzstörung, Bluthochdruck und leichtgradige Klaustrophobie. Eine wesentliche depressive oder ängstliche Symptomatik habe bei der Untersuchung nicht festgestellt werden können. Bei relativ unauffälligem körperlichen Befund und der Schilderung eines aktiven Tagesablaufs sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf wiederholte Gewährung ab (Bescheid vom 06. November 2006). Aufgrund der ärztlichen Untersuchungsergebnisse sei davon auszugehen, dass die Klägerin noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig auszuüben. Den Widerspruch der Klägerin, die sich auf das Gutachten des Dr. H. vom 05. Januar 2006 stützte, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten - nach der Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. vom 29. November 2006 - zurück (Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2007). Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besonderen Zeitdruck (z.B. Akkord, Fließband) sowie ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von schweren Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel) vollschichtig verrichten. Aufgrund ihrer zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit könne sie auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 03. März 2007 beim SG Klage (Az: S 11 R 1279/07), mit der sie geltend machte, sie sei seit vielen Jahren erwerbsunfähig und leide in unverändertem Maße an den Krankheiten und Folgen, die bereits Gegenstand der Vorverfahren gewesen seien. Insbesondere bestehe die von Dr. H. festgestellte psychosomatische Erkrankung unverändert fort. Zur weiteren Begründung legte sie die Bescheinigung des Diplompsychologen D.-R. sowie den Brief der Chirurgin Dr. S. vom 05. Januar 2008 vor. Diplompsychologe D.-R. gab an, die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, einer geregelten Arbeit nachzugehen, da sie an einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom, an einer Anpassungsstörung (längere depressive Reaktion) und an einer undifferenzierten Somatisierungsstörung leide. Dr. S. führte aus, aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sei es der Klägerin nicht möglich, Arbeiten auszuführen, die mit längerem Stehen, längerem Sitzen und einseitiger Belastung der Wirbelsäule verbunden seien. Die Klägerin könne nicht in einen Arbeitsprozess zurückgeführt werden, ohne dass die Gefahr einer gesundheitlichen Verschlechterung bestehe.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hörte das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen.

