L 14 R 862/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 296/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 862/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1954 geborene Klägerin, nach eigenen Angaben eine gelernte Hauswirtschafterin mit Umschulung zur Einzelhandelskauffrau, war als solche laut Versicherungsverlauf mit Unterbrechungen bis 1984 tätig. Ab 1992 arbeitete sie mit Unterbrechungen, teilweise angestellt, teilweise selbständig, bis Ende 2002 als Fahrerin im Transportwesen. Anschließend bestand Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit. Seit 01.01.2005 bezieht sie Leistungen nach dem SGB II.

Am 06.02.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung und begründete den Antrag mit Osteoporose und Bewegungseinschränkungen, Schilddrüsenunterfunktion, instabiler Psyche und weiteren Beschwerden. Sie übersandte ärztliche Unterlagen der behandelnden Ärzte aus der Zeit von 2002 bis 2006. Die Beklagte entschied auf Anregung der Klägerin, die eine Untersuchung zunächst nicht wünschte, aufgrund einer prüfärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage ohne eine Begutachtung der Klägerin, dass die medizinischen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben seien (ablehnender Bescheid vom 15.09.2006).

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, nicht mehr arbeiten zu können. Sie berief sich auf erhebliche Schmerzen, Rheuma, Bandscheibenvorfälle und Osteoporose.

Die Beklagte veranlasste nach Beiziehung aktueller ärztlicher Befundberichte eine internistische Begutachtung durch Dr. B ... Dieser diagnostizierte "somatoforme Störungen - Verdacht auf Persönlichkeitsstörungen -, Cervicobrachialsyndrom links ohne neurologische Ausfälle, lumbales Schmerzsyndrom ohne Radikulopathie". Er setzte sich ausführlich mit der von der Klägerin vorgebrachten vielfältigen Symptomatik, die teilweise stressbedingt sei, auseinander. Das Vorliegen einer Schilddrüsenunterfunktion verneinte er. Es sei von einer Neigung zu hyperthyreoter Stoffwechsellage auszugehen unter oraler Hormonsubstitution. Er vertrat die Auffassung, das Leistungsvermögen der Klägerin sei im Erwerbsleben reduziert, jedoch nicht aufgehoben. Sie könne leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Bücken und Überkopfarbeiten und ohne besondere emotionale Belastung und Verantwortung vollschichtig verrichten.
Die Beklagte wies im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 07.03.2007). Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach ihrem beruflichen Werdegang sei sie auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Sie könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Rumpfvorhalten und besondere Anforderungen an das Durchhaltevermögen sowie ohne Akkord und Zeitdruck in einem Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Im anschließenden Klageverfahren berief sich die Klägerin auf nicht ausreichend berücksichtigte Gesundheitsstörungen.

Die zunächst beim Sozialgericht Oldenburg anhängige Klage wurde mit Beschluss vom 08.05.2007 an das zuständige Sozialgericht Augsburg verwiesen. Dieses bewilligte mit Beschluss vom 17. Juli 2007 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der bisherigen Bevollmächtigten.

Nach Einholung eines Befundberichtes der behandelnden Ärztin Dr. L. vom 22.07.2007 ("rezidivierende Bronchitiden, Sinusitiden und Harnwegsinfektionen, megaloblastäre Anämie bei Vitamin B12-Mangel, chronisches Wirbelsäulensyndrom") ließ das SG die Klägerin durch die Nervenärztin Dr. M. untersuchen und begutachten. In ihrem Gutachten vom 09.08.2007 diagnostizierte diese nach Erhebung eines klinisch-neurolo-gischen sowie eines psychiatrischen Untersuchungsbefundes, nach elektrophysiologischer Zusatzdiagnostik (Elektroenzephalographie, somatosensibel-evozierte Skalp-Potentiale, somatosensibel-evozierte Potentiale, visuell-evozierte Potientiale, akustisch-evozierte Hirnstammpotentiale, Duplex/Farbduplex der hirnversorgenden Arterien) und einer Psychometrieuntersuchung als wesentliche Gesundheitsstörungen eine Tendenzreaktion im Rahmen des Rentenbegehrens ohne diesbezügliche funktionelle Einbuße, ein Sulcus ulnaris-Syndrom links (auswärts diagnostiziert), den Verdacht auf Persönlichkeits-

störung sowie ein beginnend degeneratives HWS- und LWS-Syndrom ohne Wurzelreiz- oder Kompressionssymptomatik.

