Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2554/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3121/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Förderung einer dreijährigen Umschulung zur Ergotherapeutin als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme.
Die 1964 geborene Klägerin hat nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau absolviert. Im Anschluss daran hat sie berufsbegleitend ein Abendstudium mit Schwerpunkt Werbetext- und Kommunikationsdesign von September 1988 bis Juni 1989, von Juli 1989 bis September 1991 diverse Seminare und Fortbildungen zur Pressearbeit und Werbung im Verlag sowie von Oktober 1990 bis April 2000 ein Hochschulstudium im Fach Psychologie - ohne Abschluss - an den Universitäten T. und S. durchgeführt. In der Zeit von August 1996 bis Mai 1998 arbeitete sie als Kundenbetreuerin im Callcenter S. und von Mai 1998 bis August 2004 im Callcenter S., wobei sie seit September 2004 Teamleiterin war. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 30. Juni 2007.
Am 11. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit, weitergeleitet an die Beklagte am 17. Oktober 2006, die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zur Ergotherapeutin. Sie trug vor, sie leide seit Geburt an einer starken Wirbelsäulenverkrümmung, welche trotz regelmäßigen Trainings bei sitzender Tätigkeit vermehrt zu Schmerzen und Verschiebungen der Bandscheiben führe. Darüber hinaus habe sie eine Schwächung des linken Sehmuskels bei 100 % Sehleistung der Augen. Dies führe zu verschwommenem Sehen und damit zu Problemen beim Lesen und Arbeiten mit Zahlen. Deswegen verwende sie wie ärztlich empfohlen eine Lesebrille. Das angestrengte Sehen und die angespannte Wirbelsäule belasteten ihre Berufssituation. Sie wolle deswegen in einen Bereich wechseln, der mehr körperliche Abwechslung im Arbeitsalltag zulasse und nur einen geringeren Anteil am Bildschirm habe.
Vom 12. Dezember 2006 bis 09. Januar 2007 führte die Klägerin ein stationäres Heilverfahren in B. W. durch. Sie wurde als arbeitsunfähig mit den Diagnosen eines chronischen HWS- und LWS-Syndroms bei Bandscheibenvorfällen C4/5, L4/5 und L5/1, jeweils konservativ behandelt, und einem Cholinesterasemangelsyndrom entlassen. Die Klägerin habe zuletzt ein flüssiges, sicheres Gangbild ohne Schonhinken gezeigt. Die Statik sei leicht verbessert ohne antalgische Schonhaltung gewesen. Sie habe ca 60 Minuten schmerzfrei sitzen können. Gehen und Stehen sei unauffällig gewesen, ebenso Treppensteigen ohne Probleme. Die Klägerin könne daher noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von langem Sitzen und Hebe- und Tragebelastungen ausüben. Der zuletzt ausgeübte Beruf decke sich nicht vollständig mit dem beschriebenen Leistungsbild. Aufgrund vielschichtigen Betätigungsmöglichkeiten im Arbeitsfeld Ergotherapie und bei der hohen Motivation der Klägerin sei eine solche Maßnahme zu befürworten.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Februar 2007 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei noch in der Lage, eine Beschäftigung als Kundenbetreuerin weiterhin auszuüben, wobei ihr eine rückengerechte Arbeitsplatzausstattung empfohlen werde. Damit sei ihre Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie müsse als Teamleiterin ganztägig stehende wie sitzende statische Wirbelsäulenbelastungen durchführen, die nach zwei Stunden zu Schmerzen und Entzündungen führten. Da sie die vorhandenen körperlichen Defizite nicht durch Bewegung kompensieren könne, strebe sie eine Tätigkeit an, in der dies möglich sei. Sie legte hierzu noch eine Aufgabenbeschreibung ihrer Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter (Bl 36 ff der V-Akte) sowie ein Schreiben der Techniker Krankenkasse und ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. vom 13. März 2007, wonach ihre Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert sei, vor. Nach Einholung einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ein Befund, der die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtfertige, habe nicht erhoben werden können. Die Klägerin sei noch in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten.
Mit ihrer dagegen am 22. Mai 2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, bereits nach dem ärztlichen Entlassungsbericht könne sie ihre bisherige Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter nicht ausüben. Es liege hier auch eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da sowohl die behandelnden Ärzte als auch die Bundesagentur für Arbeit nur die Tätigkeit als Ergotherapeutin als möglich angesehen hätten. Die Angaben zum Haltungswechsel bei der Tätigkeit als Teamleiterin in einem Callcenter seien praktisch nicht durchführbar. Auch eine stehende Bildschirmtätigkeit führe zu statischen Bewegungen bzw Haltungen, die zu schmerzhaften Verkrampfungen und Entzündungen führten. Die Klägerin hat hierzu noch ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit P. vom 26. Februar 2008 vorgelegt. Dr. T. hat die Auffassung vertreten, dass bei einer bleibenden Minderbelastung der gesamten Wirbelsäule mit chronischem Schmerzsyndrom von bei insgesamt nachgewiesenen drei Bandscheibenvorfällen ohne sensible oder motorische Ausfälle die zuletzt verrichtete, ausschließlich sitzende Tätigkeit im Callcenter in Zukunft nicht mehr zumutbar sei. Die Klägerin könne auf Dauer nur leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, einseitiger Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit vornübergeneigtem Oberkörper und unter Nässe, Kälte und Zugluft verrichten (Bl 90 ff der SG-Akte).
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen befragt.
Der Orthopäde Dr. D. hat über die Behandlung von August 2006 bis Juni 2007 wegen HWS- und LWS-Beschwerden bei zeitweiligen rechtsseitigen Fußbeschwerden berichtet. Dr. H., der von der Klägerin einmalig im August 2007 konsultiert worden war, hat eine leichte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Lumbalbereich bei freibeweglichen Hüftgelenken ohne motorische oder neurologische Auffälligkeiten beschrieben. Es hätten keine Hinweise für Bandscheibenläsionen vorgelegen. Die Klägerin habe ihm berichtet, dass nach der Kur eine zunehmende Stabilisierung mit deutlich rückläufigen Beschwerden eingetreten sei. Ihre Muskulatur sei gut gekräftigt, sie sei zunehmend belastungsfähiger und stabiler. Beschwerden träten erst nach längerem Sitzen auf. Die Allgemeinmedizinerin G. hat ebenfalls über eine deutliche Besserung der Beschwerden nach der Reha-Maßnahme berichtet. Die Klägerin benötige kaum noch Schmerzmittel, mache aktiv Bewegungsübungen und habe gelernt, wie sie ihre Schmerzen in den Griff bekommen könne. Seitdem sie kaum mehr Medikamente nehmen müsse, habe sie auch keine Nebenwirkungen mehr bezüglich Magen/Darm. Bei einer Rückkehr in den Beruf würde es zu einer Verschlechterung kommen, im Hinblick auf das noch relativ junge Alter erachte sie eine Umschulung zur Ergotherapeutin für sinnvoll. Der Orthopäde K. hat berichtet, dass die Klägerin seit 13. März 2007 keine Infusionstermine mehr bei ihm wahrnehme.
Mit Gerichtsbescheid vom 04. Juni 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 09. Juni 2008, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Teamleiterin im Callcenter sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert. Neben der vorgetragenen Schwächung des linken Sehmuskels bei 100 % Sehleistung leide sie im Wesentlichen an einem bei angeborener lumbaler Rotationskoliose Scheitel L 3 chronischen HWS- und LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfällen, einem Cholinesterasemangelsyndrom sowie einer depressiven Verstimmung. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin selbst vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung wie auch der im berufenet.arbeitsamt.de nachlesbaren Arbeitsbedingungen handele es sich bei der beruflichen Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter um eine noch gesundheitlich zumutbare Arbeit. Diese Tätigkeit werde nicht ausschließlich im Sitzen verrichtet, sondern beinhalte die Führung von Mitarbeitern und Qualitätssicherung und bringe schon von daher einen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen mit sich. Zusammen mit den bei Bildschirmarbeitsplätzen erforderlichen Pausen sei deshalb die Einnahme eines selbst gewählten Haltungswechsels fast jederzeit möglich. Überdies könne die Klägerin auch durch besondere Arbeitsplatzausstattung ihre Tätigkeit noch wesentlich erleichtern, nämlich einen höhenverstellbaren Schreibtisch, ein Stehpult sowie einen orthopädischen Bürostuhl. Wichtig sei auch, dass die Klägerin die während der Heilmaßnahme erlernten Eigenübungen weiter fortführe. Dadurch könne sie weitestgehende Beschwerdefreiheit erreichen. Diese sozialmedizinische Leistungsbeurteilung stimme im Wesentlichen mit dem ärztlichen Entlassungsbericht 2007 überein. Das dort dargestellte positive Leistungsbild beinhalte leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten mit sechs Stunden und mehr, wobei wechselnde Körperhaltungen als günstig angesehen würden. Im Übrigen sei das Gericht trotz der bei der Klägerin vorhandenen Motivation nicht davon überzeugt, dass sie eine Tätigkeit als Ergotherapeutin gesundheitlich uneingeschränkt ausüben könne. Denn diese Tätigkeit sei oft körperlich anstrengend, etwa wenn erwachsene Menschen bei Gehversuchen begleitet und gestützt werden müssten. Auch Spiele und Übungen mit Kindern erforderten bisweilen vollen Körpereinsatz.
Mit ihrer dagegen am 01. Juli 2008 eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, bereits der Umstand, dass sie seit 04. August 2006 durchgehend krankgeschrieben worden sei und auch die Rehabilitationsmaßnahme im Dezember 2006 nicht zu einer Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit geführt habe, belegten, dass ihre Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Deswegen seien sowohl die Krankenkasse wie die Bundesagentur für Arbeit zu der Einschätzung gelangt, dass Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig seien. Der Beruf einer Ergotherapeutin sei sehr abwechslungsreich. Sie sei dafür auch gesundheitlich geeignet, was durch das von ihr vom 15. Januar bis 30. Mai 2007 absolvierte Praktikum zur Ergotherapeutin in den E.-Kliniken belegt werde. Darüber hinaus leide sie an einem nahintermittierenden Strabismus divergens, wobei die Prismenbille nicht zu einer Besserung geführt habe. Sie könne ihr linkes Auge in der Nähe nicht stabil auf einen Punkt einstellen, was Lese- und Konzentrationsproblemen bedinge. Ihre Kieferfehlstellung führe zu starken Anspannungen im Kiefer-, Nacken- und Schulterbereich und zu einem dauerhaften Tinnitus.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Teilhabe in Form der Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin zu gewähren, hilfsweise über den Antrag vom 11. Oktober 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und ist weiterhin der Auffassung, dass die Klägerin noch in der Lage sei, als Teamleiterin im Call-Center ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit tätig zu sein.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin eingeholt, die Akte der Bundesagentur für Arbeit beigezogen und die Klägerin anschließend orthopädisch begutachten lassen.
Des Weiteren hat der damalige Berichterstatter am 26. November 2008 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und hierbei die Auskunft aus dem berufenet.arbeitsamt.de betreffend den Beruf der Ergotherapeutin in das Verfahren eingeführt.
Das SNT Deutschland hat mitgeteilt, dass es sich bei der Tätigkeit eines Teamleiters überwiegend um sitzende Tätigkeiten handele, die am Bildschirm verrichtet würden. Häufiges Bücken, Heben oder Tragen schwerer Lasten würde nicht verlangt.
Der Sachverständige Dr. H. hat unter Berücksichtigung der Tätigkeitsbeschreibung eines Teamleiters bei einem Callcenter ausgeführt, dass die Klägerin eine solche Tätigkeit auf jeden Fall noch sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben könne. Die Klägerin leide an chronischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie schmerzhaften Verspannungen in der Schulter-Nacken-Region rechts. Sie versorge ihren Ein-Personenhaushalt ohne Hilfe, male jeden Tag zwei bis drei Stunden, bewirtschafte eine 50 bis 100 qm große Gartenfläche um ihre Wohnung herum ca ein bis zwei Stunden täglich (im Sommerhalbjahr), mache jeden Tag 40 bis 45 Minuten eigenständig Gymnastik und verbringe einen Großteil ihrer Freizeit mit Lesen, welches sie allerdings in letzter Zeit als zu anstrengend für ihre Augen empfinde. Ihr Gangbild sei sicher und flott, Hinken werde nicht beobachtet. Bei dem Entkleiden fänden sich keine Schonungsmuster, die Schuhe seien im Stehen aufgeschnürt worden. Hierbei habe die Klägerin spontan eine Rumpfvorneigung über 80 bis 90 Grad gezeigt. Die Hose sei im Einbandstand ausgezogen worden, das T-Shirt problemlos beidhändig über Kopf abgestreift worden. Die biomechanische Belastbarkeit der gesamten Wirbelsäule sei zwar dauerhaft deutlich eingeschränkt, dies bedinge jedoch nur, dass die Klägerin Heben und Tragen über 15 kg ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft vermeiden müsse. Bei wechselnder Körperhaltung sei deswegen noch eine Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskauffrau möglich, zumal Bürotätigkeiten bei einem entsprechend großen Computerbildschirm sowohl sitzend wie auch stehend verrichtet werden könnten. Dies gelte auch für das Führen von Telefongesprächen. Die Tätigkeit einer Ergotherapeutin sei mechanisch deutlich belastender als die erlernte Tätigkeit, zumal die Ergotherapeutinnen zwischendurch auch mittelschwer oder schwer Heben und Tragen müssten (zB in der Therapie von Patienten mit Lähmungen). Dies sei aufgrund der Minderbelastbarkeit durch die Wirbelsäulenerkrankung für die Klägerin sehr ungünstig. In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. H. ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der von ihr geschilderten Benutzung eines Pkws (Fahrten ein bis zwei Stunden selbständig ohne Pausen möglich) noch eine Außendiensttätigkeit ausüben könne. Sie verbringe privat mehrere Stunden pro Tag vor dem Computer, trotz Rückenschmerzen und Sehstörungen. Privat könne sie auch ein bis zwei Stunden, manchmal deutlich länger, malen, welches üblicherweise mit länger anhaltenden Zwangshaltungen der Wirbelsäule einhergehe, so dass auch während der arbeitsfreien Zeit belegt sei, dass die Klägerin Belastungen der Wirbelsäule im Sitzen aushalten könne.
Die Klägerin hat noch Arztberichte der neurologischen Praxis Dr. M. vom 16. März 2009 (neurologischerseits keine objektivierbaren umschriebenen Paresen, keine Sensibilitätsstörungen, am ehesten Symptomatik eines chronisch-lumbalen, sensiblen Wurzelreizsyndroms auf dem Boden der degenerativen Veränderungen), der kieferorthopädischen Praxis S. vom 17. Juni 2009 (Empfehlung einer Aufbissschiene sowie kieferorthopädischen Behandlung zur Auflösung des retralen Zwangsbisses mit resultierender Auflösung der Kniegelenkskompression) und der Augenarztpraxis Dr. B. vom 06. Mai 2009 (geringe Myopie, Presbyopie sowie nahintermittierender Strabismus divergens, Nahbrille mit 10 Prismen Basis innen verordnet) vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die begehrte Leistung mehr als ein Jahr andauert. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe zur Ausbildung einer Ergotherapeutin.
Der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Insofern bedurfte es einer Beiladung der Bundesagentur für Arbeit nicht. Zwar ist die Bundesagentur für Arbeit nach § 5 Abs 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch Träger der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Da solche Leistungen im Zuständigkeitsbereich der Bundesagentur für Arbeit nach § 99 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur an Behinderte in Betracht kommen, die Klägerin aber nicht behindert im Sinne des § 2 Abs 2 und 3 SGB IX ist, ist für die begehrte Leistung zur Teilhabe allein die Beklagte zuständig. Aus diesem Unstand wurde der Antrag an die Beklagte weitergegeben, die Beklagte hat auch ihre Zuständigkeit für gegeben erachtet. Der Senat hat deswegen die Bundesagentur für Arbeit nicht zum Verfahren beigeladen.
Bei der Klägerin fehlen bereits die persönlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen. Der Senat konnte daher dahingestellt sein lassen, dass ein Anspruch auf die Gewährung einer bestimmten Umschulungsmaßnahme ohnehin in der Regel nicht besteht ( Bayerisches LSG vom 20. April 2009, L 13 R 152/09 B ER). Leistungen zur Teilhabe sind nämlich gemäß §§ 9 Abs. 2, 13 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Allerdings ergibt sich aus dem Gesetzeszusammenhang, dass das Ermessen nicht die Frage betrifft, "ob" eine Reha-Maßnahme durchzuführen ist (zB KassKomm-Kater, § 13 SGB VI Rdnr 4 u. 5). Der Versicherungsträger hat jedoch ein Ermessen hinsichtlich des "wie" der Maßnahme; dies betrifft insbesondere die Art, Dauer, Umfang, Beginn, Durchführung und Ort der Rehabilitationsleistung. Dem Senat ist es verwehrt, an Stelle des vom Versicherungsträger auszuübende Verwaltungsermessen sein eigenes Ermessen zu setzen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 Rdnr 28). Eine Ausnahme kann allenfalls dann bestehen, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, dh das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (Meyer-Ladewig, aaO, Rdnr 29).
Die Rentenversicherung erbringt nach § 9 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen erfüllen Versicherte, wenn 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (§ 10 Abs 1 SGB VI).
Die Klägerin kann trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Teamleiterin eines Callcenters, aber auch ihren Ausbildungsberuf als Groß- und Außenhandelskauffrau weiter ausüben. Der Senat stützt sich insoweit auf das eingeholte Gutachten von Dr. H., den Entlassungsbericht des stationären Heilverfahrens in B. W., die eingeholte Arbeitgeberauskunft sowie die Angaben ihrer behandelnden Ärzte Dr. D., G. und K ... Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Verordnung über Sicherheit und Gesundheit auch bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung - BildscharbV) vom 4. Dezember 1996 (BGBl I S 1843), zuletzt geändert durch Art 7 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl I S 2768) für die Arbeit an Bildschirmgeräten bestimmte Anforderungen zu erfüllen sind, mit denen dem Gesundheitszustand der Klägerin Rechnung getragen wird. So hat zB der Arbeitgeber die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern (§ 5 BildscharbV). Auch muss am Bildschirmarbeitsplatz ausreichender Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und -bewegungen vorhanden sein (Anhang zur BildscharbV).
Im Vordergrund der leistungslimitierenden Befunde der Klägerin stehen die chronischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie die schmerzhaften Verspannungen in der Schulter-Nacken-Region rechts. Diese begründen, dass die Klägerin Heben und Tragen über 15 kg ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft vermeiden muss. Dies steht einer Tätigkeit als Teamleiterin in einem Callcenter, wie sie die Klägerin selbst beschrieben hat, nicht entgegen. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin hat zwar mitgeteilt, dass die Tätigkeit überwiegend im Sitzen am Bildschirm verrichtet wird. Damit wird aber nur die Tätigkeit im Callcenter selbst beschrieben. Aus der herausgehobenen Stellung als Teamleiterin ergibt sich aber, wie die Klägerin selbst eingeräumt hat, dass sie andere Mitarbeiter anleitet, überwacht und Hilfestellungen gibt. Dies bedingt den erforderlichen Wechsel der Körperhaltung. Im Übrigen hat der Senat aufgrund des vom Sachverständigen Dr. H. erhobenen Tagesablaufs auch keinen Zweifel daran, dass die Klägerin auch unter Zugrundelegung der Angaben des Arbeitgebers diese Tätigkeit noch verrichten kann. Sie ist nämlich noch in der Lage, mehrere Stunden privat am PC zu arbeiten. Das belegt, dass sie noch Zwangshaltungen einnehmen kann, so auch bei der Gartenarbeit (ein bis zwei Stunden täglich) und dem Malen (zwei bis drei Stunden). Die mehrstündigen Computerrecherchen zeigen auch, dass die Klägerin durch ihre Sehstörungen, die ausreichend durch die verordnete Nahbrille versorgt sind, nicht bei der Computerarbeit beeinträchtigt ist. So war sie auch in der Lage, den Sachverständigen mit einem Pkw aufzusuchen und Fahrten von ein bis zwei Stunden ohne Pausen durchzuführen. Das wird im Weiteren auch dadurch belegt, dass die Klägerin noch ihren Einpersonenhaushalt ohne Hilfe versorgen kann, ein sicheres und flottes Gangbild zeigt und sich beim Entkleiden keine Schonungsmuster finden. Sie kann sich spontan 80 bis 90 Grad vornüber neigen.
Für die Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen spricht auch, dass sämtliche behandelnden Ärzte übereinstimmend bekundet haben, dass die Klägerin von dem stationären Heilverfahren in B. W. außerordentlich profitieren konnte und durch die in Eigenregie durchgeführten Übungen nunmehr ein weitestgehend schmerzfreies Leben ohne die Erforderlichkeit einer Schmerzmedikation führen kann. Deswegen hat der Orthopäde K. bestätigt, dass seit März 2007 keine Infusionstherapie mehr stattfindet. Soweit die Allgemeinmedizinerin G. einen Berufswechsel befürwortet hat, ist dies vor dem Hintergrund des Berufswunsches und des relativ jungen Alters der Klägerin zu erklären, jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sowohl die Krankenkasse wie die Bundesagentur für Arbeit zu der Einschätzung gelangt sind, dass bei der Klägerin Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig sind. Insofern war für den Senat das ausführlich erhobene und begründete Gutachten von Dr. H. überzeugender, welches sich auch mit den Vorbefunden ausführlich auseinandergesetzt hat.
Aus den von der Klägerin vorgelegten Arztbefunden ergibt sich kein neuer medizinischer Sachverhalt. Daher ist die Einholung sachverständiger Zeugenaussagen dieser Ärzte nicht notwendig; die dahingehenden Anträge der Klägerin werden abgelehnt. Dass die Klägerin fehlsichtig ist, ist in die Begutachtung im Verwaltungsverfahren eingegangen. Diese Fehlsichtigkeit kann ausreichend mit einer Brille korrigiert werden. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin noch in der Lage ist, täglich mehrere Stunden zu lesen und sich mit dem Computer zu beschäftigen.
Das in der neurologischen Praxis Dr. M. beschriebene chronisch-lumbale, sensible Wurzelreizsyndrom führt zu keinen objektivierbaren umschriebenen Paresen oder Sensibilitätsstörungen, so dass auch hierdurch ein neuer Befund, der den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. widerspricht, erhoben wurde.
Die Klägerin ist daher insgesamt in ihrer Erwerbsfähigkeit, auch wenn sie ihre Arbeit als Teamleiterin verloren hat und seitdem nicht wieder in das Erwerbsleben integriert werden konnte, aus gesundheitlichen Gründen nicht beeinträchtigt oder gefährdet.
Dessen ungeachtet hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin durch die von ihr angestrebte Umschulungsmaßnahme zur Ergotherapeutin als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme in das Erwerbsleben nicht erfolgreich wieder integriert werden kann. Der Senat stützt sich insoweit auf die Auskunft aus dem berufenet.arbeitsamt.de, die in das Verfahren eingeführt worden ist. Auch der Sachverständige Dr. H. hat aus seiner Kenntnis beschrieben, dass mit dem Beruf schwere Hebe- und Tragebelastungen einhergehen, die von der Klägerin aufgrund der Einschränkungen seitens der degenerativen Veränderungen ihrer Wirbelsäule nicht mehr zu leisten sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin ein viereinhalb-monatiges Praktikum in den E.kliniken erfolgreich absolvieren konnte. Denn hier geht es um die dauerhafte Tätigkeit als Ergotherapeutin und nicht die Bewältigung eines Praktikums, bei dem es möglicherweise gar nicht zu der kritischen Hebebelastung gekommen ist.
Dessen ungeachtet steht der Förderung der Umschulung zur Ergotherapeutin entgegen, dass die Ausbildung länger als zwei Jahre andauert (vgl berufenet.arbeitsamt.de). Nach § 37 Abs 2 SGB IX sollen aber Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern (vgl hierzu auch Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2005, L 8 RA 67/04, und Hess LSG vom 2. Oktober 2009, L 5 R 315/08).
Die Berufung der Klägerin war daher insgesamt abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Förderung einer dreijährigen Umschulung zur Ergotherapeutin als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme.
Die 1964 geborene Klägerin hat nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau absolviert. Im Anschluss daran hat sie berufsbegleitend ein Abendstudium mit Schwerpunkt Werbetext- und Kommunikationsdesign von September 1988 bis Juni 1989, von Juli 1989 bis September 1991 diverse Seminare und Fortbildungen zur Pressearbeit und Werbung im Verlag sowie von Oktober 1990 bis April 2000 ein Hochschulstudium im Fach Psychologie - ohne Abschluss - an den Universitäten T. und S. durchgeführt. In der Zeit von August 1996 bis Mai 1998 arbeitete sie als Kundenbetreuerin im Callcenter S. und von Mai 1998 bis August 2004 im Callcenter S., wobei sie seit September 2004 Teamleiterin war. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 30. Juni 2007.
Am 11. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit, weitergeleitet an die Beklagte am 17. Oktober 2006, die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zur Ergotherapeutin. Sie trug vor, sie leide seit Geburt an einer starken Wirbelsäulenverkrümmung, welche trotz regelmäßigen Trainings bei sitzender Tätigkeit vermehrt zu Schmerzen und Verschiebungen der Bandscheiben führe. Darüber hinaus habe sie eine Schwächung des linken Sehmuskels bei 100 % Sehleistung der Augen. Dies führe zu verschwommenem Sehen und damit zu Problemen beim Lesen und Arbeiten mit Zahlen. Deswegen verwende sie wie ärztlich empfohlen eine Lesebrille. Das angestrengte Sehen und die angespannte Wirbelsäule belasteten ihre Berufssituation. Sie wolle deswegen in einen Bereich wechseln, der mehr körperliche Abwechslung im Arbeitsalltag zulasse und nur einen geringeren Anteil am Bildschirm habe.
Vom 12. Dezember 2006 bis 09. Januar 2007 führte die Klägerin ein stationäres Heilverfahren in B. W. durch. Sie wurde als arbeitsunfähig mit den Diagnosen eines chronischen HWS- und LWS-Syndroms bei Bandscheibenvorfällen C4/5, L4/5 und L5/1, jeweils konservativ behandelt, und einem Cholinesterasemangelsyndrom entlassen. Die Klägerin habe zuletzt ein flüssiges, sicheres Gangbild ohne Schonhinken gezeigt. Die Statik sei leicht verbessert ohne antalgische Schonhaltung gewesen. Sie habe ca 60 Minuten schmerzfrei sitzen können. Gehen und Stehen sei unauffällig gewesen, ebenso Treppensteigen ohne Probleme. Die Klägerin könne daher noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von langem Sitzen und Hebe- und Tragebelastungen ausüben. Der zuletzt ausgeübte Beruf decke sich nicht vollständig mit dem beschriebenen Leistungsbild. Aufgrund vielschichtigen Betätigungsmöglichkeiten im Arbeitsfeld Ergotherapie und bei der hohen Motivation der Klägerin sei eine solche Maßnahme zu befürworten.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Februar 2007 den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei noch in der Lage, eine Beschäftigung als Kundenbetreuerin weiterhin auszuüben, wobei ihr eine rückengerechte Arbeitsplatzausstattung empfohlen werde. Damit sei ihre Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie müsse als Teamleiterin ganztägig stehende wie sitzende statische Wirbelsäulenbelastungen durchführen, die nach zwei Stunden zu Schmerzen und Entzündungen führten. Da sie die vorhandenen körperlichen Defizite nicht durch Bewegung kompensieren könne, strebe sie eine Tätigkeit an, in der dies möglich sei. Sie legte hierzu noch eine Aufgabenbeschreibung ihrer Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter (Bl 36 ff der V-Akte) sowie ein Schreiben der Techniker Krankenkasse und ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. vom 13. März 2007, wonach ihre Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert sei, vor. Nach Einholung einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ein Befund, der die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtfertige, habe nicht erhoben werden können. Die Klägerin sei noch in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten.
Mit ihrer dagegen am 22. Mai 2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, bereits nach dem ärztlichen Entlassungsbericht könne sie ihre bisherige Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter nicht ausüben. Es liege hier auch eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da sowohl die behandelnden Ärzte als auch die Bundesagentur für Arbeit nur die Tätigkeit als Ergotherapeutin als möglich angesehen hätten. Die Angaben zum Haltungswechsel bei der Tätigkeit als Teamleiterin in einem Callcenter seien praktisch nicht durchführbar. Auch eine stehende Bildschirmtätigkeit führe zu statischen Bewegungen bzw Haltungen, die zu schmerzhaften Verkrampfungen und Entzündungen führten. Die Klägerin hat hierzu noch ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit P. vom 26. Februar 2008 vorgelegt. Dr. T. hat die Auffassung vertreten, dass bei einer bleibenden Minderbelastung der gesamten Wirbelsäule mit chronischem Schmerzsyndrom von bei insgesamt nachgewiesenen drei Bandscheibenvorfällen ohne sensible oder motorische Ausfälle die zuletzt verrichtete, ausschließlich sitzende Tätigkeit im Callcenter in Zukunft nicht mehr zumutbar sei. Die Klägerin könne auf Dauer nur leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von häufigem Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, einseitiger Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit vornübergeneigtem Oberkörper und unter Nässe, Kälte und Zugluft verrichten (Bl 90 ff der SG-Akte).
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen befragt.
Der Orthopäde Dr. D. hat über die Behandlung von August 2006 bis Juni 2007 wegen HWS- und LWS-Beschwerden bei zeitweiligen rechtsseitigen Fußbeschwerden berichtet. Dr. H., der von der Klägerin einmalig im August 2007 konsultiert worden war, hat eine leichte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Lumbalbereich bei freibeweglichen Hüftgelenken ohne motorische oder neurologische Auffälligkeiten beschrieben. Es hätten keine Hinweise für Bandscheibenläsionen vorgelegen. Die Klägerin habe ihm berichtet, dass nach der Kur eine zunehmende Stabilisierung mit deutlich rückläufigen Beschwerden eingetreten sei. Ihre Muskulatur sei gut gekräftigt, sie sei zunehmend belastungsfähiger und stabiler. Beschwerden träten erst nach längerem Sitzen auf. Die Allgemeinmedizinerin G. hat ebenfalls über eine deutliche Besserung der Beschwerden nach der Reha-Maßnahme berichtet. Die Klägerin benötige kaum noch Schmerzmittel, mache aktiv Bewegungsübungen und habe gelernt, wie sie ihre Schmerzen in den Griff bekommen könne. Seitdem sie kaum mehr Medikamente nehmen müsse, habe sie auch keine Nebenwirkungen mehr bezüglich Magen/Darm. Bei einer Rückkehr in den Beruf würde es zu einer Verschlechterung kommen, im Hinblick auf das noch relativ junge Alter erachte sie eine Umschulung zur Ergotherapeutin für sinnvoll. Der Orthopäde K. hat berichtet, dass die Klägerin seit 13. März 2007 keine Infusionstermine mehr bei ihm wahrnehme.
Mit Gerichtsbescheid vom 04. Juni 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 09. Juni 2008, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Teamleiterin im Callcenter sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert. Neben der vorgetragenen Schwächung des linken Sehmuskels bei 100 % Sehleistung leide sie im Wesentlichen an einem bei angeborener lumbaler Rotationskoliose Scheitel L 3 chronischen HWS- und LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfällen, einem Cholinesterasemangelsyndrom sowie einer depressiven Verstimmung. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin selbst vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung wie auch der im berufenet.arbeitsamt.de nachlesbaren Arbeitsbedingungen handele es sich bei der beruflichen Tätigkeit als Teamleiterin im Callcenter um eine noch gesundheitlich zumutbare Arbeit. Diese Tätigkeit werde nicht ausschließlich im Sitzen verrichtet, sondern beinhalte die Führung von Mitarbeitern und Qualitätssicherung und bringe schon von daher einen Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen mit sich. Zusammen mit den bei Bildschirmarbeitsplätzen erforderlichen Pausen sei deshalb die Einnahme eines selbst gewählten Haltungswechsels fast jederzeit möglich. Überdies könne die Klägerin auch durch besondere Arbeitsplatzausstattung ihre Tätigkeit noch wesentlich erleichtern, nämlich einen höhenverstellbaren Schreibtisch, ein Stehpult sowie einen orthopädischen Bürostuhl. Wichtig sei auch, dass die Klägerin die während der Heilmaßnahme erlernten Eigenübungen weiter fortführe. Dadurch könne sie weitestgehende Beschwerdefreiheit erreichen. Diese sozialmedizinische Leistungsbeurteilung stimme im Wesentlichen mit dem ärztlichen Entlassungsbericht 2007 überein. Das dort dargestellte positive Leistungsbild beinhalte leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten mit sechs Stunden und mehr, wobei wechselnde Körperhaltungen als günstig angesehen würden. Im Übrigen sei das Gericht trotz der bei der Klägerin vorhandenen Motivation nicht davon überzeugt, dass sie eine Tätigkeit als Ergotherapeutin gesundheitlich uneingeschränkt ausüben könne. Denn diese Tätigkeit sei oft körperlich anstrengend, etwa wenn erwachsene Menschen bei Gehversuchen begleitet und gestützt werden müssten. Auch Spiele und Übungen mit Kindern erforderten bisweilen vollen Körpereinsatz.
Mit ihrer dagegen am 01. Juli 2008 eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, bereits der Umstand, dass sie seit 04. August 2006 durchgehend krankgeschrieben worden sei und auch die Rehabilitationsmaßnahme im Dezember 2006 nicht zu einer Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit geführt habe, belegten, dass ihre Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Deswegen seien sowohl die Krankenkasse wie die Bundesagentur für Arbeit zu der Einschätzung gelangt, dass Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig seien. Der Beruf einer Ergotherapeutin sei sehr abwechslungsreich. Sie sei dafür auch gesundheitlich geeignet, was durch das von ihr vom 15. Januar bis 30. Mai 2007 absolvierte Praktikum zur Ergotherapeutin in den E.-Kliniken belegt werde. Darüber hinaus leide sie an einem nahintermittierenden Strabismus divergens, wobei die Prismenbille nicht zu einer Besserung geführt habe. Sie könne ihr linkes Auge in der Nähe nicht stabil auf einen Punkt einstellen, was Lese- und Konzentrationsproblemen bedinge. Ihre Kieferfehlstellung führe zu starken Anspannungen im Kiefer-, Nacken- und Schulterbereich und zu einem dauerhaften Tinnitus.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Teilhabe in Form der Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin zu gewähren, hilfsweise über den Antrag vom 11. Oktober 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und ist weiterhin der Auffassung, dass die Klägerin noch in der Lage sei, als Teamleiterin im Call-Center ohne erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit tätig zu sein.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin eingeholt, die Akte der Bundesagentur für Arbeit beigezogen und die Klägerin anschließend orthopädisch begutachten lassen.
Des Weiteren hat der damalige Berichterstatter am 26. November 2008 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und hierbei die Auskunft aus dem berufenet.arbeitsamt.de betreffend den Beruf der Ergotherapeutin in das Verfahren eingeführt.
Das SNT Deutschland hat mitgeteilt, dass es sich bei der Tätigkeit eines Teamleiters überwiegend um sitzende Tätigkeiten handele, die am Bildschirm verrichtet würden. Häufiges Bücken, Heben oder Tragen schwerer Lasten würde nicht verlangt.
Der Sachverständige Dr. H. hat unter Berücksichtigung der Tätigkeitsbeschreibung eines Teamleiters bei einem Callcenter ausgeführt, dass die Klägerin eine solche Tätigkeit auf jeden Fall noch sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben könne. Die Klägerin leide an chronischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie schmerzhaften Verspannungen in der Schulter-Nacken-Region rechts. Sie versorge ihren Ein-Personenhaushalt ohne Hilfe, male jeden Tag zwei bis drei Stunden, bewirtschafte eine 50 bis 100 qm große Gartenfläche um ihre Wohnung herum ca ein bis zwei Stunden täglich (im Sommerhalbjahr), mache jeden Tag 40 bis 45 Minuten eigenständig Gymnastik und verbringe einen Großteil ihrer Freizeit mit Lesen, welches sie allerdings in letzter Zeit als zu anstrengend für ihre Augen empfinde. Ihr Gangbild sei sicher und flott, Hinken werde nicht beobachtet. Bei dem Entkleiden fänden sich keine Schonungsmuster, die Schuhe seien im Stehen aufgeschnürt worden. Hierbei habe die Klägerin spontan eine Rumpfvorneigung über 80 bis 90 Grad gezeigt. Die Hose sei im Einbandstand ausgezogen worden, das T-Shirt problemlos beidhändig über Kopf abgestreift worden. Die biomechanische Belastbarkeit der gesamten Wirbelsäule sei zwar dauerhaft deutlich eingeschränkt, dies bedinge jedoch nur, dass die Klägerin Heben und Tragen über 15 kg ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft vermeiden müsse. Bei wechselnder Körperhaltung sei deswegen noch eine Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskauffrau möglich, zumal Bürotätigkeiten bei einem entsprechend großen Computerbildschirm sowohl sitzend wie auch stehend verrichtet werden könnten. Dies gelte auch für das Führen von Telefongesprächen. Die Tätigkeit einer Ergotherapeutin sei mechanisch deutlich belastender als die erlernte Tätigkeit, zumal die Ergotherapeutinnen zwischendurch auch mittelschwer oder schwer Heben und Tragen müssten (zB in der Therapie von Patienten mit Lähmungen). Dies sei aufgrund der Minderbelastbarkeit durch die Wirbelsäulenerkrankung für die Klägerin sehr ungünstig. In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. H. ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der von ihr geschilderten Benutzung eines Pkws (Fahrten ein bis zwei Stunden selbständig ohne Pausen möglich) noch eine Außendiensttätigkeit ausüben könne. Sie verbringe privat mehrere Stunden pro Tag vor dem Computer, trotz Rückenschmerzen und Sehstörungen. Privat könne sie auch ein bis zwei Stunden, manchmal deutlich länger, malen, welches üblicherweise mit länger anhaltenden Zwangshaltungen der Wirbelsäule einhergehe, so dass auch während der arbeitsfreien Zeit belegt sei, dass die Klägerin Belastungen der Wirbelsäule im Sitzen aushalten könne.
Die Klägerin hat noch Arztberichte der neurologischen Praxis Dr. M. vom 16. März 2009 (neurologischerseits keine objektivierbaren umschriebenen Paresen, keine Sensibilitätsstörungen, am ehesten Symptomatik eines chronisch-lumbalen, sensiblen Wurzelreizsyndroms auf dem Boden der degenerativen Veränderungen), der kieferorthopädischen Praxis S. vom 17. Juni 2009 (Empfehlung einer Aufbissschiene sowie kieferorthopädischen Behandlung zur Auflösung des retralen Zwangsbisses mit resultierender Auflösung der Kniegelenkskompression) und der Augenarztpraxis Dr. B. vom 06. Mai 2009 (geringe Myopie, Presbyopie sowie nahintermittierender Strabismus divergens, Nahbrille mit 10 Prismen Basis innen verordnet) vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die begehrte Leistung mehr als ein Jahr andauert. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe zur Ausbildung einer Ergotherapeutin.
Der Sachverhalt ist entscheidungsreif. Insofern bedurfte es einer Beiladung der Bundesagentur für Arbeit nicht. Zwar ist die Bundesagentur für Arbeit nach § 5 Abs 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch Träger der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Da solche Leistungen im Zuständigkeitsbereich der Bundesagentur für Arbeit nach § 99 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur an Behinderte in Betracht kommen, die Klägerin aber nicht behindert im Sinne des § 2 Abs 2 und 3 SGB IX ist, ist für die begehrte Leistung zur Teilhabe allein die Beklagte zuständig. Aus diesem Unstand wurde der Antrag an die Beklagte weitergegeben, die Beklagte hat auch ihre Zuständigkeit für gegeben erachtet. Der Senat hat deswegen die Bundesagentur für Arbeit nicht zum Verfahren beigeladen.
Bei der Klägerin fehlen bereits die persönlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen. Der Senat konnte daher dahingestellt sein lassen, dass ein Anspruch auf die Gewährung einer bestimmten Umschulungsmaßnahme ohnehin in der Regel nicht besteht ( Bayerisches LSG vom 20. April 2009, L 13 R 152/09 B ER). Leistungen zur Teilhabe sind nämlich gemäß §§ 9 Abs. 2, 13 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt. Allerdings ergibt sich aus dem Gesetzeszusammenhang, dass das Ermessen nicht die Frage betrifft, "ob" eine Reha-Maßnahme durchzuführen ist (zB KassKomm-Kater, § 13 SGB VI Rdnr 4 u. 5). Der Versicherungsträger hat jedoch ein Ermessen hinsichtlich des "wie" der Maßnahme; dies betrifft insbesondere die Art, Dauer, Umfang, Beginn, Durchführung und Ort der Rehabilitationsleistung. Dem Senat ist es verwehrt, an Stelle des vom Versicherungsträger auszuübende Verwaltungsermessen sein eigenes Ermessen zu setzen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 Rdnr 28). Eine Ausnahme kann allenfalls dann bestehen, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, dh das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (Meyer-Ladewig, aaO, Rdnr 29).
Die Rentenversicherung erbringt nach § 9 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die persönlichen Voraussetzungen erfüllen Versicherte, wenn 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (§ 10 Abs 1 SGB VI).
Die Klägerin kann trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Teamleiterin eines Callcenters, aber auch ihren Ausbildungsberuf als Groß- und Außenhandelskauffrau weiter ausüben. Der Senat stützt sich insoweit auf das eingeholte Gutachten von Dr. H., den Entlassungsbericht des stationären Heilverfahrens in B. W., die eingeholte Arbeitgeberauskunft sowie die Angaben ihrer behandelnden Ärzte Dr. D., G. und K ... Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Verordnung über Sicherheit und Gesundheit auch bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung - BildscharbV) vom 4. Dezember 1996 (BGBl I S 1843), zuletzt geändert durch Art 7 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl I S 2768) für die Arbeit an Bildschirmgeräten bestimmte Anforderungen zu erfüllen sind, mit denen dem Gesundheitszustand der Klägerin Rechnung getragen wird. So hat zB der Arbeitgeber die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern (§ 5 BildscharbV). Auch muss am Bildschirmarbeitsplatz ausreichender Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und -bewegungen vorhanden sein (Anhang zur BildscharbV).
Im Vordergrund der leistungslimitierenden Befunde der Klägerin stehen die chronischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie die schmerzhaften Verspannungen in der Schulter-Nacken-Region rechts. Diese begründen, dass die Klägerin Heben und Tragen über 15 kg ebenso wie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft vermeiden muss. Dies steht einer Tätigkeit als Teamleiterin in einem Callcenter, wie sie die Klägerin selbst beschrieben hat, nicht entgegen. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin hat zwar mitgeteilt, dass die Tätigkeit überwiegend im Sitzen am Bildschirm verrichtet wird. Damit wird aber nur die Tätigkeit im Callcenter selbst beschrieben. Aus der herausgehobenen Stellung als Teamleiterin ergibt sich aber, wie die Klägerin selbst eingeräumt hat, dass sie andere Mitarbeiter anleitet, überwacht und Hilfestellungen gibt. Dies bedingt den erforderlichen Wechsel der Körperhaltung. Im Übrigen hat der Senat aufgrund des vom Sachverständigen Dr. H. erhobenen Tagesablaufs auch keinen Zweifel daran, dass die Klägerin auch unter Zugrundelegung der Angaben des Arbeitgebers diese Tätigkeit noch verrichten kann. Sie ist nämlich noch in der Lage, mehrere Stunden privat am PC zu arbeiten. Das belegt, dass sie noch Zwangshaltungen einnehmen kann, so auch bei der Gartenarbeit (ein bis zwei Stunden täglich) und dem Malen (zwei bis drei Stunden). Die mehrstündigen Computerrecherchen zeigen auch, dass die Klägerin durch ihre Sehstörungen, die ausreichend durch die verordnete Nahbrille versorgt sind, nicht bei der Computerarbeit beeinträchtigt ist. So war sie auch in der Lage, den Sachverständigen mit einem Pkw aufzusuchen und Fahrten von ein bis zwei Stunden ohne Pausen durchzuführen. Das wird im Weiteren auch dadurch belegt, dass die Klägerin noch ihren Einpersonenhaushalt ohne Hilfe versorgen kann, ein sicheres und flottes Gangbild zeigt und sich beim Entkleiden keine Schonungsmuster finden. Sie kann sich spontan 80 bis 90 Grad vornüber neigen.
Für die Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen spricht auch, dass sämtliche behandelnden Ärzte übereinstimmend bekundet haben, dass die Klägerin von dem stationären Heilverfahren in B. W. außerordentlich profitieren konnte und durch die in Eigenregie durchgeführten Übungen nunmehr ein weitestgehend schmerzfreies Leben ohne die Erforderlichkeit einer Schmerzmedikation führen kann. Deswegen hat der Orthopäde K. bestätigt, dass seit März 2007 keine Infusionstherapie mehr stattfindet. Soweit die Allgemeinmedizinerin G. einen Berufswechsel befürwortet hat, ist dies vor dem Hintergrund des Berufswunsches und des relativ jungen Alters der Klägerin zu erklären, jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sowohl die Krankenkasse wie die Bundesagentur für Arbeit zu der Einschätzung gelangt sind, dass bei der Klägerin Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben notwendig sind. Insofern war für den Senat das ausführlich erhobene und begründete Gutachten von Dr. H. überzeugender, welches sich auch mit den Vorbefunden ausführlich auseinandergesetzt hat.
Aus den von der Klägerin vorgelegten Arztbefunden ergibt sich kein neuer medizinischer Sachverhalt. Daher ist die Einholung sachverständiger Zeugenaussagen dieser Ärzte nicht notwendig; die dahingehenden Anträge der Klägerin werden abgelehnt. Dass die Klägerin fehlsichtig ist, ist in die Begutachtung im Verwaltungsverfahren eingegangen. Diese Fehlsichtigkeit kann ausreichend mit einer Brille korrigiert werden. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin noch in der Lage ist, täglich mehrere Stunden zu lesen und sich mit dem Computer zu beschäftigen.
Das in der neurologischen Praxis Dr. M. beschriebene chronisch-lumbale, sensible Wurzelreizsyndrom führt zu keinen objektivierbaren umschriebenen Paresen oder Sensibilitätsstörungen, so dass auch hierdurch ein neuer Befund, der den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. widerspricht, erhoben wurde.
Die Klägerin ist daher insgesamt in ihrer Erwerbsfähigkeit, auch wenn sie ihre Arbeit als Teamleiterin verloren hat und seitdem nicht wieder in das Erwerbsleben integriert werden konnte, aus gesundheitlichen Gründen nicht beeinträchtigt oder gefährdet.
Dessen ungeachtet hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin durch die von ihr angestrebte Umschulungsmaßnahme zur Ergotherapeutin als berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme in das Erwerbsleben nicht erfolgreich wieder integriert werden kann. Der Senat stützt sich insoweit auf die Auskunft aus dem berufenet.arbeitsamt.de, die in das Verfahren eingeführt worden ist. Auch der Sachverständige Dr. H. hat aus seiner Kenntnis beschrieben, dass mit dem Beruf schwere Hebe- und Tragebelastungen einhergehen, die von der Klägerin aufgrund der Einschränkungen seitens der degenerativen Veränderungen ihrer Wirbelsäule nicht mehr zu leisten sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin ein viereinhalb-monatiges Praktikum in den E.kliniken erfolgreich absolvieren konnte. Denn hier geht es um die dauerhafte Tätigkeit als Ergotherapeutin und nicht die Bewältigung eines Praktikums, bei dem es möglicherweise gar nicht zu der kritischen Hebebelastung gekommen ist.
Dessen ungeachtet steht der Förderung der Umschulung zur Ergotherapeutin entgegen, dass die Ausbildung länger als zwei Jahre andauert (vgl berufenet.arbeitsamt.de). Nach § 37 Abs 2 SGB IX sollen aber Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern (vgl hierzu auch Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2005, L 8 RA 67/04, und Hess LSG vom 2. Oktober 2009, L 5 R 315/08).
Die Berufung der Klägerin war daher insgesamt abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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