L 11 KA 101/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 29/05
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 101/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 5/10 B = B 6 KA 25/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Das Urteil LSG wird aufgehoben. Neues Az:
Die Feststellungsklage des Klägers wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine aufsichtsrechtliche Beanstandung.

Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBI. l 2190, 2194) wurde § 34 Absatz 1 SGB Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) u.a. dahin geändert, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen sind (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Durch 34 Abs. 1 Satz 2 SGB wurde dem Kläger aufgegeben, in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erstmals zum 31.03.2004 festzulegen, welche bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard geltenden nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel zur Anwendung bei diesen Erkrankungen vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Den ersten Entwurf der Ausnahmeliste legte der Kläger der Beklagten im Dezember 2003 vor. Nach Abstimmung mit der Beklagten hat der Kläger mit Beschluss vom 16.03.2004 in den Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien (AMR) hier: Abschnitt F) erstmals festgelegt, welche apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel als Standardtherapeutika bei schwerwiegenden Erkrankungen ausnahmsweise verordnet werden können. Systematisch werden in den Nrn. 16.2 und 16.3 die Begriffe "schwerwiegende Erkrankung" und "Therapiestandard" definiert. In den Nrn. 16.4.1 ff. AMR werden die entsprechenden Indikationen und die darauf bezogenen verordnungsfähigen schulmedizinischen (allopathischen) einschließlich pflanzlicher (phytotherapeutische) Therapeutika gelistet. Nr. 16.5 AMR befasst sich mit den Arzneimitteln der Anthroposophie und Homöopathie.

Mittels schriftlicher Auskunft teilte die Beklagte dem Kläger unter 03.03.2004 mit, dass eine den Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB V gerecht werdende Aufnahme der Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie in die AMR dadurch erfolgen könne, dass die Verordnungsfähigkeit der fraglichen Arzneimittel auf die für allopathische Arzneimittel bestimmten Indikationsgebiete festgelegt wird. Die Regelung (Nr. 16.5 AMR) wurde sodann mit folgenden Wortlaut beschlossen und im Bundesanzeiger veröffentlicht:

"16.5 Für die in diesen Richtlinien im Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete kann der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. Der Arzt hat zur Begründung der Verordnung die zugrunde liegende Diagnose in der Patientendokumentation aufzuzeichnen."

In der Sitzung vom 21.12.2004 hat der Kläger beschlossen, die AMR in der Fassung vom 31.08.1993 (BAnz 1993 S. 11 155), zuletzt geändert am 17.08.2004 (BAnz. 2004 S. 23, 567) in Abschnitt F u.a. wie folgt zu ändern:

XI. In Nummer 16.5 werden nach dem Wort "Indikationsgebiete" die Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt.

Mit Bescheid vom 18.02.2005 beanstandete die Beklagte diese Änderung der Nr. 16.5 AMR. Der Beschluss schränke in unzulässiger Weise die gesetzlich gebotene Therapievielfalt ein. Hierdurch würden Therapien der besonderen Therapierichtungen von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Durch die Erweiterung der Generalklausel in Nr. 16.5 AMR könne die Verordnung eines Arzneimittels in der Anthroposophie und Homöopathie nur noch unter den Anwendungsvoraussetzungen erfolgen, wie sie für schulmedizinische und pflanzliche Arzneimittel gelten würden. Damit werde entgegen der Vorgabe des Gesetzes bei der Festlegung des Therapiestandards zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen der therapeutischen Vielfalt nicht genügend Rechnung getragen. Die Anwendungsvoraussetzungen bei den Arzneimitteln der schulmedizinischen und pflanzlichen Arzneimitteln auf jene der Anthroposophie und Homöopathie zu übertragen, widerspreche den Regeln der besonderen Therapierichtungen. Die Frage, welche Anwendungsvoraussetzungen jeweils dem maßgeblichen Therapiestandard entsprächen, sei nach den bereichsspezifischen Regeln der jeweiligen Therapierichtung zu entscheiden (sog. Binnenanerkennung). Bei ihnen lege nicht der Hersteller im Rahmen der Zulassung/Registrierung die Indikation fest, sondern der entsprechend geschulte Arzt nach dem Erkenntnisstand und dem Menschenbild der entsprechenden Therapierichtung. So seien beispielsweise bei der Behandlung maligner Tumore homöopathische und anthroposophische Mistelpräparate nicht auf die palliative Behandlung beschränkt, wie dies für allopathische Präparate gelte.

Diese Beanstandung hat der Kläger fristgerecht mit der Klage angegriffen und vorgetragen: Im Rahmen der Arzneimittelzulassung könnten pflanzliche Arzneimittel indikationsbezogen entsprechend allopathischen Arzneimitteln zugelassen werden. Die Zuordnung der pflanzlichen Arzneimittel zu den besonderen Therapierichtungen entspreche nicht mehr den Besonderheiten moderner pflanzlicher Arzneimittel, deren Wirkstoffe standardisiert seien und nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin beurteilt werden könnten. Mit der beanstandeten Änderung habe klargestellt werden sollen, dass der Begriff "Indikationsgebiet" im Sinne der Nr. 16.5 AMR nicht nur die schwerwiegende Erkrankung, sondern auch die in den Nrn. 16.4.1 ff. AMR festgelegten Anwendungsbedingungen bzw. -beschreibungen zum zweckbestimmten Einsatz der Wirkstoffe umfasse. Das gelte insbesondere für die in der Nr. 16.4.27 AMR normierten Anwendungsbedingungen zur Verordnungsfähigkeit von Mistelpräparaten. Hierdurch werde die Verordnungsfähigkeit schulmedizinischer Mistelpräparate auf die Therapie maligner Tumore zur Verbesserung der Lebensqualität eingeschränkt. Über den Nutzen der phytotherapeutischen bzw. auch anthroposophischen Misteltherapie bei der kurativen oder adjuvanten Therapie maligner Tumore gebe es keinen durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen. Deshalb sei deren Verordnungsfähigkeit auf die palliative Therapie beschränkt. Da Vertreter der Anthroposophie einen therapeutischen Nutzen der anthroposophischen Mistelpräparate auch bei der kurativen Therapie bejahen würden, hätte er - der Kläger - die beanstandete Klarstellung getroffen. Sie ergebe sich bereits aus dem Begriff "Indikationsgebiet" selbst. Anwendungsbedingungen und -voraussetzungen für den zweckbestimmten Einsatz von Arzneimitteln seien Bestandteil der Indikation. Der gesetzliche Bewertungsauftrag verlange, die bei der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard geltenden Arzneimittel festzulegen. Damit werde er - der Kläger - ermächtigt, nicht nur die Krankheit als solche, sondern auch die Modalitäten der Arzneimittelanwendung im Sinne des Indikations- oder Anwendungsgebiets zu regeln. Dabei sei zu berücksichtigen, dass anthroposophische Mistelpräparate als zugelassene Fertigarzneimittel einer dem Grundsatz des § 2 Absatz 1 Satz 3 SGB V entsprechenden evidenzbasierten Bewertung im Hinblick auf ihren therapeutischen Nutzen zugänglich seien. Auch für sie gelte, dass Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen hätten. Der Gesetzgeber habe weder eine Begünstigung noch eine Benachteiligung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen gewollt. Dies müsse zumindest dann gelten, wenn anthroposophische Arzneimittel, wie z.B. anthroposophische Mistelpräparate, über eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) verfügen würden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beanstandung der Beklagten vom 18.02.2005 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Auch Arzneimittel der Homöopathie und Anthroposophie könnten zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen verordnet werden. Das Arzneimittelrecht trage den Besonderheiten anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel dadurch Rechnung, dass es diese Arzneimittel nicht mit bestimmten Indikationen verknüpfe. Arzneimittel dieser besonderen Therapierichtungen würden in der Regel registriert und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen für ein breites Spektrum an Symptomen zugelassen. Hieraus lasse sich das konkrete Anwendungsgebiet nicht ablesen. Fehlerhaft habe der Kläger jedoch den jeweiligen Therapiestandard umschrieben. Welches Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen im Einzelfall für die Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard gelte, sei anders als für schulmedizinische Erkrankungen in den AMR nicht festgelegt. Dieser Therapiestandard werde vielmehr durch die Idee der anthroposophischen und homöopathischen Arzneimitteltherapie patientenindividuell und symptomorientiert bestimmt. Den gesetzlichen Vorgaben widerspreche es, wenn die Verordnungsfähigkeit der besonderen Arzneimitteltherapien allgemein an die Verordnungsfähigkeit der schulmedizinischen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel geknüpft werde. Der Therapiestandard in der Schulmedizin generiere sich anders als jener der besonderen Therapierichtung. Letztlich würde der beanstandete Beschluss indirekt dazu führen, dass die besonderen Therapierichtungen von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen würden. Im Rahmen der besonderen Arzneimitteltherapien gelte der Grundsatz der Binnenanerkennung.

Mit Urteil vom 26.07.2006 hat das Sozialgericht (SG) Köln die Klage abgewiesen und ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe das Gebot der Normenklarheit verletzt. Die beanstandete Regelung sei widersprüchlich. Für die im Abschnitt F AMR aufgeführten Indikationsgebiete könne der Arzt bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und der Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete "nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung" angezeigt sei (Nr. 16.5 AMR). Dies werde unterlaufen, wenn der Kläger mittels Ergänzung der Nr. 16.5 AMR um die Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" letztlich doch wieder auf Nr. 16.3 AMR und damit den "allgemein" anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Bezug nehme. Darüber hinaus verletze die vom Kläger beabsichtigte Änderung der Nr. 16.5 AMR höherrangiges Recht. Es widerspreche § 34 Absatz 1 Satz 3 SGB V, den Therapiestandard von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen nach denselben Grundsätzen zu messen, wie er für die Arzneien der Schulmedizin gelte.

Diese Entscheidung greift der Kläger fristgerecht mit der Berufung an. Er trägt vor: Soweit er mit dem beanstandeten Beschluss die Verordnungsvoraussetzungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen der Homöopathie und Anthroposophie zwecks Klarstellung dahin konkretisiert habe, dass über die in Nr. 16.4.1 ff AMR hinaus genannten Indikationsgebiete auch die jeweils angegebenen eingrenzenden Zusätze ("Anwendungsvoraussetzungen") zu beachten seien, vollziehe er lediglich nach, was sich bei einer ermächtigungskonformen Auslegung der Nrn. 16.5 AMR unmittelbar aus dem unbestimmten Tatbestandsmerkmal "Indikationsgebiet" ergebe. Aus Nr. 16.5 AMR folge, dass mit dem Begriff "Indikationsgebiet" auf die in den Nrn. 16.4.1 ff. AMR aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen einschließlich der dort genannten eingrenzenden Zusätze verwiesen werde. Der Begriff "Indikationsgebiet" bezeichne nicht nur in einem engeren Sinne die schwerwiegende Erkrankung, sondern umfasse über den Wortbestandteil "(Indikations-)gebiet" auch die weiteren Anwendungsvoraussetzungen des Arzneimittels zur Behandlung der Erkrankung. Mit diesem Bedeutungsgehalt sei Nr. 16.5 AMR am 16.03.2004 beschlossen, von der Beklagten mit Schreiben vom selben Tage genehmigt und nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 23.04.2004 rückwirkend zum 16.03.2004 in Kraft getreten. Die Zuordnung der in Rede stehenden, den Therapiezweck bzw. die Anwendungsvoraussetzungen des Arzneimittels näher konkretisierenden Zusätze zum Begriff Indikation oder Indikationsgebiet stehe in Einklang mit dem Begriffsverständnis der Indikation in der Medizin und nach dem Arzneimittelgesetz. Danach sei der Begriff Indikationsgebiet oder Anwendungsgebiet gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff "Indikation" und bezeichne die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, insbesondere die körperlichen und seelischen Zustände, die durch das Arzneimittel beeinflusst werden sollen. Dem entspreche auch die Verwendung des Begriffs "Indikationsgebiet" oder "Anwendungsgebiet" in der Zulassungspraxis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Danach würden Zusätze, wie z. B. der hier streitige in Nummer 16.4.27 AMR (" ... nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren ...") dem Indikations- oder Anwendungsgebiet zugerechnet, auf das sich die Zulassung des Arzneimittels beziehe. Diese Auslegung des Begriffs "Indikationsgebiet" in Nr. 16.5 AMR werde durch systematische Erwägungen gestützt. So enthalte Nr. 16.5 AMR nicht nur einen Hinweis auf die in Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete, sondern auch eine Beschränkung auf "schwerwiegende Erkrankungen". Da gemäß Nr. 16.4 AMR alle "Indikationsgebiete" des Abschnitts F "schwerwiegende Erkrankungen" enthielten, wäre diese Einschränkung überflüssig, wenn "Indikationsgebiet" und "schwerwiegende Erkrankung" synonym zu verstehen wären. Ausgehend von der Entstehungsgeschichte der Nr. 16.5 AMR habe mittels dieser Regelung sichergestellt werden sollen, dass bei der Festlegung der ausnahmsweisen Verordnungsfähigkeit von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Präparate der allopathischen Medizin sowie jener der Anthroposophie und Homöopathie hinsichtlich der gesetzlichen Einschlusskriterien "Therapiestandard" und "schwerwiegende Erkrankung" gleich behandelt werden. Beiden Therapierichtungen sei gemein, dass sie zur Ermittlung der richtigen Arzneimitteltherapie auf die konkret-individuelle Arzt-Patienten-Beziehung abstellten. Damit lasse sich eine standardisierte Gabe von anthroposophischen und homöopathischen Arzneimitteln zur Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen im Voraus für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen nicht festlegen. Ausgehend hiervon habe dem in § 34 Abs. 1 S. 3 SGB V festgelegten Grundsatz, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, nur dadurch entsprochen werden können, dass hinsichtlich der Festlegung der schwerwiegenden Erkrankungen, die mit Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen Homöopathie und Anthroposophie standardmäßig behandelt werden können, auf die Entscheidung des verordnenden Arztes verwiesen werde. Im Ergebnis hätte dies zur Folge gehabt, dass Arzneimittel der Therapierichtungen Anthroposophie und Homöopathie im Unterschied zu den Arzneimitteln der allopathischen Medizin von der Erfüllung des Einschlusskriteriums "schwerwiegende Erkrankung" in Form einer dem Regelungsauftrag des § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V entsprechenden Weise hätten freigestellt werden müssen. Eine der Gewährleistungsfunktion der AMR entsprechende kontrollierte und auf den Ausnahmefall "schwerwiegende Erkrankung" beschränkte Einbeziehung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die Leistungspflicht der GKV wäre damit nicht mehr möglich gewesen. Andererseits habe der Gesetzgeber mit der grundsätzlichen Einbeziehung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen in die Leistungspflicht der GKV gem. § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V keine Besserstellung dieser Arzneimittel gegenüber den sogenannten schulmedizinischen Arzneimitteln bezwecken wollen. Um eine Benachteiligung der allopathischen Arzneimittel gegenüber den Arzneimitteln der besonderen Therapierichtung zu vermeiden, hätten sich deshalb der Kläger und die Beklagte im Vorfeld der Beschlussfassung vom 16.03.2004 darauf verständigt, die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auf die für die allopathischen Arzneimittel festgelegten Indikationsgebiete zu beschränken. Ausgehend von dem Schutzzweck der Nummer 16.5 AMR sei es daher zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen gerechtfertigt, den Begriff des Indikationsgebietes in der Weise weit auszulegen, dass er auch die für die Arzneimittel der allopathischen Medizin festgelegten Anwendungsvoraussetzungen umfasse. Zudem werde am Beispiel der Bewertung der Misteltherapie deutlich, dass es auch aus medizinisch-fachlichen Gründen gerechtfertigt sei, die Verordnungsfähigkeit anthroposophischer Mistelpräparate von denselben Voraussetzungen abhängig zu machen, wie sie für die allopathischen Mistelpräparate gelten. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass anthroposophische Mistelpräparate als zugelassene Fertigarzneimittel einer den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V entsprechenden evidenzbasierten Bewertung in Hinblick auf ihren therapeutischen Nutzen zugänglich seien. Der Unterausschuss "Arzneimittel" des Klägers sei zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über den Nutzen der Misteltherapie bei der kurativen, adjuvanten Behandlung maligner Tumore nicht bestehe. Dem könne nicht entgegenhalten werden, dass die Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen im Regelungskontext des SGB V unter dem alleinigen Vorbehalt einer therapieimmanenten Prüfung stehe, also ausschließlich nach Maßstäben der alternativen Methode oder gar durch deren Vertreter erfolgen sollten (sog. Binnenanerkennung). Berücksichtige man bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB V die Stellung der besonderen Therapierichtungen im Regelungskontext des SGB V, werde deutlich, dass mit den Vorschriften des Leistungsrechts des SGB V keine Besserstellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen gegenüber den schulmedizinischen Arzneimitteln bezweckt sei und grundsätzlich die Standards des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns nach § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V gleichermaßen sowohl für die sog. schulmedizinischen als auch für die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen gelten würden. Vor diesem Hintergrund sei es gerechtfertigt, in Nr. 16.5 AMR die Verordnungsfähigkeit von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der Homöopathie und der Anthroposophie grundsätzlich den gleichen Anwendungsvoraussetzungen zu unterwerfen, wie sie für die allopathischen Arzneimittel gelten würden. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V seien Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen aus der Leistungspflicht der GKV nicht ausgeschlossen. Eine umfassende Leistungspflicht ohne weitere Prüfung habe damit nicht bestimmt werden sollen. Der Gesetzgeber habe somit weder eine Begünstigung noch eine Benachteiligung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen gewollt. Vielmehr sei zu prüfen, ob Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen auch am Maßstab des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse als Therapiestandard angesehen werden könnten. Dies müsse zumindest dann gelten, wenn anthroposophische Arzneimittel über eine Zulassung nach AMG verfügen und somit einer Bewertung nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin zugänglich seien In solchen Fällen könne nicht auf eine reine Binnenanerkennung abgestellt werden.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Beanstandung vom 18.02.2005 rechtwidrig war.

Die Beklagte beantragt,

die Feststellungsklage abzuweisen.

Sie trägt vor: Allein eine enge Auslegung des Begriffs Indikationsgebiet entspreche den durch § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorgegebenen Anforderungen hinsichtlich der Konkretisierung des Leistungsanspruchs. Bereits begrifflich sei das "Indikationsgebiet" von den Anwendungsvoraussetzungen zu unterscheiden. Der Begriff "Indikation" beziehe sich auf den Grund für die Anwendung einer bestimmten Behandlung, nicht aber auf Aspekte der Diagnostik und Therapie. So meine "Indikationsgebiet" im Sinne der Nr. 16.5 AMR die Anwendung bei "malignen Tumoren". Der Zusatz in der Position für pflanzliche Mistelpräparate "in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität" beschreibe die Aspekte der Therapie, sei jedoch nicht Teil der Indikationsbeschreibung. Die Formulierung "bei schwerwiegenden Erkrankungen" gebe lediglich den Gesetzeswortlaut aus § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V wieder und habe eine klarstellende Funktion. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, mittels Nr. 16.5 AMR die besonderen Therapierichtungen besser zu stellen. Die Gleichbehandlung von allopathischen Arzneimitteln gegenüber Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen finde indes dort eine Grenze, wo sie den besonderen Sachgegebenheiten in Bezug auf die jeweilige Therapierichtung nicht mehr ausreichend Rechnung trage. Diese Vorgabe folge bereits aus dem Regelungsauftrag des § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V, wonach der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen sei. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und in Anbetracht des patientenindividuellen und symptomorientierten Ansatzes der anthroposophischen und homöopathischen Arzneimitteltherapie seien die Anwendungsvoraussetzungen unter dem Aspekt des Therapiestandards zu würdigen. Therapiestandard könne nur ein Arzneimittel sein, das innerhalb der Therapierichtung in Bezug auf eine schwerwiegende Erkrankung auf allgemeine Akzeptanz stoße. Die besonderen Therapierichtungen seien nicht wie allopathische Arzneimittel einer Bewertung nach den Methoden des streng evidenzbasierten Erkenntnisgewinns zugänglich. Hieraus könne aber nicht geschlussfolgert werden, dass die anthroposophischen und homöopathischen Arzneimittel nicht mehr nach ihren bereichsspezifischen Erkenntnissen zu beurteilen und sie daher den gleichen Anwendungsvoraussetzungen wie den schulmedizinischen Arzneimitteln zu unterwerfen seien, denn Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen könnten nicht allein nach der Zulassung (§ 21 AMG) sondern insbesondere auch nach einem Registrierungsverfahren gemäß der §§ 38 ff AMG in den Verkehr gebracht werden. Auch für die besonderen Therapierichtungen gelte, dass sie hinsichtlich der Beurteilung ihrer Qualität und Wirtschaftlichkeit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu bewerten seien. Entsprechend seien die besonderen Therapierichtungen trotz des Prinzips der Binnenanerkennung nicht ohne weitere Prüfung ihrer Wirksamkeit in die Leistungspflicht einbezogen.

Der Beigeladene zu 2) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.07.2006 - S 19 KA 29/05 - sowie die Beanstandung der Beklagten vom 18.02.2005 aufzuheben.

Er sieht die Stellungnahme des Klägers als überzeugend an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und und im Übrigen zulässig. Zutreffend hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtene Beanstandungsverfügung ist rechtmäßig.

I.

1. Der erkennende Senat ist zuständig. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplan 2009 des LSG Nordrhein-Westfalen sind dem 11. Senat Streitverfahren der gesetzlichen Krankenversicherung und solche des Vertragsarztrechts zugewiesen. Der Senat entscheidet den Rechtsstreit in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte (§§ 12 Abs. 2 Satz 1, 33 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG). Diese Vorschriften begründen eine Spezialzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER - und vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER -). Nach der Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG erfasst der Begriff des Vertragsarztrechts alle Streitigkeiten aufgrund der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände. Eine solche Streitigkeit liegt vor. Zu den in § 10 Abs. 2 SGG genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände rechnen auch die Streitigkeiten über Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen. Das entsprach schon immer - vor allem bezogen auf den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (nunmehr Gemeinsamer Bundesausschuss) der Rechtsprechung des BSG. Klagen von Arzneimittelherstellern gegen die Arzneimittelrichtlinien des Bundesausschusses in dessen vor Erlass des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) bestehender Form sind deshalb als Vertragsarztrechtsangelegenheiten angesehen worden (vgl. BSG, Urteile vom 20.09.1988 - Rka 3/88 - und 31.05.2006 - B 6 KA 69/04 R -). Zutreffend hat der 6. Senat des BSG daran auch nach der Neuausrichtung des GBA durch § 91 SGB V i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG - vom 14.11.2003, BGBl. I 2190) festgehalten (BSG, Urteile vom 31.05.2006 - B 6 KA 13/05 R - und 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -).

Soweit der 3. Senat des BSG diese Rechtsauffassung nicht teilt, kann dem nicht gefolgt werden. Der 3. Senat hat im Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R - zunächst ausgeführt, dass der Begriff "Vertragsarztrecht" weder im SGG noch im - SGB V - definiert ist. Schon das trifft nicht zu. Vielmehr enthält § 10 Abs. 2 SGG eine solche Legaldefinition. Ausgehend von der Annahme, eine solche Definition existiere nicht, nimmt der 3. Senat - insoweit durchaus folgerichtig - an, das entscheidende Abgrenzungskriterium sei nicht im SGG, sondern im materiellen Recht insbesondere des SGB V zu finden. Dieser Auffassung ist indessen angesichts des § 10 Abs. 2 SGG die Grundlage entzogen. Dies gilt umso mehr, als sich der 3. Senat mit dem Regelungsgehalt dieser Vorschrift nicht auseinandergesetzt hat, sie vielmehr nur am Rande und nur im Zusammenhang mit der von ihm angegriffenen Entscheidung des 6. Senats erwähnt.

Auch soweit der 3. Senat meint, die Zuordnung von Streitigkeiten des Leistungs- und des Leistungserbringerrechts zu den Spruchköpern für Krankenversicherung sei der Regelfall, trifft dies nicht zu. Bereits die dem zu Grunde liegende Prämisse geht fehl. Nicht das materielle Recht sondern das Verfahrensrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) bestimmt, was unter "Vertragsarztrecht" zu verstehen ist. Zu dem behaupteten Regel-Ausnahmeverhältnis gibt das SGG nichts her. Die insoweit vom 3. Senat in Bezug genommene Vorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG trägt dessen Auffassung nicht. Die Vorschrift betrifft den Rechtsweg. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen der Frage der Rechtswegzuständigkeit und der des jeweiligen Spruchkörpers. Welcher Rechtsweg eröffnet ist, wird abstrakt durch die jeweiligen Prozessordnungen (§ 40 VwGO, § 51 SGG und § 33 FGO) und konkret durch Art des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses auf der Grundlage von Klagevorbringen und Klageantrag bestimmt (BVerwG NVwZ 1993, 359; OLG Köln NJW-RR 1993, 639.). Ist der Rechtsweg auf dieser Grundlage geklärt, kann es für die nachfolgende Abgrenzung der Spruchkörperzuständigkeit naturgemäß nicht mehr darauf ankommen, dass der Anspruch materiell-rechtlich dem Dritten Kapitel des SGB V (Leistungen der Krankenversicherung) und nicht dem Vierten Kapitel (Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern) zuzuordnen ist. Folgerichtig stellen §§ 10, 31 SGG hiervon abweichende und insoweit weiterführende Kriterien auf, die belegen, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht zuzurechnen ist (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -). Dies wird durch die Entstehungsgeschichte des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG bestätigt. Der Regelungsgehalt beschränkt sich auch unter historischem Blickwinkel allein darauf, für die dort genannten Streitverfahren den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu eröffnen. Die Vorschrift ist mehrfach geändert und durch das 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) übersichtlicher gestaltet worden. § 51 Abs. 1 SGG fasst die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten seither zusammen und gliedert sie nach den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und den weiteren Rechtsbereichen. Hingegen spezifizierte § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG a.F. dergestalt, dass die in den Nrn. 1 bis 3 genannten und nach dem SGB V entstandenen Angelegenheiten den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG a.F. betraf u.a. Entscheidungen aller Bundesausschüsse und damit auch jene des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1998, § 51 Rdn. 33). Geregelt war hiernach eindeutig und allein, dass in derartigen Streitverfahren der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. Die weitergehende Frage danach, welcher Fachspruchkörper zuständig ist, bestimmte sich nach § 10 Abs. 2 SGG a.F ... Die Vorschrift hatte folgenden Wortlaut:

Für die in § 51 Abs. 2 Satz 1 genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen (Kassenarztrecht) sind eigene Kammern zu bilden.

Durch die Bezugnahme auf § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG war wiederum klargestellt, dass die dort genannten Angelegenheiten (u.a. jene der Nr. 2) im Sinne der vormaligen Terminologie "Kassenarztrecht" waren. Hieran hat das 6. SGGÄndG nichts geändert. Infolge Änderung des § 51 SGG a.F. war allerdings die Bezugnahme nicht mehr möglich. Demzufolge enthält nunmehr § 10 Abs. 2 SGG eine eigenständige Definition des Begriffs "Vertragsarztrecht", die mit dem materiell-rechtlichen Verständnis des Begriffs "Vertragsarztrecht" i.S.d. SGB V nicht deckungsgleich sein muss (vgl. Frehse in Handbuch des Vertragsrechts, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 8). Nach der Systematik des SGB V ist das Vertragsarzrecht Teil des im Vierten Kapitel (§§ 69 - 140h SGB V) geregelten Leistungserbringerrechts. Hiernach wären alle Angelegenheiten, die dem Zweiten Abschnitt des Vierten Kapitels (§§ 72 - § 106a SGB V) zuzuordnen sind, solche des Vertragsarztrechts, da dort die Beziehungen der Krankenkassen (vgl. die Überschrift des Vierten Kapitels) zu den Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten geregelt werden. Gesetzessystematisch wären dem mithin auch die den GBA betreffenden Vorschriften zuzuordnen (§§ 91, 92 SGB V). Konsequenterweise müssten unter Zugrundbelegung der Auffassung des 3. Senats alle den GBA betreffenden Streitverfahren jedenfalls dann solche des Vertragsarztrechts sein, wenn dieser Hauptbeteiligter des Verfahrens ist. Indessen ist das materielle Recht des SGB V für die Klärung der Frage, welcher Fachspruchkörper zuständig ist, allenfalls von sekundärer Bedeutung. Maßgebend ist - wie dargestellt - zunächst allein der Regelungsgehalt des § 10 Abs. 2 SGG. Dies gilt umso mehr, als die Gesetzesmaterialien zum 6. SGGÄndG auch nicht ansatzweise etwas dafür hergeben, dass der Gesetzgeber die durch §§ 10 Abs. 2, 51 Abs. 2 Satz 1 SGG a.F. vorgegebene und jahrzehntelange unstreitige Abgrenzung zwischen Vertragsarzrecht und Krankenversicherungsrecht aufgegeben wollte. Das Gegenteil ist der Fall. Diese bewährten Abgrenzungskriterien hat der Gesetzgeber mangels einer gegenteiligen Willensäußerung in das SGG in der Fassung des 6. SGGÄndG einbezogen. M.a.W.: Nicht das materielle Recht bestimmt die Spruchkörperzuständigkeit; entscheidend ist allein das Prozessrecht (vgl. Frehse a.a.O.).

Soweit der 3. Senat darüber hinaus meint, maßgebend für die Frage, ob der Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht oder dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen ist, könne entgegen der Auffassung des 6. Senats nicht sein, ob der GBA Hauptbeteiligter ist, trifft auch dies nicht zu. Richtigerweise geht der 3. Senat zwar davon aus, dass mit dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I 2190) am 01.01.2004 die verschiedenen Bundesausschüsse in bewusster Abkehr von der alten Rechtslage zu einem einheitlichen und sektorübergreifenden Steuerungsgremium zusammengefasst worden ist. Dem kann aber nicht entnommen werden, dass der Rechtsstreit nunmehr dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen ist. Dem steht schon entgegen, dass der Gesetzgeber des GMG im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 91 SGB V allein eine sektorenübergreifende Rechtssetzungseinrichtung für untergesetzliche Normen schaffen wollte, um eine Stärkung des sektorübergreifenden Bezugs von Versorgungsentscheidungen der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene, eine Straffung und Vereinfachung der Entscheidungsabläufe und einen effektiveren Einsatz der personellen und sächlichen Mittel erreichen wollte (vgl. FraktE-GMG, BT-Drs. 15/1525, 106). Eine Regelungsabsicht des Gesetzgebers dahingehend, Streitigkeiten über Entscheidungen dieser Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung anlässlich ihrer erweiterten personellen Zusammensetzung aus der bisherigen Zuständigkeit der Kammern bzw. Senate für Vertragsarztangelegenheiten (hierzu u.a. BSG, Urteile vom 31.05.2006 - B 6 KA 69/04 R - und 20.09.1988 - 6 RKa 3/88 -) auszugliedern und nunmehr den Spruchkörpern für Angelegenheiten der Sozialversicherung zuzuweisen, ist auch nicht ansatzweise in den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar. Das aber wäre angesichts gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung notwendig gewesen (zutreffend BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R - m.w.N.). Mit diesen Erwägungen hat sich der 3. Senat nicht auseinandergesetzt. Er verkennt überdies, dass die personale Neustruktierung des GBA durch das GMG für die Frage, ob ein ihn als Hauptbeteiligter betreffender Rechtsstreit dem Vertragsarztrecht oder dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen ist, letztlich irrelevant ist. Der GBA ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts (BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKA 62/94 -). Das Beschlussgremium des GBA besteht seit 01.01.2004 aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern (§ 91 Abs. 2 SGB V). Ungeachtet dessen, dass nunmehr auch die DKG Träger des GBA ist, handelt es sich dennoch weiterhin um eine Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen. Dies folgt schon daraus, dass dem GBA - weiterhin - aufgegeben ist, die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu beschließen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die §§ 91, 92 SGB V betreffen die "Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten" i.S. § 10 Abs. 2 SGG. Diese Normen legen fest, dass Krankenkassen und Vertragsärzte (§ 91 SGB V) mittels des aus Rechtsgründen notwendigen Instruments "GBA" zur Sicherung der ärztlichen Versorgung Richtlinien zu erlassen haben (§ 92 SGB V). Hierbei handelt es sich lediglich um eine Konkretisierung des durch § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegten Prinzips, wonach Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammenwirken. Die Vorgabe "zusammenwirken zu müssen", bedingt notwendigerweise, dass die Adressaten des Normbefehls (u.a. Ärzte und Krankenkassen) real "in Beziehung" zueinander treten, um die ihnen auferlegte Aufgabe erfüllen zu können. M.a.W.: Ärzte und Krankenkassen müssen miteinander kommunizieren und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des GBA u.a. untergesetzliche Regelwerke schaffen (vgl. § 72 Abs. 2 SGB V). Hieraus herrührende Streitigkeiten sind demzufolge solche des Vertragsarztrechts. Nichts anderes gilt dann für Streitverfahren, in die der GBA als Hauptbeteiligter einbezogen ist. Immer handelt es sich um eine Streitigkeit aufgrund der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten (§ 10 Abs. 2 SGG), mithin um Vertragsarzrecht. Im Ergebnis zutreffend nimmt deswegen der 6. Senat des BSG an, dass die Erweiterung der Mitgliederstruktur des GBA um Vertreter des DKG keinen Einfluss auf die Zuordnung entsprechender Streitverfahren zum Vertragsarztrecht hat. Im Übrigen: Bei den in § 91 Abs. 5 und Abs. 6 SGB V genannten Beschlüssen wirkt die DKG nicht mit. Ausgehend von der Auffassung des 3. Senats, der seine vom 6. Senat abweichende Position im Wesentlichen mit der Neustrukturierung des GBA durch das GMG ab 01.01.2004 begründet, müsste insoweit Vertragsarztrecht auf der Grundlage der vom 6. Senat in ständiger Rechtsprechung zuvor herausgearbeiteten Grundsätze anzunehmen sein. Konsequenterweise müsste der 3. Senat dann zum Ergebnis kommen, dass §§ 91 Abs. 5 und 6 SGB V betreffende Verfahren solche des Vertragsarztrechts sind. Soweit es hingegen um Beschlüsse nach § 91 Abs. 7 SGB V geht, bei denen anstelle der insgesamt fünf Vertreter der KBV und KZBV weitere Vertreter der DKG mitwirken, würde es sich um Krankenversicherungsrecht handeln. Schon die solchermaßen gebotene Differenzierung verdeutlicht, dass der Ansatz des 3. Senats zumindest fragwürdig ist.

Auch soweit der 3. Senat zur Begründung seiner Auffassung auf den Geschäftsverteilungsplan des BSG abstellt, trägt dies nicht. Ausgangspunkt jeglicher Erwägungen zur Abgrenzung, ob der jeweilige Rechtsstreit dem Bereich der Krankenversicherung oder dem Vertragsarztrecht zuzuordnen ist, können nur §§ 10, 31 SGG sein. Denn hierdurch wird die Zuständigkeit der Spruchkörper gesetzlich umrissen. Ein Geschäftsverteilungsplan eines Gerichtspräsidiums kann hieran nichts ändern (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 - L 10 B 6/04 KA ER -). Ergibt sich mithin aus dem SGG (§ 10 Abs. 2 SGG), dass ein Streitverfahren dem Vertragsarztrecht zuzuordnen ist, sieht hingegen der Geschäftsverteilungsplan des betreffenden Gerichts eine Zuordnung zu Spruchkörpern der Sozialversicherung (§ 10 Abs. 1 SGG) vor, ist der Geschäftsverteilungsplan wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht insoweit rechtswidrig und ggf. nichtig. Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte (§ 21e Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen kann das Präsidium nicht ändern. Das Präsidium ist daher nicht befugt, eine vertragsarztrechtliche Streitigkeit einem Spruchkörper für Streitsachen der Krankenversicherung zuzuweisen. Gegenläufig gilt nichts anderes. Im Ergebnis gilt daher mit dem 6. Senat des BSG (Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R -):

Zu den in § 10 Abs 2 SGG genannten Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände rechnen auch die Streitigkeiten über Entscheidungen der gemeinsamen Gremien von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern oder anderen Leistungserbringern und Krankenkassen ... An der Zugehörigkeit prinzipiell aller Streitsachen, die Entscheidungen des GBA betreffen, zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG hat sich durch die zum 1.1.2004 geänderte Struktur dieses Gremiums nichts geändert. Seitdem gehört die DKG zu den Trägerorganisationen des GBA, der damit nicht mehr nur von Ärzten/Zahnärzten (entsandt von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen) und Krankenkassen getragen wird.

2. Die Berufung war statthaft und im Übrigen zulässig. Form und Frist sind gewahrt. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG).

Ausgehend von dem erstinstanzlich auf der Grundlage einer Anfechtungsklage gestellten Antrag und auch im Berufungsverfahren zunächst verfolgten Begehren, die angefochtene Beanstandung aufzuheben (§ 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative SGG), ist die Berufung allerdings unzulässig geworden. Insoweit ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Klageziel einer (isolierten) Anfechtungsklage ist immer ein Verwaltungsakt, der beseitigt werden soll (vgl. Jung in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 54 Rdn. 3). Die streitbefangene Beanstandung bezieht sich auf den Beschluss des Klägers vom 21.12.2004. Hierdurch sollte Nr. 16.5 Abschnitt F der AMR vom 16.03.2004 dahin modifiziert werden, dass nach dem Wort "Indikationsgebiete" die Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt wurden. Die AMR in der Fassung des beanstandeten Beschlusses sind indes ersetzt worden. Die AMR vom 18.12.2008/22.01.2009 (BAnz. 2009, Nr. 49a) mit Änderungen vom 18.06.2009 entsprechen allerdings unter II. F. § 12 Abs. 6 im Wesentlichen der Fassung vom 16.03.2004. Rechtlich bedeutet dies, dass zwar der zu beseitigende Verwaltungsakt noch existiert, die Beanstandung indes ihre Regelungswirkung verloren hat und damit das Rechtsschutzinteresse entfallen ist (vgl. Humpert in Jansen, a.a.O., § 131 Rdn. 16 m.w.N.).

Dieser prozessualen Situation hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung Rechnung getragen, indem er nunmehr auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) umgestellt hat. Soweit angenommen wird, dass die einer Anfechtungsklage folgende Fortsetzungsfeststellungklage lediglich den Unterfall einer Anfechtungsklage bildet (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 13 Rdn. 97; zum Meinungsstand vgl. Humpert in Jansen, a.a.O., § 131 Rdn. 15), stellt sich von vornherein nicht die Frage, ob und inwieweit hierin eine Klageänderung liegt (§ 99 Abs. 1 SGG). Folgt man dem nicht und sieht die Fortsetzungsfeststellungklage als Unterfall der Feststellungsklage (§ 55 SGG) an (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 131 Rdn. 7a; Eschner in Jansen, a.a.O., § 99 Rdn. 6), handelt es sich gleichermaßen nicht um eine Klageänderung. Das ergibt sich aus § 99 Abs. 3 SGG. Hiernach ist es nicht als Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes tatsächliche Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden. Klagegrund ist der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 99 Rdn. 2b m.w.N.). Dieser hat sich nicht geändert. Zwar existiert die beanstandete Regelung des AMR mit Neufassung derselben nicht mehr. Darauf kommt es indessen nicht an. Denn der maßgebliche "Lebenssachverhalt" ist die weiterhin aktuelle Frage danach, ob der Kläger befugt ist, § 12 Abs. 6 AMR in der Fassung vom 18.12.2008/22.01.2009 um den Passus "und Anwendungsvoraussetzungen" zu ergänzen.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Beanstandungsbescheid hat sich "anders erledigt" (vgl. oben). Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an Feststellung, dass dieser rechtswidrig war. Das berechtigte Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein. Entscheidend ist, dass die erstrebte gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers zu verbessern (Humpert in Jansen, a.a.O., § 131 Rdn. 18 m.w.N.). Das außer dem Erledigungseintritt erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben (hierzu BSG, Urteile vom 27.03.2007 - B 13 RJ 43/05 R -, 28.09.2005 - B 6 KA 60/03 R -, 28.09.2005 - B 6 KA 60/03 R -; 24.11.2004 - B 3 KR 23/04 R -). Der Vorsitzende des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Kläger halte an der beanstandeten Rechtsauffassung fest; auf einen neuen Beschluss habe man nur deswegen verzichtet, weil der Ausgang des Rechtsstreits abgewartet werden solle. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass ein wiederholender Beschluss beabsichtigt ist. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist demnach gegeben.

II.

Die Beanstandungsverfügung ist formell rechtmäßig (1.). Der angegriffene Beschluss des Klägers ist rechtswidrig (2.).

1. Rechtsgrundlage für die Beanstandung ist § 94 Abs. 1 SGB V. Hiernach sind die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beschlossenen Richtlinien dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorzulegen (Satz 1). Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden, bei Beschlüssen nach § 35 Abs. 1 innerhalb von vier Wochen (Satz 2).

a) Die Fristen sind gewahrt. Der beanstandete Beschluss datiert vom 21.12.2004. Er ist der Beklagten mit Schreiben vom 22.12.2004 vorgelegt worden. Diese hat den Beschluss unter dem 18.02.2005 beanstandet. Formelle Fehler sind nicht weder ersichtlich noch vom Kläger gerügt.

b) Die Beanstandung ist der Rechtsaufsicht zuzuordnen. Das BSG hat mit Urteil vom 06.05.2009 - B 6 A 1/08 R - entschieden, dass Beanstandungen von Beschlüssen des GBA nach § 94 Abs. 1 SGB V auf eine Rechtskontrolle beschränkt sind (hierzu mit zustimmender Anmerkung Tillmanns, A&R 5/2009, 219 ff.). Die vom Kläger angefochtene Beanstandungsverfügung wird von der Beklagten auf einen Rechtsverstoß gestützt. Sie erfolgt nicht auf der Grundlage von Zweckmäßigkeitserwägungen, z.B. einer abweichenden inhaltlich-medizinischen Bewertung von Mistelpräparaten, sondern deswegen, weil die Beklagte den beanstandeten Beschluss als unvereinbar mit übergeordnetem Recht ansieht (hier: § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Beanstandungsverfügung auch Elemente einer fachaufsichtlichen Bewertung des Beschlusses vom 21.12.2004 enthält, da die Beurteilung der Frage, ob ein therapeutischer Nutzen für anthroposophische Mistelpräparate über die Anwendung in der palliativen Therapie hinaus auch bei der kurativen Behandlung nachgewiesen sei, medizinischen Wertungen unterliege, mag dies zutreffen. Indessen wird es vielfach vorkommen, dass eine Beanstandung durch Elemente der Fachaufsicht und der Rechtsaufsicht bestimmt wird. Maßgebend ist dann, ob und inwieweit die Beanstandung durch Elemente der Rechtsaufsicht dominiert wird. Das ist der Fall. Inhaltlich geprägt wird die Beanstandungsverfügung durch die von rechtlichen Erwägungen bestimmte Auffassung der Beklagten, der beanstandete Beschluss verstoße gegen § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V.

2. Der Senat verkennt die Problematik der dem Kläger durch den Gesetzgeber auferlegten Aufgabe nicht (hierzu auch Kaesbach/Nahnhauer, Die BKK, 2004, 150, 155: "Quadratur des Kreises"). Dennoch ist der Normbefehl des § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu befolgen, zumal er nicht auf etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches gerichtet ist.

Der beanstandete Beschluss des Klägers ist rechtswidrig. Er verstößt gegen das Gebot der Normenklarheit (a) und gegen die Vorgaben des § 34 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 SGB V (b).

a) Das Gebot der Normenklarheit rechnet zu den aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätzen (hierzu BVerfG, Beschluss vom 11.08.2009 - 2 BvR 941/08 -; VGH Bayern, Beschluss vom 25.09.2009 - 20 ZB 09.1760 -); es ist verletzt, weil die beanstandete Regelung widersprüchlich ist.

Das ergibt sich wie folgt:

Abschnitt F der AMR ist dergestalt aufgebaut, dass zunächst die Tatbestandsmerkmale festgelegt werden, bei denen die gesetzlichen Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung greifen bzw. Ausnahmen davon zugelassen werden.

Nr. 16.2 AMR bestimmt:

Eine Krankheit ist schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.

Nr. 16.3 AMR bestimmt:

Ein Arzneimittel gilt als Therapiestandart, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

Nr. 16.4 AMR bestimmt:

Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind:
16.4.1
...
16.4.27 Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität.
...

Nr. 16.4. AMR legt fest, für welche als schwerwiegend erachteten Erkrankungen welche darauf bezogenen verordnungsfähigen Standardtherapeutika mittels Angabe des jeweiligen Wirkstoffs einschließlich des Anwendungsgebietes bzw. der Anwendungsmodalität eingesetzt werden dürfen.

Die Nr. 16.4.1 ff. AMR sind unterschiedlich strukturiert. Teilweise wird der einleitende Obersatz der Nr. 16.4 AMR lediglich durch zwei Merkmale konkretisiert. So bestimmt Nr. 16.4.38 AMR, dass wasserlösliche Vitamine (= Standarttherapeutika) auch in Kombination nur bei Dialyse (= schwerwiegende Erkrankung) verabreicht werden dürfen. Andere Erkrankungs-Wirkstoff-Kombinationen - wie die vorliegend im Vordergrund stehende Nr. 16.4.27 AMR - sind komplexer aufgebaut. In Nr. 16.4.27 AMR wird die schwerwiegende Erkrankung mit "maligner Tumor" bezeichnet. Bezogen hierauf ist verordnungsfähiger Wirkstoff das "Mistel-Präparat". Das Anwendungsgebiet wird mit "nur in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität" eingegrenzt. Schließlich ist als Anwendungsmodalität "parenteral" vorgegeben. Anwendungsvoraussetzung ist hiernach der parenterale Einsatz des Mistelpräparats nur in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität.

Durch Nr. 16.5 werden homöopathische und anthroposophische Arzneimittel in die Verordnungsfähigkeit und damit die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.

Dem beanstandeten Beschluss des Klägers liegt die Auffassung zugrunde, dass der Begriff "Indikationsgebiet" zum einen die "ursächliche Erkrankung" beschreibt und zum anderen - gleichzeitig - die "Anwendungsform" des Arzneimittels, also die Verwendung des Arzneimittels in der palliativen bzw. adjuvanten Therapie. Diese Auffassung hätte zur Folge, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel der Anthroposophie und der Homöopathie nur dann zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden dürfen, wenn und soweit sich ihr Anwendungsgebiet jeweils mit dem Therapiestandard der in Nr. 16.4 AMR aufgeführten Arzneimittel deckt. Danach wären anthroposophische Arzneimittel in der Krebstherapie - ebenso wie die hierfür als Standardmedikation anerkannten rezeptfreien allopathischen und phytotherapeutischen Medikamente - nur als Abführmittel (Nr. 16.4.1 AMR), zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit (Nr. 16.4.35 AMR) oder in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität (Nr. 16.4.27 AMR) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig. Die Abgabe von Mistelpräparaten als GKV-Leistung wäre in der adjuvanten Behandlung maligner Tumore demnach ausgeschlossen (hierzu u.a. Zuck, MedR 2009, 256, 259). Für die vom Kläger vertretene weite Auslegung spricht die Zulassungspraxis des BfArM, das die palliative Therapie als Kriterium des Anwendungsgebiets behandelt (hierzu SG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2005 - S 8 KR 321/04 - m.w.N.). Demgegenüber verfolgt die Beklagte eine enge Auslegung der Begriffe "Indikation" und "Indikationsgebiet", da die "Indikation" sich nur auf den Grund der Anwendung einer bestimmten Behandlung, nicht hingegen auf Aspekte der Therapie und Diagnostik beziehe.

Der Senat folgt der engen Auslegung.

Im Einzelnen:

aa) Das SGB V verwendet die Begriffe "Indikation" (hierzu § 73 Abs. 8 Satz 1 und Satz 3 SGB V), "Indikationsgebiet" (hierzu §§ 73 Abs. 8 Satz 3, 92 Abs. 2 Satz 2 SGB V) und "Anwendungsgebiet" (hierzu §§ 34 Abs. 1 Satz 6, 35 Abs. 1b Satz 2 und Satz 9, 73b Abs. 1 Satz 2, 84 Abs. 7a Satz 1 und Satz 2, 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V) ohne sie zu definieren. Entsprechendes gilt für das AMG (Anwendungsgebiet: §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 1 Nr. 6, 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG; Indikation: §§ 10 Abs. 4 Nr. 9, 29 Abs. 2a Nr. 1, 43 Abs. 4, 97 Abs. 2 Nr. 36a, 105 Abs. 3a Satz 3 Nr. 2 AMG; Indikationsgruppe: § 11 Abs.1 Satz 1 Nr. 1b AMG).

Für die Auslegung maßgebend ist zunächst der Wortlaut. Der medizinische Begriff "Indikation" leitet sich vom lateinischen Wort "indicare" (= anzeigen) ab. Unter Indikation im medizinischen Sinn ist demzufolge der Grund zur Anwendung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem Erkrankungsfall zu verstehen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage, 2004, S. 858). Hiernach steht die Indikation grundsätzlich dafür, ob bei einem bestimmten Erkrankungsbild der Einsatz einer bestimmten medizinischen Maßnahme angebracht ist (also: bei Krankheitsbild "X" ist das Heilverfahren "Y" indiziert). Eine Wortlautauslegung auf der Grundlage des allgemeinen bzw. fachspezifischen Begriffsverständnisses ist ggf. nach Maßgabe des mit einem Normenkomplex (hier: AMG, SGB V) verfolgten Gesetzeszwecks zu modifizieren. So wird in der Kommentarliteratur zum AMG die Auffassung vertreten, das "Anwendungsgebiet" sei gleichbedeutend mit dem wissenschaftlichen Begriff der Indikation (so Rebmann, AMG, 3. Auflage, 2008, § 11 Rdn. 6; vgl. auch Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand 01.08.2005, A 1.0 AMG § 11 Rdn. 27).

Dem kann nicht zugestimmt werden. Der von den genannten Autoren verfolgte Ansatz ist widersprüchlich. Wird die Indikation medizinisch als Grund zur Anwendung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens verstanden, dann geht es schon inhaltlich nicht um das Anwendungsgebiet. Vielmehr umschreibt die Indikation insoweit die Veranlassung, ein bestimmtes Heilmittel oder -verfahren anzuwenden (vgl. auch SG Dresden, Urteil vom 29.06.2006 - S 18 KR 534/05 -). Die Indikation ist daher das Bindeglied zwischen einem bestimmten Krankheitsbild und einem hierauf abgestimmten Heilverfahren (z.B. Operationsindikation auf der Grundlage eines körperlichen Defekts). Bezogen auf Arzneimittel bedeutet dies, dass die Indikation den Beweggrund dafür umschreibt, ein bestimmtes Präparat zu Behandlung einer bestimmten Erkrankung einzusetzen (vgl. auch SG Speyer, Urteil vom 11.06.2007 - S 7 KR 283/06 -). Arzneimittelrechtlich bedingt dies grundsätzlich, dass das fragliche Präparat entsprechend seiner (abstrakten) Zweckbestimmung eingesetzt wird. Dabei legt das arzneimittelrechtliche Zweckbestimmung das "Anwendungsgebiet" i.S.d. AMG fest (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 6 AMG; insoweit zutreffend Rebmann a.a.O.; zum Anwendungsgebiet vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.08.2009 - 13 A 2365/08 -). Hieraus folgt, dass "Indikation" und "Anwendungsgebiet" entgegen der Auffassung des Klägers nicht gleichzusetzen sind. Ihm ist zuzugestehen, dass auch das BSG nicht hinlänglich differenziert. Wenn der 1. Senat im Urteil vom 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R - ausführt, wegen der Beschränkung auf die vom Hersteller genannten Anwendungsgebiete sage die Zulassung nichts darüber aus, ob das betreffende Arzneimittel auch bei anderen Indikationen verträglich und angemessen sei und der Senat sich hierzu auf § 24 Abs. 1 Nr. 3 AMG bezieht, so werden die Begriffe "Indikation" und "Anwendungsgebiet" fälschlich synonym benutzt. Im Übrigen: Wenn Kontraindikationen die Zustände körperlicher oder seelischer Art definieren, welche die Anwendung des Arzneimittels ausschließen oder einschränken (so Rebmann a.a.O. Rdn. 7), umschreiben Indikationen denklogisch das Gegenteil, mithin Zustände körperlicher oder seelischer Art, welche die Anwendung des Arzneimittels anzeigen. Hieraus wird vollends deutlich, dass die "Indikation" - entgegen der Auffassung der Klägerin - ein aliud zum "Anwendungsgebiet" ist.

bb) Ungeachtet dessen ist der Begriff "Indikationsgebiete" in Nr. 16.5 AMR ist missverständlich und lässt unterschiedliche Interpretationen zu. Ob die Verordnung eines anthroposophischen oder homöopathischen Präparats sich, wie Nr. 16.5 AMR voraussetzt, auf eines der in Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete bezieht, lässt sich an Hand des Wortlauts der AMR nicht feststellen. Die AMR differenzieren bei der Verwendung des Begriffs "Indikationsgebiete" nicht hinreichend deutlich zwischen den schwerwiegenden Erkrankungen im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V und den Indikationsvoraussetzungen, welche den Therapiestandard zu deren Behandlung beschreiben. Das beruht darauf, dass der Kläger hinsichtlich anthroposophischer bzw. homöopathischer Arzneimittel - entgegen der Vorgabe des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V - darauf verzichtet hat, den schwerwiegenden Erkrankungen die jeweilige Standardmedikation zuzuordnen. Statt dessen hat er sich darauf beschränkt, summarisch auf die "Indikationsgebiete" der in Nr. 16.4 AMR genannten allopathischen und phytotherapeutischen Arzneimittel zu verweisen. Die Gründe hierfür hat der Vorsitzende des Klägers dem Senat in der mündlichen Verhandlung u. a. dahin erläutert, der Kläger sei einerseits verpflichtet, seine Entscheidungen evidenzbasiert zu treffen, andererseits das Gesetz aber vorschreibe, dass besondere Therapierichtungen zu berücksichtigen sind. Die Einbeziehung anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel sei nicht nach den fachlichen Kriterien des wissenschaftlichen Wirkungsnachweises erfolgt, sondern vor dem Hintergrund der im Gesetz geforderten Berücksichtigung der besonderen Therapierichtungen (hierzu auch die Pressemitteilung des Klägers vom 16.04.2004 sowie Korzilius, DÄ, 2004, C 670).

In welchem Sinn der in Nr. 16.5 AMR verwendete Begriff "Indikationsgebiet" zu verstehen ist, ob allein als Verweis auf die in Nr. 16.4 AMR genannten schwerwiegenden Erkrankungen oder auch auf die den jeweiligen arzneimittelbezogenen Therapiestandard definierenden Anwendungsvoraussetzungen, bleibt zunächst offen. Der Begriff "Indikationsgebiet" ist - wie dargelegt - weder im SGB V noch in den AMR legal definiert. Das AMG verwendet zwar u.a. in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 den Terminus "Anwendungsgebiet". Der dortige Begriff bezieht sich indessen auf die Pflichtangaben zu konkreten Einzelpräparaten und betrifft nicht wie "Indikationsgebiete" in Nr. 16.5 AMR ganze Gruppen von Medikamenten jeweils bezogen auf die Behandlung bestimmter schwerwiegender Erkrankungen. Der Begriff des "Indikationsgebiets" kann sich auf eine Vielzahl von Indikationen im Sinne konkreter Heilanzeigen beziehen, also spezifische Gründe oder Voraussetzungen für eine konkrete Behandlungsmaßnahme betreffen. Insofern ist er zu unbestimmt, als dass hieraus hergeleitet werden könnte, ob er im konkreten Zusammenhang nur die zu behandelnden Krankheiten bezeichnet oder auch die Anwendungsvoraussetzungen der zu deren Behandlung eingesetzten Therapeutika erfasst. Fraglich ist insbesondere, was Bezugsobjekt für die im Wort "Indikationsgebiete" enthaltene Verweisung in Nr. 16.5 AMR ist. So spricht einiges dafür, dass der in Nr. 16.5 AMR verwendete Begriff "Indikationsgebiete" eine über die Benennung der Erkrankung hinaus gehende Bedeutung hat, denn das begriffliche Nebeneinander der "in Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete" einerseits und der "schwerwiegenden Erkrankungen" andererseits deutet darauf hin, dass für die GKV-Versorgung mit den Arzneimitteln der besonderen Therapierichtung beide Voraussetzungen (eines der genannten Indikationsgebiete und eine schwerwiegende Erkrankung) kumulativ vorliegen müssen. Demgegenüber legt die Reihenfolge der Formulierung "Für die ... Indikationsgebiete kann der Arzt ... bei schwerwiegenden Erkrankungen" nahe, dass die in Abschnitt F gelisteten Indikationsgebiete ein weiteres erst durch das Kriterium der "schwerwiegenden Erkrankung" eingeschränkt Begriffsfeld abdecken. Da sich die Ausnahmeliste allerdings nur auf schwerwiegende Erkrankungen beziehen kann (hierzu § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V), hat deren gesonderte Erwähnung nur eine Klarstellungsfunktion. Ein darüber hinausgehender Regelungsgehalt kommt dem hinsichtlich der Verordnungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Medikamente nicht zu. Wäre die begriffliche Unterscheidung eingefügt worden, um im Wege des Gegenschlusses zwischen Indikationsgebieten und schwerwiegenden Erkrankungen als jeweils selbständige Tatbestandsvoraussetzungen zu differenzieren, hätten die "schwerwiegenden Erkrankungen" bereits am Satzanfang, spätestens aber vor dem Prädikat ("kann der Arzt") erwähnt werden müssen (zutreffend SG Dresden, Urteil vom 29.06.2006 - S 18 KR 534/05 -).

Diese Unklarheit wollte der Kläger mit der beanstandeten Änderung der Nr. 16.5 AMR zugunsten seiner Auffassung, dass die Anwendungseinschränkungen - insbesondere in Nr. 16.4.27 AMR - integraler Bestandteil des Indikationsgebietes sind, beseitigen. Die beabsichtigte Ergänzung führt allerdings zu einer Widersprüchlichkeit der AMR. So kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass der Begriff der "Indikation" (teilweise) über die Bezeichnung der Krankheit im Sinne der Diagnose hinaus zusätzlich die Anwendungsmodalität umfasst (z.B. der Einsatz zur kurativen, auch adjuvanten oder palliativen Therapie), denn die AMR differenzieren selbst zwischen Indikation und Anwendungsgebiet. Nach Nr. 16.5 AMR ist für "im Abschnitt F aufgeführten Indikationsgebiete" eine Verordnung zulässig, sofern die "Anwendung" dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist. Gleichzeitig weichen die AMR für den Bereich anthroposophischer und homöopathischer Arzneien von der in Nr. 16.3 AMR für die allopathischen Arzneimittel geltenden Definition des Therapiestandards, dem "allgemein" anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, ab. Nach Aufbau und Wortlaut beziehen sich Nr. 16.3 bis 16.4.46 AMR auf die schulmedizinischen Arzneimittel. Diese Regelungen werden durch Nr. 16.5 AMR für anthroposophische und homöopathische Präparate übernommen. Allerdings wird Nr. 16.3 AMR durch die Sonderregelung der Nr. 16.5 AMR verdrängt. Danach kommt es nicht wie in Nr. 16.3 AMR auf "den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" an. Maßgebend soll vielmehr sein, ob "die Anwendung" anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel nach dem Erkenntnisstand in der jeweiligen Therapierichtung als Therapiestandard angezeigt ist. Hieraus folgt, dass der Therapiestandard für die Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie durch die Anerkennung auf diesen Gebieten als ausreichend aber auch notwendig angesehen wird. Dies wiederum wird konterkariert, wenn in Nr. 16.5 AMR durch das Einfügen der in Abschnitt F auch aufgeführten "Anwendungsgebiete" letztlich doch wieder auf Nr. 16.3 AMR und damit den "allgemein" anerkannten Stand der Erkenntnisse Bezug genommen wird. Diese Konzeption entspricht in der Tat einer "Quadratur des Kreises". Sie ist indessen die notwendige Konsequenz daraus, dass der Kläger den Normbefehl des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinsichtlich anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel nur unvollständig umgesetzt hat. Damit ist das Gebot der Normenklarheit mit der Folge verletzt, dass der beanstandete Beschluss schon aus diesem Grunde rechtswidrig ist.

b) Die vom Kläger vertretene weite Auslegung der Nr. 16.5 AMR ist überdies nicht mit § 34 Absatz 1 Satz 3 SGB V vereinbar.

aa) Hierdurch wird vorgegeben, dass der Kläger bei der Festlegung des Katalogs von Ausnahmen vom grundsätzlichen Verordnungsausschluss (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V) der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen hat. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 3 SGB V), namentlich der Anthroposophie, Homöopathie und Phytotherapie, zu berücksichtigen sind (BT-Drs. 15/1525 S. 86). In diesem Zusammenhang bestimmt § 92 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 und Satz 6 SGB V, dass bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen und in die Entscheidung einzubeziehen sind. Hiermit unvereinbar ist es, die Verordnungsfähigkeit von anthroposophischen und homöopathischen Arzneimitteln im Sinne einer strengen Akzessorietät dem Therapiestandard der allopathischen und phytotherapeutischen Medikation schwerwiegender Erkrankungen zu unterwerfen (zutreffend SG Dresden, Urteil vom 29.06.2006 - S 18 KR 534/05 -). Vielmehr gilt: Der jeweilige Therapiestandard muss stets bezogen auf bestimmte Arzneimittel unter Bewertung der jeweiligen Indikationen festgestellt werden. Dies schließt es aus, die Anwendung einer kompletten Arzneimittelgruppe den Anwendungsvoraussetzungen anderer Arzneimittel, namentlich solcher einer anderen Therapierichtung, zu unterwerfen (zutreffend SG Dresden, Urteil vom 29.06.2006 - S 18 KR 534/05 -). Mittels eines solchen Procederes wird das Gebot der therapeutischen Vielfalt nicht nur verkannt, sondern in das Gegenteil verkehrt. Statt dessen folgt aus den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB V, dass der Gesetzgeber den besonderen Therapierichtungen insofern einen besonderen Stellenwert einräumen wollte, als er sie angesichts ihrer spezifischen Wirkweise nicht uneingeschränkt den schulmedizinischen Maßstäben unterworfen hat (vgl. §§ 34 Abs. 2 Satz 3, 2 Abs. 1 Satz 2, 92 Abs. 2 Satz 5, 135 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V; hierzu auch SG Speyer, Urteil vom 11.06.2007 - S 7 KR 283/06 -: Privilegierung der besonderen Therapierichtungen). Dem entspricht die arzneimittelrechtliche Rechtslage insofern, als homöopathische Fertigarzneimittel arzneimittelrechtlich (§ 38 AMG) und europarechtlich (Art. 1 Nr. 5, Art. 14 und 15 der EG-Richtlinie 2001/83 vom 06.11.2001, Abl. L 311/67) insbesondere in Bezug auf eine bloße Registrierungspflicht anstelle des Zulassungserfordernisses eine Privilegierung erfahren haben (hierzu BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/02 R -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 - 3 C 23/07 - mit Anmerkung von Lieber in jurisPR-BVerwG 9/2009 Anm. 3; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.08.2009 - 13 A 4556/06 -).

Die Klärung der Frage, ob bzw. inwieweit leistungsrechtliche Besonderheiten für die besonderen Therapierichtungen gelten, hängt wesentlich davon ab, in welchem Verhältnis § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V steht. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der "besonderen Therapierichtungen" vom Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung "nicht ausgeschlossen". Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich die besonderen Therapierichtungen der Homöopathie und Anthroposophie von der sog. Schul- oder evidenzbasierten Medizin in methodischer Hinsicht unterscheiden, ohne dass einer der Therapierichtungen ein höherer Stellenwert zukäme (vgl. BT-Drucks. 11/3480 S. 34 und S. 49, BT-Drs. 7/5091 S. 6 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 16.07.1996 - 1 RS 1/94 -; vgl. auch Peters in Kasseler Kommentar, SGB V, Stand 6/2007, § 2 Rdn. 4; Noftz in Hauck/Haines, SGB V, Stand 10/2008, § 2 Rdn. 52). Gleichwohl macht die Hervorhebung wenig Sinn, wenn die allgemeinen Grundsätze des Leistungsrechts uneingeschränkt anzuwenden wären (zutreffend BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/02 R -). Andererseits: Wenn § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" zu entsprechen haben, könnte dies die Annahme rechtfertigen, sämtliche Leistungen, d.h. auch diejenigen der besonderen Therapierichtungen, dürften nur bei entsprechender wissenschaftlicher Nachprüfbarkeit gewährt werden. Für ein solches Normverständnis spricht die textliche Abfolge der Regelungen in Satz 2 und Satz 3, derzufolge auch die besonderen Therapierichtungen unter dem Vorbehalt des Wissenschaftlichkeitsgebots stehen könnten. Wie das Spannungsverhältnis beider Regelungen zueinander aufzulösen ist, lässt das Gesetz offen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde auf die anzuerkennenden "besonderen Wirkprinzipien" der hervorgehobenen Therapierichtungen verwiesen und ausgeführt, dass eine schulmedizinische Sichtweise nicht alleiniger Bewertungsmaßstab für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht sein dürfe (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des GRG, BT-Drucks 11/3480 S. 34). Eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung existiert nicht (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/02 R -). Allerdings hat das BSG wiederholt betont, dass die Leistungen der besonderen Therapierichtungen innerhalb ihrer Richtung "anerkannt" sein müssen und wegen des Wissenschaftlichkeitsgebots nicht jeglicher Qualitätskontrolle entzogen sind (z.B. Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 -; vgl. auch Noftz a.a.O Rdn. 52). Andererseits kann aus der Entscheidung vom 22.03.2005 - B 1 A 1/02 R - nicht hergeleitet werden, dass für die besonderen Therapierichtungen zwingend andere Grundsätze als für schulmedizinische Therapierichtungen gelten müssen; das BSG hat dies allerdings auch nicht ausgeschlossen (Engelhard in jurisPR-SozR 25/2005 Anm. 3; vgl. auch Plagemann in jurisPK-SGB V, 2008, § 2 Rdn. 42). Wie mit besonderen Behandlungs- und Außenseitermethoden in der GKV umgegangen werden soll, gehört seit Inkrafttreten des SGB V zu dem umstrittensten Themen der GKV (so Peters a.a.O.; zum Meinungsstand ausführlich Roters in: Die gebotene Kontrolldichte bei der gerichtlichen Prüfung der Richtlinien des Bundesausschuss des Ärzte und Krankenkassen, Diss. 2002, S. 228 ff.). Auch nach den Änderungen, die das SGB V durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.06.1997 (BGBl. I 1520) erfahren hat, gibt es im Schrifttum weiterhin ein "außerordentlich breites Meinungsspektrum" zu der Frage, ob und inwieweit unkonventionelle Heilmethoden einschließlich der Leistungen der besonderen Therapierichtungen in die GKV einbezogen sind (hierzu Höfler in Kasseler Kommentar, SGB V, Stand 4/2002, § 12 Rdn. 13 m.w.N.). Während einige Autoren zum Teil keinerlei Unterschiede zu den für die konventionelle Behandlung geltenden Grundsätzen über die Leistungspflicht sehen (z.B. Biehl/Ortwein, SGb 1991, 529, 537; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, SGB V, § 2 Rdn. 6), wird von anderen Autoren darauf abgestellt, dass außerhalb der Schulmedizin eine "Plausibilität" oder "Vertretbarkeit" der Behandlung (so Estelmann/Eicher, SGb 1991, 247, 256) oder eine gewisse "Ernsthaftigkeit der Methode" mit nicht ganz geringer Erfolgsaussicht (so Schulin, ZSR 1994, 546, 565) ausreichten bzw. "therapieimmanente Kriterien" maßgeblich sein müssten (Höfler a.a.O. § 12 Rdn. 21; Noftz a.a.O. § 2 Rdn. 52 und K § 12 Rdn. 39; Murawski in GKV-LPK, 2. Auflage, 2003, § 135 Rdn. 4; Busse, SGb 2000, 61; Noftz, VSSR 1997, 393, 431 f.; Sewing, NJW 1995, 2400; Spoerr, NJW 1999, 1773; Zuck, NJW 1991, 2933; ders. NZS 1999, 313; ders. NJW 2001, 869; ders. in: Das Recht der anthroposophischen Medizin, Monographie, 2007).