Die Gutachterin sah bei der Klägerin keine manifesten funktionellen Defizite. Sie hielt sie für in der Lage, sechs Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch als Fahrerin im Transportwesen tätig zu sein, wobei Heben und Tragen von Lasten über 15 kg wegen des beginnenden degenerativen HWS- und LWS-Syndroms vermieden werden sollten, ebenso ständige Zwangshaltungen und Überkopfarbeit. Die Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht gegeben. Die Gutachterin stimmte der Beurteilung durch Dr. B. im Widerspruchsverfahren mit Ausnahme der angenommenen Somatisierungsstörung ausdrücklich zu und verneinte die Notwendigkeit der Einholung weiterer Gutachten.

Im Hinblick auf die Angaben der Klägerin über eine aktuelle orthopädische Behandlung veranlasste das SG die Einholung eines Befundberichtes des Orthopäden Dr. H., welcher die Klägerin nach seinem Bericht vom 15.10.2007 jedoch nur einmal am 14.06.2005 gesehen hatte.

Das SG wies die auf Zahlung einer Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung gerichtete Klage, gestützt auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, mit Urteil vom 25.10.2007 ab. Bei der Klägerin lägen keine wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkungen und noch weniger eine quantitative Leistungseinschränkung vor, so dass weder volle noch teilweise Erwerbsminderung gegeben sei. Das SG vermerkte, dass der mit dem Ziel einer Terminsaufhebung erfolgte letzte Vortrag der Klägerin über eine extreme Verschlechterung ihrer orthopädischen Beschwerden durch den kurzfristig eingeholten ärztlichen Bericht nicht belegt worden sei. Zur weiteren Sachermittlung habe daher kein Anlass bestanden.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Sie macht geltend, die Untersuchung im Rentenverfahren durch Dr. B. sei oberflächlich gewesen, die Untersuchung durch Dr. M. habe die bestehende Osteochondrose außer Acht gelassen. Sie nehme deswegen regelmäßig starke Schmerzmittel in hohen Dosen ein. Auch sei inzwischen bei ihr eine Fibromyalgie/Weichteilrheuma diagnostiziert worden.
Weiter bringt die Klägerin vor, sie habe ihre selbständige Tätigkeit 2002 krankheitsbedingt aufgeben müssen, ebenso spätere Tätigkeiten als Aushilfsfahrerin 2006 und 2007.

Weitere Arbeitsversuche seien ebenfalls gescheitert (Ende 2005/Anfang 2006 als Maschinenarbeiterin).
Die Klägerin legte ein Attest des behandelnden Arztes Dr. K. vom 28.06.2007 vor, wonach sie wegen zunehmender Beschwerden des Bewegungsapparates "die derzeitige berufliche Tätigkeit aufgeben" müsse.

Der Senat holte einen Befundbericht sowie die ärztlichen Unterlagen des Allgemeinarztes Dr. K. vom 24.01.2008 ein (darunter ein Bericht des Dr. H. vom 23.10.2007, in dem eine konsequente stationäre Schmerztherapie empfohlen wurde, da wegen des bestehenden Sozialgerichtsverfahrens eine ambulante Behandlung keine Erfolgsaussicht habe), ferner einen Befundbericht des Internisten und Rheumatologen Dr. H. vom 17.04.2008 nebst ärztlichen Unterlagen. Die Beklagte nahm durch ihren ärztlichen Dienst zu diesen Unterlagen dahin Stellung, dass die aufgeführten Gesundheitsstörungen das Leistungsvermögen zwar einschränken, aber nicht aufheben würden. Leichte körperliche Arbeiten seien weiterhin sechs Stunden täglich und mehr möglich.