Facharzt für Orthopädie Dr. B. teilte mit (Auskunft vom 12. April 2007), er habe ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Dorsalgie und eine Blockierung der Brustwirbelkörper diagnostiziert. Aufgrund der erhobenen Befunde sei die Verrichtung einer körperlich leichten Berufstätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich durchaus zumutbar. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. führte aus (Auskunft vom 27. April 2007), neu sei eine behandlungsbedürftige arterielle Hypertonie, die unter Betablocker und ACE-Hemmer gut kompensierbar sei, jedoch zeitweilig zu Schwindelbeschwerden führe. Ebenfalls neu sei ein leichtes Asthmabronchiale, für das eine Bedarfsmedikation ausreiche. Die Frage, ob er aufgrund der während der Behandlung gewonnenen Erkenntnisse die Verrichtung auch einer körperlichen leichten Berufstätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich ausschließen könne, verneinte er. Arzt für Neurologie und Psychiatrie K. gab an (Auskunft vom 14. Mai 2007), in den letzten Jahren sei es eher zu einer Verschlimmerung des Zustandes gekommen. Die medikamentöse Behandlung sei ausgereizt. Auch die weiterhin durchgeführte psychische therapeutische Behandlung habe keine Besserung ergeben. Die Frage, ob er die Verrichtung auch einer körperlich leichten Berufstätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich ausschließe, bejahte er. Facharzt für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde Dr. M. teilte mit (Auskunft vom 20. Juni 2007), im Verlauf der Behandlung seit dem 01. Januar 2006 sei es im September 2006 zu einer Verschlechterung gekommen. Es sei von einer chronischen Rhinosinositis sowie einer chronischen Bronchitis (differentialdiagnostische Hyperreagibilität) auszugehen. Es bestünden bezogen auf den HNO-Bereich keine Einschränkungen einer körperlich leichten Berufstätigkeit in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich, sofern an dem Arbeitsplatz keine Belastung durch Staub, Dämpfe oder sonstige Aerosole zu finden seien.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts erhob das SG sodann das Gutachten des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. C. vom 26. August 2007, der die Klägerin am 08. August 2007 persönlich untersuchte. Dieser diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und ein allgemein mäßig erhöhtes Angstniveau. Eine depressive Symptomatik sei klinisch nicht erkennbar. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass diese zu früheren Zeitpunkten, unter dem Einfluss erheblicher psychosozialer Belastungen, vorgelegen habe. Hinweise auf eine Simulation oder Aggravation hätten bei der Untersuchung nicht bestanden. In hohem Umfang hätten sich hingegen Verdeutlichungstendenzen dargestellt, weniger bei der klinischen Untersuchung als bei der Beantwortung der Fragebogentests. Die psychischen Störungen würden nicht als so gravierend erscheinen, dass dadurch eine regelmäßige Erwerbstätigkeit auszuschließen wäre. Aus psychiatrischer und psychosomatischer Sicht solle auf Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, auf Nachtarbeit und auf Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Beanspruchung verzichtet werden. Im Hinblick auf die somatischen Beschwerden seien zumutbar noch körperliche leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen und ohne häufiges Bücken. Wegen der jüngst aufgetretenen pulmonalen Symptomatik solle auf Expositionen gegenüber Staub, Gasen und Dämpfen verzichtet werden. Infolge der leichten Gehörschädigung würden Arbeitsplätze mit besonderer Lärmbelastung ausscheiden. Unter Berücksichtigung der genannten Leistungseinschränkungen könne die Klägerin arbeitstäglich sechs Stunden ohne Gefährdung der Restgesundheit arbeiten. Die Ergebnisse der Gutachten von Dr. H. und Prof. Dr. H. könnten heute nicht mehr nachvollzogen werden, zum Teil, weil sich das Beschwerdebild mittlerweile gebessert haben möge, zum Teil, weil damals die Diagnose einer schweren Persönlichkeitsstörung gestellt worden sei, die nach aktueller Sicht nicht mehr vorliege.

Mit Urteil vom 27. März 2008, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 19. Mai 2008, wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es bestehe weder ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch auf eine solche wegen Erwerbsminderung. Der Klägerin sei trotz ihrer Erkrankungen, wie Dr. C. überzeugend ausgeführt habe, eine körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeit ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen sowie ohne häufiges Bücken möglich. Eine Limitierung dieser Tätigkeiten in zeitlicher Hinsicht lasse sich nicht mehr begründen. Wie der Sachverständige dargelegt habe, seien die psychischen Störungen derzeit nicht gravierend. Das auf psychischem Gebiet bestehende Beschwerdebild könne in dem vom Gutachter Dr. H. festgestellten Umfang nicht mehr festgestellt werden.

Hiergegen richtet sich die am 16. Juni 2008 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der die Klägerin geltend macht, die Feststellungen des Dr. C. stimmten nicht mit denen des Dr. H. überein. Dieser habe eine erhebliche, erwerbsunfähigkeitsbegründende psychosomatische Erkrankung festgestellt. Des Weiteren sei sie berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, da ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit auf weniger als die Hälfte gesunken sei und sie auch keine Erwerbstätigkeit ausübe bzw keinen Arbeitsplatz inne habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. März 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 06. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2007 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01. November 2006 weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Chefarzt am Zentrum für Psychiatrie in E. Dr. F. das Gutachten vom 12. Februar 2009 aufgrund einer persönlichen Untersuchung der Klägerin am 29. Januar 2009 erstellt. Die Stimmungslage sei beim aktuellen Rapport nicht als depressiv wahrzunehmen gewesen, auch im Selbstbild werde keine Depression vermittelt. Die verbalen und gestischen Äußerungen erscheinten betont und engagiert in der Darstellung gewesen, aber nie phantastisch übertrieben. Die Klägerin habe sich sehr gut ausdrücken können und es habe oft kleine Episoden gegeben, wo man herzlich zusammen gelacht habe. Beim Tagesablauf habe die Klägerin angegeben, mit ihrer Freundin nach dem Mittagessen Spaziergänge von zwei bis fünf km zu unternehmen oder auch einkaufen zu gehen bzw Kaffee zu trinken. Zwischendurch setze sie sich immer mal wieder zehn Minuten auf ihr Trimmrad. Zweimal in der Woche gehe sie in die Krankengymnastik zu Fuß. Die gewöhnliche Hausarbeit mache sie selbst, Tätigkeiten wie Fensterputzen erledigten andere für sie. Die Klägerin leide danach an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Auch wenn die Diagnosen von den bislang damit befassten Ärzten immer wieder varierend benannt worden seien, handele es sich immer um dasselbe Gesamtbild. Die Klägerin sehe sich selbst außerstande, einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Durch das verstärkte und anhaltende Erleben von Schmerzen und wegen der ängstlichen Erwartung von einschießenden Schmerzen sei die Einstellung zu einer Arbeitstätigkeit permanent belastet. In Episoden von aktuellem Schmerzerleben trete dieses als Hindernis vor jede Aktivität, in schmerzfreien oder schmerzarmen Intervallen sei gleichwohl die Erwartungsangst ein Hemmnis und belaste auch durch Unsicherheit und Unkonzentiertheit die Beziehung zum Auftraggeber und zu anderen Mitarbeitern. Daneben seien aber durchaus - wie die Beispiele aus der Tagesgestaltung zeigten - auch völlig unbeschwerte Aktivitäten möglich, zumal wenn keine Erledigungspflicht bestehe. Die Klägerin sei nicht belastbar für anhaltendes oder gar ausschließliches Stehen, Sitzen, Heben und Tragen von Lasten, für nichtebenerdiges Arbeiten, für wechselnde Temperatur, Feuchtigkeit, Belastung durch chemische Dämpfe oder Hautkontakten. Sie sei des Weiteren nicht belastbar für anhaltende Konzentration im Hinblick auf Arbeiten mit unbedingter Genauigkeit oder vorgegebenem Zeittackt bzw unbedingten Präsenzzeiten nach einem Stundenplan. Sie könne stundenweise eine Erwerbstätigkeit mit leichten Arbeiten nachgehen, die keine fixierte Präsenzpflicht und keine momentane Erledigungspflicht erforderten. Die mögliche tägliche Arbeitszeit bei einer Fünf-Tagewoche werde auf drei Stunden geschätzt. Dieser Zustand bestehe schon seit der Zeit vor dem 01. November 2006. Der Unterschied zu der Einschätzung des Dr. C. bestehe vor allem in der Würdigung des psychischen bzw psychosomatischen Krankheitanteils. Dr. C. habe sich zudem noch auf eine ältere ICD-Klassifikation gestützt.

Für die Beklagte hat Ärztin für Psychiatrie Dr. H. am 12. März 2009 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass bei der Lektüre des Tagesablaufs Zweifel an der tatsächlichen Ausprägung des schweren Schmerzleidens bestünden und der Leistungseinschätzung des Dr. F. nicht gefolgt werden könne.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Dr. C. vom 03. Mai 2009 nach Aktenlage eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, dass auf eine erneute Untersuchung der Klägerin verzichtet worden sei, da keinerlei neue Befundlage ersichtlich sei. Die Bescheinigung des behandelnden Diplompsychologen D.-R. gebe keine neuen Erkenntnisse wider. Das Gutachten des Dr. F. folge im Wesentlichen den diagnostischen Einschätzungen der Vorgutachter, wobei die Leistungsbeurteilung in der Folge nicht mit einem nachvollziehbaren Leistungsbild korreliere. Allerdings könne allein aus Diagnosen nicht auf die Art und das Ausmaß von Funktionsstörungen geschlossen werden. Neue Funktionsstörungen habe Dr. F. jedoch nicht benannt. Aus der Schilderung des Tagesablaufs und aus dem psychischen und körperlichen Befund werde nicht deutlich, warum hier tatsächlich eine quantitative Leistungseinschränkung angenommen werden müsse. Stattdessen seien die Selbsteinschätzungen der Klägerin eins zu eins übernommen worden. Weder die Erweiterung des negativen Leistungsbildes, bei dem jetzt offenbar nicht nur betriebsunübliche Pausen, sondern sogar eine freie Zeiteinteilung wie bei einer selbständigen Tätigkeit postuliert werde, noch die extrem reduzierte quantitative Leistungsfähigkeit ließen sich vor diesem Hintergrund nachvollziehen. Er halte daher an seiner Einschätzung im Gutachten vom 26. August 2007 uneingeschränkt fest. Eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne in einem Umfang von acht Stunden an fünf Tagen pro Woche unter Beachtung der im Gutachten vom August 2007 genannten qualitativen Leistungseinschränkungen noch geleistet werden. Die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen sei nicht erkennbar. Auch bestehe keine Einschränkung der Wegefähigkeit.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die SG-Akten in den Verfahren S 2 RJ 2152/00, S 11 RJ 9/04 und S 11 R 1279/07 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 6. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2007 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat nach Ende der bis 31. Oktober 2006 befristeten Rente ab 01. November 2006 oder ab einem späteren Zeitpunkt weder Anspruch auf eine Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeitsrente (hierzu unter Ziff 1 und 2) noch auf eine Erwerbsminderungsrente (hierzu unter Ziff 3).

1. Der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit richtet sich nach § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (aF). Denn sie begehrt die Weitergewährung der bis zum 31. Oktober 2006 gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente.

Zwar gilt nach § 300 Abs 1 SGB VI der Grundsatz, dass Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden sind, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat, wobei aufgehobene Vorschriften des SGB VI bzw ersetzte Vorschriften nach § 300 Abs 2 SGB VI auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Vorliegend greift jedoch die Sonderregelung des § 302 b Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB VI in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung. Danach gilt: Bestand am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, besteht der jeweilige Anspruch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren. Bei befristeten Renten gilt dies auch für einen Anspruch nach Ablauf der Frist (vgl hierzu auch Gabke in juris PK- SGB VI, 1. Auflage 2008, § 302 b RdNr 10). Da die befristete Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin bereits ab 01. November 2000 gewährt wurde, sind die Voraussetzungen des § 302 b Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB VI erfüllt.

Nach § 44 Abs 1 SGB VI aF haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (vgl nunmehr § 302 b Abs 1 Satz 1 SGB VI: Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach Abs 2 der Vorschrift sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 DM übersteigt; erwerbsunfähig sind auch Versicherte nach § 1 Nr 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, auch im Hinblick auf die Amtsermittlungen im Berufungsverfahren nicht erwerbsunfähig, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf dem sie verweisbar ist (hierzu unter Ziff 2), leichte Tätigkeiten unter Beachtung quantitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten. Bei der Klägerin liegen zwar auf psychosomatischem und orthopädischem Fachgebiet Erkrankungen vor; diese sind jedoch nicht so ausgeprägt, dass Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Die Klägerin leidet im Wesentlichen an einer somatoformen Schmerzstörung und an einem allgemein mäßig erhöhten Angstniveau. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. C. vom 26. August 2007 und dessen Gutachten nach Aktenlage vom 03. Mai 2009. Dies wird auch durch das Gutachten des Dr. F. vom 12. Februar 2009 bestätigt. Dieser hat im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Erkrankung von den damit befassten Ärzten zwar des Öfteren variierend benannt worden ist, es sich jedoch immer um das selbe Gesamtbild gehandelt hat. So ging bereits Nervenärztin B. in ihrem Gutachten vom 07. August 2003, welches im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, von einer somatoformen Schmerzstörung aus. Diese Erkrankung wurde auch im Folgenden immer wieder bestätigt (Gutachten des Prof. Dr. H. vom 08. November 2004, Gutachten des Dr. H. vom 05. Januar 2006 und Gutachten der Nervenärztin B. vom 27. Oktober 2006 sowie Bescheinigung des Diplompsychologen D.-R. vom 01. Oktober 2007).

Eine depressive Symptomatik liegt derzeit jedoch nicht vor. Dies entnimmt das Gericht dem Gutachten des Dr. C. vom 26. August 2007. Dies wird im Übrigen auch durch Dr. F. bestätigt, der berichtet hat, dass die Stimmungslage im aktuellen Rapport nicht als depressiv anzunehmen war und auch das Selbstbild der Klägerin keine Depression vermittelte. Auch eine Persönlichkeitsstörung, wie sie von Diplompsychologe D.-R. angenommen wird, liegt nicht vor. Nach den insoweit schlüssigen Ausführungen des Dr. C. in dessen Gutachten vom 26. August 2007 liegen zwar einzelne Kennzeichen einer histrionischen, anankastischen und ggf auch einer ängstlichen Persönlichkeit vor. Es besteht allerdings nicht das Vollbild einer Persönlichkeitsstörung. Auch Dr. F. konnte eine Persönlichkeitsstörung nicht feststellen.

Darüber hinaus leidet die Klägerin an orthopädischen Erkrankungen, und zwar an einer chronischen Lumbalgie mit Uncovertebralarthrose, an einer Polyarthrose, an einer Zyste in einem Handwurzelknochen, an Senk-Spreizfüßen, an einer chronischen Knochenhautreizung am linken Ellenbogen, an einer beginnenden Muskelverkürzung am Kniegelenk, an einer Muskelverkürzung am linken Ellenbogen und an einer Facettenreizung im Bereich der Halswirbelsäule. Dies entnimmt das Gericht dem Schreiben der Dr. S. vom 05. Januar 2008.

Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 26. August 2007 diesbezüglich jedoch nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die vorhandenen orthopädischen Veränderungen degenerativer Natur sind und nicht die Altersnorm überschreiten, so dass sie als Hauptursache der Schmerzen der Klägerin nicht in Betracht kommen. Sie führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Aufgrund der vorliegenden Erkrankungen kann die Klägerin keine schweren Arbeiten mehr verrichten. Darüber hinaus sind Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Nachtarbeiten und Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Beanspruchung zu vermeiden. Zumutbar sind noch körperliche leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen und häufiges Bücken. Wegen der bereits aufgetretenen pulmonalen Symptomatik ist auf eine Exposition gegenüber Staub, Gasen und Dämpfen zu verzichten. Infolge einer leichten Gehörschädigung sind Arbeitsplätze mit besonderer Lärmbelästigung zu vermeiden. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. C. vom 26. August 2007.

Die Klägerin benötigt auch keine betriebsunüblichen Pausen und es besteht auch keine Einschränkung der Wegefähigkeit. Hiervon ist der Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen von Dr. C. in seinen Gutachten vom 26. August 2007 und 03. Mai 2009 überzeugt. Die von Dr. F. postulierte Notwendigkeit einer freien Zeiteinteilung ist aufgrund der Befunderhebungen nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er die Selbsteinschätzung der Klägerin uneingeschränkt übernommen hat. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass nach § 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) der Klägerin bei einer zugrunde gelegten täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden Ruhepausen von mindestens 30 Minuten zustehen, die nach Maßgabe der §§ 4 Satz 2 und 7 ArbZG auch in kleinere Zeitabschnitte aufgeteilt werden können. Im Übrigen ist zu beachten, dass kurze Pausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden, beispielsweise im Bereich des öffentlichen Dienstes, nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Urteil des Senats vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - mwN = in juris veröffentlicht).

Trotz der genannten qualitativen Einschränkungen ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen auszuüben. Der Senat ist hierbei zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin derartige Tätigkeiten noch mindestens vollschichtig täglich verrichten kann. Der Senat stützt sich hierbei auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Gutachter Dr. C ... Dieser ist sowohl in dem Gutachten vom 26. August 2007 als auch in seinem Gutachten vom 03. Mai 2009 nachvollziehbar und schlüssig zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten vollschichtig (im Umfang von acht Stunden pro Tag an fünf Arbeitstagen pro Woche) zu verrichten. Dr. F. ist bei seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit hingegen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten drei Stunden täglich zu verrichten. Diese Einschätzung überzeugt nicht. Denn Dr. F. begründet diese quantitative Leistungseinschränkung nicht. Sowohl Dr. H. (Stellungnahme vom 12. März 2009) als auch Dr. C. (Gutachten vom 03. Mai 2009) haben zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Leistungseinschätzung des Dr. F. nicht mit dem Tagesablauf der Klägerin in Übereinstimmung bringen lässt. So ist die Klägerin noch in der Lage, mittags Sozialkontakte zu pflegen und zwei bis fünf km spazieren zu gehen, einzukaufen oder Kaffee zu trinken. Des Weiteren nutzt sie mehrmals täglich für 10 Minuten ihr Trimmrad und geht zweimal pro Woche in die Krankengymnastik. Gewöhnliche Hausarbeit macht sie selbst, nur (schwere) Tätigkeiten, wie z. B. Fensterputzen, lässt sie durch andere erledigen. Dies ergibt sich aus dem von Dr. F. selbst geschilderten Tagesablauf. Trotz der von der Klägerin geschilderten Beschwerden ist damit kein gravierender Leidensdruck zu erkennen.

Soweit Dr. F. hinsichtlich der anders lautenden Leistungsbeurteilung durch Dr. C. darauf hinweist, dass dieser eine ältere ICD-Klassifikation zugrunde gelegt habe, weist der Senat drauf hin, dass für die Frage, ob das zeitliche Leistungsvermögen eingeschränkt ist, nicht eine bestimmte Diagnose maßgeblich ist, sondern vielmehr das Ausmaß der Funktionsstörungen. Wie bereits dargelegt konnte sich der Senat jedoch nicht davon überzeugen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsstörungen zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch Dr. F. keine neuen Funktionsstörungen benannt hat. Er geht vielmehr von einer seit dem Jahr 2006 unveränderten Gesundheitssituation aus.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs 1 und 2 SGB VI aF. Berufsunfähig sind nach Abs 2 Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistiger und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die auch ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist mit dem festgestellten Leistungsvermögen in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mit den beschriebenen qualitativen Einschränkungen vollschichtig täglich auszuüben. Solche Tätigkeiten sind ihr sozial zumutbar. Einen Beruf hat die Klägerin nicht erlernt. Sie war zuletzt dauerhaft als Reinigungsfrau bzw Zimmermädchen und damit als ungelernte Arbeiterin beschäftigt. Ungelernte Arbeiter sind auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und haben keinen Berufsschutz. Eine ungelernte Tätigkeit, die nur eine Einlernzeit von bis zu drei Monaten erfordert, wird durch langjährige Ausübung nicht zu einem Ausbildungsberuf im Sinne des Mehrstufenschemas.

3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs 1 und 2 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 bzw 01. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die Klägerin ist mit dem festgestellten Leistungsvermögen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben. Damit scheidet auch eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus. Da die Klägerin - wie bereits unter Ziff 2 dargestellt - als ungelernte Arbeiterin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist - hat sie auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs 2 SGB VI.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved