L 6 B 22/06 U

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 54/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 B 22/06 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2006 wird aufge-hoben. Dem Antragsteller wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewil-ligt.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten. Er wendet sich mit den Klagen vom 31. März 2006 vor dem Sozialgericht Halle gegen Bescheide der Beklagten vom 31. August und 8. September 2005, jeweils in der Ge-stalt von Widerspruchsbescheiden vom 28. Februar 2006, die dem Beschwerdeführer nach Übersendung mit der Post am 2. März 2006 zugegangen sind. Das Sozialgericht hat die anhängigen Verfahren verbunden. Der Beschwerdeführer zog sich am 29. November 2004 bei einem Arbeitsunfall einen Bruch des 12. Brustwirbelkörpers zu. Wegen unterbliebener Ausheilung erfolgte am 7. April 2005 eine operative Stabilisierung des Wirbelkörpers. Nach Abschluss einer berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung zahlte die Beklagte noch bis zum 18. Juli 2005 Verletztengeld und stellte dieses dann ein. Nach dem ersten Rentengutachten der behandelnden Ärzte vom 12. Juli 2005, das auf der Grundlage der Weiterbehandlung erstellt wurde, war Arbeitsfähigkeit noch nicht eingetreten. Weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit waren danach nicht erforderlich; an die Weiterbehandlung solle sich eine Arbeitserprobung anschließen. Mit Bescheid vom 31. August 2005 lehnte die Beklagte eine Verletztengeldzahlung über den 18. Juli 2005 hinaus ab und berief sich auf eine Abrede im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Reha-Planes im April des Jahres, wonach die Meldung beim Arbeitsamt am 8. Juli 2005 verabredet gewesen sei. Mit Bescheid vom 8. September 2005 erkannte die Beklagte den Arbeitsunfall mit den Folgen Bewegungs- und Belastungseinschränkung im Bereich der Wirbelsäule nach operativ versorgtem Brustwirbelkörper 12 – Kompressionsbruch bei noch liegenden Metallimplantaten an. Sie stellte einen Anspruch auf Verletztenrente als vorläufige Ent-schädigung vom 19. Juli 2005 bis auf weiteres fest. Grundlage war das erste Renten-gutachten mit der Einschätzung, die Minderung der Erwerbsfähigkeit werde sich bis auf weiteres auf 20 v. H. belaufen und später voraussichtlich auf 10 v. H. absinken. Seine Widersprüche begründete der Beschwerdeführer damit, er sei weiterhin nicht zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage und auch nicht vermittelbar. Mit Widerspruchsbescheiden vom 28. Februar 2005 führte die Beklagte aus, mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in der ausgeübten Tätigkeit sei nach Abschluss der Weiterbehandlung nicht mehr zu rechnen gewesen, was nach § 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII das Ende des Verletztengeldanspruchs zur Folge habe. Wegen der Höhe der vorläufigen Entschädigung verwies sie auf das Gutachten und führte aus, Berichten über eine nachfolgende schmerztherapeutische Behandlung sei keine höhere Bewer-tung zu entnehmen. Mit den Klagen verfolgt der Beschwerdeführer seine Anliegen weiter. Die zeitgleich gestellten Anträge auf Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht nach der Verbindung der Verfahren mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 abgelehnt. Zur Begründung hat es – durch den Nichtabhilfevermerk vom 8. November 2006 modifiziert – ausgeführt: Es bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Hauptsache, weil die Einschät-zung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Hinblick auf die funktionellen Beeinträch-tigungen und deren Auswirkungen auf die Fähigkeit, sich auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Erwerb zu verschaffen, zutreffend sei. Subjektive Schmerzen führten zu keiner Erhöhung. Die Entscheidung der Beklagten zur Einstellung des Verletztengeldes sei nicht erkennbar zu beanstanden. Mit der am 2. November 2006 beim Sozialgericht eingegangenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, durch ein Gutachten sei der Frage nachzugehen, inwie-weit durch die Verletzung nicht auch eine Nervenbeteiligung vorliege. Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 23. Oktober 2006 aufzuheben und ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozess-bevollmächtigten zu gewähren. Die Beklagte hat sich nicht geäußert. Neben den Streitakten des Sozialgerichts S 6 U 54/06 und S 6 U 55/06 haben dem Gericht bei der Entscheidung die Akten der Beklagten – Az. E 8/10361/04-2 – vorgele-gen.

II.

Die gem. § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde hat Erfolg. Der Beschwerdeführer hat gem. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 der Zivilpro-zessordnung (ZPO) Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Die Streitsache bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie auf die Gewährung einer höheren Verletztenrente gerichtet ist; dies reicht angesichts der Unteilbarkeit der Prozesskostenhilfe aus. Die Erfolgsaussicht ergibt sich bereits daraus, dass angesichts der langen Dauer des Beschwerdeverfahrens weitere Ermittlungen von Amts wegen zur weiteren Entwicklung des unfallbedingten Gesundheitszustandes des Beschwerde-führers erforderlich sein dürften, deren Ausgang nicht vorweg genommen werden darf. Der Beschwerdeführer kann auch im Sinne von § 114 S. 1 ZPO die Kosten der Pro-zessführung nicht aufbringen. Er verfügt über Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO von 244,87 EUR Verletztenrente, Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosen-geld nach dem SGB II in Höhe von 121,- EUR und 7,53 EUR Zahlungen auf Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, zusammen 373,40 EUR. Dies unterschreitet schon den Freibetrag von § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a von 395,- EUR. Auch die Ehefrau des Klägers kann die Prozesskosten nicht aufbringen: Ihr Einkom-men beläuft sich (netto, § 115 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGB XII) auf 576,90 EUR und 160,82 EUR aus Erwerbstätigkeit, zusammen 737,72 EUR. Davon sind abzuziehen die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a ZPO von zusammen 575,- EUR für die Ehefrau selbst und nach § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a ZPO von weiteren 21,60 EUR für den unterhaltsberechtigten Kläger, soweit dessen Freibetrag sein eigenes Einkommen übersteigt. Von dem verbleibenden Einkommen von 141,12 EUR hat die Ehefrau nach den eidesstattlich versicherten und nach Art und Höhe glaubhaften Angaben 8,18 EUR Grundsteuern, 3,83 EUR für den Schorn-steinfeger, 9,72 EUR Müllgebühren, 12,08 EUR Beitrag zur Gebäudeversicherung, 6,89 EUR Beitrag zur Haftpflichtversicherung und 18,22 EUR für eine Unfallversicherung zu entrich-ten. Weiterhin sind 38,41 EUR als Stromkostenanteil für die Nachtstromheizung und 85,- EUR Sparrate für den Bausparvertrag abzusetzen. Dabei handelt es sich insgesamt um Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne von § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und Versi-cherungsbeträge nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII. Verwertbares Einkommen verbleibt nicht. Vermögen im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO liegt nicht vor. Es ist nachvollziehbar, dass das Guthaben aus dem früheren Bausparguthaben vor Prozessbeginn verbraucht worden ist. Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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