Mit Beschluss vom 09.06.2008 wurde der Klägerin für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ihre Bevollmächtigte beigeordnet.

Im Auftrag des Senats erstellte der Gutachter Dr. L. das orthopädische Gutachten vom 15.09.2008. Nach klinischer Untersuchung und Röntgenbefunden der LWS, HWS, des linken Ellbogens sowie einer Knochendichtemessung diagnostizierte der Gutachter bei der Klägerin "Verschleißerscheinungen (Osteochondrose) der Hals- und Brustwirbelsäule sowie Fehlstatik und Verschleißerscheinungen am Lendenbeckenübergang, Knochenstruktur- und Kalksalzverarmung des Knochengerüstes (Osteopenie), Verschleißerscheinungen der Fingermittel- und -endgelenke (Bouchard- und Heberden-Arthrosen) sowie Nervenengpass des Ellennerven am linken Ellbogen.

Der Gutachter legte dazu dar, er habe bei der Untersuchung deutliche Zeichen einer psychovegetativen Unausgeglichenheit mit nicht ohne Weiteres bestehender Übereinstimmung zwischen den vorgebrachten Beschwerden und dem objektiven orthopädischen Funktionsbefund gefunden. Der streng orthopädische Befund lasse keine so weit gehenden Funktionsstörungen erkennen, dass leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperposition ebenerdig in geschlossenen Räumen als nicht mehr möglich angesehen werden müssten; dass die Klägerin auch tatsächlich noch über ein durchaus gegebenes kör-

perliches Leistungsvermögen verfüge, zeigten die Nutzspuren und Schwielenbildungen an den Händen sehr deutlich.
Aufgrund der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit seien der Klägerin schwere und ständig mittelschwere körperliche Arbeiten in ständig gleichbleibendem Stehen oder Sitzen, mit häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, in häufig gebückter oder sonstiger Zwangshaltung, in oder über Kopfhöhe, ferner häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und Gehen auf unebenem Boden, ausgesprochene Fingerfeinarbeiten sowie besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit nicht mehr möglich. Eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht (einfache Gehleistung mehr als 1000 Meter zu Fuß).

Abschließend erklärte der Gutachter, Art, Umfang und Heftigkeit der vorgebrachten Beschwerden seien mit den orthopädischen Diagnosen nicht ausreichend erklärbar, im Vordergrund ständen sicher die das nervenärztliche Gebiet betreffenden Gesundheitsstörungen, eine entsprechende Überprüfung sei zu empfehlen.

Der vom Senat veranlassten Untersuchung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. kam die Klägerin in der Folgezeit (ohne rechtzeitige Entschuldigung) nicht nach. Nachdem sie zweimal zum festgesetzten Untersuchungstermin nicht erschienen war, wurde der Gutachter vom Gutachtensauftrag entbunden. Eine von der Klägerin beantragte Begutachtung auf orthopädischem Gebiet durch den von ihr benannten Chirurgen Dr. W. wurde von diesem u.a. unter Hinweis auf Arbeitsüberlastung abgelehnt. Schließlich erfolgte eine weitere Untersuchung und Begutachtung gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. (Gutachten vom 26.05.2009).

Die Gutachterin, die eine wache Klägerin mit ungestörtem Denkvermögen in subdepressiver Stimmungslage und einer gewissen Ängstlichkeit nach Gewalterfahrungen in der Kindheit beschrieb, erhob einen im Wesentlichen unauffälligen neurologischen Untersuchungsbefund (apparative Zusatzdiagnostik: Elektroenzephalographie, Tibialis-SEP, Medianus-SEP, sensible Elektroneurographie und Elektromyographie/motorische Elektroneurographie: kein Anhalt für Carpaltunnelsyndrom, Neuropathie oder Sulcus-ulnaris-Syndrom links).
Auf psychiatrischem Gebiet fand die Gutachterin eine Dysthymie bei dependenter Persönlichkeitsstruktur. Hinweise für eine tiefergehende depressive Störung ergaben sich nicht. Die Gutachterin verwies insoweit auf ausreichende Sozialkontakte der Klägerin und führte weiter aus, das Ausmaß einer somatoformen Schmerzstörung bestehe nicht. Die angege-
benen Schmerzen bezögen sich überwiegend auf die Gelenke, diesbezüglich seien szintigraphisch auch Entzündungen festgestellt und vom Rheumatologen mit Cortison behandelt worden.

Dr. C. sah im Wesentlichen keine Änderung gegenüber der Begutachtung durch Dr. M. im August 2007. Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin sei in ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit leicht beeinträchtigt, die psychische Belastbarkeit sei durch die affektive Störung herabgesetzt. Zu vermeiden seien daher Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe auch bei zusammenfassender Berücksichtigung der Befunde des orthopädischen Fachgebiets nicht (mindestens sechs Stunden täglich), ebenso keine Einschränkung der Wegefähigkeit.

Nach Erhalt des Gutachtens teilte die Klägerin mit, sie befinde sich auf ärztliches Anraten derzeit in psychologischer Behandlung; es werde angeregt, im Hinblick auf "eine eventuelle Besserung des Krankheitszustandes" den Abschluss der Behandlung abzuwarten, und daher das Ruhen des Verfahrens beantragt.

Der Senat lehnte ein Ruhen des entscheidungsreifen Verfahrens als nicht zweckmäßig ab (Schreiben vom 19.08.2009). Die Klägerin regte sodann erneut an, das Ergebnis einer nunmehr bewilligten psychotherapeutischen Behandlung abzuwarten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine ihrem Erwerbsunfähigkeitsgrad entsprechende Rentenleistung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, sie erweist sich aber nicht als begründet.

Zu Recht hat das Erstgericht das auf Rente wegen Erwerbsminderung gerichtete Klagebegehren abgewiesen.

Die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs.1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), da sie nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden täglich und mehr (§ 43 Abs.1 Satz 2 SGB VI) oder mindestens drei Stunden täglich (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI) erwerbstätig zu sein. Ebenso besteht keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 Abs.2 SGB VI.

Dies steht für den Senat aufgrund der Beweisaufnahme der ersten und zweiten Instanz fest. Danach bestehen bei der Klägerin Gesundheitsstörungen im Wesentlichen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet, die zwar eine Reduzierung des Leistungsvermögens bewirken, die Leistungsfähigkeit jedoch nicht in einem rentenrechtlich relevanten Umfang einschränken.
Auf orthopädischem Gebiet bestehen Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule in allen drei Wirbelsäulenabschnitten ohne Wurzelreizerscheinungen, daneben eine Osteopenie des Knochengerüstes sowie Verschleißerscheinungen (Arthrosen) an den Fingergelenken. Diese Diagnosen lassen nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. L. vor allem schwere und ständig mittelschwere Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und lang andauernde einseitige Körperhaltungen und Überkopfarbeiten nicht mehr zu; auch ausgesprochene Fingerfeinarbeiten sollten nicht mehr verrichtet werden. Leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen bleiben aber nach wie vor möglich.

Auf nervenärztlichem Gebiet fand sich zuletzt kein Anhalt mehr für ein früher diagnostiziertes Carpaltunnelsyndrom, eine Neuropathie oder für ein Sulcus ulnaris Syndrom links. Auf psychiatrischem Gebiet ergab sich eine Dysthymie (leichte chronifizierte depressive Störung mit Insuffizienzgefühlen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen) bei dependenter Persönlichkeitsstruktur, jedoch keine Hinweise auf eine tiefergehende depressive Störung, auch eine somatoforme Schmerzstörung wurde von den Gutachterinnen Dr. M. und Dr. C. nicht bejaht. Dr. M. lehnte insoweit ausdrücklich eine entsprechende - fachfremde - diagnostische Zuordnung durch den Internisten Dr. B. bei Zustimmung seiner übrigen Beurteilung ab. Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich insoweit auch zwischen den Begutachtungen durch Dr. M. und Dr. C. nicht wesentlich geändert. Auch letztere sah keine nervlich bedingten manifesten funktionellen Defizite. Aus der Sicht des nervenärztlichen Fachgebietes sind lediglich Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit zu vermeiden. Bei Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen ergibt sich damit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein verbliebenes Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden täglich und mehr für leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg, ohne ständiges Stehen oder Sitzen, ohne häufige Zwangshaltungen, ohne häufiges Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, ohne ausgesprochene Fingerfeinarbeiten sowie ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit.
Der Senat hält die Ausführungen der Gutachter Dr. M., Dr. L. und Dr. C. für schlüssig und nachvollziehbar. Nach ihren übereinstimmenden Angaben bedarf es keiner weiteren Begutachtungen der Klägerin auf anderen Fachgebieten. Insbesondere leidet sie nicht, wie von ihr selbst in Fixierung auf somatische Beschwerden immer wieder angeführt, an einem manifesten Rheuma bzw. an einem Weichteilrheuma im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms, welches auf nervenärztlichem Gebiet einer somatoformen Schmerzstörung entspräche. Dies ergibt sich u.a. auch aus der am 11.03.2008 durchgeführten Skelettszintigraphie, wonach "eher initial entzündlich aktivierte Heberden- und Bouchard-Arthrosen und nicht das typische Verteilungsmuster einer rheumatoiden, gelenkbezogenen Grunderkrankung" vorliege.
Der Senat hält daher auch keine erneute internistische Untersuchung (nach Dr.B. im Widerspruchsverfahren) für erforderlich. Die Klägerin selbst, die offenbar über keinerlei Mittel verfügt (Empfängerin von Leistungen nach SGB II, im Jahr 2007 eröffnetes Privat-Insolvenz-Verfahren), hat auch selbst eine solche bisher nicht angestrebt. Ihr Antrag nach § 109 SGG war auf Einholung eines orthopädischen Gutachtens gerichtet.

Der Senat verkennt nicht, dass bei der Klägerin offenbar während des Verfahrens teilweise ein vermehrter Leidensdruck mit hohem Schmerzempfinden und vegetativen Stigmata (Dr. B.), verstärkt wohl auch durch eine Tendenzreaktion im Sinne eines Rentenbegehrens (Dr. M.) bestand, jedoch gehen alle Gutachter einstimmig von einem ausreichenden Leistungsvermögen für leichte und teilweise mittelschwere Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen aus und bestätigen auch eine entsprechende kognitive und intellektuelle Leistungsfähigkeit. Volle oder auch nur teilweise Erwerbsminderung im oben genannten Sinne ist damit nicht gegeben.

Die Klägerin ist aber auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Sie kann zwar ihre offenbar zuletzt über längere Zeit nach eigenen Angaben teilweise selbständig und teilweise abhängig ausgeübte Beschäftigung einer Fahrerin im Transportwesen aufgrund der qualitativen Leistungseinschränkungen nicht mehr uneingeschränkt ausüben, sie genießt insoweit jedoch keinen Berufsschutz. Es handelt sich nicht um eine erlernte oder qualifiziert angelernte Tätigkeit. Von einem früher nach eigenen Angaben ausgeübten Beruf einer Einzelhandelskauffrau (Verkäuferin) hat sie sich seit langem gelöst, so dass diese Tätigkeit für die Frage eines Berufsschutzes nicht mehr herangezogen werden kann. Die Klägerin ist nach ihrem Berufsleben vielmehr breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine konkret noch in Betracht kommende Tätigkeit muss ihr nicht aufgezeigt werden. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren könnten und daher die Benennung mindestens einer noch in Betracht kommenden Tätigkeit erforderlich machen, sind bei ihr nicht gegeben. Unerheblich ist, ob ihr ein entsprechender Arbeitsplatz auch tatsächlich vermittelt werden kann. Grundsätzlich liegt bei einer Einsatzfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung bei der Agentur für Arbeit und nicht bei der gesetzlichen Rentenversicherung.

Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved