Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 5847/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 3829/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Liegt kein Zustellungsnachweis des Beklagten, der von ihm eingeschalteten Behörden oder des Gerichts vor und lässt sich deshalb urkundlich nicht mehr nachweisen, dass der Rechtsbehelf fristgemäß eingelegt worden ist, so gilt er als rechtzeitig eingelegt, wenn sich aus dem verbliebenen Akteninhalt kein hinreichender Anhalt für das Gegenteil ergibt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1925 geborene Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wegen einer am 20.09.1944 erlittenen Verwundung beantragte der Kläger am 20.12.1967 Beschädigtenversorgung. Er legte das ärztliche Gutachten des Dr. M. vom 09.01.1968, die ärztliche Bescheinigung des Arztes M. vom 12.09.1972 sowie Röntgenbilder vor. Hierzu führte Dr. E. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.02.1973 aus, die übersandten Röntgenaufnahmen ließen einen Schussbruch von Schien- und Wadenbein mit erheblicher Auftreibung bei gleichzeitiger Achsenknickung erkennen. Als Schädigungsfolgen würden eine Verkürzung des linken Unterschenkels, eine ausgedehnte mit der Unterlage verwachsene Narbe an der inneren Seite des linken Unterschenkels und Narben an beiden Unterschenkeln vorgeschlagen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage unter 25 vom Hundert (v. H.). Das ehemalige Versorgungsamt (VA) lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 13.02.1973 mit der Begründung ab, es liege keine kriegsbedingte MdE um wenigstens 25 v. H. vor.
Der Kläger legte am 04.02.1977 den Röntgenbefund des Arztes D. vom 09.12.1976 vor. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.01.1978 aus, in dem Röntgenbefund seien die bereits bekannten Befunde geschildert. Die MdE betrage 10 v. H. Mit Bescheid vom 13.02.1978 lehnte das VA den in der Vorlage des Röntgenbefundes gesehenen Verschlimmerungsantrag ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.08.1978 aus, die MdE betrage 10 v. H. Keinesfalls sei der Kläger unfähig, seinen Beruf als Maurer auszuüben. Das LVA wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.1978 zurück.
Am 23.09.2005 beantragte der Kläger erneut Beschädigtenversorgung und legte einen Befundbericht sowie den Röntgenbefund des Arztes D. vom 06.02.1989 vor. Dr. Sch. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.11.2005 aus, die vorgelegten Befunde entsprächen der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung. Das zuständig gewordene Landratsamt (LRA) lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 06.12.2005 mit der Begründung ab, der Ablehnungsbescheid vom 13.02.1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.1978 sei nicht rechtswidrig gewesen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er legte das ärztliche Gutachten des Arztes W. aus dem Jahr 2006 sowie die Röntgenbefunde der Ärztin M. vom 16.01.2006 und 23.01.2006 vor. Obermedizinalrat N. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.03.2006 aus, röntgenologisch seien die arthrotischen Veränderungen der Knie- und Hüftgelenke auch unter Berücksichtigung des Alters geringfügig und zeigten keine Seitenbetonung, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die anzunehmende Beinverkürzung links zu Folgen im Bereich der Sprung- und Kniegelenke geführt habe. Dass bei einem über 80jährigen Mann die Lendenwirbelsäule gerade aufgebaut sei, zeige, dass die einseitige Beinverkürzung auch keine schädigungsbedingten Veränderungen der Wirbelsäule bedingt habe. Von einer wesentlichen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht auszugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 wies das Regierungspräsidium St. den Widerspruch zurück. Mit Zustellungszeugnis vom 05.06.2007 teilte das Generalkonsulat der B. in B. (GK) dem Beklagten mit, der Widerspruchsbescheid sei auf das Ersuchen des Beklagten vom 16.10.2006 dem Kläger am 27.02.2007 in dessen Amtsbezirk per Einschreiben mit freiwilliger Annahmeerklärung zugestellt worden. Dem am 18.06.2007 eingegangenen Zustellungszeugnis lag die mit Schreiben des Klägers vom 29.04.2007 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage bei. Diese Klageschrift legte der Beklagte dem SG am 27.07.2007 vor. Auf Anfrage des SG teilte das GK unter dem 18.03.2008 mit, es könne nicht festgestellt werden, ob und gegebenenfalls wann die Klageschrift dort eingegangen sei. Sollte die Klageschrift dort eingegangen sein, sei davon auszugehen, dass diese nicht kommentarlos an das Zustellungszeugnis angehängt, sondern mit einem Begleitschreiben abgesandt worden wäre.
Mit Urteil vom 24.04.2008 wies das SG die Klage ab. Zur Zulässigkeit der Klage wurde ausgeführt, der Nachweis einer Verfristung im Sinne eines Verstreichenlassens der gesetzlichen Dreimonatsfrist lasse sich vorliegend nicht führen. Vielmehr dürfe sich der Umstand eines fehlenden Eingangsstempels des GK im Ergebnis nicht nachteilig für den Kläger auswirken. Es könne vielmehr davon ausgegangen werden, dass durch ein kanzleimäßiges Missgeschick bei der dortigen Dienststelle entgegen üblicher Gepflogenheit und entsprechenden Dienstanweisungen ein derartiger Stempelaufdruck unterblieben sei. Hierbei entspreche es auch einer dienstlichen Erfahrung des Gerichts in der Zusammenarbeit mit dieser konsularischen Vertretung, dass vor dem Hintergrund personalseitiger Einsparungen im D. A. D. und einer gleichermaßen gerichtsbekannten sehr starken Geschäftsbelastung dieser Dienststelle sich hier der entsprechende Fehler eingestellt haben dürfte. Nach alledem könne dem Kläger nicht widerlegt werden, dass er die Klageschrift während noch offener Klagefrist dem GK als einer hierzu befugten deutschen Dienststelle zugeleitet habe. Zur Begründetheit wurde ausgeführt, der Neufeststellungsantrag sei aus medizinisch-sachlichen Gesichtspunkten nicht begründet.
Gegen das ihm am 16.06.2008 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 06.08.2008 Berufung eingelegt. Er hat die ärztliche Bescheinigung der Lungenärztin K. vom 07.10.2008 sowie das ärztliche Gutachten und den Röntgenbefund des Arztes W. vom 18.11.2008 vorgelegt. Zur Zulässigkeit der Klage hat der Kläger ausgeführt, er habe die Klage am 29.04.2007 geschrieben und über das GK gesandt. Es sei möglich, dass das Problem mit der Übergabe seiner Korrespondenz im GK entstanden sei. Es sei ausschließlich das GK dafür verantwortlich, dass sein Schreiben so spät versandt worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2008 und den Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.10.2006 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid des Versorgungsamts Ravensburg vom 13.02.1973 aufzuheben und ihm Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe keine neuen Tatsachen beziehungsweise ärztlich begründete Argumente vorgetragen, die erkennen ließen, dass bei Erteilung des Bescheides vom 13.02.1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.1978 das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei.
Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.02.2009 ausgeführt, die in den vorgelegten Unterlagen beschriebenen degenerativen Veränderungen seien als anlagebedingt anzusehen, zumal eine Arthrose beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke beschrieben worden seien. Als Schädigungsfolge anerkannt sei eine Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter. Allein schon die Beidseitigkeit der bestehenden degenerativen Gelenkveränderungen spreche somit gegen die Annahme von schädigungsbedingten Veränderungen. Die beschriebene chronisch-obstruktive Lungenerkrankung beziehungsweise das beschriebene exacerbeierte Asthma bronchiale müsse als anlagebedingt angesehen werden. Ein Zusammenhang mit schädigenden Ereignissen aus der Zeit des Wehrdienstes sei hier in keiner Weise erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Ebenso wie das SG ist der Senat der Ansicht, dass die mit Schreiben vom 29.04.2007 formulierte und am 18.06.2007 beim Beklagten eingegangene Klage nicht verfristet und damit zulässig war.
Rechtsgrundlagen für die Prüfung der Einhaltung der Klagefrist sind die Vorschriften des SGG, des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) und des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die am 18.06.2007 beim Beklagten eingegangene Klageschrift war, obwohl zu diesem Zeitpunkt die mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides am 28.02.2007 bis zum Montag, dem 28.05.2007 reichende dreimonatige Klagefrist verstrichen war (zu Zustellung und Fristbeginn: § 64 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGG, § 66 Abs. 2 Satz 3 SGB X, § 2 Abs. 3 Satz 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 VwZG; zu Fristdauer und Fristwahrung: § 64 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, § 87 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2, § 90 und § 91 Abs. 1 SGG), dennoch nicht verfristet. Zwar hat der Senat nicht feststellen können, dass die unter dem 29.04.2007 gefertigte Klageschrift zu einem früheren Zeitpunkt beim GK eingegangen ist. Ferner trifft bei erfolglosem Ausschöpfen der Amtsermittlungsmöglichkeiten die materielle Beweislast für den rechtzeitigen Zugang des Rechtsbehelfs grundsätzlich den Kläger (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Auflage, § 64, Rz. 6a, § 87, Rz. 6a). Dies gilt aber nicht, wenn der Grund für die Ungewissheit hierüber in der Sphäre des Beklagten, der von ihr eingeschalteten Behörden oder des Gerichts liegt. Liegt ein Zustellungsnachweis nicht vor und lässt sich deshalb urkundlich nicht mehr nachweisen, ob der Rechtsbehelf rechtzeitig eingelegt worden ist, gilt er als rechtzeitig eingelegt, wenn sich aus dem verbliebenen Akteninhalt kein hinreichender Anhalt für das Gegenteil ergibt (BSG, Urteil vom 27.04.1972 - 7 RU 17/69; BFH, Urteil vom 17.12.2003 - XI R 28/03). So liegt die Sache hier. Es liegt nicht in der Sphäre des Klägers, dass das GK auf der Klageschrift des Klägers keinen Eingangsvermerk angebracht hat. Dies kann dem Kläger daher nicht angelastet werden. Vielmehr kehrt sich in einem solchen Fall die Beweislast um, so dass den Beklagten die materielle Beweislast für den nicht-rechtzeitigen Zugang der Klage beim GK trifft. Nachdem der Zugangszeitpunkt der Klage beim GK nicht mehr ermittelbar ist, ist somit die Klage als rechtzeitig eingegangen anzusehen. Mithin hat das SG die Klage zu Recht als zulässig erachtet.
Die Berufung ist aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 13.02.1973 und daher auch nicht auf Beschädigtenrente.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 13.02.1973 nach § 44 SGB X und dasjenige auf Prüfung des Eintritts einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nach § 48 SGB X. Nach Ansicht des Senats hat der Beklagte nicht ausschließlich über den Überprüfungsantrag, sondern auch über einen Verschlimmerungsantrag entschieden, was sich zwar nicht unbedingt aus dem Wortlaut der streitgegenständlichen Bescheide, aber daraus ergibt, dass der Beklagte die vom Kläger vorgelegten aktuellen medizinischen Unterlagen versorgungsrechtlich hat auswerten lassen.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll unter anderem mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Beschädigtenrente nach §§ 1 und 31 BVG.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG).
Zwar orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung grundsätzlich an den Bewertungsmaßstäben der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89) AHP 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (VersMedV). Der Grundsatz, dass in Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der zu überprüfenden Entscheidung (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, Rz. 29) zu Grunde zu legen ist, gilt aber auch für die Beurteilung der Frage, ob die VG beziehungsweise welche Fassung der AHP anzuwenden ist. Mithin sind vorliegend im Hinblick auf das Verfahren nach § 44 SGB X die im Zeitpunkt des Bescheides vom 13.02.1973 geltenden AHP 1973 und im Hinblick auf das Verfahren nach § 48 SGB X die derzeit geltenden VG zu Grunde zu legen.
Danach gelten die folgenden Grundsätze: Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG). Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG). Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Nr. 3 Abs. 1 AHP 1973; Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt, wie zum Beispiel die Detonation eines Sprengkörpers. Unfall ist ein auf äußeren Einwirkungen beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis (Nr. 3 Abs. 2 Sätze 1 und 4 AHP 1973; Teil C Nr. 2 b VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang, wie zum Beispiel die Verwundung, die Verletzung durch Unfall, die Resistenzminderung durch Belastung. Die verbleibende Gesundheitsstörung ist die Schädigungsfolge (Nr. 3 Abs. 1 AHP 1973; Teil C Nr. 2 c VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Nr. 3 Abs. 4 AHP 1973; Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG). Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG, § 1 Abs. 3 BVG). Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 AHP 1973; Teil C Nr. 3 a Satz 2 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Nr. 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AHP 1973; Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Beim Kläger liegen infolge des am 20.09.1944 erlittenen kriegsbedingten Schussbruches von Schien- und Wadenbein eine Verkürzung des linken Unterschenkels, eine ausgedehnte mit der Unterlage verwachsene Narbe an der inneren Seite des linken Unterschenkels und Narben an beiden Unterschenkeln vor. Diesbezüglich stützt sich der Senat auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. E. vom 01.02.1973. Nach Teil D, S. 203 der AHP 1973 beträgt die MdE bei einem mit Verkürzung bis 4 Zentimeter verheilten Oberschenkelbruch 0 bis 10 v. H. Dies ist mit dem Zustand des Klägers, bei dem eine Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter vorliegt, vergleichbar. Mithin wurde zu Recht mit Bescheid vom 13.02.1973 Versorgungsrente abgelehnt. Den Akten ist auch nicht zu entnehmen, dass bei Erlass des Bescheides vom 13.02.1973 schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen unberücksichtigt geblieben sind.
Seit Erlass des Bescheides vom 13.02.1973 ist auch keine wesentliche Verschlimmerung der Schädigungsfolgen eingetreten. Eine für die Bestimmung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) relevante Verschlechterung des Kriegsschadens ist nicht eingetreten. Sofern der Kläger über Schmerzen im Bereich der linken unteren Extremität klagt, weist der Senat darauf hin, dass nach Teil A, Nr. 2 i und h, S. 9 der VG die in der GdS-Tabelle niedergelegten Sätze bereits die üblichen Schmerzen berücksichtigen, so dass kein Anlass besteht, den nach Teil B, Nr. 18.14, S. 99 der VG für eine Beinverkürzung zwischen 2,5 und 4 Zentimeter festgelegten GdS von 10 zu erhöhen. In Bezug auf die weiteren Leiden des Klägers verweist der Senat auf die schlüssigen und in sich widerspruchsfreien versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. Sch. vom 30.11.2005, Obermedizinalrat N. vom 31.03.2006 und Dr. W. vom 18.02.2009. Aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen geht hervor, dass dieser inzwischen neben der Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter an einer Arthrose beider Hüftgelenke, einer Arthrose beider Kniegelenke, einer Kyphose der Wirbelsäule mit Höhenminderung des Zwischenwirbelraums bei L5 und S1 und einer Lungenerkrankung leidet. Nach Überzeugung des Senats spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass diese Gesundheitsstörungen schädigungsbedingt sind. So haben Obermedizinalrat N. und Dr. W. zutreffend darauf hingewiesen, dass ein ursächlicher Zusammenhang der arthrotischen Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke mit der Kriegsverletzung schon deshalb nicht wahrscheinlich ist, weil keine Seitenbetonung dieser Leiden vorliegt. Mithin muss hierbei angesichts des Alters des Klägers von degenerativen Gelenkveränderungen ausgegangen werden. Dasselbe gilt für die Lendenwirbelsäulenproblematik. Hier hat Obermedizinalrat N. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Lendenwirbelsäule gerade aufgebaut ist und mithin keine schädigungsbedingte Veränderung in der Wirbelsäule vorliegt. Anhaltspunkte für eine Schädigungsbedingtheit der Atheromatose und der Lungenerkrankung sind ebenfalls nicht gegeben.
Nach alledem war der Bescheid vom 13.02.1973 nicht rechtswidrig und ist auch seither keine Verschlimmerung in den Schädigungsfolgen eingetreten. Mithin hatte und hat der Kläger keinen Anspruch auf Beschädigtenrente.
Deshalb hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1925 geborene Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wegen einer am 20.09.1944 erlittenen Verwundung beantragte der Kläger am 20.12.1967 Beschädigtenversorgung. Er legte das ärztliche Gutachten des Dr. M. vom 09.01.1968, die ärztliche Bescheinigung des Arztes M. vom 12.09.1972 sowie Röntgenbilder vor. Hierzu führte Dr. E. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.02.1973 aus, die übersandten Röntgenaufnahmen ließen einen Schussbruch von Schien- und Wadenbein mit erheblicher Auftreibung bei gleichzeitiger Achsenknickung erkennen. Als Schädigungsfolgen würden eine Verkürzung des linken Unterschenkels, eine ausgedehnte mit der Unterlage verwachsene Narbe an der inneren Seite des linken Unterschenkels und Narben an beiden Unterschenkeln vorgeschlagen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage unter 25 vom Hundert (v. H.). Das ehemalige Versorgungsamt (VA) lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 13.02.1973 mit der Begründung ab, es liege keine kriegsbedingte MdE um wenigstens 25 v. H. vor.
Der Kläger legte am 04.02.1977 den Röntgenbefund des Arztes D. vom 09.12.1976 vor. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.01.1978 aus, in dem Röntgenbefund seien die bereits bekannten Befunde geschildert. Die MdE betrage 10 v. H. Mit Bescheid vom 13.02.1978 lehnte das VA den in der Vorlage des Röntgenbefundes gesehenen Verschlimmerungsantrag ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Dr. E. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.08.1978 aus, die MdE betrage 10 v. H. Keinesfalls sei der Kläger unfähig, seinen Beruf als Maurer auszuüben. Das LVA wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.1978 zurück.
Am 23.09.2005 beantragte der Kläger erneut Beschädigtenversorgung und legte einen Befundbericht sowie den Röntgenbefund des Arztes D. vom 06.02.1989 vor. Dr. Sch. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.11.2005 aus, die vorgelegten Befunde entsprächen der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung. Das zuständig gewordene Landratsamt (LRA) lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 06.12.2005 mit der Begründung ab, der Ablehnungsbescheid vom 13.02.1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.1978 sei nicht rechtswidrig gewesen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er legte das ärztliche Gutachten des Arztes W. aus dem Jahr 2006 sowie die Röntgenbefunde der Ärztin M. vom 16.01.2006 und 23.01.2006 vor. Obermedizinalrat N. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.03.2006 aus, röntgenologisch seien die arthrotischen Veränderungen der Knie- und Hüftgelenke auch unter Berücksichtigung des Alters geringfügig und zeigten keine Seitenbetonung, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die anzunehmende Beinverkürzung links zu Folgen im Bereich der Sprung- und Kniegelenke geführt habe. Dass bei einem über 80jährigen Mann die Lendenwirbelsäule gerade aufgebaut sei, zeige, dass die einseitige Beinverkürzung auch keine schädigungsbedingten Veränderungen der Wirbelsäule bedingt habe. Von einer wesentlichen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht auszugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2006 wies das Regierungspräsidium St. den Widerspruch zurück. Mit Zustellungszeugnis vom 05.06.2007 teilte das Generalkonsulat der B. in B. (GK) dem Beklagten mit, der Widerspruchsbescheid sei auf das Ersuchen des Beklagten vom 16.10.2006 dem Kläger am 27.02.2007 in dessen Amtsbezirk per Einschreiben mit freiwilliger Annahmeerklärung zugestellt worden. Dem am 18.06.2007 eingegangenen Zustellungszeugnis lag die mit Schreiben des Klägers vom 29.04.2007 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage bei. Diese Klageschrift legte der Beklagte dem SG am 27.07.2007 vor. Auf Anfrage des SG teilte das GK unter dem 18.03.2008 mit, es könne nicht festgestellt werden, ob und gegebenenfalls wann die Klageschrift dort eingegangen sei. Sollte die Klageschrift dort eingegangen sein, sei davon auszugehen, dass diese nicht kommentarlos an das Zustellungszeugnis angehängt, sondern mit einem Begleitschreiben abgesandt worden wäre.
Mit Urteil vom 24.04.2008 wies das SG die Klage ab. Zur Zulässigkeit der Klage wurde ausgeführt, der Nachweis einer Verfristung im Sinne eines Verstreichenlassens der gesetzlichen Dreimonatsfrist lasse sich vorliegend nicht führen. Vielmehr dürfe sich der Umstand eines fehlenden Eingangsstempels des GK im Ergebnis nicht nachteilig für den Kläger auswirken. Es könne vielmehr davon ausgegangen werden, dass durch ein kanzleimäßiges Missgeschick bei der dortigen Dienststelle entgegen üblicher Gepflogenheit und entsprechenden Dienstanweisungen ein derartiger Stempelaufdruck unterblieben sei. Hierbei entspreche es auch einer dienstlichen Erfahrung des Gerichts in der Zusammenarbeit mit dieser konsularischen Vertretung, dass vor dem Hintergrund personalseitiger Einsparungen im D. A. D. und einer gleichermaßen gerichtsbekannten sehr starken Geschäftsbelastung dieser Dienststelle sich hier der entsprechende Fehler eingestellt haben dürfte. Nach alledem könne dem Kläger nicht widerlegt werden, dass er die Klageschrift während noch offener Klagefrist dem GK als einer hierzu befugten deutschen Dienststelle zugeleitet habe. Zur Begründetheit wurde ausgeführt, der Neufeststellungsantrag sei aus medizinisch-sachlichen Gesichtspunkten nicht begründet.
Gegen das ihm am 16.06.2008 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 06.08.2008 Berufung eingelegt. Er hat die ärztliche Bescheinigung der Lungenärztin K. vom 07.10.2008 sowie das ärztliche Gutachten und den Röntgenbefund des Arztes W. vom 18.11.2008 vorgelegt. Zur Zulässigkeit der Klage hat der Kläger ausgeführt, er habe die Klage am 29.04.2007 geschrieben und über das GK gesandt. Es sei möglich, dass das Problem mit der Übergabe seiner Korrespondenz im GK entstanden sei. Es sei ausschließlich das GK dafür verantwortlich, dass sein Schreiben so spät versandt worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2008 und den Bescheid des Landratsamts Ravensburg vom 06.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.10.2006 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid des Versorgungsamts Ravensburg vom 13.02.1973 aufzuheben und ihm Beschädigtenrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger habe keine neuen Tatsachen beziehungsweise ärztlich begründete Argumente vorgetragen, die erkennen ließen, dass bei Erteilung des Bescheides vom 13.02.1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.1978 das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei.
Dr. W. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18.02.2009 ausgeführt, die in den vorgelegten Unterlagen beschriebenen degenerativen Veränderungen seien als anlagebedingt anzusehen, zumal eine Arthrose beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke beschrieben worden seien. Als Schädigungsfolge anerkannt sei eine Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter. Allein schon die Beidseitigkeit der bestehenden degenerativen Gelenkveränderungen spreche somit gegen die Annahme von schädigungsbedingten Veränderungen. Die beschriebene chronisch-obstruktive Lungenerkrankung beziehungsweise das beschriebene exacerbeierte Asthma bronchiale müsse als anlagebedingt angesehen werden. Ein Zusammenhang mit schädigenden Ereignissen aus der Zeit des Wehrdienstes sei hier in keiner Weise erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Ebenso wie das SG ist der Senat der Ansicht, dass die mit Schreiben vom 29.04.2007 formulierte und am 18.06.2007 beim Beklagten eingegangene Klage nicht verfristet und damit zulässig war.
Rechtsgrundlagen für die Prüfung der Einhaltung der Klagefrist sind die Vorschriften des SGG, des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) und des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die am 18.06.2007 beim Beklagten eingegangene Klageschrift war, obwohl zu diesem Zeitpunkt die mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides am 28.02.2007 bis zum Montag, dem 28.05.2007 reichende dreimonatige Klagefrist verstrichen war (zu Zustellung und Fristbeginn: § 64 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGG, § 66 Abs. 2 Satz 3 SGB X, § 2 Abs. 3 Satz 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 VwZG; zu Fristdauer und Fristwahrung: § 64 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, § 87 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2, § 90 und § 91 Abs. 1 SGG), dennoch nicht verfristet. Zwar hat der Senat nicht feststellen können, dass die unter dem 29.04.2007 gefertigte Klageschrift zu einem früheren Zeitpunkt beim GK eingegangen ist. Ferner trifft bei erfolglosem Ausschöpfen der Amtsermittlungsmöglichkeiten die materielle Beweislast für den rechtzeitigen Zugang des Rechtsbehelfs grundsätzlich den Kläger (Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Auflage, § 64, Rz. 6a, § 87, Rz. 6a). Dies gilt aber nicht, wenn der Grund für die Ungewissheit hierüber in der Sphäre des Beklagten, der von ihr eingeschalteten Behörden oder des Gerichts liegt. Liegt ein Zustellungsnachweis nicht vor und lässt sich deshalb urkundlich nicht mehr nachweisen, ob der Rechtsbehelf rechtzeitig eingelegt worden ist, gilt er als rechtzeitig eingelegt, wenn sich aus dem verbliebenen Akteninhalt kein hinreichender Anhalt für das Gegenteil ergibt (BSG, Urteil vom 27.04.1972 - 7 RU 17/69; BFH, Urteil vom 17.12.2003 - XI R 28/03). So liegt die Sache hier. Es liegt nicht in der Sphäre des Klägers, dass das GK auf der Klageschrift des Klägers keinen Eingangsvermerk angebracht hat. Dies kann dem Kläger daher nicht angelastet werden. Vielmehr kehrt sich in einem solchen Fall die Beweislast um, so dass den Beklagten die materielle Beweislast für den nicht-rechtzeitigen Zugang der Klage beim GK trifft. Nachdem der Zugangszeitpunkt der Klage beim GK nicht mehr ermittelbar ist, ist somit die Klage als rechtzeitig eingegangen anzusehen. Mithin hat das SG die Klage zu Recht als zulässig erachtet.
Die Berufung ist aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 13.02.1973 und daher auch nicht auf Beschädigtenrente.
Verfahrensrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 13.02.1973 nach § 44 SGB X und dasjenige auf Prüfung des Eintritts einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nach § 48 SGB X. Nach Ansicht des Senats hat der Beklagte nicht ausschließlich über den Überprüfungsantrag, sondern auch über einen Verschlimmerungsantrag entschieden, was sich zwar nicht unbedingt aus dem Wortlaut der streitgegenständlichen Bescheide, aber daraus ergibt, dass der Beklagte die vom Kläger vorgelegten aktuellen medizinischen Unterlagen versorgungsrechtlich hat auswerten lassen.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll unter anderem mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren des Klägers auf Beschädigtenrente nach §§ 1 und 31 BVG.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG).
Zwar orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung grundsätzlich an den Bewertungsmaßstäben der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89) AHP 2008 getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (VersMedV). Der Grundsatz, dass in Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X die Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der zu überprüfenden Entscheidung (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 44 SGB X, Rz. 29) zu Grunde zu legen ist, gilt aber auch für die Beurteilung der Frage, ob die VG beziehungsweise welche Fassung der AHP anzuwenden ist. Mithin sind vorliegend im Hinblick auf das Verfahren nach § 44 SGB X die im Zeitpunkt des Bescheides vom 13.02.1973 geltenden AHP 1973 und im Hinblick auf das Verfahren nach § 48 SGB X die derzeit geltenden VG zu Grunde zu legen.
Danach gelten die folgenden Grundsätze: Als Schädigungsfolge wird im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG). Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG). Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Nr. 3 Abs. 1 AHP 1973; Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt, wie zum Beispiel die Detonation eines Sprengkörpers. Unfall ist ein auf äußeren Einwirkungen beruhendes plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis (Nr. 3 Abs. 2 Sätze 1 und 4 AHP 1973; Teil C Nr. 2 b VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang, wie zum Beispiel die Verwundung, die Verletzung durch Unfall, die Resistenzminderung durch Belastung. Die verbleibende Gesundheitsstörung ist die Schädigungsfolge (Nr. 3 Abs. 1 AHP 1973; Teil C Nr. 2 c VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Nr. 3 Abs. 4 AHP 1973; Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG). Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (Nr. 4 Abs. 1 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG, § 1 Abs. 3 BVG). Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 AHP 1973; Teil C Nr. 3 a Satz 2 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 AHP 1973; Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Nr. 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AHP 1973; Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Beim Kläger liegen infolge des am 20.09.1944 erlittenen kriegsbedingten Schussbruches von Schien- und Wadenbein eine Verkürzung des linken Unterschenkels, eine ausgedehnte mit der Unterlage verwachsene Narbe an der inneren Seite des linken Unterschenkels und Narben an beiden Unterschenkeln vor. Diesbezüglich stützt sich der Senat auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. E. vom 01.02.1973. Nach Teil D, S. 203 der AHP 1973 beträgt die MdE bei einem mit Verkürzung bis 4 Zentimeter verheilten Oberschenkelbruch 0 bis 10 v. H. Dies ist mit dem Zustand des Klägers, bei dem eine Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter vorliegt, vergleichbar. Mithin wurde zu Recht mit Bescheid vom 13.02.1973 Versorgungsrente abgelehnt. Den Akten ist auch nicht zu entnehmen, dass bei Erlass des Bescheides vom 13.02.1973 schädigungsbedingte Gesundheitsstörungen unberücksichtigt geblieben sind.
Seit Erlass des Bescheides vom 13.02.1973 ist auch keine wesentliche Verschlimmerung der Schädigungsfolgen eingetreten. Eine für die Bestimmung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) relevante Verschlechterung des Kriegsschadens ist nicht eingetreten. Sofern der Kläger über Schmerzen im Bereich der linken unteren Extremität klagt, weist der Senat darauf hin, dass nach Teil A, Nr. 2 i und h, S. 9 der VG die in der GdS-Tabelle niedergelegten Sätze bereits die üblichen Schmerzen berücksichtigen, so dass kein Anlass besteht, den nach Teil B, Nr. 18.14, S. 99 der VG für eine Beinverkürzung zwischen 2,5 und 4 Zentimeter festgelegten GdS von 10 zu erhöhen. In Bezug auf die weiteren Leiden des Klägers verweist der Senat auf die schlüssigen und in sich widerspruchsfreien versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. Sch. vom 30.11.2005, Obermedizinalrat N. vom 31.03.2006 und Dr. W. vom 18.02.2009. Aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen geht hervor, dass dieser inzwischen neben der Verkürzung des linken Unterschenkels um 3 Zentimeter an einer Arthrose beider Hüftgelenke, einer Arthrose beider Kniegelenke, einer Kyphose der Wirbelsäule mit Höhenminderung des Zwischenwirbelraums bei L5 und S1 und einer Lungenerkrankung leidet. Nach Überzeugung des Senats spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass diese Gesundheitsstörungen schädigungsbedingt sind. So haben Obermedizinalrat N. und Dr. W. zutreffend darauf hingewiesen, dass ein ursächlicher Zusammenhang der arthrotischen Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke mit der Kriegsverletzung schon deshalb nicht wahrscheinlich ist, weil keine Seitenbetonung dieser Leiden vorliegt. Mithin muss hierbei angesichts des Alters des Klägers von degenerativen Gelenkveränderungen ausgegangen werden. Dasselbe gilt für die Lendenwirbelsäulenproblematik. Hier hat Obermedizinalrat N. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Lendenwirbelsäule gerade aufgebaut ist und mithin keine schädigungsbedingte Veränderung in der Wirbelsäule vorliegt. Anhaltspunkte für eine Schädigungsbedingtheit der Atheromatose und der Lungenerkrankung sind ebenfalls nicht gegeben.
Nach alledem war der Bescheid vom 13.02.1973 nicht rechtswidrig und ist auch seither keine Verschlimmerung in den Schädigungsfolgen eingetreten. Mithin hatte und hat der Kläger keinen Anspruch auf Beschädigtenrente.
Deshalb hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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