Der Senat entnimmt dem Regelungsgeflecht des § 2 Abs. 1 SGB V und insbesondere der Formulierung "nicht ausgeschlossen", dass zur Beurteilung der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Wirtschaftlichkeit besonderer Therapierichtungen zunächst therapieimmanente Kriterien heranzuziehen sind. Anderenfalls würde der Regelungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V vollständig leer laufen. Eine alleinige "Binnenanerkennung" ist allerdings nicht ausreichend (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.01.2000 - L 5 KR 63/98 -). Diese würde sich auf eine reine Vertretbarkeits- und Plausibilitätsprüfung beschränken und zu einer insoweit nicht beabsichtigten Privilegierung besonderer Therapierichtungen führen. Zudem würde die Beschränkung des Wirknachweises mittels einer alleinigen Binnenanerkennung mit § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V kollidieren. Danach ist zwar der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Indessen bedeutet dies nicht, dass besondere Therapierichtungen von Wirknachweisen gänzlich frei zustellen sind. Belegt wird dies durch die in § 135 Abs. 1 SGB V genannten "wissenschaftlichen Erkenntnisse", die eine Prüfung der Qualität und Wirksamkeit nach allgemein anerkannten Kriterien erfordern, mag die statistische Signifikanz bezogen auf diese Methoden auch reduziert sein. Zwar betrifft § 135 Abs. 1 SGB V (nur) die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Indessen lassen sich die hierzu maßgebenden Grundsätze auf das Verfahren nach § 34 Abs. 1 SGB V übertragen. Es geht bei dem Wirksamkeitsnachweis nicht darum, das Konzept einer Therapierichtung wissenschaftlich zu erklären, sondern nachzuweisen, dass die angewandte Methode - aus welchen Gründen auch immer - wirksam ist. Der Verzicht auf die Überprüfung der medizinisch-wissenschaftlichen Tragfähigkeit des Denkansatzes bedeutet aber nicht zugleich, dass damit auch für die Evaluation der Methoden dieser Richtung die etablierten Forschungsmethoden nicht angewendet werden dürften. Dies fordert auch § 135 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 aE SGB V nicht, wonach der Nutzen der Methode nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung zu beurteilen ist. Das Gesetz stellt ausdrücklich auf "wissenschaftliche" Erkenntnisse ab, es verlangt lediglich die Berücksichtigung des Erkenntnisstandes der jeweiligen Therapierichtung. Eine andere Frage ist, wie die Erkenntnisse gewonnen worden sind und wie der Erkenntnisstand zu bewerten ist. Dem Gesetzeswortlaut kann nicht entnommen werden, dass es nur auf eine Binnenanerkennung der streitigen Methode durch die Vertreter der jeweiligen Therapierichtung ankommt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.01.2000 - L 5 KR 63/98 -). Die Aufnahme einer Medikation in den GKV-Leistungskatalog setzt sonach in jedem Fall eine Bewertung von Qualität und Wirksamkeit voraus (so auch Noftz a.a.O § 2 Rdn. 52). Die Sonderregelungen für Leistungen der besonderen Therapierichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 2 und § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB V besagen in diesem Zusammenhang lediglich, dass jene nicht schon wegen des Ansatzes der Therapierichtung aus dem Leistungskatalog der GKV ausgeschlossen sind. Dieser Ansatz wird durch die Gesetzgebungsmaterialien belegt. So heißt es im Bericht des BT-Ausschusses für Gesundheit BT-Drs. 13/7264 zu Art. 1 Nr. 33 des 2. GKV-NOG (S. 69): "Es wird klargestellt, daß den besonderen Therapierichtungen Rechnung getragen werden kann". Eine Sonderstellung wird den besonderen Therapierichtungen mithin nicht eingeräumt (hierzu BT-Drs. 11/3480 S. 49; vgl. auch Peters a.a.O. § 2 Rdn. 4). Das BSG sieht die besondere Legitimation der besonderen Therapierichtungen als Bestandteil des GKV-Leistungskatalogs im Erfordernis der Akzeptanz eines umfassenden therapeutischen Konzepts unter größeren Teilen der Ärzteschaft und der Bevölkerung, wobei die medizinisch-wissenschaftliche Tragfähigkeit des Denkansatzes der Therapierichtung der Kontrolle durch die Gerichte entzogen sei; entscheidend sei vielmehr neben der Verbreitung in der Praxis, dass der jeweilige Denkansatz über nachprüfbare Kriterien verfüge, um eine kunstgerechte Anwendung von einem Behandlungsfehler zu unterscheiden (Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 -).

Im Übrigen: Wenn sich ein arzneimittel- und indikationsbezogener Therapiestandard tatsächlich nicht feststellen ließe, wäre eine summarische Bezugnahme auf die Binnenanerkennung innerhalb der jeweiligen Therapierichtung nicht geeignet, einen Unmögliches fordernden Auftrag des Gesetzgebers umzusetzen. Die Formulierung der Nr. 16.5 AMR geht indessen von der Prämisse aus, dass sich bestimmen lässt, ob - wie von § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V gefordert - die Anwendung eines Arzneimittels bei einer schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard einer Therapierichtung angezeigt ist oder nicht. Der Aufgabe, den Therapiestandard hinsichtlich anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel festzustellen, hätte sich der Kläger im Rahmen der AMR stellen müssen. Dabei ist zwar der besonderen Wirkungsweise der Arzneimittel in den einzelnen Therapierichtungen Rechnung zu tragen. Dies enthebt den Kläger jedoch nicht von einer an wissenschaftlichen Kriterien orientierten Prüfung und Bewertung. Hierbei hätte er gemäß § 92 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 und Satz 6 SGB V auf die Zuarbeit der Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen zurückgreifen können. Dass dies möglich ist, belegen die vom 5. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 24.01.2000 - L 5 KR 63/98 - in Bezug genommenen Ausführungen des GBA in jenem Verfahren:

"Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen weist in seiner Auskunft vom 21.12.1998 überzeugend darauf hin, es sei - auch international - grundsätzlich anerkannt, daß die Standards des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns nicht davon abhängen, ob schulmedizinische oder alternative Behandlungsmethoden untersucht werden. Im Rahmen des Förderschwerpunktes "Unkonventionelle medizinische Richtungen" ist festgestellt worden, daß sich viele Fragestellungen mit dem vorhandenen Methodenrepertoire bearbeiten lassen (s. Statusseminar "Unkonventionelle Medizinische Richtungen" vom 04. - 06. 12. 1997). Im Ergebnisprotokoll des dortigen Expertengespräches wird festgehalten, es sei gelungen, durch die Fördermaßnahmen modellhaft zu zeigen, daß auch Verfahren der unkonventionellen medizinischen Richtungen auf dem gleichen wissenschaftlichen Niveau beforschbar seien wie konventionelle Verfahren. Auf der Veranstaltung des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" am 20.05.1999, bei der u.a. Prof. Dr. B sowie die vom Zentralverein homöopathischer Ärzte als Sachverständige benannte Frau Dr. W referiert haben, ist in dem Schlußprotokoll festgestellt worden, daß es prinzipiell keine unterschiedlichen Standards in der Evaluation schul- oder komplementärmedizinischer Verfahren gibt. Allerdings ist geltend gemacht worden, daß für die Komplementärmedizin sich eine andere, nämlich höhere, Bewertung von Plausibilitätsüberlegungen und persönlicher Erfahrung ergebe. Gleichzeitig wurde aber auch eingeräumt, daß Plausibilitätsüberlegungen als alleiniger Evidenznachweis wenig geeignet seien, eine Therapie zu begründen und eine weitere Evaluation in klinischen Vergleichsstudien abzulehnen. Dr. W hat als Resümee ausdrücklich eingeräumt, daß klassische epidemiologische Methoden auch zur Überprüfung unkonventioneller medizinischer Methoden angewandt werden können (s. auch Bühring, Zeitschrift für Allgemeinmedizin 1992, 1188, 1191, der dort fordert, eine bisher extrem spekulative und am historischen Modell orientierte Anthropologie und Nosologie müsse auch den objektivierenden Verfahren naturwissenschaftlicher Medizin zugänglich sein bzw. zugänglich gemacht werden). Allerdings muß das Studienkonzept gegebenenfalls den Therapieformen angepaßt werden, worauf Prof. Dr. B und Dr. W in ihren Vorträgen auf der Veranstaltung des Arbeitsausschusses hingewiesen haben."

3. Abschließend: Die summarische Verweisung auf die Anwendungsvoraussetzungen der allopathischen und phytotherapeutischen Standardtherapeutika in Nr. 16.5 AMR ist weder geeignet noch erforderlich, um die entgegen § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V unterbliebene Feststellung der Standardindikationen nach dem anthroposophischen und homöopathischen Erkenntnisstand regelungstechnisch zu kompensieren. Eine Akzessorietät im Anwendungsgebiet wäre ein sachwidriges Kriterium für eine Gleichstellung. Der Regelungsauftrag des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V erstreckt sich - wie sich aus dem Wort "Dabei" ergibt - auch auf die Arzneimittel der Anthroposophie und der Homöopathie. Das Gesetz verlangt in § 34 Abs. 1 Satz 3 und § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine Gleichstellung bei der Anwendung der Maßstäbe, nach denen sich die Verordnungsfähigkeit anthroposophischer und homöopathischer Arzneimittel unter Beachtung der Besonderheiten der jeweiligen Therapierichtung richtet. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen, unter denen diese Medikationen als Therapiestandard zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen verordnet werden dürfen, nach den gleichen Maßstäben an Hand des Erkenntnisstandes ihrer Therapierichtung in den Arzneimittelrichtlinien zu regeln sind wie die Voraussetzungen, unter denen Allopathika und Phytotherapeutika nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin als Therapiestandard zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen allgemein anerkannt sind. Der Regelungsauftrag wird nicht erfüllt, wenn hinsichtlich der Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie lediglich summarisch auf den auf den in Nr. 16.4 AMR anerkannten Therapiestandard und die dafür maßgeblichen Anwendungsvoraussetzungen verwiesen wird, denn insoweit lässt sich nicht bestimmen, ob ein bestimmtes Arzneimittel der anthroposophischen oder homöopathischen Therapierichtungen als Therapiestandard zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen anzusehen ist. Ausgehend hiervon ist die weite Interpretation des Klägers vom Inhalt des Begriffs "Indikationsgebiete" nicht vom Gesetz gedeckt. Hieraus folgt denknotwendig, dass der von ihm beschlossene klarstellende Zusatz "und Anwendungsvoraussetzungen" gleichermaßen nicht in Einklang mit den Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V ist. Die Beanstandungsverfügung ist mithin rechtmäßig.

Die Berufung des Klägers konnte demnach keinen Erfolg haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved